Deswegen bin ich froh, dass wir jetzt Rechtssicherheit haben, dass wir jetzt Rechtsklarheit haben. Das ist gut und richtig so. Das zeichnet unseren Rechtsstaat aus, das zeichnet unsere De mokratie aus. Ich bin froh, dass wir einen starken Rechtsstaat
und eine funktionierende Demokratie haben. Das ist in diesen Zeiten von nicht zu unterschätzender Bedeutung.
In der zweiten Runde erteile ich das Wort für die FDP/DVP-Fraktion noch einmal Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Rülke.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst zu den bemerkens werten Ausführungen des Innenministers, der von „Unterkom plexität“ und von „defizitärem Auftreten“ gesprochen hat.
Sie haben vor dem Verfassungsgericht verloren, Herr Innen minister, und zwar zur Frage des Landtagswahlrechts in Ba den-Württemberg. Wie reagieren Sie darauf? Sie schwadro nieren hier im Landtag von Baden-Württemberg über das Bundestagswahlrecht und über Entscheidungen des Bundes verfassungsgerichts zum Bundeshaushalt. Also, wenn jemand hier defizitär und unterkomplex auftritt, dann ist es der Innen minister des Landes Baden-Württemberg.
Ich habe mir aber vorgenommen, auf sämtliche Redebeiträge in dieser Debatte einzugehen, die nicht defizitär und unter komplex gewesen sind, also die von Herrn Kollegen Binder.
In der Tat: Das meiste von dem, was Sie gesagt haben, kann man unterschreiben. Es ist richtig, das Verfassungsgericht hat nicht gesagt: „Ihr müsst es so machen“, sondern das Verfas sungsgericht hat gesagt, es gibt Spielraum. Dass es diesen Spielraum gibt, ist positiv. Denn auf diese Art und Weise kann das Parlament ein Wahlrecht gestalten, kann Prioritäten in die eine oder in die andere Richtung setzen, und man kann gege benenfalls – das werden wir natürlich auch tun – einen sol chen Gesetzentwurf der Bevölkerung vorlegen.
Das Verfassungsgericht hat aber durchaus einen Hinweis ge geben, dass es auch zweckmäßig sein könnte, so vorzugehen, wie wir es tun. Denn entgegen dem, was in vielen Parlaments debatten zu dieser Thematik zu hören war, hat das Verfas sungsgericht in dieses Urteil geschrieben – ich darf es noch einmal zitieren –:
in der Verfassungswirklichkeit bewährt. Sie gewährleis tet auf Bundesebene eine angemessene Repräsentation durch im Wahlkreis ausgewählte Persönlichkeiten und kann damit als Vorlage für eine parallele Ausgestaltung auf Landesebene herangezogen werden.
(Vereinzelt Heiterkeit bei den Grünen – Oh-Rufe – Abg. Andreas Stoch SPD: Die Zeiten des Adels sind vorbei! – Zuruf des Abg. Daniel Lede Abal GRÜNE)
Doch, es ist geadelt durch das Verfassungsgericht. Es sagt nicht: „Ihr müsst es so machen.“ Aber lesen Sie die Plenar protokolle zu diesen Debatten: Es wurde immer das Gegen teil behauptet. Es wurde immer gesagt, es sei nicht zweckmä ßig,
was die FDP da vorschlägt. Das Verfassungsgericht sagt, es sei zweckmäßig. Hier steht es schwarz auf weiß.
Ein Letztes: Herr Binder, Sie haben zu Recht gesagt, man sol le nicht die Regeln beschimpfen. Ich weiß nicht, ob Sie uns damit gemeint haben. Also, wir beschimpfen nicht die Regeln. Eines ist allerdings schon klar: Wenn eine erste Amtssamm lung in der Geschichte des Landes Baden-Württemberg statt findet und wir von zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern hö ren, dass sie in die Rathäuser ihrer Wohngemeinden kommen und dann gesagt bekommen: „Haben wir noch nie gehört, wis sen wir nicht, gehen Sie wieder“, dann stimmt etwas nicht. Dann muss man zumindest an dieser Stelle etwas ändern.
