Protocol of the Session on November 9, 2000

(Beifall bei der CSU)

Ich danke ganz ausdrücklich den bayerischen Gewerkschaften und der bayerischen Wirtschaft, dass wir in großem Einvernehmen trotz mancher kontroverser Diskussion den Beschäftigungspakt fortsetzen können. Aus gegebenem Anlass sage ich: Der Umgangston zwischen Staatsregierung und Gewerkschaften ist gewiss ein anderer als der, den der Kanzler kürzlich in Leipzig auf dem Gewerkschaftstag der ÖTV an den Tag legte.

(Beifall bei der CSU)

Der Ton macht auch die Musik. Ich werde es mir nicht erlauben, den Gewerkschaften gegenüber zu sagen: „Wir werden es machen; basta!“ – Obwohl wir die Mehrheiten haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Nicht zuletzt aufgrund des Beschäftigungspaktes hat Bayern auch im Jahre 2000 erneut die bundesweit beste Bilanz bei den Ausbildungsstellen. Zum Stichtag 30. September kamen auf 100 unvermittelte Bewerberinnen und Bewerber 401 offene Stellen. Mit einer Quote von nur 3,5% bei Jugendlichen unter 20 Jahren hat Bayern mit Baden-Württemberg nicht nur die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland, sondern nach der Statistik der EU-Kommission auch in ganz Europa, meine sehr verehrten Damen und Herren. Die jungen Menschen in Bayern haben europaweit ohne Zweifel die besten Startchancen in das Berufsleben.

Im globalen Wettbewerb um Arbeitsplätze setzen wir weiter auf unsere Stärken. Die gesunde Umwelt und die von den Landwirten gepflegte Kulturlandschaft sind wichtige Standortfaktoren Bayerns. Wenn wir also die bäuerliche Landwirtschaft unterstützen, dann nützt das nicht nur unseren Bauern, sondern stärkt Bayern insgesamt. Zu unseren Stärken zählt natürlich auch die Kultur. So hat es eine bedeutende Signalwirkung für die Attraktivität Bayerns als Ganzes, wenn wir in München, in Nürnberg, in Schweinfurt oder in Bernried neue Museen von europäischem und internationalem Spitzenrang errichten, was in Europa durchaus große Aufmerksamkeit erfährt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Im Standortwettbewerb sind dies wichtige Facetten.

Zu den wichtigsten Trümpfen Bayerns im globalen Wettbewerb gehört unsere Fähigkeit, schnell, flexibel und innovativ auf die Herausforderungen zu antworten. Ein Beispiel hierfür sind unsere Maßnahmen zur Milderung des akuten Mangels an IT-Nachwuchskräften in Bayern. Wir erhöhen mit einem 60-Millionen-Programm aus Mitteln der High-Tech-Offensive die Studienanfängerplätze für Informatik an den bayerischen Universitäten und Fachhochschulen. So konnten allein in diesem Wintersemester an den Universitäten in Bayern über 2100 neue Studenten das Informatikstudium aufnehmen. Das sind 38% mehr als im Vorjahr. Bei den Fachhochschulen liegt die Steigerung mit 1650 Studienanfängern sogar bei 57%. Darüber hinaus streben wir in den Fächern der Informationstechnologien einen Zuwachs der jährlichen Absolventenzahlen um mehr als die Hälfte an.

Die Staatsregierung hat in den letzten Jahren rund 3 Milliarden DM in die Forschung der Informations- und Kommunikationstechnologien, in die Förderung junger Technologieunternehmen und in die Qualifizierung der Menschen in den neuen Technologien investiert. Zusätzlich stellen wir im Rahmen der High-Tech-Offensive weitere 500 Millionen DM aus Privatisierungserlösen für die Informations- und Kommunikationstechnologien zur Verfügung. Ein Beispiel: In Augsburg richten wir mit fünf Lehrstühlen den völlig neuen Studiengang „Angewandte Informatik“ ein. Dafür investieren wir 17,7 Millionen DM aus der High-Tech-Offensive. Auch die duale Berufsausbildung in Bayern, die ein vielfältiges Angebot für die Absolventen der Real- und Hauptschulen bietet, wird ein Pluspunkt im Standortwettbewerb bleiben.

Bei allen Maßnahmen muss unser Motto – auch hier eine klare Position der Staatsregierung – lauten: Ausbildung im Inland geht vor Anwerbung aus dem Ausland, meine Damen, meine Herren.

