Der Ministerpräsident hat – anders als Sie; das können Sie an schließend im Plenarprotokoll nachlesen – davon gesprochen, dass die Zahlen sinken.
So ist es auch; heute, tagesaktuell, sind es gut 20 % weniger Neuinfektionen als vor einer Woche. Außerdem steigt deut lich die Nachfrage nach der Impfung. Schauen Sie sich doch einmal die Schlangen vor den Impfstützpunkten an.
Das ist offensichtlich doch das Ergebnis der neuen Politik und nicht der alten. Einigen Sie sich in der Opposition doch mal darüber, was jetzt stimmt.
Einigen Sie sich in der Koalition, was jetzt stimmt. – Ent weder stimmt es, was der Ministerpräsident sagt, nämlich dass die Zahlen sinken, oder es stimmt, was Sie sagen: Die neue Politik sei ein Plastikgeschirr. Es ist doch durchaus richtig, was Sie vorhin gesagt haben: Unser gemeinsames Ziel ist das Impfen. Unser gemeinsames Ziel ist es, die Leute dazu zu bringen,
und zwar möglichst durch Nudging, nicht durch Zwang, da mit Menschen, die sich bisher nicht haben impfen lassen, zum Impfen gehen und andere sich boostern lassen.
3G am Arbeitsplatz und im öffentlichen Personennahverkehr, das ist ja richtig. Das ist aber kein Ergebnis der epidemischen Lage. Richtig ist 2G in weiten Teilen des öffentlichen Lebens – auch das ist nicht das Ergebnis der epidemischen Lage. Dort, wo 2G Plus notwendig ist – sofern man 2G Plus im Griff hat –, macht auch das Sinn. Aber dies ist ebenfalls nicht das Er gebnis der epidemischen Lage.
Meine Damen und Herren, das Ganze funktioniert also, und deshalb ist es richtig, dass die gesetzliche Grundlage verän dert wurde.
Herr Ministerpräsident, Sie haben lange gebraucht, um eine Ausrede für das zu finden, was Sie und Ihre Regierung am Wochenende aufgestellt haben. Jetzt haben wir also zur Kennt nis genommen: Es war der Fußball. Sie haben angeblich so schnell reagieren müssen, weil es volle Fußballstadien gab. Herr Ministerpräsident, das Instrumentarium, um bei Fußball spielen die Zahl der Zuschauer zu begrenzen, hatten Sie im mer. Diese Ausrede taugt nicht.
Deshalb ist es nun gut, dieses Instrumentarium zu haben – aber bitte ohne Ausgangssperren und ohne Schulschließun gen.
Herr Ministerpräsident, Sie gehen ja neuerdings dazu über, sich in biblische Kontexte zu stellen, und haben am Wochen ende erklärt – wenn man der Presse glauben darf –, Sie seien nicht der Pharao, der unterdrückt, und auch kein Moses, der befreit. Sie haben aber nicht gesagt, welche biblische Gestalt Sie denn sind.
Die Antwort kann ich gern nachliefern: Herr Ministerpräsi dent, mit Ihrer Regierung sind Sie offensichtlich der Nimrod, der sich beim Turmbau zu Babel überhebt und damit für all gemeine Verunsicherung und allgemeine Verwirrung sorgt. Genau das ist doch am vergangenen Wochenende entstanden.
Man muss sich nur mal Luchas Gastro-Chaos anschauen. Da gab es zunächst eine Regelung, die schlimmer war – Kollege Hagel hat diese geschildert – als ein Lockdown. In der Tat;
das war ein Lockdown durch die Hintertür, der zudem aber das Problem mit sich brachte, dass die Leute keine Hilfen be kommen mit der Begründung, sie hätten ja freiwillig zuge macht. – Das wurde zunächst einmal verkündet.
Dann – Herr Kollege Stoch, das kann ich als Ergänzung Ihrer Darstellung noch sagen – wurde die Landesregierung von der Presse gefragt: „Seid ihr unter Umständen bereit, auf die Ein schränkung für Geboosterte zu verzichten?“ Die erste Aussa ge war:
und auch Niedersachsen –, und dann ist man schnell hinter hergehinkt und hat das Ganze dann auch beschlossen. Am nächsten Tag wurde dann diskutiert; und danach haben ein zelne CDU-Abgeordnete bis hin zu Regierungsmitgliedern im Internet gepostet: Jetzt kommt noch was! Und am nächsten Tag hinkte dann der Minister hinterher. Das ist offensichtlich die Coronapolitik dieser Landesregierung.
Und dann, Herr Minister Lucha, deuten Sie nach Berlin und sagen: „Das, was die machen, einen General, das brauchen wir nicht.“ Herr Lucha, wir wären in Baden-Württemberg schon froh, wenn Sie nur das Zeug zum Unteroffizier hätten. Das wäre gut für Baden-Württemberg.
