Protocol of the Session on March 12, 2025

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion zur Verfügung.

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg Mack.

(Abg. Manuel Hagel CDU: Guter Mann!)

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Wenn wir in diesen Tagen über die Vertei digungswirtschaft und ihren Beitrag zu unserer Sicherheit sprechen, müssen wir zuerst klären, was genau wir erreichen wollen. Wir müssen uns entscheiden. Eine Möglichkeit ist: Wir setzen den Weg eines vereinten Europas fort. Dieser Weg begann mit der Rede von Winston Churchill im Jahr 1946 in Zürich. Er führte über die Römischen Verträge, über unseren NATO-Beitritt, über den Fall den Eisernen Vorhangs hin zur deutschen Wiedervereinigung und hin zu den Verträgen von

Maastricht und Lissabon. 80 Jahre Frieden haben wir auf die sem Kontinent – 80 Jahre! Europa bedeutet Frieden.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der SPD)

Die andere Möglichkeit – der Irrweg – wäre: Wir kehren zu rück zur Denke von Kaiser Wilhelm II., der Deutschlands Zu kunft in einer Allianz mit Russland sah. Sein Gedanke: deut sche Ingenieurskunst und russische Rohstoffe als Basis für ei ne Vormachtstellung über andere Völker. Diese Überheblich keit führte uns in den Ersten Weltkrieg und in die Katastrophe des 20. Jahrhunderts mit Millionen Toten, mit Toten in fast je der Familie. Diese Denkweise Wilhelms II. findet heute wie der Anhänger, nicht nur unter Reichsbürgern, sondern auch unter ehemaligen Bundeswehrgenerälen wie Kujat und Wun drak. Ein befremdlicher Umstand!

Auch in der AfD und bei Wagenknecht-Anhängern findet sich diese Haltung. Der ehemalige deutsche Marinechef Schön bach verstieg sich gar zu der Aussage, Deutschland brauche Russland, um gegen China zu bestehen, und damit seien Ge bietsverluste der Ukraine hinzunehmen. Kurz darauf trat er zurück.

Wir dürfen unseren Partnern nicht in den Rücken fallen, son dern müssen verlässlich bleiben. Ohne diese Verlässlichkeit droht Chaos, und das wäre der Nährboden für neuen Krieg in Europa.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der FDP/DVP)

Wer heute für die Wiederherstellung der Kriegstüchtigkeit Deutschlands als Teil der europäischen Verteidigungsfähig keit eintritt, lehnt diese gescheiterte Denkweise des 19. Jahr hunderts ab. Ja, Europa ist vielfältig, doch wir stehen zusam men. Papst Johannes Paul II., ein visionärer Baumeister des modernen Europas, verglich unseren Kontinent mit zwei Lun genflügeln, dem lateinischen Westen und dem griechisch-ky rillischen Osten. Der protestantische Norden ist inzwischen aus vollem Herzen Teil dieser Einheit geworden. Wer hätte noch vor wenigen Jahren gedacht, dass das neutrale Schwe den in die NATO strebt und dass sich die orthodox geprägte Ukraine in ihrer schwersten Stunde besonders auf die nordi schen Länder verlassen kann. Trotz dieser Unterschiede eint uns der Wille zur Verteidigung von Frieden und Freiheit auf dem gesamten europäischen Kontinent.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der SPD – Abg. Anton Baron AfD: Sie wol len doch nur den Taurus in die Ukraine liefern kön nen!)

Deutschlands Entschlossenheit und sein konkreter Beitrag zu diesem europäischen Friedenskonzept sind, vorsichtig gesagt, ausbaufähig. Die Finanzierung der dringend notwendigen Er höhung unserer Verteidigungsbereitschaft ist unumgänglich, besonders da die Trump-Administration gezeigt hat, dass das Bündnis mit den USA nicht mehr als unumstößlich gilt. Des halb ist eine Kreditaufnahme für Verteidigungsausgaben un vermeidlich. Es ist richtig, die Schuldenbremse des Grundge setzes sofort für militärische Investitionen zu lockern, um Recht und Freiheit zu verteidigen.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der SPD – Abg. Anton Baron AfD: Aha! – Zuruf des Abg. Dr. Uwe Hellstern AfD)

Wir fordern die Landesregierung auf, dieser Notwendigkeit im Bundesrat zuzustimmen. Nur so können wir dazu beitra gen, dass Europa nicht ins Chaos stürzt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Anton Ba ron AfD: Wählertäuschung! Unglaublich!)

