Protocol of the Session on November 9, 2000

Es gibt Länder, die für die ganz wichtigen Maßnahmen – das sagt jeder in der Justiz – etwa des Täter-Opfer-Ausgleichs, des Anti-Gewalt-Trainings flächendeckend Einrichtungen vorhalten. Auf unsere Anfragen im hiesigen Justizministerium und im Sozialministerium konnte man uns noch nicht einmal sagen, wo es so etwas im Einzelnen gibt, geschweige denn stolz sagen, wir sind auch hier an der Spitze, wir haben dies flächendeckend vorbereitet. Für die Vermeidung künftiger Straftaten ist dies sehr viel wichtiger als viele andere Maßnahmen, die Sie anführen.

Dasselbe gilt für die gemeinnützige Arbeit, die in der Sanktionenkommission ja einen hohen Stellenwert hat. Stattdessen wird uns die Wortschöpfung des Kollegen Sauter angedient, das „Gefängnis light“. Wir haben uns dies neulich angeschaut. Dies ist nichts anderes als ein Etikettenschwindel. Mit gescheiten Einrichtungen des offenen Vollzuges würde man in der Abkehr von den teuren normalen Gefängnisplätzen sehr viel weiter sein. Daran sollten wir arbeiten. Vielleicht gehen wir in München nach dem gemeinsamen Besuch der Frauenanstalt in Neudeck das nächste Mal in die Leonrodstraße. Dort befindet sich eine Einrichtung des offenen Vollzuges. Von 46 Plätzen sind gerade 18 besetzt, weil Sie von dieser Maßnahme, die von anderen Bundesländern, egal ob A- oder B-Länder, um ein Vielfaches mehr in Anspruch genommen wird, weil sie vernünftig und auch kostengünstiger ist, keinen Gebrauch machen.

Das sind Defizite in Bayern. Sie versuchen, etwas wie das „Gefängnis light“ zu erfinden und arbeiten sogar mit falschen Kostenzahlen. Wir wissen, dass diejenigen vor Ort, die wissen, wie viel Personal erforderlich ist, von Ihnen um 50% unterboten werden. Damit kommen günstigere Zahlen heraus. Wenn aber die Justizbediensteten sagen, dass sie mindestens 30 neue Kräfte für die 150 Gefängnis-light-Plätze benötigen, dann bleiben Sie bei 20 stehen. Dies ist ein grundsätzlicher Fehler und zeigt, dass Sie gar nicht gewillt sind, an die eigentlichen Probleme des Strafvollzugs heranzugehen.

Worin bestehen diese Probleme? Sie sagen, seit acht Jahren sind die Gefangenenzahlen gestiegen. Sie haben aber noch nie den Rückstand Bayerns im Strafvollzug von vor acht Jahren etwas aufgeholt. Bayern hatte immer 15 bis 20% weniger Bedienstete im Strafvollzug als der Durchschnitt aller anderen Länder. Das lag auch daran, dass Sie weniger Wert als andere auf eine Resozialisierung gelegt haben und gesagt haben, es reicht, für Sicherheit zu sorgen. Diesen Nachholbedarf haben Sie immer noch nicht befriedigt, unabhängig davon, wie die Gefangenenzahlen steigen. Für das Personal ist es doch unerträglich, dass etwa in Nürnberg die Anzahl der nicht durch Freizeit abgegoltenen dienstfreien Tage noch um 253 gestiegen ist – statt zu sinken ist sie gestiegen – und dass dort 41 mal Bedienstete an mehr als 10 aufeinander folgenden Tagen Dienst verrich

ten mussten. Bei der hohen, auch psychischen Belastung dieser Arbeit ist dies ein Unding. Dieses ist nicht gut.

In dem, was Sie sagen, was man gegen Kindermissbrauch machen muss, was man gegen Sexualstraftäter machen muss, sind wir uns einig: repressiv, aber auch therapeutisch.

