Herr Kobler, vielleicht sollten Sie einmal nachfragen, was unter einer Entschuldigung zu verstehen ist. Es reicht nicht aus, wenn ich nur sage, ich nehme die Bemerkung zurück.
Wer dem Herrn Minister genau zugehört hat, hat auch gehört, wie sehr emotional er reagiert hat. Als er sich einmal gerade nicht unter Kontrolle gehabt hatte, hat er gesagt, dass dieses furchtbare 630-Mark-Gesetz weg muss. Das waren seine wörtlichen Ausführungen.
Wenn Sie hierzu Beifall klatschen, verraten Sie sich selbst. Ihnen geht es also nicht um die Feuerwehr, sondern nur darum, das 630-Mark-Gesetz zu Fall zu bringen.
Verehrtester Herr Kollege, die Wähler haben uns doch genau unter der Voraussetzung gewählt, dass wir dieses 630-Mark-Gesetz einführen, und unter keinen anderen Voraussetzungen.
Wir sind uns darin einig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ehrenamtliche Tätigkeit kein 630-DM-Job ist. Sie sollten zur Kenntnis nehmen, dass Probleme nur dort auftreten, wo ehrenamtliche Tätigkeit trotzdem unter diesem Vorzeichen gehandhabt und abgerechnet wurde. Ihr Dringlichkeitsantrag beschäftigt sich mit dem Ehrenamt insgesamt, und in der Tat muss das Ehrenamt entlastet werden und darf nicht sozialversicherungspflichtig sein, denn es ist kein 630-DM-Job.
Wenn jemand bei der Arbeiterwohlfahrt jeden Montag einen Altenklub führt, ist das ein Ehrenamt. Der Betreffende hat mit dem 630-DM-Gesetz kein Problem. Wenn jemand jeden Mittwoch eine Jugendgruppe führt, ist das ein Ehrenamt. Der Betreffende hat mit dem 630-DM-Ge
setz auch kein Problem. Wenn jemand Menschen in Altenheimen regelmäßig betreut, ist das ein Ehrenamt. Der Betreffende hat mit dem 630-DM-Gesetz ebenfalls kein Problem. Es geht also um die Frage, ob es sich um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis und um Einkünfte handelt, wie Sie, Herr Beckstein, in dem Brief an Herrn Riester formuliert haben. Sie meinten, bei Feuerwehrleuten seien es Einkünfte. Tatsächlich sind es aber Aufwandsentschädigungen im Rahmen eines Ehrenamts.
Wir haben keine Probleme mit der kritischen Begleitung von Bundesratsinitiativen und tun dies dort, wo die Diskussion hingehört, nämlich im Bundesrat. Da Sie sagten, Sie könnten unserem Dringlichkeitsantrag nur zustimmen, wenn er um einen Satz ergänzt würde, darf ich Ihnen entgegenhalten, dass Sie gefordert sind, in Vorleistung zu gehen. Prüfen Sie, warum Sie am Bayerischen Feuerwehrgesetz nichts ändern wollen, obwohl das in anderen Bundesländern kein Problem ist. Nach wochenlanger Diskussion dürfte doch die eine oder andere Feuerwehr in einem anderen Bundesland sicher eine Pressemitteilung dazu herausgeben haben. An der Tatsache, dass es sich um ein ausschließlich bayerisches Problem handelt, kommen Sie nicht vorbei.
Heute Vormittag wurde über Föderalismus diskutiert. Versuchen Sie also zunächst, die Probleme dort zu lösen, wo sie entstehen, nämlich in Bayern. Sollten Sie uns nachweisen, dass dies über eine Änderung des Feuerwehrgesetzes nicht möglich ist, könnten wir über weitere Schritte im Bund reden – vorher nicht.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Abgeordneten Sprinkart das Wort.
