Protocol of the Session on April 3, 2003

Herr Kollege Dr. Dürr, Sie sollten einmal die offiziellen Zahlen verwenden.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die habe ich von Ihnen!)

Wir haben in Bayern im Jahr 2002, verglichen mit 2001, eine Zunahme der Verbandsbetriebe um 6,2%, in Deutschland um 3,8%, bei der Fläche in Deutschland um

4,5%, in Bayern um 7%. Bei den Kontrollbetrieben – das sind also nicht nur die verbandsgebundenen – haben wir in Bayern eine Zunahme von 2001 gegenüber 2000 um 18% und von 2002 auf 2001 um 10%.

Nun beginnt das, was Sie als Rechenkunst aufgeführt haben. Tatsache ist, dass Bayern heute fast 4400 Betriebe hat, Nordrhein-Westfalen aber nur 1000 Betriebe. Wenn wir im letzten Jahr um 400 Betriebe auf 4400 zugelegt haben, dann ist das eine Zunahme von 10%. In Nordrhein-Westfalen, wo Bärbel Höhn und Rot-Grün seit vielen Jahren regieren, sind es nicht 4000 Öko-Betriebe, sondern nur 1000. Sie haben aufgeholt von 800 auf 1000, also um 200. Da ist die Steigerung also 25%.

Wenn Sie vom Bund reden, worauf führen Sie das zurück? Kollege Brunner hat schon angesprochen, dass im Jahre 2002 bei der Eröffnung der Grünen Woche jedes dritte Wort von Frau Ministerin Künast war: Die Zukunft liegt im Öko-Landbau. Heuer hat man aber kein einziges Wort darüber gehört.

Wir haben immer betont, wie schnell die Zahl der ÖkoBetriebe ansteigt, das hängt von vielen Faktoren ab, ganz entscheidend natürlich von der Nachfrage. Es ist leider Tatsache, dass durch Ihre Politik in Berlin die Menschen weniger Geld in der Tasche haben und deshalb mehr als je zuvor bei den Discounterbetrieben einkaufen. Noch nie zuvor haben die Menschen so viel bei den Discounterbetrieben eingekauft.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Sie sollten den Stufenplan, den Sie von uns fordern, Ihrer Bundeslandwirtschafts- und Verbraucherministerin schicken. Sie hat 20% gefordert, und Sie haben vorhin die Zahlen genannt, bei der sie liegt. Sie hat diesen Plan notwendiger. Wir werden einen Stufenplan nicht vorlegen, weil es die freie Entscheidung eines jeden Landwirtes ist, seinen Betrieb nach den Richtlinien des ÖkoLandbaus zu bewirtschaften. Der Staat hat hier nicht einzugreifen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Freiherr von Rotenhan (CSU): Sehr richtig!)

Ich möchte auf die Förderungen nicht mehr im Einzelnen eingehen, der Kollege Brunner hat das gemacht. Wir liegen an der Spitze der Bundesländer. Wir fördern nicht wie andere mit einer Umstellungsbeihilfe, sondern verlässlich sind wir an der Spitze mit der Jahresprämie, und die wird Jahr für Jahr gewährt.

Wir haben in Bayern keine Nachhilfe notwendig. Schwerpunkt der Absatzförderung sind bei uns die Regionalmarken. Sie kennen sie, Produkte von uns, die wir sehr stark fördern: Andechser Bio, Tagwerk, Neumarkter Lambsbräu, Chiemgauer Naturfleisch. Ich könnte noch viele ansprechen.

Wenn Sie sagen, wir geben nichts für das Bekanntwerden der Ökoprodukte aus, entgegne ich: Wir fördern Öko-Erlebnistage heuer im dritten Jahr mit einem Betrag von 500000 e. Dabei wird im Herbst in mehr als 300 Veranstaltungen auf die Öko-Landwirtschaft hingewiesen.

Wenn Sie immer sagen, wir sollen die Förderung umstellen und eigene Titel einführen, entgegne ich: Das kann man schon machen, aber das ist eine Aufblähung der Bürokratie.

Ob wir die Titel beim Investitionsplan haben, beim Kulturlandschaftsprogramm, in der Schule oder in der Weiterbildung, wenn wir das in einem eigenen Titel zusammenfassen, dann hätten wir wesentlich mehr Titel zusammenzuzählen, aber das bringt überhaupt nichts, zumal auch die Programme EU-finanziert sind.