Wir wissen, dass in Würzburg etwas dazugekommen ist. Aber die Münchner Einrichtung, die es schon seit vielen Jahren gibt, stagniert immer noch bei 12 Plätzen. Es heißt, wir könnten sie jetzt auf 14 Plätze und im Laufe weiterer Jahre auf 24 Plätze ausbauen. Wenn Ihnen das wirklich ein Anliegen wäre, wäre dies schon längst möglich gewesen. Dies ist nicht geschehen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ähnlich verhält es sich mit der Drogen- und Suchtberatung. Unsere vernünftigen und maßvollen Haushaltsanträge dazu sind abgelehnt worden. Dasselbe betrifft die Bewährungshelfer. Die Durchschnittsbelastung in Bayern liegt bei 72 Probanden, wobei die Fachöffentlichkeit sagt, dass mehr als 45 zuviel seien. Bewährungshelfer sind doch kein Selbstzweck, sondern sie sollen künftiges Wohlverhalten vorbereiten. Die Politik der Staatsregierung ist kurzsichtig.

Ähnlich verhält es sich mit den Gerichtsvollziehern. Das Justizministerium war besonders hartleibig bei den Gerichtsvollziehern. Das ist jetzt etwas besser geworden, aber wenn der Landtag nicht gemeinschaftlich etwas getan hätte, wäre nichts geschehen. Es war eine Gemeinschaftsarbeit, die sich gelohnt hat.

Ich möchte noch einen Ausblick über die Entwicklungen auf Bundesebene geben. Bisher gab es auf Bundesebene Stillstand. Nach knapp zwei Jahren einer neuen Mehrheit in Berlin sind 20 Gesetze im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Über diese Gesetze war vorher zum Teil lange diskutiert worden, aber bisher war nichts geschehen. Es war vorher nicht möglich, die gemeinschaftliche Streitschlichtung bei uns einzuführen. Erst die neue Mehrheit in Berlin hat durch die Änderung der zivilprozessualen Vorschriften diese Streitschlichtung ermöglicht.

Lassen Sie mich noch ein Beispiel nennen. Herr Traublinger ist heute schon oft genannt worden. Ein Bundesgesetz, welches am 1. Mai 2000 in Kraft trat, regelt, dass die Handwerker und der Mittelstand früher ihre berechtigten Forderungen eintreiben können. Es wird geregelt, dass diese nicht nur einen Vollzugstitel auf dem Papier erhalten, sondern auch angemessene Verzugszinsen. Das war lange überfällig. Nach Aussagen von Herrn Traublinger geht in Bayern rund ein Drittel aller Zahlungen nicht fristgerecht ein, da könne das Gesetz einhaken, welches leider einige Jahre zu spät kam. Es kam zu spät, weil in Bonn die CDU/CSU und die FDP an der Regierung waren. Dies sollte uns in wirtschaftlicher Hinsicht zu denken geben.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiteres Beispiel für Gesetze, die die Bundesregierung auf den Weg gebracht hat, ist das Gesetz über die gewaltfreie Erziehung von Kindern. Wir alle wissen, dass die Gewalttätigkeit zunimmt, dass es aber insbesondere auch einen hohen Prozentsatz von Tätern gibt, die als Kinder Opfer von Gewalt waren und später in ihrem Leben Gewalt verübten. Dass es so lange bis zu diesem Gesetz gedauert hat, ist ein Trauerspiel. Sie von der CSU haben dies immer mit konservativen Grundsätzen gerechtfertigt. Jetzt sind wir zum Glück ein Stück weiter.

Lassen Sie mich zur ZPO-Reform kommen. Wir haben oft darüber diskutiert. Ich will dazu nur sagen, dass es nirgendwo im Grundgesetz steht, dass die Amtsrichter 670 Fälle behandeln müssen, die Landrichter 170 und die Oberlandesrichter 70. Alle diese Richter haben Recht zu sprechen, alle haben den Streit zwischen den Bürgern zu behandeln und müssen den Rechtsfrieden wieder herstellen. Bezeichnend war für mich, dass beim Deutschen Juristentag die Oberlandesgerichtspräsidenten und andere gesagt haben, die Amtsrichter entschieden kursorisch über Streitigkeiten, die Landrichter machten dies schon etwas besser, aber die eigentliche Rechtsprechung finde erst bei den Oberlandesgerichten statt. Wenn Sie einem Rechtsuchenden erklären wollen, er werde kursorisch bedient, weil der Streitwert so niedrig sei, dann wünsche ich Ihnen viel Vergnügen.

