Protocol of the Session on December 7, 2021

Da braucht es kein Geschrei aus der Opposition, liebe Kolle ginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU und den Grünen – Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD – Unruhe)

Ja, die Ereignisse am Wochenende hatten eine große Dyna mik. Es war uns in dieser Koalition das gemeinsame, zentra

le Anliegen, durch die 2G-Plus-Regel keinen De-facto-Lock down für die Gastronomie zu erzeugen. Ohne die Ausnahmen, die wir jetzt haben, wäre 2G Plus aber ein praktischer Lock down durch die Hintertür ohne entsprechende Wirtschaftshil fen gewesen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ja, und wer hat es denn beschlossen?)

Dass wir dies nicht wollen, haben wir in unserer Koalition be sprochen, und wir waren uns da zwischen Grünen und CDU schnell einig.

(Lachen des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Schnell?)

Herr Dr. Rülke, zuhören lohnt sich. – Das wird im Begrün dungstext auch so nachgeliefert; für dessen Veröffentlichung gibt es nach dem Infektionsschutzgesetz eine gewisse Karenz zeit. Aber in dieser Phase ist eine Karenzzeit

(Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

vielleicht zu viel. Bei dem Anliegen, schnell für Klarheit zu sorgen, hat dabei aber die Abstimmung gelitten. Aber das soll te nicht so sein.

Mir ist es allemal lieber, meine sehr geehrten Damen und Her ren, eine Entscheidung zu verbessern, als alles in die falsche Richtung laufen zu lassen, nur, damit man am Ende recht hat. Die Dinge in der Pandemiepolitik besser zu machen, sie rich tig zu machen, ist doch richtig und nicht Rechthaberei. Des halb braucht Politik auch die Größe, zu sagen: „Es war ein Fehler, das machen wir in Zukunft gemeinsam besser.“ Das machen wir auch in dieser Koalition, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie auf der Regierungsbank)

Angesichts der Größe des Sturms, in dem wir stehen, ist es angezeigt, zu sagen: Da machen wir jetzt die bessere Entschei dung, eine Entscheidung, die letztlich Klarheit schafft, anstatt weiterhin Verwirrung zu stiften, und die in dieser Situation auch verhältnismäßig ist.

Hieraus eine so hysterische Show abzuleiten, wie wir es ge rade erlebt haben, ist in dieser dramatischen Lage, ist in die ser Dynamik der Pandemie nicht nur unangemessen; es ist jetzt, da es um Menschenleben, da es um Existenzen geht, auch für dieses Hohe Haus peinlich. Wir haben eine gemein same Verantwortung, und dieser müssen wir gerecht werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU und den Grünen – Abg. Sascha Binder SPD: Der werden Sie aber nicht gerecht! – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Der Gedanke der Verhältnismäßigkeit hat uns auch geleitet, als wir uns dafür entschieden haben, auf Kinder und Jugend liche keinen Impfdruck auszuüben und die 2G-Privilegierung beizubehalten. Ja, Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren sollen sich impfen lassen. Wir werben dafür. Aber in einer Zeit, in der die Impfinfrastruktur erst im Wiederaufbau ist und in der wir in der logistischen Bereitstellung des Impfstoffs schnell mehr Tempo brauchen und besser werden müssen, soll

jetzt Druck auf anderen lasten als auf denjenigen, die sich mit unter nicht einmal selbstständig für eine Impfung entscheiden können. Das war uns, der CDU-Fraktion, wichtig. Dazu ste hen wir trotz aller Kritik voll und ganz. Ich kann für mich per sönlich nur sagen: Meine Frau und ich würden unsere Kinder impfen lassen, wenn dazu die Möglichkeit bestünde.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie auf der Regierungsbank – Abg. Anton Baron AfD: Unglaub lich!)

Deswegen gehen wir im Fazit mit den Verschärfungen in Ba den-Württemberg weiterhin einen konsequenten Weg. Wir set zen auf die notwendigen und auf die zielgerichteten Ein schränkungen für Ungeimpfte und fahren zugleich die Schutz maßnahmen für Geimpfte und für Genesene hoch. Zudem werden wir Geimpften und Genesenen weiterhin Freiheiten zuteilwerden lassen können, die es für Ungeimpfte in dieser Situation nicht geben kann und auch nicht geben darf.

Das Signal ist: Wer geimpft ist, muss so lange mehr Freihei ten haben können, wie es das Infektionsschutzgesetz zulässt, als diejenigen, die die Impfung verweigern. Aber für mich und für uns ist eines ganz klar: Wenn es die Situation erfordert, wenn die Zahlen vor Weihnachten nicht deutlich sinken, wer den wir auch im Lichte dessen, was uns die Omikron-Varian te gegebenenfalls bringt, über weitere Maßnahmen debattie ren müssen – auch hier in diesem Haus.

Deshalb sind wir, die CDU-Landtagsfraktion, uns da in unse rer Haltung ganz klar: Wir bleiben vorsichtig, wir bleiben wachsam, und wir bleiben bei unserem klaren Kurs zum Ge sundheitsschutz und zur Verhältnismäßigkeit. Aber eines bleibt unabhängig von all dem Vorgetragenen – ich glaube, das gilt für alle Parteien des demokratischen Verfassungsbogens in diesem Haus –: Oberste Priorität hat weiterhin impfen, imp fen, impfen, egal, ob Erstimpfung, ob Zweitimpfung

(Zuruf des Abg. Emil Sänze AfD)

oder boostern. Der Weg aus der Pandemie geht nur über die Impfung.

