Protocol of the Session on April 3, 2003

Das können Sie wie einen roten Faden weiter durch die Rede verfolgen. Da heißt es dann plötzlich wieder – das ist die alte Nebelwurf-Masche –: Keine Liberalisierung. Über Privatisierung spricht man nicht, weil man diese ja will. Hören Sie damit auf, den Menschen Sand in die Augen zu streuen. Wer Liberalisierung verweigert, kann deswegen noch lange privatisieren. In diesem Gesetzentwurf wird nicht festgeschrieben, dass keine Privatisierung stattfinden darf. Der Minister sagt allerdings: Wasserversorgung muss Pflichtaufgabe bleiben. Dann soll er sagen: Wir wollen es nicht privatisieren. Da kann er sich aber offensichtlich wie so oft nicht gegen den Wirtschaftsminister durchsetzen.

Meine Damen und Herren, wir fordern – das wird eine Aufgabe von uns Parlamentariern sein –, mit diesem Gesetz richtungsweisend vorzugehen. Wir hätten die einmalige Chance, das Wassergesetz in Bayern so zu formulieren, dass mit der neuen Wasserrahmenrichtlinie der EU und mit der Bundesgesetzgebung es in Einklang gebracht werden kann und dass es möglicherweise – das wollen wir eigentlich – eine Vorreiterrolle in Europa

übernimmt. Wir wollen gerne vorne dabei sein. Ich meine, das ist unsere Aufgabe.

Wir meinen aber, dass es wichtig ist, in diesem Gesetz die Beteiligungsrechte der einzelnen Betroffenen klar zu definieren. Jetzt wird aber im Hoppla-Hopp-Verfahren versucht, das Gesetz durchzupeitschen. Man verkürzt wieder einmal die Fristen oder setzt sie so, dass sich Verbände nicht vernünftig artikulieren können. Die zentralen Punkte des Hochwasserschutzes, die in ein solches Gesetz hineingehören, werden im Einzelnen nicht klar und deutlich definiert. Nicht klar definiert ist, was der gute Zustand des Wassers bedeutet. Die Kernaufgabe der Daseinsvorsorge steht schlichtweg nicht im Gesetz. Die künstliche oder erhebliche Veränderung von Gewässerstrecken wird nicht klar definiert oder eingestuft. Wir haben nach wie vor zwischen 30 und 40% Gewässer, die erheblich verändert oder künstlich sind, die wir eigentlich reparieren müssten. Die notwendige Bestandsaufnahme scheitert letztlich daran, dass gesagt wird: Das kostet etwas, und dieses Geld sollte man sparen. Wir meinen: Diese Bestandsaufnahme ist dringend erforderlich und sollte längst geschehen sein; sie kann nicht bis 2015 geschoben werden.

Dasselbe gilt für die bestehenden Unterhaltspflichten. Auch hierzu können wir im Gesetz die notwendigen Regelungen nicht finden. Wir meinen, dass die Vermeidung von weiteren Verschlechterungen eigentlich eine Selbstverständlichkeit wäre. Wenn sie dies ist, dann muss sie in das Gesetz und kann nicht als eine lockere Erklärung irgendwo abgegeben werden. Über die frühzeitige und umfassende Beteiligung habe ich bereits gesprochen. Man spricht ständig über Pakte. Manchmal könnte man eher meinen, dass es sich um ein Paktieren mit jenen handelt, bei denen man sich sicher ist, dass sie nicht widersprechen. Wir meinen, dass wir einen Pakt brauchen, der alle Betroffenen beteiligt. Wir halten das für dringend erforderlich und notwendig, um die Akzeptanz zu erzielen, die für solche Maßnahmen notwendig ist. Wenn wir über den guten Zustand des Wassers sprechen, können wir uns nicht darum herumdrücken, Gewässerrandstreifen einzubeziehen. Das vernachlässigt die CSU in erheblichem Maße.

(Hofmann (CSU): So ein Schmarrn!)

Herr Hofmann ist auch wieder da; guten Morgen.

(Hofmann (CSU): Ich bin länger da als Sie, Sie Schnarcher!)