Sie wollen zum Beispiel die Unanfechtbarkeit von 1500 DM statt wie geplant auf 1200 DM abzusenken sogar noch auf 2000 DM heraufsetzen. Das bedeutet, dass ein großer Teil unserer Bürgerinnen und Bürger keine zweite Instanz mehr hat, wenn Prozesse geführt werden müssen. Das halten Sie für bürgernah. Das bedeutet, dass zirka 14 000 Prozesse neu in die Zone der Unanfechtbarkeit hineinkämen. Man sollte sich einmal vor Augen halten, was 2000 DM netto bedeuten. Das ist das Geld, was jeder achte Haushalt – nicht jeder einzelne Bürger – im Monat zur Verfügung hat. Das sind 13% der Bevölkerung. Wenn ein Bürger darum kämpft oder deswegen in Anspruch genommen wird, dann kann er nichts dagegen machen. Das ist Ihr Verständnis von bürgernaher Justiz. Dabei kann die SPD nicht mitmachen. Wir wollen, dass die Chancen gerechter verteilt werden, dass auch Verfahren in die Instanzen gebracht werden, bei denen nicht der Geldwert, sondern die soziale Situation des Einzelnen und die Bedeutung für den Einzelnen entscheidend ist. Das verstehen wir unter einer bürgernahen Justiz.

(Beifall bei der SPD)

Sie führen das Beispiel einer Person aus Cham an, die wegen eines Mietrechtsstreits von Cham nach Nürnberg muss. Wenn die Leute in Cham einen Familienrechtsstreit haben, müssen sie jetzt schon alle nach Nürnberg gehen, sogar ebenso bei komplizierten Mietsachen. Dabei handelt es sich oft um persönliche Anliegen. Diese sind Ihnen weniger wert als die finanziellen Sachen. Die Reform, die angestoßen worden ist, hat einen richtigen Ansatzpunkt. Wer die Amtsgerichte stärkt, tut etwas für Bürgernähe. Das Beste, was uns passieren kann, ist, dass jemand nicht in die Instanzen

muss, weil das Amtsgericht die Angelegenheit befriedigend gelöst hat.

Sie haben weiterhin die Sanktionenkommission angesprochen. Dazu habe ich bereits Stellung genommen. Im Jugendstrafrecht ziehen Sie immer wieder alte Hüte aus der Tasche, fordern statt zehn Jahren eine Höchststrafe von fünfzehn Jahren, bei den Achtzehn- bis Einundzwanzigjährigen die Anwendung von Erwachsenenstrafrecht ohne ausreichende Beurteilung ihres Reifegrads, der Art der Tat. Sie aber sind für Verschärfung. Selbst unsere Vor-Vorgänger beim Jugendstrafrechttag 1922 waren schon sehr viel weiter. Diese haben die pädagogischen Einwirkungsmöglichkeiten auf Jugendliche und Heranwachsende bis zum Alter von 25 Jahren ins Auge gefasst. Die Festsetzung auf 21 Jahre war nur ein Kompromiss. Sie täten der Sicherheitssituation einen großen Gefallen, wenn Sie nicht auf dieser pauschalen Verschärfung bestehen würden.

Sie haben gesagt, wir müssten stärker gegen die Gewalt von rechts einschreiten. Ich bin auch völlig dafür. Man soll adäquat, schnell und gerecht eingreifen. Es gab ein Verfahren, betreffend Dessau, in dem drei Monate nach der entsetzlichen Tötung eines Mitbürgers aus Mozambique die drei Täter vom Oberlandesgericht Naumburg wegen Mordes verurteilt worden sind, und zwar zu lebenslänglich bzw. zu neun Jahren Jugendstrafe. Kurz zuvor wurde folgender Fall vor einem bayerischen Landgericht verhandelt. Vor einer Discothek kam es zu einer Auseinandersetzung, in deren Verlauf ein Farbiger von einem Deutschen zu Tode getreten wurde. Dieser Deutsche hatte kurz vorher gesagt: „Die Drecksneger gehören alle erschlagen.“

Was macht dieses bayerische Gericht? Es sagt nicht: Das sind niedrige Beweggründe für diesen Tötungsfall, sondern es sagt, solche Äußerungen kämen im Zorn und vor allem im Suff auch bei normalen Bürgern vor. Das ist bayerische Justiz! Wir wollen nicht Schelte im Einzelfall betreiben; das ist aber auch Bewusstsein in Bayern, wie solche Verhaltensweisen beurteilt werden. Wir alle sollten darauf achten, dass so etwas nicht wieder vorkommen kann.