Und wenn Änderungsbedarf gegeben ist und man dann mög licherweise über diesen Änderungsbedarf diskutiert, ist das kein Beschimpfen der Regeln, sondern es ist notwendig, dass man, wenn das Parlament eine solche Möglichkeit für ein Volksbegehren schafft, dann auch die Voraussetzungen dafür schafft, dass es funktionieren kann.
Gibt es noch weitere Wortmel dungen in der zweiten Runde? – Für die CDU-Fraktion sehe ich die Wortmeldung von Herrn Abg. Dr. Miller.
Vielen Dank. – Frau Land tagspräsidentin! Herr Rülke, Sie haben schon in Ihrem ersten Beitrag davon gesprochen, das Verfassungsgericht habe auch die Zweckmäßigkeit Ihres Vorschlags bestätigt. Da hat es mich schon geschüttelt.
Ich möchte jetzt nur einmal den Prüfungsmaßstab des Verfas sungsgerichtshofs erwähnen, der ausdrücklich in seinem Ur teil festgestellt hat – dann können Sie sich selbst überlegen, ob das, was Sie gerade gesagt haben, stimmt –:
Der Verfassungsgerichtshof hat dabei nur zu prüfen, ob sich der Gesetzentwurf innerhalb der von der Verfassung gezogenen Grenzen bewegt, nicht jedoch, ob es sich um die zweckmäßigste oder rechtspolitisch vorzugswürdigs te Lösung handelt...
Aktuelle Debatte – Schulden-Dammbruch im Bund – Kon sequenzen für Baden-Württemberg – beantragt von der Fraktion der AfD
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion zur Verfügung.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bis vor Kurzem konnten wir in einem Wahlprogramm mit dem Titel „Politikwechsel für Deutschland“ einen Forde rungskatalog entdecken, der die Überschrift „Funktionieren der Staat – unser Zukunftsversprechen“ trug. Danach wurden zentrale Forderungen formuliert, auf die es – so die Verfasser des Wahlprogramms – jetzt vor allem ankomme. Darunter auch folgende Aussage:
Wir halten an der Schuldenbremse des Grundgesetzes fest. Die Schulden von heute sind die Steuererhöhungen von morgen.
Bereits nach Abschluss der Sondierung von CDU/CSU und SPD und noch vor Beginn der eigentlichen Koalitionsverhand lungen sind diese programmatischen Kernaussagen einer einst bürgerlich-konservativen Partei nicht mehr das Papier wert, auf dem sie gedruckt worden sind.
Erinnerungen an 2005 werden wach: Wir erleben stattdessen einen beispiellosen Betrug am Wähler, der deutliche Paralle len zur Bundestagswahl 2005 aufweist. Manche werden sich noch daran erinnern. Damals war es einem heute in seiner Par tei weitgehend geächteten Bundeskanzler mit 34,2 % fast ge lungen, die CDU auf der Zielgeraden abzufangen. Liebe Kol legen von der SPD, auch wenn Sie Herrn Schröder heute aus außenpolitischen Gründen als Putin-Freund verachten, soll ten Sie dieses Wahlergebnis in Erinnerung behalten – vor al lem jetzt, da Sie im Bund bei 16,4 % angekommen sind.
Aber auch im Jahr 2005 folgte auf die Wahl ein gigantischer Betrug am Wähler. Hatte die SPD im Wahlkampf die Forde rung der CDU nach einer Mehrwertsteuererhöhung von 16 auf 18 % noch scharf kritisiert, verständigte man sich nach der Wahl in der damaligen Koalition überraschenderweise schnell darauf, diese Steuer sogar auf 19 % zu erhöhen. Der SPDWahlkampfslogan „Merkelsteuer, das wird teuer“ hatte sich 2005 schnell in Luft aufgelöst – wahrscheinlich die Verspre chen auf anderer Seite heute auch. Schon damals entschieden sich CDU/CSU und SPD für eine Politik, mit der man mög
lichst schnell möglichst viel zusätzliches Geld in die Kassen des Staates spülen kann. Und der Bürger wurde gnadenlos zur Ader gelassen.
Damals war es die Erhöhung der Umsatzsteuer, heute werden sogenannte Sondervermögen eingerichtet – Vermögen, die aber Schulden darstellen; denn hier handelt es sich um nichts anderes als um kreditfinanzierte Schattenhaushalte, meine Da men und Herren.