(Beifall bei der CSU)

Die Greencard – mehr als die Hälfte aller bisher ausgegebenen Karten wurden im Übrigen in Bayern und Baden-Württemberg ausgestellt; es gibt Länder, in denen überhaupt keine einzige ausgegeben worden ist –, kann nur eine kurzfristige Hilfe für die Wirtschaft sein. Eine Perspektive für die Jugend in unserem Lande ist die Greencard nicht.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen, meine Herren, gerade weil der Standort im weltweiten Wettbewerb steht, muss die Landespolitik die finanziellen Ressourcen und damit die politische Gestaltungsfähigkeit langfristig sichern. Wir dürfen nicht heute von der Substanz von morgen zehren. Die Botschaft des Doppelhaushaltes 2001/2002 ist deshalb vor allem: Nicht Konsum im Heute, sondern Vorsorge für morgen. Wir fahren die Neuverschuldung auf 1 Milliarde DM zurück und erhöhen gleichzeitig die Investitionen auf 10 Milliarden DM. Dabei liegt die Pro-Kopf-Verschuldung in Bayern bei 2950 DM, in Niedersachsen bei 8301 DM und in Nordrhein-Westfalen bei 8136 DM. Darin liegen langfristige Strukturvorteile unseres Landes, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten von uns und von

denen, die damals die Verantwortung trugen, gemeinsam ausgebaut wurden.

Wie der Gesamthaushalt steht auch der Haushalt für die Staatskanzlei im Zeichen sowohl von Haushaltsdisziplin als auch von zukunftsgerichteten Investitionen. So beteiligt sich die Staatskanzlei konsequent am 10-prozentigen Stellenabbau nach dem 20-Punkte-Programm der Staatsregierung. Trotz erheblicher Aufgabenmehrungen, insbesondere in der Medienpolitik und in der IuK-Technologie, wird der Stellenbestand der Staatskanzlei bis zum Jahre 2002 auf 393,5 Stellen sinken – das sind 50 Stellen weniger als zu Beginn unserer Einsparungen im Jahre 1993.

Der Haushalt der Staatskanzlei verbindet beides: Sparen und gleichzeitig richtig investieren. Wir wollen verstärkt in die Öffentlichkeitsarbeit für Bayern investieren, weil wir unseren Informationsauftrag wirksam erfüllen müssen und nicht zuletzt, weil die Intensität des Wettbewerbs von Standorten um Kapital und qualifiziertes Personal weltweit drastisch zugenommen hat. Meine Damen, meine Herren, Bayern muss sich hier erfolgreich positionieren. Vergleichbare deutsche Länder wie unser Nachbarland Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen tun dies bereits nachdrücklich. Baden-Württemberg wendet für seine Imagekampagne, die beachtlich ist – das will ich deutlich in Richtung Stuttgart sagen –, über mehrere Jahre jährlich 15 Millionen DM auf. Allein der Kommunalverband Ruhrgebiet hat für seine Regionalwerbung ein Budget von über 10 Millionen DM jährlich – nicht das Land, sondern der Regionalverband. Im Vergleich dazu – das will ich deutlich sagen, auch nach Verfolgung manch kleinlicher Diskussion von Seiten der Opposition – liegen die Ausgaben der Staatskanzlei für die Öffentlichkeitsarbeit unter der Grenze des heute Notwendigen.

Lassen Sie mich die Mittelerhöhung in Relation zu einer Vergleichszahl stellen. Alleine das Bundespresseamt plant 2001 Sachaufwendungen in Höhe von 84,5 Millionen DM. Bei rund 80 Millionen Einwohnern bundesweit bedeutet dies Pro-Kopf-Ausgaben von gut einer Mark. Würde die Bayerische Staatskanzlei gleiche Pro-KopfAusgaben tätigen, müsste sie bei über 12 Millionen Einwohnern rund 12,5 Millionen DM aufwenden. Wir liegen nach der Mittelaufstockung auf 8 Millionen DM bei Ausgaben pro Kopf von zirka 60 Pfennig.

Meine Damen und Herren von der Opposition, ich will nachdrücklich im Interesse des Standortwettbewerbs sagen: Das Kanzleramt und der Kanzler legen sich gewiss nicht ins Zeug, um die Attraktivität des Standorts Bayern zu erhöhen und den Freistaat positiv darzustellen.

