Sie weckten und wecken nach wie vor Erwartungen, die Sie nicht erfüllen können. Das ist für uns aber nichts Neues.
Warum sage ich das? Sie haben Bundesverkehrsprojekte im LEP aufgenommen, obwohl Sie wissen, dass der Bund daran nicht gebunden ist und es sich um Gesetzgebungskompetenzen des Bundes handelt. Sie haben vielerorts in Bayern ausgeführt:
Durch Aufnahme ins LEP erhalten die Pläne de facto Gesetzeskraft. Das heißt, auch Bundesbehörden müssen bei ihren Planungen die von Bayern gewünschten Projekte beachten.
Das ist absoluter Nonsens. Sie wissen das, denn Sie sind Jurist, aber es macht Ihnen nichts aus. Ihnen geht es darum, sich auf Kosten der Bundesregierung zu profilieren.
Schauen wir uns doch die Planung des Bundes an. Aus diesen Planungen wird klar, dass Projekte von der Bundesregierung verwirklicht werden, sofern sie ökonomisch und ökologisch sinnvoll sind. Herr Staatsminister, ich sage: ökonomisch und ökologisch. Wenn diese irgendwie vertretbar und vor allem auch finanzierbar sind – die Finanzierbarkeit ist auch wichtiger Punkt –, dann macht dies der Bund auch ohne Vorgaben eines bayerischen Landesentwicklungsprogramms. Dazu braucht die Bundesregierung keine Oberlehrer aus Bayern.
Die Bayerische Staatsregierung behauptet immer wieder gegen besseres Wissens, dass die rot-grüne Bundesregierung Bayern besonders im Straßenbau benachteilige. Das ist gelogen. Die Wahrheit ist, dass Bayern von der rot-grünen Bundesregierung von allen westlichen Bundesländern die meisten Mittel aus dem Investitionsprogramm 1999 bis 2002 erhält. Das ist ein Faktum.
Herr Kollege Kaul, schauen Sie sich den Investitionsplan 1999 bis 2002 an. Bayern bekommt die meisten Mittel.
Ich kann Ihnen die Zahlen nennen: Bayern bekommt 2003 Millionen DM aus dem Investitionsprogramm, Nordrhein-Westfalen 1345 Millionen DM, Baden-Württemberg 1028 Millionen DM und Niedersachsen 1038 Millionen DM. Wir haben unseren Einfluss geltend gemacht, Herr Kollege Mirbeth.
Hinzu kommt das Anti-Stau-Programm. Bayern sollte ursprünglich 577 Millionen DM erhalten. Diese Summe
wurde noch einmal um weitere 400 Millionen DM für die S-Bahn Nürnberg-Forchheim aufgestockt. Das liegt sicher im Interesse von Herrn Kollege Hofmann, der dies begrüßen und hier gebührend herausstellen müsste. Egal ob man die Summen auf die Fläche oder die Einwohnerzahl bezieht, Bayern bekommt von der rot-grünen Bundesregierung die meisten Mittel. Weil Bayern nachweislich in den 16 Kohl-Waigel-Jahren keineswegs an der Spitze der Investitionsliste der Länder lag, ist das Geschrei der CSU, wonach Rot-Grün Bayern benachteilige, erneut als das Gegenteil der Wahrheit entlarvt. Soviel zu den Dichtungskünsten und dem Wahrheitsgehalt der Aussagen der Bayerischen Staatsregierung.
Lassen sich mich von der Dichtung wieder zum LEP kommen. Sie gaukeln mit der Sonderfortschreibung der Öffentlichkeit vor, eine rasche Realisierung zu erreichen. Folgt nicht die rasche Realisierung auf dem Fuße, so meinen Sie, fein heraus zu sein und den Schwarzen Peter an die Bundesregierung geben zu können. Die Staatsregierung ging bisher und geht auch jetzt beim LEP nach dem Motto vor: Wenn ich ein Lügenmärchen oft genug erzähle, dann wird schon irgendetwas davon in der Öffentlichkeit hängen bleiben.
