Protocol of the Session on April 3, 2003

Frau Biedefeld in Ihrer parteipolitischen Verbohrtheit nehmen Sie die Fakten über die Qualität von Umwelt und Natur in Bayern überhaupt nicht mehr wahr, das ist der Punkt.

(Frau Biedefeld (SPD): Qualität!)

Frau Biedefeld, ich sage es etwas salopp: Sie haben sich heute hier an der Tatsache aufgegeilt, dass die CSU – –

(Frau Radermacher (SPD): Hören Sie einmal, haben Sie einen Knall? Da fehlt einem jede Phantasie! – Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ist die Pubertät schon vorbei? – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Lieber Walter Hofmann, im parlamentarischen Betrieb lernt man so manches. – Ich will gerne auf den freundschaftlichen Hinweis von Walter Hofmann zurückkommen und sagen, Frau Kollegin Biedefeld hat sich intensiv damit befasst, dass die CSU ihr Umweltprogramm bzw. die Fortschreibung des Umweltprogramms verschoben hat. Wenn man den Anteil der Redezeit, den Frau Biedefeld auf diese Tatsache der Verschiebung der Beratung eines Umweltprogramms verwendet hat, berücksichtigt, wird deutlich: Die SPD hat nichts, aber auch gar nichts zu bieten.

(Frau Biedefeld (SPD): Sie haben doch kein Programm! – Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Liebe Frau Biedefeld, wir haben ein Umweltprogramm und sind dabei, dieses fortzuschreiben. Ich sage Ihnen eines: Wir werden das Umweltprogramm auf unserem Parteitag im Juli beschließen, und dazu brauchen wir die Hilfe einer 28%-Partei in Bayern nicht.

(Beifall bei der CSU – Frau Biedefeld (SPD): Ich bin gespannt, wie es aussieht!)

Zweitens: Frau Biedefeld, Sie haben vorhin allen Ernstes folgende Rechnung aufgemacht: Wenn die Begrifflichkeit „Nachhaltige Entwicklung“ aus dem Landesentwicklungsprogramm gestrichen würde, könnten so und so viele Seiten eingespart werden. Frau Biedefeld, will denn die SPD, dass die erstmalige Verankerung der Nachhaltigkeit in einem Normenwerk in Deutschland wieder gestrichen wird?

(Frau Biedefeld (SPD): Die SPD will praktische, nachhaltige Politik – Papier ist geduldig! – Weitere Zurufe von der SPD – Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Glocke der Frau Präsidentin)

Dann lassen Sie solche dümmlichen Reden. Welchen Wert macht es, wenn Sie hier vorrechnen, man spare 20 Seiten, wenn aber auch Sie der Meinung sind, dass es nicht gestrichen werden solle.

(Unruhe)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werfe nochmals einen kurzen Blick in Ihren Dringlichkeitsantrag.

(Frau Radermacher (SPD): Sie sollten keinen kurzen, sondern einen langen Blick darauf werfen!)

Dort ist die Forderung der SPD formuliert, dass keine überdimensionierten, unnötigen, großen Zwischenlager in bayerischen Atomkraftwerken genehmigt werden. Frau Biedefeld, es ist Ihnen offensichtlich entgangen, dass die Bayerische Staatsregierung und die CSU-Landtagsfraktion an bayerischen Kernkraftwerken überhaupt keine Zwischenlager wollen. Das ist eine rot-grüne Erfindung.

(Beifall bei der CSU – Frau Biedefeld (SPD): Sie genehmigen die Überdimensionierung doch! – Weitere Zurufe von der SPD)

Drittens: Biotope und andere geschützte Flächen müssen endlich miteinander vernetzt werden. Wir tun in unserem bayerischen Land seit Jahren nichts anderes, als Biotopverbünde aufzubauen. Herr Kollege Hofmann – er weist gerade seinen Nachbarn und unseren jungen Kollegen in diesen Biotopverbund ein –, der Landtag hat im Jahr 1984/1985 ein Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern beschlossen, das mit großer Energie, mit Konsequenz und einem Millionenaufwand verwirklicht wird. Sagen Sie mir auch nur ein einziges SPD-geführtes

Land in Deutschland, das – wie „Bayern-Netz-Natur“ – ein eigenes Netzwerk hat. Wir haben uns in dieser einen Legislaturperiode, in fünf Jahren, vorgenommen, den Biotopverbund von 150 auf 300 Projekte zu verdoppeln. Ich behaupte, es gibt in Deutschland kein anderes Land, das mit solchem Ehrgeiz und mit solcher Intensität im eigenen Land seinen Biotopverbund aufbaut, wie dies in Bayern der Fall ist.