Sie, Herr Kollege Hagel, haben den Amtschef sehr gelobt. Der Amtschef hat noch vor gut zwei Wochen erklärt: „Weihnachts märkte finden in Baden-Württemberg statt.“
Anschließend kam dann: „Für Weihnachtsmärkte gilt 2G Plus.“ Anschließend kam: „Weihnachtsmärkte werden verboten.“ All das geschieht auf dem Rücken der Kommunen, auf dem Rü cken der Schausteller. Sieht so eine konsequente Politik aus, meine Damen und Herren? Ich sage: Nein.
Im Vergleich zu Herrn Lucha und seiner Amtsspitze im Sozi alministerium war Schilda noch ein Kompetenzzentrum, mei ne Damen und Herren.
Die „Stuttgarter Zeitung“ hat recht, Herr Ministerpräsident. Am 30. November konnten wir lesen – ich zitiere –:
Ministerpräsident Kretschmann sollte das Kompetenz vakuum an der Spitze des Sozialministeriums endlich be seitigen.
Wenn Sie das tun, werden Sie von der SPD und von uns kei ne Kritik hören. Das Mindeste, was Sie aber tun sollten, ist, unserem Antrag folgend, Herrn Lucha endlich die Zuständig keit für dieses wichtige Thema Corona zu entziehen und es ir gendwo anders anzusiedeln, wo das Ganze zumindest etwas besser gehandhabt wird als so, wie es dem Land Baden-Würt temberg seit Monaten zugemutet wird.
Aber dazu sind Sie wahrscheinlich wieder nicht bereit und auch nicht in der Lage. Der Nimrod setzt andere Schwerpunk te. Sie verheben sich ja neuerdings nicht nur an der Corona politik Ihrer Landesregierung, sondern auch an der englischen Sprache. Ich habe am Wochenende ein schönes Zitat gelesen als Begründung für die Weiterführung Ihrer Tätigkeit. Man kann das gern abwandeln, Herr Ministerpräsident. Frei nach Robert Frost und Winfried Kretschmann: „The woods are lo vely, dark and deep, but my government is still asleep.“
Das ist das Problem, Herr Ministerpräsident. Wachen Sie end lich mal auf, wenn Sie jetzt noch viereinhalb Jahre Minister präsident bleiben wollen. Wachen Sie auf, und machen Sie ei ne bessere, eine verlässlichere Coronapolitik in Baden-Würt temberg.
In unserem Entschließungsantrag fordern wir einen Rettungs schirm für die Kliniken. Es ist notwendig, hier bessere Vor aussetzungen zu schaffen. Außerdem fordern wir einen Son derfonds für die Aus- und Weiterbildung der Pflegekräfte. Wir empfehlen Ihnen: Schauen Sie sich die Studie des Max-PlanckInstituts zu FFP2-Masken an. Vielleicht ist das eine Alterna tive zu 2G im Handel. Mindestens großflächige Modellpro jekte sollten sinnvoll sein.
Abschließend zum Thema Impfpflicht, Herr Ministerpräsi dent: Die Diskussion wird ja, wenn ich es richtig verstanden habe, von Ihnen – der Kollege Schwarz hat es auch so formu liert – als Freiheitsdebatte geführt nach dem Motto: Eingriffe in die Freiheitsrechte der Menschen sind vertretbar, wenn man dadurch eine große Gefahr abwehren kann. Herr Ministerprä sident, wir haben da überhaupt keinen Dissens. Ich führe die se Debatte nicht oder zumindest nur teilweise als Freiheitsde batte. Und wenn es denn so wäre, wie Sie und andere, z. B. Söder, suggerieren: „Wir müssen jetzt nur eine Impfpflicht einführen, dann ist das Problem gelöst“, dann würde ich Ih nen sofort die Hand reichen und sagen: Machen wir.
Aber es war doch symptomatisch, Herr Ministerpräsident, wie Sie heute dieses Thema angegangen sind. Sie haben gesagt: „Jetzt machen wir erst mal eine Impfpflicht, und dann über legen wir uns, wie wir diese Impfpflicht ausgestalten.“ Ich sa ge Ihnen: Das ist der falsche Weg. Sie müssen andersherum vorgehen. Sie müssen sich zunächst die Frage stellen: Wie set zen wir es um? Sie müssen die Frage beantworten: Wie aus sichtsreich ist das Ganze? Dann können Sie vielleicht eine Impfpflicht beschließen, Herr Ministerpräsident. Sonst pas siert nämlich etwas ganz anderes. Sonst wird das Vertrauen in die Politik noch weiter erodieren.
Manche haben ja mit Österreich argumentiert und haben ge sagt: „Die Österreicher haben es eingesehen, sie brauchen ei ne Impfpflicht. Also machen wir es auch.“ Seit gestern gibt es einen neuen österreichischen Bundeskanzler. Da kommen of fensichtlich jetzt ganz neue Töne. Er hat festgestellt: Es gibt täglich Massendemonstrationen. Man hat nur Öl ins Feuer ge kippt. Jetzt kommt er plötzlich auf die Idee und sagt: „Man muss mit den Leuten diskutieren, man muss sie vielleicht da von überzeugen, dass sie sich impfen lassen“ – durchaus auch mit sanftem Druck; das haben wir ja ausgeführt.