Erinnern wir uns doch einmal an die PR-Aktion des Herrn Ministers im Frühjahr des vergangenen Jahres. Am 23. Februar 1999 war im „Fränkischen Tag“ zu lesen, dass die Sonderfortschreibung bis zum Sommer 1999 einschließlich aller Anhörungen abgeschlossen sei. Diese Terminangabe war kein Fehler des Journalisten. Er hatte sich nicht verhört. In vielen anderen bayerischen Tageszeitungen, zum Beispiel im „Ring nordbayerischer Tageszeitungen“ war das nachzulesen. Ich zitiere aus dem „RNT“ vom Februar 1999:
Die Sonderfortschreibung soll unverzüglich ins Anhörungsverfahren und dann in den Landtag, um noch vor der Sommerpause 1999 verabschiedet zu werden.
Auch an dieser Stelle frage ich: Dichtung oder Wahrheit? Herr Minister Dr. Schnappauf, inzwischen haben wir April 2000. Die Sommerpause 1999 ist längst vorbei. Wir hatten damals schon gesagt, dass diese Zeitplanung völlig utopisch ist, denn die dafür notwendigen Anhörungen und Fristen machten den Zeitplan völlig unrealistisch. Unseren Vorschlag, diese Sonderfortschreibung und die für das Jahr 2000 schon länger angekündigte Gesamtfortschreibung des LEP in einem Aufwasch zu erledigen, lehnten Sie ab. Inzwischen ist mir klar, warum Sie diesen Vorschlag abgelehnt haben. Wie es im Moment aussieht, können Sie auch den von Ihnen vorgegebenen Zeitpunkt für die Verabschiedung der Gesamtfortschreibung des LEP ebenfalls nicht einhalten. Ich lasse mich aber gern eines Besseren belehren. Mich würde es freuen, wenn die Vorlage bald in diesem Haus vorgelegt würde.
Man hat das Gefühl, Herr Minister, dass Sie sich bisher noch nicht mit dem Verfahren der Fortschreibung eines LEP beschäftigt haben. Vielleicht haben Sie etwas aus diesem Verfahren bezüglich der Zeitschiene gelernt. Ihr Gesetzentwurf für die Sonderfortschreibung, die nur wenige Ziele des gesamten Landesentwicklungspro
gramms betrifft, stammt vom 26. Oktober 1999. Sie haben allein acht Monate benötigt – die PR-Aktion war wie erwähnt im Februar 1999 –, um den Gesetzentwurf vorzulegen. Von der ersten Lesung, die am 23. November 1999 stattfand, bis heute vergingen weitere knapp fünf Monate. Insgesamt verstrich ein Zeitraum von 14 Monaten für eine Sonderfortschreibung mit wirklich wenigen Zielen aus dem LEP. Sie können sich ausrechnen, wie lange die Gesamtfortschreibung des LEP dauern wird. Ich hoffe, dass Ihren Worten bald Taten folgen.
Ich möchte zur Sonderfortschreibung zurückkommen. Was geschieht nun mit den Bundesverkehrswegeprojekten, die in dem Gesetz stehen, das von der CSU-Mehrheit heute verabschiedet wird? Diese stehen im bayerischen LEP, aber das hat keine Auswirkungen.
Das Raumordnungsgesetz sagt ganz klar – und die Bundesregierung hat es durch das zuständige Bundesverkehrsministerium der Bayerischen Staatsregierung schon mehrmals schriftlich wie auch in Gesprächen immer wieder deutlich zum Ausdruck gebracht –, dass unter bestimmten Voraussetzungen für den Bund keine – ich betone das: keine – Bindungswirkung entsteht. Es entsteht zum Beispiel keine Bindungswirkung, wenn der Bund Einwendungen erhoben hat, und dies hat er getan, nicht nur einmal, sondern mehrmals. Ein Konsens wurde nicht erreicht. Das heißt im Klartext: Bayern kann zwar Zielfestlegungen ins Bayerische Landesentwicklungsprogramm aufnehmen, die den Bund betreffen – dies ist durchaus möglich –, doch bleibt dies dann reine Makulatur, reine Augenwischerei.