(Kaul (CSU): Herr Gartzke hätte es gewusst!)

So kann man einen Dringlichkeitsantrag nach dem anderen durchgehen bis hin zu dem Punkt, wo es heißt, dass die Trinkwasserversorgung endlich als Pflichtaufgabe kommunaler Daseinsvorsorge festgeschrieben werden solle. Frau Biedefeld, die einzigen, die noch nicht definitiv erklärt haben, ob sie der Liberalität das Wort reden sollen oder nicht, sind Ihre Genossen, ist Ihr Bundeswirtschaftsminister in Berlin. Wir lehnen die Liberalisierung ab, daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Sie sollten bei Ihren Genossen in Berlin für Klarheit sorgen.

(Frau Biedefeld (SPD): Lesen Sie Ihren Entwurf – Bayerisches Wassergesetz!)

Summa summarum: Was Sie heute hier von sich gegeben haben, ist nichts anderes als Krampf und Murks mit einem hohen Maß an Realitätsverlust.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte am Schluss dieser Debatte von meiner Seite noch eine Bitte einbringen. Ich glaube, es wäre ein großer Gewinn, wenn wir von dieser Schwarzweißmalerei hin zu einer sachlichen, vernünftigen und detailbezogenen Erörterung kämen. Es gibt sicher in allen Parteien Einzelfälle, wo der Umweltschutz noch nicht den notwendigen Stellenwert hat, den wir uns wünschen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Herr Dr. Dürr, als Umweltminister wünsche ich mir einen hohen Stellenwert des Umweltschutzes, eine breite Unterstützung und dass der Umweltschutz für jedermann Herzensanliegen ist. Aber was heute gerade von Frau Biedefeld einmal mehr gezeichnet wurde – hier hui, dort pfui –, ist eine derartige Schwarzweißmalerei, die mit den Realitäten überhaupt nichts mehr gemein hat.

Frau Biedefeld, Ihre Worte richten sich gegen Sie selbst, weil Sie an den Menschen und an den Realitäten vorbeireden. Ich könnte Ihnen aus Ihrem eigenen Gäu Beispiele nennen, etwa dass sich eine der SPD angehörende Bürgermeisterin einer Schutzgemeinschaft gegen Wasserschutzgebiete anschließt. Ich könnte Ihnen von der Landeshauptstadt München, die von Rot-Grün regiert wird, die Ergebnisse im Klimaschutz sagen. Die Landeshauptstadt liegt bei 8 Tonnen pro Kopf – bayernweit liegen wir bei 7 Tonnen pro Kopf und Jahr. Diese Aufrechnerei habe ich satt, Frau Biedefeld.

(Frau Biedefeld (SPD): Schauen Sie Ihre Zahlen in Ihrer Rede an! – Weitere Zurufe von der SPD)

Frau Paulig, Sie kennen offensichtlich das Kyoto-Protokoll nicht wirklich; denn dieses Protokoll sieht keine einzelnen Prozentziele für Länder, sondern Ziele für Deutschland und Europa vor. Ich will zunächst einmal klarstellen. Sie haben sich heute mit 19% CO2-Reduktion in Deutschland gebrüstet. Frau Paulig, ich wäre da sehr vorsichtig; denn der Rückgang von 19% CO2-Ausstoß in Deutschland geht zum ganz überwiegenden Teil auf den Zusammenbruch der Wirtschaft in den neuen Ländern zurück. Sich damit noch zu brüsten, ist ein Verhalten, wofür Sie sich eher schämen sollten.

(Beifall bei der CSU)

Beim Flächenverbrauch hatten wir in den letzten Jahren einen Anstieg – Herr Kollege Hofmann hat dies zu Recht nochmals dargestellt – durch Bevölkerungswachstum, Wirtschaftswachstum, erhöhten Wohnungsbedarf etc. Wir sind uns darüber im Klaren, dass dies zu den neuen Herausforderungen der Umweltpolitik gehört und dass wir an diesem Ziel einer Trendwende engagiert arbeiten.

(Frau Biedefeld (SPD): Sie sagen das seit Jahren!)

Ich habe vorhin das Bündel von Maßnahmen dargestellt, das auf den Weg gebracht worden ist. Glauben Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, so wie wir das in einer Legislaturperiode schaffen werden, die Zahl der Biotopverbünde in Bayern zu verdoppeln, so werden wir es auch schaffen, unser Ziel zu verwirklichen, eine Trendwende beim Flächenverbrauch herbeizuführen.

