Protocol of the Session on December 14, 2022

(Glocke des Präsidenten)

Herr Innenminister, kommen Sie doch mal in den Gemeinde rat von Waiblingen, und hören Sie sich das vernichtende Ur teil auch der dortigen CDU-Gemeinderatsfraktion darüber an, wie man die Digitalisierungsbemühungen und -ergebnisse des Innenministeriums einschätzt.

Frau Kollegin, ge statten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Seimer?

Er kann doch gleich selbst noch reden. Dann soll er das machen und diese Zeit dafür verwen den.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Es ist meist nicht schlecht, was der Kollege Seimer sagt!)

Die Kommunen fühlen sich eben nicht hinreichend unter stützt. Die Kommunen ächzen unter Vorschriften und müssen immer mehr Personal einstellen. Die ganze Digitalisierung be gann einmal damit, dass man gedacht hat, man könne irgend wann Personal einsparen. Davon sind wir weit entfernt. Ich darf sagen: Ich weiß, wovon ich rede; ich sitze seit 23 Jahren in verschiedenen Gemeinderäten und Kreistagen. Dort ist man sich über alle Parteien hinweg einig: Es muss endlich einmal etwas geschehen zur nachhaltigen Unterstützung der Kom munen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Die Versäumnisse in der Digitalisierung setzen sich in ande ren zentralen Bereichen der Zuständigkeit des Innenministe riums fort. Die Polizei wartet noch immer auf eine flächende ckende Ausstattung der Mitarbeitenden mit Smartphones. Das Ganze begann im Dezember 2018. Herr Innenminister, nach vier Jahren ist man damit noch nicht fertig. Lesen Sie doch bitte einmal in Ihrer Pressemitteilung von damals nach – ich helfe Ihnen weiter: 21. Dezember 2018 –, was Sie gesagt ha ben, wieso es so unglaublich wichtig ist, dass jeder Polizeibe amte ein Smartphone hat. Das ist keine Spielerei, sondern er leichtert die Arbeit, wenn unmittelbar auf die Informations wege zugegriffen werden kann.

Wie gesagt, mir wird das immer zurückgemeldet. Kürzlich sagte jemand aus der Polizei: „Vielleicht ist es gar nicht so schlimm, dass wir das noch nicht haben, dass noch nicht je der ein solches Gerät hat. Weshalb? Weil das polizeiliche, das interne Netz dies vielleicht gar nicht aushalten würde.“ So sieht es aus. Das ist doch eine Resignation, das ist ein Armuts zeugnis.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Auch dieses Netz gehört endlich upgedatet, muss auf Glasfa ser umgestellt werden.

An hinreichender Ausstattung für die Polizei fehlt es auch an anderer Stelle. Die Ansätze für Betriebsmittel, für kleinere An schaffungen sind in diesem Haushalt eindeutig zu gering. Es wird nicht nur die absehbare Inflation nicht berücksichtigt, sondern die Ansätze sind teilweise sogar niedriger als bisher. Wir haben deshalb einen Entschließungsantrag dazu vorge legt.

Das alles würde zu einer Attraktivitätssteigerung der Polizei beitragen: eine moderne, eine modernere Ausstattung. Wir sind auf eine Attraktivitätssteigerung angewiesen. Noch ha ben wir mehr Bewerber als offene Stellen, aber die Bewerber zahlen gehen zurück; man hat weniger Auswahl. Gerade weil die Polizei ein so sensibler Bereich ist, brauchen wir mehr Be werber, damit wirklich eine echte Auswahl stattfinden kann.

Das Viersäulenmodell ist schon selbstlobend erwähnt worden. Ja, es verbessert auch im Bereich der Polizei teilweise die Be dingungen. Das sind leider Gottes nur Einmaleffekte,

(Abg. Thomas Blenke CDU: Wie bitte? Einmaleffek te?)

und – das darf man vielleicht auch einmal sagen – so richtig freiwillig hat man das ja nicht gemacht,

(Abg. Peter Seimer GRÜNE: Man wird nicht wieder zurückgestuft! – Weitere Zurufe)

sondern man ist von Gerichten dazu gezwungen worden und hat nur das umgesetzt. Der große Wurf ist dieses Viersäulen modell nicht.

Was ebenfalls noch immer aussteht, ist die Erhöhung der Zu lage im lageorientierten Dienst: angekündigt, versprochen – nichts gemacht. Bitte machen Sie es doch endlich einmal.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Lesen Sie die Koaliti onsvereinbarung!)

Das wäre eine verdiente Verbesserung für die Polizeibeamtin nen und Polizeibeamten, eine Attraktivitätssteigerung der Po lizei.

Stattdessen sehen wir Bestrebungen in die gegenteilige Rich tung. Ich habe es hier schon wiederholt kritisiert und tue es gern noch einmal: Die Kennzeichnungspflicht ist überflüssig. Es gibt keine belegten Fälle,

(Zuruf des Ministers Thomas Strobl)

in denen man Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte nicht identifizieren konnte. Bei den geschlossenen Einheiten braucht man das schon gar nicht; die kennen sich doch alle.