Statt Ausbau der Gewässer brauchen wir einen Rückbau der Gewässer. Wir brauchen auch dauerhafte Maßnahmen gegen die Hochwassergefahr. Wasserschutz ist ein vorrangiges und für die Zukunft bedeutendes Ziel; er muss Aufgabe und ständige Nacharbeit sein. Wir fordern deshalb gerade im Jahr des Süßwassers deutlich mehr, als in diesem Gesetz steht. Wir bitten deshalb, in den Beratungen das von mir Vorgetragene zu berücksichtigen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Hofmann.

(Hofmann (CSU): Bin ich schon dran? Ich dachte, zuerst spricht jemand von den GRÜNEN!)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich einmal oberfränkische Bescheidenheit demonstrieren will und den GRÜNEN den Vortritt lasse, dann ist es auch wieder nicht Recht. Jetzt weiß ich nicht mehr, was ich machen soll.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, als ich den Kollegen Wörner hier habe reden hören, habe ich den Eindruck gehabt, dass er nicht in der Lage ist, sich daran zu erinnern, dass wir, Herr Kollege Wörner, Frau Paulig und Minister Werner Schnappauf, vor einigen Wochen bei der Akademie für Naturschutz und Landespflege genau dieses Thema miteinander diskutiert haben. Entweder haben Sie damals geschlafen, oder Sie unterschlagen jetzt Ihren mehr oder weniger interessierten Kolleginnen und Kollegen von der SPD, dass damals Minister Werner Schnappauf umfassend darauf hingewiesen und darauf aufmerksam gemacht hat, dass alle gesellschaftsrelevanten Gruppierungen von den Fischern bis zu den Kommunen eingeladen sind, den Themenkomplex – –

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Hofmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wörner?

Herr Hofmann, ich habe eine Frage an Sie. Steht das, was ich gerade gesagt oder kritisiert habe, im Gesetzentwurf, oder steht die Beteiligung nicht im Gesetzentwurf? Das ist die Frage. Wir reden über einen Gesetzentwurf, in dem ich all dieses vermisse. Das habe ich kritisiert.

Nicht das, was man irgendwo geredet hat, sondern der Gesetzentwurf zählt. Ich denke, Sie sollten auf das eingehen, was ich am Gesetz kritisiert habe. Meine Frage ist: Steht das im Gesetz, ja oder nein?

Herr Kollege Wörner, ich antworte auf die Vorhaltungen, die Sie gerade gemacht haben. Nicht alles, was Sie reklamieren, muss in einem Gesetz stehen. Ein Gesetzentwurf soll einfach und gut lesbar sein, er soll keinen Quatsch verbreiten.

(Lachen bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte darauf hinweisen, dass beim Wasserforum, das beim Landesamt für Wasserwirtschaft stattgefunden hat, alle Beteiligten der Marschrichtung, die das Umweltministerium im Zusammenhang mit der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie vorgegeben hat, zugestimmt haben. Wenn ich mir diese Zustimmung zusammen mit dem,

was die Staatsregierung in komprimierter Form im Gesetzentwurf vorgelegt hat, ansehe, verstehe ich diese kleinkarierte Kritik nicht. Herr Kollege Wörner, ich unterstelle einmal, dass Sie die Europäische Wasserrahmenrichtlinie gelesen haben. Dort wurde der geforderte gute Zustand der Gewässer beschrieben. Dabei geht es um die chemische Zusammensetzung und die aquatische Qualität, um den Besatz usw. Genau hierauf zielt der Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung ab.

Sie sollten zur Kenntnis nehmen, dass die kommunalen Spitzenverbände hier eingebunden sind. Über das Umweltministerium wird sichergestellt, dass die jeweiligen Wasserwirtschaftsämter in den Regierungsbezirken die notwendigen Voraussetzungen schaffen, um die Maßnahmen in ihrem Einzugsbereich umzusetzen. Herr Kollege Wörner, Sie konnten es nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, dass es Differenzen in der Frage gegeben hat, ob eine Liberalisierung oder eine Privatisierung erfolgen soll. Sie sollten aber endlich damit aufhören, den Eindruck zu erwecken, in der Staatsregierung oder in der CSU-Fraktion gäbe es irgendjemand, der für die Liberalisierung des Wassers eintreten würde. Inzwischen haben Anhörungen wie die, die Herr Kollege Dr. Kempfler durchgeführt hat, keinen Sinn mehr, da Sie die Erklärungen, die die CSU-Landtagsfraktion an die Öffentlichkeit weitergegeben hat, zwar zur Kenntnis nehmen, aber sie am Ende ignorieren und der CSU vorwerfen, sie trete für die Liberalisierung ein.