(Beifall bei der CSU)

Von einem Kanzler, der den Bayern vor nicht allzu langer Zeit schon einmal „Steine statt Brot“ versprochen hat, können wir keinen großen Einsatz für unser Land erwarten.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD)

Auch die internationalen Partnerschaften und die Kontakte Bayerns von China über Kalifornien und New York bis Quebec und die zunehmende Bedeutung unserer Zusammenarbeit mit osteuropäischen Staaten, zum Beispiel mit Ungarn, bringen eine erhöhte Nachfrage nach Informationen und Öffentlichkeitsarbeit mit sich.

Meine Damen und Herren, die Staatskanzlei koordiniert die „Offensive Zukunft Bayern“ und die „Hightech-Offensive“. Die Zwischenbilanz der „Offensive Zukunft Bayern“ mit vielen erfolgreichen Maßnahmen von den Fachhochschulen über Bayern Online bis hin zu den Museumsbauten ist ausgesprochen positiv. Die „Offensive Zukunft Bayern“ hat Bayern im globalen Wettbewerb ganz entscheidend vorangebracht. Ich glaube, das bestreitet heute niemand. Dabei sind die 6,5 neuen Stellen im Haushalt der Staatskanzlei zur Förderung von Hightech und der Informations- und Kommunikationstechnologien sicherlich keine unangemessene Antwort auf die wachsenden Aufgaben in diesen Zukunftsbranchen.

Die „Hightech-Offensive Bayern“ ist mit 2,65 Milliarden DM aus Privatisierungserlösen das ehrgeizigste Hochtechnologieprogramm in Deutschland. Ein Dreivierteljahr nach Bewilligung der Gelder im Januar dieses Jahres durch den Landtag liegt die Umsetzung der „HightechOffensive“ voll im Zeitplan. Von den bayernweiten Projekten sind rund zehn Monate nach dem Startschuss 76 von 96 Maßnahmen, also rund 80%, begonnen worden.

Schon bei meiner Regierungserklärung zur „HightechOffensive“ habe ich betont, dass wir gerade bei der Hightech-Förderung auch mit gewissen Risiken in diesem sich rasch entwickelnden Segment der Forschung und der Wirtschaft rechnen müssen. Erfolg lässt sich gerade hier nicht planen. Absolute Sicherheit vor Misserfolg gibt es gerade hier nicht. Um so mehr gilt: Qualität geht vor Schnelligkeit. Deshalb haben wir für die Umsetzung der „Hightech-Offensive“ einen Zeitraum von fünf Jahren veranschlagt. Es gibt also keinen Grund für Zeitdruck.

Die „Hightech-Offensive“ ist ein international beachtetes Markenzeichen des Freistaates. Ich will aber angesichts mancher Kritik an der regionalen Ausgewogenheit unserer Investitionen noch einmal deutlich machen: Wir haben entgegen der Ratschläge internationaler Wirtschaftsberater die Privatisierungserlöse in allen Regionen investiert und sie nicht allein dem Rat folgend auf die Zentren, insbesondere auf München und NürnbergFürth-Erlangen, konzentriert. Für die Staatsregierung hat die Ausgewogenheit der Landesentwicklung Priorität. Wir wissen insbesondere etwa um die Strukturprobleme in Oberfranken. Deshalb unterstützt die Staatsregierung nachdrücklich – das bringt uns auch Kritik ein – die Bewerbung des Raums Hof – Wunsiedel um einen neuen BMW-Standort.

(Beifall bei der CSU)

Welche Region am Ende den Zuschlag bekommt, ob in Bayern oder außerhalb Bayerns oder in Europa, ist natürlich eine unternehmerische Entscheidung. Die Staatsregierung setzt sich aber für das nordöstliche

Oberfranken ein. Wir sind der festen Überzeugung, dass gerade diese Region eine solche Industrieansiedlung am dringendsten benötigt. Ich habe Verständnis dafür, dass sich jeder Abgeordnete seiner Region, seinem Wahlkreis und seinem Stimmkreis in besonderem Maße verpflichtet fühlt. Das ist auch sein Wählerauftrag. Man muss aber auch zur Kenntnis nehmen, dass sich die Staatsregierung nach Kennziffern für den Raum entscheidet, der den größten strukturpolitischen Erfolg hätte. Das ist eine notwendige politische Leitentscheidung.

(Beifall bei der CSU)

Die SPD wird nicht reüssieren, wenn sie immer wieder versucht, Nordbayern gegen Südbayern auszuspielen. Ich kann nur darauf hinweisen: Diese Polemik schafft keinen einzigen neuen Arbeitsplatz – nicht im Norden Bayerns und nicht im Süden, nicht im Westen und nicht im Osten.