(Beifall bei der SPD)

Es ist doch nicht von ungefähr, dass es der neue Präsident des Bundesgerichtshofs, der seine Karriere, wie auch viele hier im Hause, im Bayerischen Justizministerium begonnen hat und dann über Europa nach Karlsruhe gekommen ist, für nötig halten muss zu sagen: Wer aus niedrigen Beweggründen wie etwa Ausländerhass jemanden umbringt, ist nicht nur wegen Totschlags, sondern wegen Mordes zu verurteilen. Das muss er extra sagen und er hat auch extra ausgeführt, dass der Bundesgerichtshof gesagt hat: Imponiergehabe in einer rechtsradikalen Clique reicht aus. Es muss nicht unmittelbar gegen den Getöteten oder Schwerverletzten gerichtet sein, sondern diese Äußerung, diese Aufreizung reicht. Das sollten wir als Maßstab nehmen und nicht nach irgendwelchen auf dem Papier stehenden Strafverschärfungen rufen, die doch an der Realität nichts ändern. Uns kommt es darauf an, die gesellschaftliche Realität in diesem Bereich zu ändern.

(Beifall der Frau Abgeordneten Radermacher (SPD) – Zuruf von der CSU: Stürmischer Beifall bei der SPD!)

Ich möchte noch zwei Punkte ansprechen, bei denen Sie von der CSU hoffentlich einmal zu Beifallsäußerungen negativer Art kommen. Ein Punkt – auch er ist in Berlin angepackt worden und ist in besten Händen – betrifft die Reform des Zusammenlebens von Menschen, die eine andere sexuelle Orientierung haben, die ihren Partnern Zuwendung und Treue schulden und dies offiziell bestätigt haben wollen. Mit welch aberwitzigen, antiquierten Vorstellungen gerade Sie, Herr Justizminister, das Vorhaben der eingetragenen Lebenspartnerschaft in Misskredit bringen, das ist für mich fürchterlich, weil es eine negative Haltung gegenüber diesen Menschen zum Ausdruck bringt, die kaum zu übertreffen ist. Hier sollten wir auch zusammenwirken.

Was hunderttausende von Menschen in unserem Lande betrifft, ist die Frage: Wie reformieren wir das Mietrecht? Auch dazu gibt es Vorschläge aus Berlin. An denen üben wir zum Teil Kritik. Aber dass Sie die Stellung der Mieter gegenüber diesem Referentenentwurf noch mehr verschlechtern wollen, ist uns völlig unvorstellbar, wo Sie doch mitbekommen, wie die Situation in unserem Land ist. Gerade in einem Land, dem es wirtschaftlich sehr gut geht, bleiben die Mieter oft gegenüber den Ansprüchen der Vermieter, die natürlich auch in einer besonders starken Stellung sind, auf der Strecke. Auch hier sollten wir gemeinschaftlich für soziale Regelungen kämpfen und nicht die Gleichgewichtslage noch verschlechtern.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte nochmals allen Mitarbeitern der Justiz im weitesten Bereich herzlich danken und hoffe darauf, dass Sie, wenn Sie im Bund noch länger in der Opposition sind, wenn Sie bemerken, dass dieser Zustand über das Jahr 2002 andauern wird, vielleicht eher einen kritisch-konstruktiven Beitrag dazu leisten werden, dass in der Rechtspolitik etwas geschieht und dass nicht nur mies gemacht wird. Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Hahnzog.

Ich gehe davon aus, dass das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Franzke, Wörner und Fraktion auf Drucksache 14/4791, betreffend Fortführung der Ballungsraumzulage noch nicht bekannt gegeben worden ist. Das tue ich jetzt. Mit Ja haben gestimmt 56 Kolleginnen und Kollegen, mit Nein 96. Keiner hat sich der Stimme enthalten. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt worden.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 3)

Wir setzen die Aussprache fort. Als Nächster hat Herr Kollege Dr. Müller das Wort.

Herr Präsident, Hohes Haus, ich werde mich im Wesentlichen auf den Haushalt beschränken. Rechtspolitische Ausführungen für die CSU wird noch der Herr Kollege Kreuzer machen.