(Wörner (SPD): Nein! Ich habe ausdrücklich Privatisierung gesagt! Das wollten Sie bloß nicht hören!)

Sie haben von Liberalisierung und Privatisierung gesprochen. Sie hätten zur Kenntnis nehmen müssen, dass mit dem vorgelegten Gesetzentwurf alle notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden, um die Europäische Wasserrahmenrichtlinie einzuarbeiten und die Rechts- und Verwaltungsvorschriften bis zum 22. Dezember 2003 zu erlassen. Deshalb bitte ich um eine zügige Beratung in den Ausschüssen des Bayerischen Landtags.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Kollegin Paulig.

Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) : Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Hofmann, ein paar Punkte sind einfach noch zu sagen. Ich hätte es begrüßt, wenn Sie nach mir gesprochen hätten. Dann hätten Sie mir gleich eine Antwort geben können. Sie haben jedoch heute ein nettes Stichwort für diesen Gesetzentwurf zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie geliefert. Sie haben gesagt, Herr Minister Dr. Schnappauf habe einen „sehr komprimierten Entwurf“ vorgelegt. Das kann man sagen. Er ist komprimiert. Die Möglichkeiten, die die Wasserrahmenrichtlinie zum Gewässerschutz und zum Grundwasserschutz bietet, werden hier nicht ausgeschöpft.

(Hofmann (CSU): Hätten wir alles reinschreiben sollen?)

In den Gesetzentwurf wurden nur die Definitionen und Fristen übernommen. Zum Beispiel wird festgelegt, wann die Bewirtschaftungspläne da sein müssen. Aber das, was Sie mit dieser wegweisenden oder wasserweisenden Richtlinie der EU zum Gewässerschutz einführen könnten, fehlt. Insofern ist der Gesetzentwurf komprimiert, man könnte auch sagen dürftig und minimalistisch.

Nach allem, was wir zuerst gehört hatten und nach unseren Gesprächen mit der ANL und den Verbänden hatten wir Hoffnung. Wir haben damals auf einen umfassenden Gesetzentwurf gewartet, der die Möglichkeiten der Wasserrahmenrichtlinie ausschöpft. Ihr Umweltminister hat diese Möglichkeiten nicht ausgeschöpft, sondern er ist mit dem Gesetzentwurf weggetaucht.

Ich möchte noch einen zweiten Punkt ansprechen: Beim Wassergesetz herrscht inzwischen ein absolutes Tohuwabohu. Ich habe das bereits im Umweltausschuss ausgeführt. Wir haben gerade die Umweltverträglichkeitsprüfung eingebaut, die wir in Zweiter Lesung verabschieden müssten. Jetzt kommt die nächste Novelle. Ich habe das damals angemahnt und vorgeschlagen, die Erste Lesung zurückzustellen und die Novelle des Wassergesetzes komplett zu beraten. Damals hat es geheißen, wir hätten noch Zeit. Jetzt pressiert es, weil die Wasserrahmenrichtlinie bis Ende Dezember 2003 einschließlich der Verordnungen übernommen werden muss. Deshalb werden wir das sehr schnell durchziehen müssen. Ich hätte mir gewünscht, dass für diese Beratung ein bisschen mehr Zeit zur Verfügung gestanden hätte, damit wir eine sachliche und fachlich vertiefte Debatte hätten führen können.

Das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes ist seit dem Juni 2002 entsprechend der Wasserrahmenrichtlinie novelliert worden. Jetzt ist es an den Ländern, diesen Rahmen mit Leben zu füllen.

(Hofmann (CSU): Das machen wir schon!)

Mit diesem Gesetzentwurf nicht. Wir wollen es machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben vier umfangreiche Änderungsanträge zu diesem Gesetzentwurf vorgelegt, mit denen die Möglichkeiten ausgeschöpft werden sollen. Gestern hat der Umweltminister ein Hilfsprogramm vorgestellt, mit dem den Äschen das Überleben in den Flüssen gesichert werden soll.

