Protocol of the Session on March 9, 2022

(Abg. Bernd Gögel AfD: Willkommen in der Reali tät!)

Das heißt aber nicht – so verstehe ich das –, dass wir jetzt möglichst schnell aus den fossilen Energieträgern aussteigen. Er weiß, das geht nicht. Wir müssen über alles nachdenken.

Ich bin auch dem Ministerpräsidenten dankbar dafür, dass er gesagt hat: „Atomenergie ist kein Tabu.“ Ich sage ausdrück lich: Es ist jetzt zu spät und macht keinen Sinn, über eine Laufzeitverlängerung bei den drei Kernkraftwerken, die wir noch haben, nachzudenken. Aber die Atomenergie wird auf europäischer Ebene eine Rolle spielen.

Wenn wir auf europäischer Ebene zu einer Wasserstoffstrate gie kommen, dann darf eben der rote Wasserstoff nicht tabu sein, wenn man auf Energielieferungen, auf Gaslieferungen aus Russland verzichten will.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Es ist richtig, über Speicherkapazitäten nachzudenken, es ist richtig, jetzt Flüssiggasterminals zu bauen,

(Abg. Anton Baron AfD: Luftschlösser!)

und es ist natürlich auch richtig, im Rahmen der Wasser stoffstrategie über weitere Anstrengungen bei den erneuerba ren Energien nachzudenken.

Herr Abg. Dr. Rülke, schauen Sie bitte einmal auf die Uhr.

Ich bin gleich so weit. Letzter Gedanke.

Aber wir sollten nicht so naiv sein, zu glauben, die Konse quenz aus dieser Krise sei: Wir werden energieautark und sind dann in der Lage, allein mit erneuerbaren Energien den Ener giebedarf des Landes Baden-Württemberg zu decken. Das wird nicht funktionieren, meine Damen und Herren. Deshalb brauchen wir eine europäische Strategie. Ich glaube, das ist es auch, was die Bundesregierung im Blick hat.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Es werden viele Herausforderungen und Probleme auf uns zu kommen.

Es gibt da natürlich an der einen oder anderen Stelle bei den demokratischen Fraktionen unterschiedliche Nuancen. Aber ich bin dankbar dafür, dass uns eines eint: die Solidarität mit den Opfern dieses Angriffskriegs gegen die Ukraine und die gemeinsame Ächtung derer, die militärische Aggression in Europa wieder zum Mittel der Politik machen wollen. Das darf nicht sein. Dagegen müssen wir uns gemeinsam wenden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP, den Grünen, der CDU und der SPD)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Gögel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am 24. Februar 2022 wurde die Ukraine, ein souve räner europäischer Staat, vom Nachbarn Russland völker rechtswidrig überfallen. Ich betone hier ganz klar: Bei einem Angriffskrieg liegt die Schuld ausschließlich beim Angreifer. Für die AfD-Fraktion steht fest: Der Überfall auf die Ukraine durch das Putin-Regime war ein Angriff auf die Freiheit und Selbstbestimmung der Völker. Das verurteilen wir mit jeder Faser aufs Schärfste.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, jeder Demokrat, jeder Patriot, je der freiheitsliebende Mensch kann nur zutiefst schockiert sein. Wir unterstützen deshalb auch die Isolation des russischen Re gimes. Gleichzeitig weisen wir aber darauf hin, dass dieses Regime nicht mit der russischen Bevölkerung gleichgesetzt werden darf.

(Beifall bei der AfD)

Der mutigen ukrainischen Bevölkerung, die sich dem Angriff mit allen verfügbaren Mitteln entgegenstellt, begegnet die AfD-Fraktion mit größter Achtung und mit Respekt. Wir füh len mit der Zivilbevölkerung, die in Kellern und U-Bahnhö fen um ihr Leben fürchtet, aber auch mit den Soldaten und Freiwilligen, die an der Front für ihre Freiheit und für ihre Heimat kämpfen.

Mittlerweile ist allerdings auch ersichtlich, dass dieser Krieg für Putin nicht so einfach zu gewinnen ist, dass sogar ein er folgreicher Widerstand möglich ist. Das wünschen wir den Ukrainern zutiefst. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker steht für die AfD-Fraktion schließlich an oberster Stelle.

Die AfD fordert übrigens auch für unser Land mehr Selbstbe stimmung. Daher üben wir auch seit jeher deutlich Kritik an dem Konstrukt der EU. Gerade bei der Energieversorgung muss unser Land selbstbestimmter werden. Das ist in diesen Tagen besonders klar geworden.

(Beifall bei der AfD)

Wir freuen uns auch, dass so mancher Politiker von den soge nannten demokratischen Fraktionen hier im Haus in der Rea lität angekommen ist.

(Beifall bei der AfD – Abg. Thomas Poreski GRÜ NE: Wo sitzen denn die Putin-Versteher?)