Frau Präsidentin und meine Damen und Herren, ich will ein letztes Wort dem Stichwort von Frau Paulig bezüglich des Vertragsnaturschutzes widmen. Ja, hier sind Fehler vorgekommen. Es gibt Anmerkungen der Prüfungsbehörde, die derzeit abgearbeitet werden. Ich habe vorhin in meinen Ausführungen deutlich gemacht, dass wir einerseits diese Anmerkungen deutlich abarbeiten und die Rüge Punkt für Punkt erledigen und ich habe deutlich gemacht, dass wir alles daran setzen, den Vertragsnaturschutz zu vereinfachen.

Aber, Frau Paulig, gegen eines möchte ich mich hier noch einmal strikt verwahren: Wenn Sie hier für die GRÜNEN den Eindruck erwecken, als ob bei unseren Bäuerinnen und Bauern in Bayern es sich um Betrüger handeln würde, dann möchte ich diesem Eindruck widersprechen; es gibt Einzelfälle, die nicht in Ordnung sind, aber es ist schlicht und einfach unbillig, ja unverschämt, wenn Sie den Eindruck erwecken, dass die Bauern hier betrügerisch handeln würden.

(Beifall bei der CSU – Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Offenbar haben Sie es nötig!)

Das ist einmal mehr Ausdruck dessen, meine Damen und Herren – Herr Dürr, mit Ihrer grünen Ideologie versuchen Sie sich immer über die Menschen zu erhöhen. Aber das ist etwas, was in unserer Zeit ausgedient hat. Ihr Lachen wird Ihnen bald vergehen, Herr Dürr. Ich denke, dass diese Aussprache heute auch deutlich gemacht hat, dass Umwelt- und Naturschutz auf Dauer so erfolgreich sind, weil es uns gelingt, dies zu einem Anliegen für jeden einzelnen Menschen zu machen. Der

Staat muss den ordnungsrechtlichen Rahmen setzen. Aber wir müssen alles daran setzen, dass der Rahmen durch soviel Eigenverantwortung und Mitverantwortung ausgefüllt wird und soviel Herzenssache jedes Einzelnen für unsere Natur und für unsere Umwelt in Bayern ist. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe und ich will zum Schluss unserer Debatte nochmals unterstreichen, dass wir diesen Weg auch konsequent und entschlossen weitergehen werden.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Vielen Dank, Herr Staatsminister. Ich lasse jetzt noch über den Antrag auf Drucksache 14/8566, Tagesordnungspunkte 21, abstimmen.

Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Technologie empfiehlt die Ablehnung des Antrages. Wer dagegen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, Kollege Hartenstein und die SPD. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktion der CSU und Kollegin Grabmair. Stimmenthaltungen? – Sehe ich keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Die Tagesordnungspunkte 2 und 21 sind damit erledigt.

Nun hat Herr Dr. Bernhard um das Wort zur einer Erklärung gebeten. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zurückkommen auf die Äußerung von Frau Biedefeld, die der Umweltminister für uns zitiert hat. Ich will diese im Namen der CSU-Fraktion als ganz üble Verleumdung zurückweisen!

(Beifall bei der CSU)

Das ist ein ganz infame politische Brunnenvergiftung, die Sie hiermit betreiben. Es liegt jenseits des demokratischen Anstandes, das will ich Ihnen einmal sagen, wenn Sie mir und der CSU-Fraktion vorwerfen, wir seien für den Krieg. Wofür wir waren, das war, den politischen und diplomatischen Druck auf Saddam Hussein so aufrechtzuerhalten, dass er sich bewegt. Und der Bundeskanzler hat heute morgen in seiner Regierungserklärung dies peinlich vermieden, was Sie hier getan haben, weil er genau weiß, dass diese Diskussion auf Sie zurückkommen wird, auf ihn zurückfallen wird. Diese Diskussion hat bereits begonnen.

(Zuruf von der SPD: Deutschland ist als einziges Land gerade gestanden!)

Ich will Ihnen jetzt aus der „Zeit“ einige Zitate vorlesen, von Inspektoren, die zurzeit auf Zypern sitzen, und zwar aus einer Zeitung deren Herausgeber, wie Sie alle wissen, uns nicht nahe steht. Dort können Sie unter anderem Folgendes lesen:

Deutschland, Frankreich und Russland –

das müssen Sie schon einmal anhören –

hätten den Kriegsausbruch mit ihrer vermeintlichen Friedenspolitik unausweichlich gemacht. Gerhard Schröders kategorisches Nein zu einem Militäreinsatz sei

wörtlich, das müssen Sie jetzt schon ertragen –