(Hofmann (CSU): Mal schauen, was der Kormoran dazu sagt!)

Hier hätte der Umweltminister die notwendigen Artenschutzmaßnahmen in der Wasserrahmenrichtlinie bzw. im Bayerischen Wassergesetz verankern können. Wir bräuchten die Hilfsprogramme nicht, wenn zum Beispiel die Unterhaltung und die Durchgängigkeit gesichert wäre. Wir fordern zum Beispiel, dass die Gewässerunterhaltung ökologisch ausgerichtet wird. Die Durchgängigkeit muss anders geregelt werden. Das gilt auch für

die Bewirtschaftung von Fischteichen, für die Ausleitungsstrecken und die Restwasserführung. Diese Punkte könnten jetzt im Wassergesetz verankert werden.

(Hofmann (CSU): Für das Restwasser haben wir einen Leitfaden, gnädige Frau!)

Das haben Sie versäumt. Unsere Anträge sind eingereicht. Sie haben die Möglichkeit, diese Anträge abzulehnen. Wir haben die Sicherung des Trinkwassers als Daseinsvorsorge aufgenommen. Sie werden unsere Anträge ohnehin ablehnen. Das ist jedoch schade, weil die Ökologie unser gemeinsames Anliegen sein sollte. Weitere Punkte sind der sparsame Umgang mit dem Grundwasser, der Vorrang für die ortsnahe Wasserversorgung und die Nutzung von Fernwasser nur in besonderen Ausnahmefällen. Diese Punkte könnten wir jetzt im Bayerischen Wassergesetz festschreiben.

Ich habe allerdings eine inhaltliche Änderung festgestellt: Jetzt dürfen Modellboote mit Elektromotoren auf den Gewässern fahren. Ich halte das in den Ramsar-Gebieten nicht für glücklich. Ich komme nun zu einem Punkt, bei dem wirklich Handlungsbedarf besteht: Gerade die Gewässerstruktur, der hydromorphologische Zustand der Gewässer, ist in Bayern sehr schlecht. Die Gewässer weisen inzwischen eine gute Qualität der Gewässergüte auf. Bei der Gewässerstruktur besteht jedoch großer Handlungsbedarf. Frau Präsidentin, ich möchte ein bisschen länger sprechen, da meine Vorredner auch länger gesprochen haben.

(Hofmann (CSU): Ich war so dumm, dass ich die Wortmeldung von Herrn Wörner zugelassen habe!)

Ich möchte noch kurz auf zwei Punkte eingehen: Die Begründung in diesem Gesetzentwurf ist eine Bankrotterklärung. Herr Staatsminister Dr. Schnappauf hat gesagt, dass er bis zum Jahr 2015 den guten Zustand für 30 bis 40% der Gewässer nicht erreichen wird. Das sagt er bereits heute. Das ist eine Kapitulation

Ich möchte noch einen zweiten Punkt ansprechen: Wir haben das Pilotprojekt „Bewirtschaftungsplan Main“. Dafür gibt es eine Arbeitsgruppe. Ich stelle aber fest, dass die Wasser– und Schifffahrtsdirektion Süd dabei ist, während die Kommunen, die Naturschutzverbände und die Fischereiverbände in dieser Projektgruppe außen vor sind.

Da muss man in der Tat sagen: Die Öffentlichkeitsbeteiligung, die Beteiligung der Verbände gerade bei der Erarbeitung der Bewirtschaftungspläne, das wird ein Knackpunkt sein. Ich hoffe, dass konkrete Änderungen eingeleitet werden, damit diese Umsetzung der revolutionären Wasserrahmenrichtlinie wirklich ein gemeinsamer ökologischer Schritt nach vorne wird in eine nachhaltige gute Wasserpolitik.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Staatsminister Dr. Schnappauf.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte in Ergänzung zu dem, was Herr Kollege Hofmann schon zu Recht ausgeführt hat, gerne noch einmal zu den Ausführungen von Ihnen, Herr Wörner, einige Anmerkungen machen.