Wir haben stets konkrete Vorschläge zur Energieversorgung gemacht. Während Sie noch immer versucht haben, mit rück schrittlichen Technologien wie Windmühlen eine Grundver sorgung zu erreichen, haben wir uns schon vor Jahren für ei ne Verlängerung der Laufzeiten von Kohle- oder Kernkraft werken ausgesprochen.

(Beifall bei der AfD)

Doch nun wird das Problem plötzlich auch Ihnen klar.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das Pro blem wird Ihnen noch klar, wenn Putin weiter die Kraftwerke beschießt!)

Das Nein zum vorschnellen Ausstieg aus diesen Technologi en ist richtig. Gleichzeitig ist es aber auch traurig, dass es ei ner solchen Katastrophe hier in Europa bedurft hat, bis Sie, meine Damen und Herren, zu dieser Einsicht gekommen sind. Sie hätten schon vor Jahren einsehen müssen, dass mit Ihrer Ideologie eine Grundversorgung, eine dauerhafte Versorgung der Bevölkerung nicht zu erreichen ist.

(Beifall bei der AfD)

Die Katastrophe zeigt uns allen auch deutlich, dass wir bei der Verteidigung eine neue europäische Sicherheitsarchitektur be nötigen. Diese hat Herr Putin übrigens in seiner ersten Legis latur bei seiner Rede im Bundestag auch angesprochen. Wir brauchen eine europäische Sicherheitsarchitektur und mehr Emanzipation von den USA. Das war schon seit jeher ein An satz des AfD-Grundsatzprogramms, meine Damen und Her ren.

(Beifall bei der AfD)

Zurück zur Ukraine: Die russische Führung hat sich verkal kuliert – das tritt klar zutage –, und das nicht nur militärisch. Es war auch ein Angriff auf die Freiheit, ein Angriff auf die Wahrheit, ein Krieg unter Vortäuschung falscher Tatsachen. Doch wie sagte schon Bismarck? Ich zitiere:

Lügen können Kriege in Bewegung setzen, Wahrheit hin gegen kann ganze Armeen aufhalten.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Bismarck ist doch eines Ihrer Vorbilder!)

Wir hoffen, dass dieser Fall eintritt, meine Damen und Her ren.

Nicht nur die militärische Situation gibt Bismarck hier recht, auch die politische Situation in Russland könnte darauf hin auslaufen.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Unglaub lich!)

Immer mehr Oligarchen äußern vorsichtige Kritik am Krieg. Jetzt hat sich sogar der Ölriese Lukoil gegen den Einmarsch positioniert. In einem autoritären Staat wie Russland ist das geradezu revolutionär. Es könnte der Anfang vom Ende Pu tins sein, und das wäre eine gute Nachricht. Erst dann und nach Beendigung des Krieges wäre eine deutsch-russische Zu sammenarbeit nämlich wieder im Interesse unserer Fraktion und unseres Landes, meine Damen und Herren.

Auch der gesellschaftliche Widerstand in Russland wächst zu nehmend. Zwar hat die Propaganda des Kreml noch einen ge wissen Rückhalt,

(Abg. Andreas Stoch SPD: Vor allem in Ihrer Partei!)

allerdings demonstrieren gleichzeitig Zehntausende Menschen in Russland gegen einen Krieg, der auch ihrem Land unfass baren Schaden zufügt. Das ist in einem Land wie Russland al les andere als wenig, gerade bei diesem Thema. Schließlich sind oftmals die sofortige Festnahme und andere Repressali en die Folgen dieses Protests. Auch vor diesen Menschen hat die AfD-Landtagsfraktion daher den höchsten Respekt, mei ne Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Auch hierzulande sehen viele Russen und Russlanddeutsche den Einmarsch sehr kritisch. Aber auch in unserem Land be steht die Freiheit, nichts zu sagen. Ich sage Ihnen: Es würde dem einen oder anderen Politiker hier im Haus auch gut an stehen, einmal nichts zu sagen.

(Beifall bei der AfD – Unruhe bei den Grünen – Zu ruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Dieses Schweigen darf nicht dazu führen, dass man bekann te Künstler wie Frau Netrebko hier verunglimpft, ihr mit Hass und Hetze begegnet und sie aus unserem Land Baden-Würt temberg verbannt. Das gehört sich nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD – Abg. Anton Baron AfD: Die se Ausgrenzung ausgerechnet von den Grünen! – Zu rufe von den Grünen, u. a. Abg. Daniel Andreas Le de Abal: Frau Netrebko hat nicht geschwiegen!)

Nun schlägt diesen Menschen also pauschal jede Menge Hass entgegen: die Abweisung russischer Staatsbürger durch Res taurants, eingeschlagene Scheinwerfer bei russischen Lkws, und die Betroffenen werden von eigenen Mitbürgern für den Krieg eines Diktators in Geiselhaft genommen – die Russen und die Russlanddeutschen als die neuen Ungeimpften.