Ich darf nur noch ein paar Zahlen nennen: Beim Kulturlandschaftsprogramm erhalten zum Beispiel 5% der Betriebe, die nach diesen Vorgaben wirtschaften, 23,2 Millionen e, das sind über 13% der Mittel. Wenn Sie einmal schauen, was für Agrarumweltmaßnahmen bereit gestellt wird, so sind es in Bayern 64 e pro Hektar. Dort wo Rot-Grün regiert sind es 11 e pro Hektar; in Schleswig-Holstein zum Beispiel ist es nur 1 e pro Hektar.

(Zuruf von der CSU: Hört, hört!)

Ich sage es ganz offen, es wäre kontraproduktiv für die Ökolandwirte, wenn man die Produktion anheizt, ohne dass der Absatz da ist. Wenn Sie im Agrarbericht nachschauen, werden Sie finden, die Ökobetriebe erzielen 19% des Unternehmensertrages in Form von Beihilfen. Die konventionellen Betriebe rund 12%. Die unternehmensbezogenen Beihilfen bei Haupterwerbsbetrieben betragen für konventionell wirtschaftende Betriebe 16685 e, bei ökologisch wirtschaftenden Betrieben 19205 e.

Ich glaube, diese Zahlen sprechen doch für sich. Dann kommt etwas ganz Wesentliches hinzu: Die Bundesministerin hat das Ökolabel auf europäischen Standard abgesenkt. Demnach können landwirtschaftliche Betriebe sowohl Ökoprodukte als auch herkömmliche Produkte erzeugen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit haben Sie die Kreislaufwirtschaft aufgegeben und damit haben Sie auch einen Teil unserer Ökobauern „verkauft“, weil inzwischen die Grenzen natürlich offen und diese Produkte billiger sind und den Importen natürlich Tür und Tor geöffnet wurde. Sie brauchen nur mit den Ökobauern zu reden. Sie werden Ihnen erzählen, dass der Standard angehoben werden soll. Künast selber fordert doch die Anhebung wieder. Das ist ja unbestritten über alle Parteigrenzen hinweg. Nur wir sagen es ist ein Fehler, erst etwas abzusenken, um es hinterher wieder anheben zu wollen. Es ist leider bei Ankündigungen geblieben und es ist bis heute nicht erfolgt.

Was die Beratung anbelangt, so haben wir die Beratungskräfte um acht Stellen erhöht, während wir anderswo 10% einsparen müssen, haben wir hier um acht Stellen erhöht. Wir haben eine zweigleisige Beratung zusammen mit den Erzeugerringen. Auch hier sind die Zahlen erhöht worden.

Nun zum bayerischen Ökozeichen. Hier haben wir den früheren ÖGL-Standard. Dieses Zeichen hat neben der regionalen Herkunft wesentliche Leistungselemente. Es liegt derzeit in Brüssel bei der Genehmigung. Wir hoffen, dass wir sie bald bekommen. Dann werden wir durch

Öffentlichkeitsarbeit und durch Messen und Ausstellungen im Rahmen der Verkaufsförderungsmaßnahmen einen weiteren Punkt dazusetzen, um für Ökoprodukte zu werben.

Aber lassen Sie mich abschließend auch einen Satz sagen: Der absolute Anteil der Ökobetriebe bzw. der Ökofläche ist, obwohl wir hier in Bayern ausgezeichnet abschneiden, nicht der alleinige Maßstab für eine umweltgerechte Landwirtschaft. Da stimme ich mit Frau Lück überein. Unser Ziel ist eine flächendeckende und gesunde naturnahe Landwirtschaft und sichere Lebensmittel für alle Verbraucher. Wir wollen das, was auf der Ökoschiene bei uns machbar ist: Wir haben 50% der Ökomilch, die aus Bayern kommt. Das wollen wir weiter ausbauen, in dem Maße, wie es der Markt hergibt. Einen anderen Weg gibt es gar nicht.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/12055 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Herr Kollege Hartenstein. Gibt es Gegenstimmen? – Die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Die Fraktion der SPD.

(Zuruf von der CSU: Der Hartenstein hat es nicht gelesen!)

Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Jetzt rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Kobler, Unterländer und anderer und Fraktion (CSU)

Geplanten Kürzungen im Bereich des Zivildienstes entgegentreten (Drucksache 14/12056)

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Herrn Kollegen Obermeier.

Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Das Thema dieses vorliegenden Dringlichkeitsantrages – ich gehe davon aus, dass wir ihn einstimmig verabschieden – sollte uns eigentlich allen am Herzen liegen. Es geht um das Wohlergehen unserer alten Menschen, der Kranken und der Menschen mit Behinderungen.

Kolleginnen und Kollegen von der SPD und auch von den GRÜNEN, in der Vergangenheit haben Sie sich eigentlich immer wieder hier im Hause und in den Ausschüssen als Hüter und Beschützer der Personengruppen versucht darzustellen, sofern es darum ging, die hervorragende Arbeit der Staatsregierung in diesem Bereich schlecht zu reden. Ich bin jetzt gespannt, ob Sie es heute noch einmal schaffen – bei der Konnexität haben Sie es ja bereit geschafft –, das was Sie in Bayern gegenüber der Staatsregierung immer einfordern auch

gegenüber der Bundesregierung einzufordern. Denn das, was die Bundesregierung derzeit im Bereich des Zivildienstes vorhat, ist ein Schlag ins Gesicht von Wohlfahrtsverbänden und den von ihnen betreuten Menschen. Diese hilfsbedürftigen Menschen, die sich gegen diese Politik nicht wehren können, werden gleichsam immer mehr zum Prügelknaben und zum Sparstrumpf für die verfehlte rot-grüne Regierungspolitik.

Sie müssen sich das einmal vorstellen: Im Jahr der „Menschen mit Behinderung“ geht die Bundesregierung jetzt her und nimmt mit der Verkürzung der Bundeszuschüsse für die Zivildienststellen diesen hilfsbedürftigen Menschen eine wichtige Stütze und eine wichtige Hilfe in ihrem Leben weg. Zum zweiten Mal innerhalb von vier Jahren werden diese Menschen, die auf die Arbeit und Hilfe der Zivildienstleistenden angewiesen sind, geschröpft und fallen dem Sparzwang des Bundesministers der Finanzen zum Opfer.

Über eines müssen wir uns klar sein, liebe Kolleginnen und Kollegen: Diese beabsichtige Reduzierung der Bundeszuschüsse für die anerkannten Beschäftigungsstellen wird zur Folge haben, dass viele Dienste nicht mehr angeboten werden können. Die Zivildienststellen könnten dies nur dadurch ausgleichen, indem sie die Gebühren erhöhen. Nach Berechnungen von verschiedenen Zivildienstträgern würden sich die Kosten pro Zivildienstleister und Monat um 66 e erhöhen, sollte die Bundesregierung mit ihrem Vorhaben durchkommen.

Bayernweit würde dies eine Mehrbelastung für die Träger in Höhe von circa 10 Millionen e bedeuten. Dass dies nur mit Streichungen von Stellen oder durch Gebührenerhöhungen möglich ist, ich denke, das müsste jedem klar sein der sich ernsthaft mit dieser Thematik beschäftigt. Ich glaube das Vorhaben der Bundesregierung zeigt eines eindeutig, dass das Wohl dieser betroffenen Personengruppen für sie keine Rolle spielt, sondern dass es hauptsächlich auf die finanziellen Interessen und den Druck des Bundesministers der Finanzen ankommt.

Hätten die Zivildienststellen in der Vergangenheit auf diese Ankündigung nicht so schnell reagiert und versucht, diese Kürzungen aufzufangen, wären diese Auswirkungen wahrscheinlich noch gravierender als dies bereits jetzt der Fall ist.

Viel Zeit um hier einen Ausgleich zu schaffen hatten sie ja nicht, weil sie sehr sehr kurzfristig von diesen Änderungen erfahren haben. Aber bei diesen Kürzungen in diesem Bereich bleibt es nicht, nein, die Bundesregierung geht noch weiter. Man will die Zivildienststellen auch noch kontingentieren. Für Bayern heißt dies, anstatt 15800 Zivildienststellen im Jahr 2001 werden wir im Jahr 2003 nur noch 15000 Zivildienststellen zur Verfügung haben.