Als Parlamentsarmee muss die Bundeswehr mit den erforder lichen Haushaltsmitteln ausgestattet werden, um Deutschland zu verteidigen und potenzielle Angreifer abzuschrecken. Da zu gehört auch ein wirksamer Bevölkerungsschutz mit Reser vekrankenhäusern. Alle unsere Ressourcen und Fähigkeiten müssen nun gebündelt werden. Europa und Deutschland müs sen ihre Wehrfähigkeit schnell wiederherstellen, nicht durch jahrelange Strategiedialoge, sondern durch glaubwürdige und wirksame Abschreckung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Baden-Württemberg kann hierzu einen entscheidenden Bei trag leisten. Unsere Soldatinnen und Soldaten müssen opti mal ausgerüstet sein, um ihre Mission zu erfüllen und wohl behalten zurückzukehren.

(Abg. Anton Baron AfD: Wer hat die Wehrpflicht aus gesetzt?)

Was kann das Land hier konkret beitragen? Forschung und Entwicklung fördern. Zusätzliche Mittel für Forschung und Entwicklung zur Innovation haben wir im Haushalt 2025/2026 bereitgestellt, um Baden-Württembergs Innovationspotenzial zu heben und Europas technologische Unabhängigkeit zu stär ken, z. B. durch Invest BW, durch die Förderung von Fraun hofer-Instituten und vielem mehr. Wir investieren in For schung und Entwicklung.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben Landesbanken und Institute, die L-Bank, die Mit telständische Beteiligungsgesellschaft, die Landesbank Ba den-Württemberg. Wir müssen sie auffordern, Investitionen in Verteidigungstechnik zu unterstützen. Wir, die CDU-Land tagsfraktion, haben das immer gesagt, als es um die Anlage strategie für die Mittel des Landes Baden-Württemberg ging. Es erweist sich jetzt als richtig, dass Finanzanlagen des Lan des auch im Verteidigungsbereich in unserem Land möglich sein müssen. Da sind wir jetzt gemeinsam unterwegs mit Fi nanzminister Bayaz, der sagt:

Unsere Sicherheit und Wohlstand liegen auch in Vertei digungsgütern und militärischer Technologie.

Also, wir müssen selbstverständlich auch die Mittel unseres Landes in Verteidigungstechnologie investieren.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Es gibt an den Hochschulen unseres Landes Zivilklauseln, die Rüstungsforschung untersagen. Wir treten klar dafür ein, dass diese Zivilklauseln abgeschafft werden.

(Zuruf von der FDP/DVP: Aha!)

Frau Olschowski, die Wissenschaftsministerin – die jetzt ge rade nicht da ist –, hat gestern gesagt, wir müssten die neue Situation auch als Chance sehen, unseren Wissenschaftsstand ort voranzubringen. Deshalb erwarten wir vom Wissenschafts ministerium, dass diese Zivilklauseln abgeschafft werden. An sonsten müssen wir, denke ich, gesetzlich handeln; das ver langt auch die Wissenschaftsfreiheit.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf von der FDP/DVP: Bravo!)

Bestehende Fabriken, die durch den Strukturwandel frei wer den, sollten gezielt für die Verteidigungsindustrie genutzt wer den. VW überlegt auch gerade, ob man in diesen Bereich mit hineingeht. In anderen Bereichen, in denen Bosch Fabriken verlässt, müssen wir überlegen, wem wir diese anbieten kön nen. Das ist auch eine Frage der Ansiedlungsstrategie des Lan des Baden-Württemberg. Der Bundesgesetzgeber muss zu dem steuerliche Anreize schaffen, damit Innovationen schnel ler in die Serienreife gelangen.