Nur zwei Anmerkungen. Herr Beckstein, weil Sie mit mir offenbar darin übereinstimmen, dass wir gemeinsam eine Freistellung der ehrenamtlich Tätigen von der Sozialversicherungspflicht anstreben, wodurch die 630-DM-Regelung für Ehrenamtliche nicht mehr relevant wäre, frage ich mich, warum im CSU-Dringlichkeitsantrag so vehement gegen die 630-DM-Regelung polemisiert wird. Das macht uns eine Zustimmung geradezu unmöglich.
Offenbar wollen Sie uns mit Ihrem Dringlichkeitsantrag vorführen. Sonst hätten Sie die Polemik gegen die 630-DM-Regelung auch weglassen können.
Genau geprüft wurde auf Grund der Gerichtsurteile, nicht auf Grund der 630-DM-Regelung. Die Prüfung ist jetzt aber gelaufen; die können wir nicht mehr rückgängig machen. Wenn Sie innerhalb der Innenministerkonferenz auf Beamtenebene für ehrenamtlich Tätige und Führungskräfte bei der Feuerwehr das Gleiche einstimmige Ergebnis wie bei kommunalen Wahlbeamten herbringen, wäre es für uns Grüne kein Problem, dies auch als Bundesthema zu sehen. Dabei hätten Sie unsere volle Unterstützung. Ich befürchte allerdings, dass Sie dieses einstimmige Ergebnis nicht herbringen werden. Das entscheidende Treffen findet in den nächsten Tagen statt. Wir werden sehen, was dabei herauskommt.
Wir haben Ihnen angeboten, gemeinsam einen Antrag zu formulieren, der frei von jeglicher Polemik das allseits gewollte Ziel verfolgt. Anscheinend wollen Sie von der CSU aber von diesem Angebot keinen Gebrauch machen. Davon bin ich ein wenig enttäuscht.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Kempfler das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die ehrenamtlichen Kräfte in unserem Lande verdienen es, dass wir ihre Probleme, speziell die Sozialversicherungspflicht, mit großer Sorgfalt und Objektivität behandeln. Das Getöse, das Frau Radermacher kritisiert hat, wurde allein von Herrn Straßer veranstaltet.
Bisher habe ich Herrn Straßer als einen Mann kennen gelernt, der die Interessen der Feuerwehren vertritt und sich für sie einsetzt. Was Kollege Straßer aber heute geboten hat, ist für die Feuerwehren und die Ehrenamtlichen schädlich.
Da Sie, Frau Kollegin Radermacher, an uns appelliert haben, das Feuerwehrgesetz zu ändern, kann ich nur sagen: Zwar wäre nichts leichter als das, letztlich aber nur Augenauswischerei und Täuschung der in der Feuerwehr ehrenamtlich Tätigen. Denn es führte nicht zu dem Ergebnis, das wir alle erreichen wollen,
dass nämlich die Sozialversicherungspflicht nicht bejaht wird. Die einzig wahre Behauptung der Opposition war die des Herrn Wahnschaffe, über den Einzug der Sozialversicherungsbeiträge entscheide allein die Einzugsstelle und nicht die Sozialministerin.
Sie wissen ganz genau, dass die Allgemeine Ortskrankenkasse Bayern früher eine andere Auffassung vertreten hat, die nicht zur Sozialversicherungspflicht geführt hätte. Anders die heutige Situation – ich zitiere aus einem Protokoll der AOK –:
Die Argumentation, die die AOK Bayern bei den Spitzenverbänden über den AOK-Bundesverband vorgetragen hat, konnte sich aber nicht durchsetzen. Auch wenn die Spitzenverbände unter Umständen die tatsächlichen Verhältnisse der Gestaltung der Tätigkeit der Führungskräfte der freiwilligen Feuerwehren nicht im entsprechenden Maße gewürdigt haben, sondern lediglich der Auffassung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gefolgt sind, können wir auf Grund des Votums der Spitzenverbände keine abweichende Rechtsmeinung mehr vertreten.