Darüber hinaus können oder dürfen bestehende Zivildienststellen nicht mehr besetzt werden. Man muss sich das einmal vorstellen, ein Zivildienstleistender bewirbt sich bei einer Zivildienststelle für eine Zivildienstplatz. Der Verantwortliche sagt ihm: Ja, ich würde dich ja gerne nehmen, ich habe auch Bedarf, ich brauch dich ja, aber leider kann ich dich nicht nehmen, weil die Bundesregie

rung mir kein entsprechendes Kontingent mehr zuweist. – Ich denke, so kann man mit diesen Leuten nicht umgehen. Es geht schließlich auch um eine gewissen Planungssicherheit für diese Dienststellen in diesem Bereich.

Auch für die jungen Leute, die ihren Zivildienst ableisten wollen, hat es sicherlich nicht nur positive Seiten. Diese Leute stehen eigentlich in einer entscheidenden und wichtigsten Lebensphase; denn es geht um den Eintritt ins Berufsleben, auch hier müssen sie planen können. Wenn sie diese Planung nicht durchführen können, verzögert sich die Berufsausbildung und droht unter Umständen eine längere Arbeitslosigkeit. Dabei möchte ich anmerken, wir haben in diesem Hohen Haus bereits beantragt, dass Arbeitslose verstärkt zum Wehr- und Zivildienst herangezogen werden. Allerdings wurde der Antrag von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN abgelehnt. Auch hier zeigt sich, welchen Stellenwert dieser Bereich bei der Opposition in diesem Haus hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD und der GRÜNEN, wenn Sie heute diesen Dringlichkeitsantrag ablehnen, erwarte ich von Ihnen eine Antwort für die Zivildienststellen und für die Wohlfahrtsverbände dahingehend, wie sie denn diese Mehrbelastung, die ihnen von der Bundesregierung nunmehr aufoktroyiert werden soll, kompensieren sollen, ohne dass dies zulasten der hilfsbedürftigen Leute geht. Kommen Sie bitte nicht mit der Argumentation wie die Bundesfamilienministerin, die ganz einfach und lapidar sagt: „Wenn Ihr keine Zivildienstleistenden mehr einstellen dürft, nehmt ihr eben geringfügig Beschäftigte.“ Man muss sich nun Folgendes vorstellen: Ein Zivildienstleistender kostet die Träger im Monat durchschnittlich circa 360 e, und dafür steht er den Wohlfahrtsverbänden Vollzeit zur Verfügung. Nach Aussagen von Trägern ist es notwendig, dass, wenn man einen Zivildienstleistenden durch einen geringfügig Beschäftigten ersetzen möchte, hierfür nicht einer, sondern drei ausreichen. Die Rechnung der Bundesfamilienministerin gegenüber den Trägern sieht wie folgt aus: Anstatt eines Zivildienstleistenden für 360 e im Monat stelle man drei geringfügig Beschäftigte für 400 e pro Monat ein, damit kann man die Mehrkosten kompensieren. Wenn diese Familienministerin für Deutschland oder Bayern im Fach Mathematik bei der Pisa-Studie mitgemacht hätte, wären wir hoffnungslos auf dem letzten Platz gelandet.

(Schläger (SPD): Das ist eine Frechheit!)

Ich glaube, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dieses Vorhaben der Bundesregierung muss im Interesse der Kranken und Hilfsbedürftigen, der Zivildienstleistenden, aber auch der Wohlfahrtsverbände verhindert werden. Ich darf Sie deshalb bitten, diesem Dringlichkeitsantrag zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Nächster Redner ist Herr Kollege Werner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Obermeier, ich muss jetzt die regionale Solidarität der Landtagsabgeordneten etwas verlassen, denn dass Sie hier offensichtlich ungetrübt von Fachkenntnis Behauptungen in die Welt setzen, ist eigentlich ungeheuerlich.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie tun so, als seien die Wohlfahrtsverbände überrascht worden. Im Dezember saß Bundesfamilienministerin Renate Schmidt mit den Wohlfahrtsverbänden zusammen, und beide erzielten eine freiwillige Vereinbarung, in diesem Jahr 2003 so vorzugehen, wie das jetzt hier beschlossen wurde. Deswegen ist es eine Ungeheuerlichkeit, zu behaupten, sie seien überrascht worden.