Und schließlich: Das Beschaffungsamt der Bundeswehr in Ko blenz hat sage und schreibe 6 800 Mitarbeiterinnen und Mit arbeiter. Gleichzeitig überlegt der Bund, jetzt ein Gesetz zu machen, um diese Behörde zu umgehen. Also, ich meine, Mit tel dürfen nicht in Bürokratie investiert werden und dürfen dort nicht versanden. Wir müssen darüber nachdenken, wo wir solche Strukturen zurückbauen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. An dreas Schwarz GRÜNE)

Baden-Württemberg ist ein industrielles Kraftzentrum mit al len Schlüsselbranchen, die für die Wehrfähigkeit Deutschlands und Europas essenziell sind: Luft- und Raumfahrt, Satelliten technologie, von Hochleistungstriebwerken bis hin zur präzi sen Navigation aus dem All, Optik, Fernwirktechnik, Photo nik, Laser, Quantensensorik – unverzichtbar für Präzisions sensoren, Zielsysteme, modernste Kommunikationstechnik und die Chipproduktion. Stahlwerke und Schwerindustrie, das Rückgrat für Panzerungen, Achsen, Großgeräte, widerstands fähige Infrastruktur – auch das brauchen wir selbstverständ lich. Fahrzeugbau, gepanzerte Fahrzeuge, Militärtransporter, hochspezialisierte Mobilitätslösungen –

(Zuruf des Abg. Dr. Uwe Hellstern AfD)

all das haben wir im Land, bis hin zum Motorenbau, zum Ma schinen- und Werkzeugbau, die die Basis für leistungsfähige Antriebe, Robotik und industrielle Fertigung auf höchstem Niveau liefern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. An dreas Schwarz GRÜNE)

Mit dieser industriellen Stärke kann Baden-Württemberg ent scheidend zur Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und Eu ropas beitragen. Wir müssen Wirtschaft und Wissenschaft op timal vernetzen, unsere strategischen Cluster stärken und jun ge Talente dazu motivieren, an der Verteidigungsfähigkeit un seres Landes mitzuwirken.

Europa ist für Baden-Württemberg Staatsräson. Als wirtschaft licher, gesellschaftlicher und kultureller Hauptprofiteur Euro pas tragen wir eine besondere Verantwortung,

(Zuruf des Abg. Dr. Uwe Hellstern AfD)

diesen Kontinent und seine Werte zu verteidigen. Den Weg eines freien, friedlichen Europas müssen wir entschieden wei tergehen.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Schwarz das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Für uns Grüne ist selbstverständlich: In diesen Zeiten müssen wir die Verteidigung stärken. Auch deshalb stehen wir, meine Fraktion und ich, schon seit Län gerem in einem engen Kontakt mit der Bundeswehr. Wir ha ben uns mit dem Nationalen Territorialen Befehlshaber ge troffen, mit Herrn Generalleutnant Bodemann. Ich freue mich sehr, dass wir heute Herrn Kapitän zur See Michael Giss, der das Landeskommando Baden-Württemberg führt, hier im Land tag begrüßen dürfen.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der SPD, der FDP/DVP und der AfD)

Ich möchte mich, Herr Giss, bei Ihnen und Ihrem Team für den konstruktiven Austausch bedanken. Mich beruhigt es, meine Damen und Herren, dass die Verantwortlichen der Bun deswehr an einem konkreten, klugen Verteidigungsplan arbei ten, dem Operationsplan Deutschland.

Wir sichern hier unsere Unterstützung zu, wenn es beispiels weise um Verwaltungsvereinfachungen geht, um Erleichte rungen bei Baumaßnahmen, um das Voranbringen von Infra strukturprojekten und um eine bessere Zusammenarbeit zwi schen Landes- und Bundesbehörden. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist alles sehr, sehr wichtig.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Rudi Fischer FDP/DVP)

Was in allen Gesprächen deutlich wird: Die Lage ist ernst. Pu tin führt seinen brutalen Angriffskrieg nach drei Jahren mit unverminderter Härte fort und trifft die ukrainische Zivilbe völkerung.

Hinzu kommt, dass wir in Deutschland und Europa konkret hybriden Bedrohungen ausgesetzt sind. Das reicht von orga nisierten massiven Desinformationskampagnen bis hin zur Sa botage.

Die Trump-Administration hat vorübergehend US-Militärhil fen gestoppt. Sie nähert sich in der Wortwahl russischer Pro paganda an. Trump kokettiert mit einem Diktatfrieden.