Selbstredend sehe auch ich sehr vieles anders als der Herr Kollege Dr. Hahnzog. So können wir von der CSUFraktion der abschließenden Bitte des Herrn Staatsministers der Justiz uneingeschränkt nachkommen und schon heute als im wahrsten Sinne substanzielle Unterstützung unserer bayerischen Justiz bei der Bewältigung ihrer wichtigen Aufgaben dem Einzelplan 04 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz für die Jahre 2001 und 2002 – in der Fassung des Haushaltsausschusses – unsere Zustimmung geben.

(Franzke (SPD): Ich bin aber überrascht!)

Denn auch der uns vorliegende Entwurf des Doppelhaushalts 2001/2002 bietet die Grundlage für eine weiterhin bürgernahe, moderne und effektive Justiz in Bayern.

Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass diese von mir so beschriebene Justiz ein nicht zu unterschätzender Standortfaktor für unser Land ist. Bei der Entscheidung für oder gegen einen Standort spielen nämlich nicht zuletzt Gesichtspunkte, die das Rechtswesen betreffen, eine gewichtige Rolle. Etwa: Wie lange muss ich warten, bis eine Sicherungshypothek im Grundbuch eingetragen ist? Hierzu passt das Stichwort SOLUM STAR. Wie lange dauert es, wenn ich eine neu gegründete Gesellschaft im Handelsregister eintragen lassen will? Stichwort Regis STAR. Wie schnell kann ich eine Forderung gerichtlich durchsetzen, wenn der Schuldner nicht bezahlt? Wie schnell geht die Vollstreckung eines Titels durch den Gerichtsvollzieher vonstatten? Ich blicke auf die letztgenannte Frage und sage: Ein besonderer Schwerpunkt des vorliegenden Doppelhaushalts liegt im Bereich der Gerichtsvollzieher.

Eine weitere Frage stellt sich für den potenziellen Investor, nämlich: Wie sicher ist das Land? Hier gibt es, liebe Kolleginnen und Kollegen, für uns überhaupt keine Frage: Bayern muss das sicherste Land in der Bundesrepublik bleiben! Deshalb werden bei uns Straftaten von den Staatsanwaltschaften konsequent verfolgt, von den Strafgerichten gründlich und schnell verhandelt und Freiheitsstrafen in den Justizvollzugsanstalten unverzüglich vollstreckt. Deshalb wird in diesem Doppelhaushalt – wie schon im letzten – ein weiterer Schwerpunkt beim Justizvollzugsdienst gesetzt.

Ein Kennzeichen des Einzelplans 04 ist ferner auch die vorgesehene Erhöhung der EDV-Ansätze.

Hohes Haus, die Gesamtausgaben des Einzelplans betragen im Jahr 2001 2,927 532 Milliarden DM und im Jahre 2002 2,993 348 Milliarden DM. Der Anteil des Justizetats am Gesamthaushalt, der im laufenden Jahr 4,26% beträgt, steigt bei einem Gesamtvolumen des Staatshaushalts von 66,169 667 Milliarden DM im Jahre 2001 auf 4,42% und bei einem Gesamtvolumen von 67,224 552 Milliarden DM im Jahr 2002 auf 4,45%.

Diese Prozentzahlen, die ja angesichts unserer Bemühungen um eine kontinuierliche Rückführung der Nettokreditaufnahmen einerseits und bei weit überproportionalen Zuwächsen insbesondere im Schulbereich andererseits nicht selbstverständlich sind, zeigen den hohen Stellenwert, den wir dem Justizbereich einräumen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ohne Zweifel sieht sich die bayerische Justiz seit Jahren einer sehr hohen Arbeitsbelastung gegenüber; das ist ja nichts Neues. Dies gilt in besonderem Maße für den Bereich der Gerichtsvollzieher und – trotz der deutlichen Entlastung durch den letzten Doppelhaushalt – für den Strafvollzug. Einen Lichtblick bieten bei letzterem die jüngsten und die demnächst in Angriff zu nehmenden Neubauten zur Erhöhung der Zahl der Haftplätze. Dafür braucht es aber zwangsläufig auch weiteres Personal.