(Beifall bei der CSU)

Die Opposition in diesem Haus hat nach mehr Geld für die Kommunen gerufen. Darauf antworte ich: Wir steigern den kommunalen Finanzausgleich 2001 im Vergleich zum Gesamthaushalt deutlich überproportional. Während der Gesamthaushalt für das Jahr 2001 um 1,8% steigt, erhöhen sich die Ausgaben für den kommunalen Finanzausgleich um 2,6%. Das zeigt: Die Politik der Staatsregierung ist und bleibt kommunalfreundlich. Im Übrigen sorgt die Staatsregierung mit ihrer Politik zugunsten von Betriebsansiedlungen und neuen Arbeitsplätzen für wachsende Steuermehreinnahmen auch der Kommunen. Unsere Politik für Arbeitsplätze trägt gleichzeitig zur Senkung der Sozialausgaben der Kommunen bei, etwa bei der Sozialhilfe.

Die Bundesregierung – ich komme noch einmal auf dieses Thema zurück – belastet dagegen die Kommunen durch die Ökosteuer mit Mehrausgaben in Millionenhöhe, und zwar für den städtischen Fuhrpark, für Bus und U-Bahn und für den Energieverbrauch in Schulen, Hallenbädern und Sporteinrichtungen. Damit nicht genug. Die von der Bundesregierung geplante höhere Entfernungspauschale zum Ausgleich der Ökosteuerbelastung sowie der Heizkostenzuschuss treffen ebenfalls die Landes- und Kommunalhaushalte. Die Ökosteuer streicht der Bund alleine ein. Belastungen auf die Länder und Kommunen verteilen, das nenne ich das „Prinzip Eichel“. Dem werden wir heftig widersprechen.

(Beifall bei der CSU)

Zuverlässigkeit und Dynamik, nur beides zusammen nutzt den kommenden Generationen. Sparen allein ist keine politische Leistung. Eine entscheidende Zahl ist deshalb die bayerische Investitionsquote von über 15%. Kein anderes westdeutsches Flächenland investiert in die Zukunft so kraftvoll wie Bayern. Im Gegensatz dazu ist die Investitionsquote im Bundeshaushalt rückläufig. Nach der Finanzplanung der Bundesregierung wird die Investitionsquote bis zum Jahr 2004 mit gut 10% auf den niedrigsten Stand seit Bestehen der Bundesrepublik

Deutschland zurückgefahren. Das ist ein Armutszeugnis für eine führende Industrienation.

Besonders gravierend sind die Ausfälle im Verkehrshaushalt. Die Gelder des Bundes reichen auch mit den jüngsten Nachbesserungen nicht aus, um den Bedarf in Bayern auch nur annähernd zu decken.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Und warum?)

Es besteht heute schon vollziehbares Baurecht von über 1 Milliarde DM. Von den Nachbesserungen im sogenannten „Zukunftsinvestitionsprogramm“ entfällt unter anderem auf folgende dringend notwendige Baumaßnahmen kein einziger Pfennig: Die Autobahn A 6 bei Amberg: Fehlanzeige, obwohl die SPD vor Ort schon mit der Förderung geworben hatte. Ausbau der A 8 München – Ulm im Bereich der Legoland-Ansiedlung: Fehlanzeige. Ausbau der B 19 Kempten – Immenstadt: Fehlanzeige.

(Zuruf des Abgeordneten Mehrlich (SPD))

Bayern braucht als Transit- und Exportland leistungsfähige und vor allem bedarfsgerechte Verkehrswege.

(Beifall bei der CSU)

Spätestens mit der EU-Osterweiterung droht der Infarkt auf Bayerns Fernstraßen. Doch das Land kann nicht die Lücken schließen, die der Bund gerissen hat. Erst hat der Bund den Verkehrshaushalt zusammengestrichen und jetzt feiern SPD-Abgeordnete häppchenweise Nachbesserungen auf niedrigem Niveau. Das ist nun wirklich keine Glanzleistung.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Radermacher (SPD): Das haben wir bei euch gelernt!)

Und dass Bayern bei den Nachbesserungen nicht gut wegkommt, wundert niemanden, der das Fliegengewicht der bayerischen SPD in Berlin kennt, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CSU)

Auch im Schienenverkehr reißt die Bundesregierung Lücken auf. Bei der Bahnreform bestand und besteht Einigkeit, dass die Bahn pro Jahr mindestens 9 Milliarden Mark für Investitionen benötigt. Aus den 9 Milliarden sind in diesem Jahr rund 6,4 Milliarden geworden.