Der Bund verweist in seinen Einwendungen, u. a. vom 2. Juli 1999, nicht nur auf das Raumordnungsgesetz, sondern auch auf die verschiedenen Fachgesetze, zum Beispiel auf § 4 des Fernstraßenausbaugesetzes. Nach diesem Paragrafen sind bei der Anpassung des Bedarfsplans die Belange der Raumordnung in die Prüfung einzubeziehen. „Diese Regelung macht deutlich“, so das Bundesministerium, „dass den Zielen der Raumordnung keine strikte Beachtungspflicht zugemessen wird.“ Das zuständige Bundesministerium vertritt in seiner Stellungnahme also deutlich die Auffassung, dass die bayerische Landesplanung ihre Kompetenzen eindeutig überschritten hat.
Auf eine Anfrage von unserer Seite beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen schreibt Bundesminister Klimmt unter dem Datum des 8. März 2000 – hier wird noch einmal das untermauert, was ich eben ausgeführt habe –:
Vor dem Hintergrund der vom Bayerischen Landtag aufgenommenen Beratung des Gesetzentwurfs hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen ein Rechtsgutachten über Grenzen raumordnerischer Festlegungen gegenüber Bundesverkehrswegeplanungen in Auftrag gegeben. Dieses Gutachten liegt mittlerweile vor und bestätigt die Position des Bundes, dass die Länder durch die Festlegung von Zielen der Raumordnung für den Bund bei seiner Bundesverkehrswegeplanung und
Damit komme ich zum Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf der Drucksache 14/2322 hinsichtlich der Verkehrsprojekte. Auch die GRÜNEN vermischen hier Länder- und Bundesgesetzgebungskompetenz. Gerade was die Verbesserung des Nahverkehrsangebotes in den ländlichen Regionen und die Reaktivierung bzw. Modernisierung von Bahnstrecken in Bayern betrifft, werden wir einen fundierten Vorstoß machen, wenn die Gesamtfortschreibung des LEP ansteht. Der Forderung der GRÜNEN in ihrem Änderungsantrag, generell auf den Neubau bzw. Ausbau von Bundesautobahnen sowie den vierspurigen Ausbau von Bundesstraßen zu verzichten, können wir auf keinen Fall zustimmen. Diesen Änderungsantrag der GRÜNEN werden wir aus diesem Grund ablehnen.
Ich sage noch einmal: Herr Minister, Sie können doch nicht allen Ernstes glauben, dass Sie mit dieser Sonderfortschreibung dem Bund vorgeben können, welches Bundesverkehrswegeprojekt zu welchem Zeitpunkt realisiert wird. Wenn es so wäre – führen wir das einfach weiter –, wie es sich die Bayerische Staatsregierung vorstellt bzw. gern hätte, dann könnte künftig auch eine Kommune oder auch eine Region der Staatsregierung gegenüber diktieren bzw. verbindlich planerisch festlegen, wann wo welche Staatsstraße gebaut wird. Das müsste in der Konsequenz dann auch möglich sein. Das hat doch etwas, gerade im zentralistischen Bayern. Aber hier lässt sich die Staatsregierung keine Vorschriften machen bzw. in ihre Entscheidungskompetenz eingreifen oder ihre Entscheidungskompetenz nehmen.
Natürlich können die regionalen Planungsverbände ihre Wunschprojekte oder ihre Projekte mit Priorität in einen Regionalplan schreiben. Das ist genauso legitim wie auf bayerischer Ebene. Aber deshalb ist die Bayerische Staatsregierung doch noch lange nicht rechtlich daran gebunden. Genau das wäre aber die Konsequenz daraus.
Ich sage es heute zum wiederholten Male: Die Staatsregierung wird noch ihre wahre Freude haben an der Lawine, die sie da losgetreten hat. Wir werden das gerne beobachten und die Staatsregierung an ihre eigene Argumentation erinnern. Hier geht es um die grundsätzliche Frage der Stellung der Raumordnungspolitik gegenüber den Fachplanungen, und wir werden das dann auch im Land draußen entsprechend verkünden.
Warum ist eine Vielzahl von Bundesverkehrswegeprojekten, die Sie jetzt ins LEP geschrieben haben und aufgenommen wissen wollen, von der alten Bundesregierung in den vielen Jahren nicht umgesetzt worden? Sie stehen lange drin, teils nicht erst seit 1992. In der Sonderfortschreibung des LEP stehen Projekte, die schon vor 1992 im Bundesverkehrswegeplan standen. Warum haben Sie die nicht längst umgesetzt?