Die Ministerpräsidentenkonferenz hat hier absolut richtige Zeichen gesetzt: 30 Millionen Impfungen bis Weihnachten. Ja, die Forderungen vom künftigen Bundeskanzler sind ein ehrgeiziges Ziel. Aber lassen wir uns von der Größe dieser Aufgabe nicht stressen, sondern nehmen wir diese Aufgabe an – mit mobilen Impfteams, mit den Initiativen und Impfak tionen der Kommunen, mit Hausärzten, Apotheken, Zahnärz ten und allen, die dafür qualifiziert sind. Lassen Sie uns des halb auch prüfen, ob wir es nicht allen Ärzten, auch den nicht niedergelassenen Ärzten möglich machen, Impfaktionen durch zuführen – beispielsweise, wenn diese Kreativität genutzt wer den kann, weil ein nicht niedergelassener Arzt im Verein oder in einer Initiative Mitglied ist und diese Kraftanstrengung dort leisten kann. Ich glaube, wir müssen diese Kreativität im Po tenzial deutlich besser heben, als wir es im Moment tun.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Eines, was uns, der CDU-Landtagsfraktion, in dieser Stunde am Herzen liegt, ist, denen zu danken, die gerade so viel ge scholten werden. Ich meine die Mitarbeiterinnen und Mitar beiter im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integra

tion, die sich so sehr angesprochen fühlen von dieser pauscha len und falschen Kritik aus manchen politischen Reihen.

Deshalb möchte ich für die CDU-Landtagsfraktion und für unsere Koalition auch sagen: Sehr geehrter Herr Minister, wir sind Ihrem Haus, Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, al len voran stellvertretend Ministerialdirektor Professor Lahl, von Herzen dankbar für diese großartige Arbeit in den letzten 21 Monaten.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP und Abg. Sa scha Binder SPD: Was ist mit dem Minister?)

Sehr geehrter Herr Minister, Herr Professor Lahl, allen Mit arbeiterinnen und Mitarbeitern gilt der herzliche Dank der CDU-Landtagsfraktion.

(Beifall bei der CDU und den Grünen – Abg. Andre as Stoch SPD: Schwere Hände bei der CDU!)

Ich habe die erschütternden Zahlen eingangs genannt. Diese Zahlen sind aber weit mehr als eine bloße Größe, die die Ka pazitätsgrenzen unseres Gesundheitssystems angibt. Hinter diesen Zahlen stecken Schicksale. All diese Menschen ban gen, und diese Menschen haben Angst. Die allermeisten die ser Menschen haben Angehörige oder Freunde, die genauso bangen, die genauso Angst haben.

Wir müssen uns klarmachen: Covid-19 ist eine Krankheit, die zu einem grausamen Tod führen kann. Gewebe und Lungen bläschen füllen sich mit Wasser, und Erkrankte ertrinken in nerlich. Diese Vorstellung muss für schwer Erkrankte furcht bar sein. Diese Vorstellung muss für Angehörige und für Freun de von schwer Erkrankten eine furchtbare Vorstellung sein.

Wenn wir also all diese Zahlen sehen, wenn wir diese Schick sale sehen und wenn wir unsere eigene Verantwortung und die Debatte in diesem Haus sehen, liebe Kolleginnen und Kolle gen, dann dürfen wir nie vergessen, was sich hinter all diesen Zahlen an menschlichem Leid und an emotionaler und ge sundheitlicher Belastung verbirgt. Es geht um Menschenle ben und nicht um politische Schuldzuweisungen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und den Grünen)

Deshalb dienen alle Bemühungen dieser Koalition, alle Be mühungen dieser Regierung und auch alle Bemühungen von Minister Manne Lucha dem Schutz der Menschen vor diesem heimtückischen, gefährlichen und tödlichen Virus. In dieser Aufgabe sind wir unterwegs, es wird stets mit heißer Nadel gestrickt.

(Abg. Emil Sänze AfD: Seit zwei Jahren mit heißer Nadel gestrickt!)

Aber Politik wird immer von Menschen gemacht, die Fehler machen. Eine große Politik ist dann aber auch bereit, zu sa gen: Das war ein Fehler, der wird korrigiert, das machen wir besser.

Ich bin mir sicher, dass uns Demokraten hier in diesem Ho hen Haus bei allem Dissens in den Einzelheiten diese Verant wortung eint. Deshalb lassen Sie uns nach dieser Verantwor tung auch gemeinsam handeln. Der Opposition kann ich nur sagen: Diese Debatte wird in dieser wichtigen Frage keinen

Spaltpilz in diese Koalition treiben. Wir handeln, und zwar gemeinsam.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie auf der Regierungsbank)

Für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Rülke.

(Abg. Manuel Hagel CDU: Uli, da liegen noch Kar teikarten! Soll ich sie dir bringen?)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, es war in der Vergangenheit guter Brauch, Regierungserklärun gen der Opposition 24 Stunden vorher vorzulegen. Sie wei chen in letzter Zeit aus gutem Grund von diesem Brauch ab, weil man ja davon ausgehen kann, dass das, was Ihre Regie rung aufschreibt, 24 Stunden später nicht mehr gilt.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Gernot Gruber SPD)

Vor diesem Hintergrund möchten wir Sie ausdrücklich ermu tigen, dabei zu bleiben.

Richtig ist, dass das Land in einer schwierigen Lage ist. Rich tig ist aber auch – Herr Kollege Hagel, weil Sie die epidemi sche Lage so in den Himmel gehoben haben –,

(Abg. Manuel Hagel CDU: Das sind Fakten!)

dass die gestiegenen Inzidenzen, der Hospitalisierungsgrad, diese schwierige Lage unseres Landes eben nicht durch die se epidemische Lage verhindert worden sind. Vielmehr sind die Inzidenzen, die wir haben, und die Hospitalisierung, die wir haben, gerade der Ausfluss dieser epidemischen Lage.

(Zuruf des Abg. Manuel Hagel CDU)