(Vereinzelt Lachen – Abg. Thomas Blenke CDU: Kennen Sie die Koalitionsvereinbarung Ihrer Partei in Berlin? Kennen Sie das? Kennen Sie die in Rhein land-Pfalz?)

Die identifizieren sich dann auch gegenseitig. Das ist völlig überflüssig und bringt bürokratischen Aufwand.

Auch das Antidiskriminierungsgesetz wird völlig überflüssig sein. Ich darf es noch einmal sagen: Bitte erwecken Sie nicht den unzutreffenden Eindruck, als würde die Polizei, als wür den andere Mitarbeiter im öffentlichen Bereich, im öffentli chen Dienst im rechtsfreien Raum handeln. Das tun sie näm lich nicht; selbstverständlich sind sie an Recht und Gesetz ge bunden.

(Abg. Andreas Deuschle CDU: Wer erweckt denn hier den Eindruck? – Unruhe)

Wenn sie gegen Recht und Gesetz verstoßen, dann werden sie dafür auch belangt, so einfach ist das –

(Abg. Andreas Deuschle CDU: Gut, dass das mal je mand sagt!)

ohne Antidiskriminierungsgesetz, wie gesagt –, weil sie alle an Recht und Gesetz gebunden sind.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Peter Seimer GRÜ NE: Mal den Gesetzestext lesen!)

Im Bereich des Bevölkerungsschutzes, des Katastrophen schutzes, des Rettungswesens sollten die Bedeutung und die Wichtigkeit des Themas nun wirklich auch dem Letzten be

wusst sein. Ich meine, man sollte noch etwas besser auf die Akteure vor Ort und auf deren Wünsche und Anregungen hö ren, denn sie wissen doch, wovon sie reden. Dazu gehören z. B. die Wiedereingliederung des ärztlichen Notdienstes in die Integrierten Leitstellen sowie Maßnahmen zur Reduzie rung von Fehlfahrten. All das fehlt bisher.

Herr Kollege Blenke, weil Sie die Mittel für das THW ange sprochen haben: Dabei haben Sie nicht mal die halbe Wahr heit gesagt.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Doch!)

Nein. – Denn die ganze Wahrheit ist, dass die THW-Mittel jetzt noch immer höher sind, als sie es vor Corona waren. Dass sie gesenkt erscheinen, liegt daran, dass Coronahilfsprogram me auslaufen. Das ist doch die ganze Wahrheit.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Sind damit die Krisen aus Ihrer Sicht erledigt?)

Tatsächlich sind die Mittel erhöht worden.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Thomas Blenke CDU: Schauen Sie sich doch mal an, wie es aus sieht!)

Im Bereich der Rettungshubschrauber wird viel Geld in die Hand genommen. Jetzt ist nicht jeder mit dem Ergebnis zu frieden. Ich möchte hier gar nicht noch mal alles aufrollen, aber eines noch sagen: Auch hier hätte man doch mit den Leu ten vor Ort besser sprechen müssen. 70 000 Unterschriften ha ben offenbar nicht dazu veranlasst, in einen echten Dialog mit den Menschen zu treten.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wo ist eigentlich die Politik des Gehörtwerdens geblieben? Wenigstens könnte es eine Politik des Zuhörens sein.

Zuhören gilt genauso im Bereich der Sirenen. Es bringt über haupt nichts, sich mit dem Bund darüber zu streiten, dass man in diesem Bereich gern mehr Mittel hätte. Es lässt sich sehr gut begründen, dass das Land eigene Mittel geben muss. Auch hier bitte zuhören, was vor Ort, was in den Kommunen da durch geschehen ist, dass diese Mittel nicht besser kanalisiert worden sind. Bayern hat es besser gemacht. Bayern hat eine Prioritätenliste erstellt. Wenigstens die Frage, was mit den Si renen ist, muss endlich beantwortet werden.

Ich kann Ihnen abschließend nur mitgeben – Sie wollen es nicht gern hören, müssen es sich aber anhören –: Bitte reden Sie mehr mit den Leuten. Hören Sie besser zu, und nehmen Sie das, was Ihnen aus der Praxis zurückgemeldet wird, auch als Chance, es künftig noch etwas besser zu machen.

Danke.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die AfD-Frak tion spricht Herr Abg. Lindenschmid.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Ein Genuss! – Abg. Thomas Blenke CDU: Es verspricht wieder ein Ge nuss zu werden! – Gegenruf des Abg. Emil Sänze AfD: Nicht so negativ! Sie haben doch auch mal jung angefangen!)

Sehr geehrter Herr Präsi dent, meine Damen und Herren! „Baden-Württemberg ist Spitzenreiter in Sachen Sicherheit“ – so kann man es jeden falls unter dem Titel „Politische Ziele“ des Staatshaushalts plans des Innenministeriums für die nächsten zwei Jahre nach lesen.

Für die Eltern des am 5. Dezember in Illerkirchberg völlig grundlos von einem Asylbewerber aus Eritrea niedergemet zelten 14-jährigen Mädchens muss diese Behauptung wie Hohn klingen.