Zunächst ein Wort zu den Gerichtsvollziehern. Diese erfüllen, wie bereits angedeutet, eine bedeutende volkswirtschaftliche Aufgabe, da ohne eine zügige und lückenlose Vollstreckung von Vollstreckungstiteln Forderungs- und damit auch Steuerausfälle entstehen und Gläubiger an den Rand des Ruins oder darüber hinaus gebracht werden können.

Die unbestreitbar sehr hohe Geschäftsauslastung der Gerichtsvollzieher ist, wie Herr Minister Dr. Weiß schon ausgeführt hat, seit dem vergangenen Jahr durch die zusätzliche Aufgabe der Abnahme der Offenbarungsversicherung nochmals angestiegen. Deshalb werden in den beiden vor uns liegenden Haushaltsjahren je 25 Stellen der Besoldungsgruppe A 8 für Gerichtsvollzieher ausgebracht. Dazu kommen noch 10 neue Stellen für Probebeamte des mittleren Dienstes, Besoldungsgruppe A 6, zur Übernahme anderer Bewerber in die Gerichtsvollzieherausbildung sowie zusätzliche Ausgabemittel für 5 Angestellte im sechsmonatigen Vorbereitungslehrgang für die Gerichtsvollzieherausbildung.

Für die Gerichte und Staatsanwaltschaften sieht der Entwurf eine neue R1-Stelle und folgende Stellenumwandlungen vor: 73 Anwärterstellen in 28 Planstellen, nämlich 11 für Justizinspektoren und 17 für Justizsekretäre, 20 Stellen für Beamte zur Anstellung in Planstellen, nämlich 14 für Justizsekretäre und sechs für Justizoberwachtmeister. Dazu kommen 56 kostenneutrale Hebungen, davon 35 für den Verwendungsaufstieg.

Zum Strafvollzug: Viel Geld wurde in den zurückliegenden vier Jahren für Haftraumneubauten und für die technische Sicherheitsausstattung zur Verfügung gestellt. Hinsichtlich der Personalausstattung hat der letzte Doppelhaushalt mit seinen 212 neuen und 25 umgewandelten Planstellen sowie mit seinen zusätzlichen Beförderungsmöglichkeiten einen großen Schritt nach vorne gebracht. Dennoch ist angesichts der steigenden Gefangenenzahlen – zwischen März 1991 und März 1998 um 30 Prozent – noch einiges zu tun. Zu berücksichtigen sind auch der hohe Ausländeranteil von circa 38 Prozent aus mehr als 100 verschiedenen Nationen, Drogenprobleme und die zunehmende Gewaltbereitschaft bei den Häftlingen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb darf ich an dieser Stelle meinen großen Respekt vor der hohen Motivation und der Leistungsbereitschaft unserer

Bediensteten im Justizvollzug zum Ausdruck bringen. Dieser Respekt gilt selbstredend auch unseren Richtern, Staatsanwälten, Rechtspflegern und allen weiteren Justizbeamten und –angestellten.

Zurück zum Strafvollzug: Der heute zu beschließende Doppelhaushalt bringt, wie Sie bereits gehört haben, 234 neue Stellen, davon 108 für die neue Justizvollzuganstalt Kempten, 111 für die neue Justizvollzugsanstalt Landshut und 15 für die sozialtherapeutischen Abteilungen. Dazu kommen 110 Ersatzstellen für Altersteilzeit einschließlich 60 Ersatzstellen, die bereits in den Jahren 1999/2000 außerhalb des Stellenplans geschaffen wurden. Vorgesehen sind weiterhin 440 Hebungen im Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom 9. Februar 1999. Die daraus möglichen Beförderungen sind meines Erachtens sehr wohl verdient und können und werden auch als weitere Motivation dienen.

Nun einige Bemerkungen zur EDV-Ausstattung bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften. Selbstverständlich sind und bleiben qualifizierte und motivierte Mitarbeiter für die Effizienz der bayerischen Justiz entscheidend. Dazu muss aber modernste Technik hinzukommen. Bei der Ausstattung der Gerichte und Staatsanwaltschaften mit modernster EDV-Technik nimmt Bayern bundesweit eine Spitzenposition ein. Diese Position kann auch im Doppelhaushalt 2001/2002 weiter zügig ausgebaut werden.