Würden wir das Feuerwehrgesetz ändern und einen anderen Begriff wie „Aufwandsentschädigung“ hineinschreiben, wäre das nicht relevant; denn entscheidend ist die tatsächliche Natur des Rechtsverhältnisses. Die Verfassungsjuristen unter Ihnen sollten wissen, dass es nicht auf die Wortwahl, sondern auf diese tatsächlichen Rechtsverhältnisse ankommt – und die werden von der zuständigen Einzugsstelle und vom Bundesverband so interpretiert, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis entsteht. Das können wir durch eine Änderung des Feuerwehrgesetzes nicht reparieren. Das Problem liegt im Sozialversicherungsrecht, für das allein der Bund zuständig ist. Eine landesrechtliche Bestimmung könnte daran gar nichts ändern.
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Straßer hat einen Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zitiert. Er hat den Anschein erweckt, als ob diese Antragsformulierung seine Position stützen würde. Das ist nicht richtig. Er hat erklärt, dass darin auf die neue Gesetzgebung Bezug genommen werde. Es heißt jedoch ausdrücklich, dass die neue sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Aufwandsentschädigungen für ehrenamtlich Tätige die ehrenamtliche Struktur beschädigt usw. Es wird dann im Einzelnen dargestellt.
Es wird an die Bundestagsmehrheit appelliert, die pauschale Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Tätigkeiten von Sozialversicherungsbeiträgen freizustellen. Somit wird auch hier die Auffassung vertreten, dass die Zuständigkeit beim Bund liege und nicht durch eine landesrechtliche Regelung etwas verändert werden könnte.
Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, warum Sie sich dieser Erkenntnis verschließen und nicht mit uns zusammenarbeiten. Bei einer einigermaßen objektiven Betrachtung würden Sie sehen, dass das Problem in der Beurteilung des Kriteriums „abhängige Beschäftigung“ liegt. Nur darum geht es. Wir sind der Auffassung, dass die Leistungen der ehrenamtlich Tätigen – hier speziell der ehrenamtlich tätigen Feuerwehrangehörigen – kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sind.
Diesen ehrenamtlich Beschäftigten wird kein Entgelt gezahlt, das als Gegenleistung in einem Arbeitsverhältnis erbracht wird. Hier handelt es sich vielmehr um eine spezielle Vergütung für einen ausserordentlich wichtigen Einsatz. Diese Vergütung darf nicht wie ein Entgelt in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis behandelt werden.
Herr Kollege Maget, es freut mich sehr, dass Sie mir zustimmen. Ich verstehe dann aber nicht, warum Sie nicht erkennen, dass dies im Sozialversicherungsrecht zu regeln ist und nicht durch eine landesgesetzliche Bestimmung. Sie kennen den Grundsatz „Bundesrecht bricht Landesrecht“. Wenn wir versuchen würden, etwas zu regeln, wäre das vergebliche Liebesmüh. Ich bin der Meinung, das wäre eine Täuschung der ehrenamtlich Tätigen. Sie dürfen überzeugt sein, dass die Bayerische Staatsregierung und die CSU-Fraktion mit äusserster Sorgfalt geprüft haben, wie diese katastrophalen Folgen für die ehrenamtlich Tätigen zu verhindern sind. Dies haben die Ausführungen von Frau Staatsministerin Stamm und Herrn Innenminister Dr. Beckstein deutlich gezeigt. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Verhinderung dieser Folgen nur durch eine Änderung der Sozialgesetzgebung auf Bundesebene möglich ist. Es wäre fair, wenn Sie sich dieser Auffassung anschließen würden. Ich bin neugierig, ob die SPD den Mut haben wird, eine konkrete Änderung des Feuerwehrgesetzes vorzuschlagen. Wenn Sie seriös arbeiten, kann ich mir nicht vorstellen, dass Sie einen derartigen Antrag einbringen werden.