Nicht etwa, weil dieser Wunschkatalog nach dem Bundesverkehrswegeplan erst unter der neuen Bundesregierung auf den Tisch gekommen wäre, nein, sondern weil Sie trotz des Schuldenbergs, den Sie hinterlassen haben, nicht in der Lage waren, diese Projekte zu finanzieren. Das war es doch.
Sie hätten eigentlich genug Zeit gehabt, aber wie gesagt, das Geld hat einfach nicht ausgereicht. Sie haben vieles hier im Land versprochen, Spatenstiche en masse vollzogen, immer wieder Ankündigungen gemacht, aber vieles nicht realisiert, weil das Geld fehlte. Der Bundesverkehrswegeplan 1992, den Sie von der CSU mit zu verantworten haben, liest sich wie Grimms Märchenbuch.
Die SPD – das möchte ich noch einmal ganz klar herausstellen – blockiert nicht die Entwicklung Bayerns, wenn sie heute die Sonderfortschreibung ablehnt. Bei dieser Sonderfortschreibung geht es nicht darum, ob wir als SPD die im Gesetzentwurf angeführten Bundesverkehrswegeprojekte wollen oder nicht. Es gibt eine Reihe von Projekten, die wir sofort unterstreichen würden, zum Beispiel die A 94, nur nicht in der Trassenvariante, wie Sie sie ins LEP hineingenommen haben. Bei einer Reihe von Projekten, zum Beispiel der B 173 und vieles andere mehr, bei denen wir sofort zustimmen würden, wo wir von unserer Seite auch mit der Bundesregierung zusammenarbeiten und versuchen, diese Projekte möglichst zeitnah umzusetzen und zu finanzieren.
Es geht darum, ob sich diese Projekte finanzieren lassen. Wir wollen nicht – auch das sage ich ganz klar –, dass Sie aus dem LEP auch noch Grimms Märchenbuch machen. Dazu ist uns das LEP viel zu wichtig und zu wertvoll.
Missbrauchen Sie nicht länger die bayerische Landesplanung als Instrument parteipolitischer Interessen der CSU.
Ich habe bei den Beratungen auch den gigantischen Verwaltungsaufwand, der mit dieser Sonderfortschreibung verbunden ist, immer wieder angesprochen und möchte das auch heute noch einmal kurz tun. Auf meine Frage, wie die Staatsregierung, die ja ständig von Verwaltungsvereinfachung redet, diesen großen Aufwand rechtfertigt, kommt die lapidare Auskunft, „dass im Hinblick auf die aktuell anstehenden Überlegungen der Bundesregierung die zeitliche Dringlichkeit der Teilfortschreibung geboten ist und ein Zuwarten bis zur Gesamtfortschreibung des LEP daher ausscheidet.“
Ich sage: Seit der letzten Fortschreibung des LEP 1994 ist so viel Wichtiges passiert, was eine Sonderfortschreibung gerechtfertigt hätte – europäische Entwicklung, Thema Osterweiterung und vieles andere mehr. Aber
nein, hier hat die Staatsregierung keinen Handlungsbedarf gesehen. Aber die neue Bundesregierung, das war Handlungsbedarf genug, das hat ausgereicht.
Fragen von Kosten-, Arbeits- und Verwaltungsaufwand müssen in diesem Zusammenhang außer Betracht bleiben. Der erforderliche Aufwand ist in Anbe-tracht von Bedeutung und Dringlichkeit zu leisten.
Worin, bitte schön, Herr Minister – vielleicht können Sie mir das heute klarmachen, ich habe es bislang immer noch nicht verstanden – besteht denn die Dringlichkeit? Das Investitionsprogramm 1999/2002 steht, was die Bundesverkehrswegeplanung betrifft, falls Sie das immer noch nicht bemerkt haben. Wenn der Bundesverkehrswegeplan, der sich in der Überarbeitung befindet, fortgeschrieben wird, dann hat Bayern die Verpflichtung, eine Anpassung im LEP vorzunehmen, und nicht umgekehrt hat der Bund seinen Bundesverkehrswegeplan den Vorgaben des bayerischen LEP anzupassen. Hier verdrehen Sie ein Stück die Tatsachen, das kann ich einfach nicht nachvollziehen.