Protocol of the Session on June 26, 2019

Das Land besitzt außerdem Parkflächen, Gartenanlagen und Außenanlagen von Landesgebäuden, insgesamt ungefähr 1 500 ha.

Seit Bekanntwerden der Krefelder Studie machen wir uns na türlich Sorgen darüber, dass innerhalb von 27 Jahren ein Rückgang der Gesamtmasse an Fluginsekten um 76 % fest gestellt wurde.

In diesem Kontext frage ich jetzt die Landesregierung, wel che Maßnahmen sie ergriffen hat und welche Maßnahmen sie noch ergreifen möchte, um ihrer Vorbildfunktion für den Er halt der Biodiversität auf landeseigenen Flächen im Zustän digkeitsbereich unserer Liegenschaftsverwaltung gerecht zu werden, und zwar in den Parks und Gärten, auf den Außenan lagen von Landeseinrichtungen und auf den landwirtschaftli chen Flächen.

Zusätzlich wäre mir noch wichtig zu erfahren, welche Akti vitäten es im Bereich der Landesbeteiligungen inklusive z. B. der Wilhelma oder des Blühenden Barocks oder auf den Lan desdomänen, wie z. B. dem Gestüt Marbach, für Artenschutz und Artenvielfalt gibt.

(Beifall des Abg. Winfried Mack CDU – Abg. Win fried Mack CDU: Bravo! – Gegenruf des Abg. Anton Baron AfD: Selbstbeweihräucherung! Zeitverschwen dung!)

Für die Landesregierung er teile ich das Wort Frau Staatssekretärin Dr. Splett.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank für die Fragestellung. Ich freue mich, dass damit heute hier schon zum zweiten Mal das Thema Biodiversität behandelt wird. Und ich freue mich, dass sich die Fragen auch an das Finanz ministerium richten, denn uns im Finanzministerium ist die ses Thema sehr wichtig. Das Thema hat einen hohen Stellen wert, und wir wollen auf unseren landeseigenen Flächen un serer Vorbildfunktion gerecht werden. Wir haben deshalb in den vergangenen Jahren sehr viele Maßnahmen ergriffen und sind noch weiter daran, Maßnahmen zu erarbeiten und umzu setzen.

Ich muss dazu sagen, dass im Zuständigkeitsbereich der Lie genschaftsverwaltung des Landes nahezu 35 000 ha Grund stücke liegen. Diese Flächen sind allerdings sehr unterschied lich. Es handelt sich zum einen um rund 11 500 ha natur

schutzwichtige Flächen, fast 22 000 ha landwirtschaftlich ge nutzte Flächen und ca. 1 500 ha Grünflächen, wobei darunter ebenso große Parkflächen und historische Gartenanlagen fal len wie zum Teil sehr kleinteilige Außenanlagen von Verwal tungsgebäuden.

Herr Fraktionsvorsitzender Stoch hat heute Morgen gesagt, dass Blühwiesen auf landeseigenen Grünflächen eher in die Liga Schrebergarten und nicht in die Liga Landesregierung fallen. Zum einen meine ich, dass unsere Schlossgärten sehr klar in die Liga Landesregierung fallen, zum anderen möch te ich an dieser Stelle auf die große Bedeutung der Schreber gärten hinweisen. Bei mehr als einer Million Kleingärten in Deutschland sind auch diese für den Erhalt der Biodiversität sehr wichtig.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Ich nehme an, das sieht auch die SPD so.

(Abg. Gabi Rolland SPD: Mit Sicherheit!)

Wenn ich nun also zunächst über landeseigene Grünflächen im Siedlungsbereich spreche, dann ist klar, dass bereits bei der Planung die Weichen für eine naturnahe, artenreiche Ge staltung gestellt werden sollten. Durch die Anlage von Blu menwiesen statt Rasen oder gar befestigter Flächen, durch ei ne standortgerechte und vielfältige Pflanzenauswahl, durch Artenschutz am Haus z. B. in Form von Nistkästen, durch Dachbegrünung und durch den Verzicht auf Pestizide kann viel bewirkt werden.

Wir haben deshalb im vergangenen Jahr einen Leitfaden her ausgegeben, der für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter un serer Verwaltung, aber auch für Auftragnehmerinnen und Auf tragnehmer die Richtung vorgibt und u. a. die Anlage von Wiesen statt Rasenflächen empfiehlt und den Verzicht auf Pes tizide regelt. Vielerorts wurden in den vergangenen Jahren Ra senflächen in Wiesen umgewandelt, z. B. im Schlossgarten Schwetzingen, im Rosensteinpark, im Akademiegarten hinter dem Landtag. Da ist gerade in Teilbereichen eine Baustelle, da wird aber wieder Wiese eingesät. An dieser Stelle möchte ich auch darauf hinweisen, dass wir auf den bisherigen Wech selflorbeeten vor dem Landtag nun eine insektenfreundliche Dauerbepflanzung haben.

(Beifall des Abg. Manfred Kern GRÜNE – Abg. Manfred Kern GRÜNE: Sehr gut!)

Auch im Schlossgarten von Bad Mergentheim wurden Rasen flächen in Wiesen umgewandelt.

(Abg. Anton Baron AfD: Mehr Zeckenbisse!)

Auch beim Schloss Favorite wurden und werden Rasen in Wiesenflächen umgewandelt. Insgesamt arbeiten die Schlös ser und Gärten Baden-Württemberg, kurz SSG, an der Wei terentwicklung historischer Gartenkunstwerke zu artenreichen Biotopen – natürlich im Einklang mit den Denkmalschutzan forderungen.

Aktuell werden bei neun von SSG betreuten Monumenten in Kooperation mit der Initiative „Blühende Naturparke“ Wild bienenweiden angelegt, und natürlich bieten nicht nur Gärten, sondern auch Burgruinen und Schlossgewölbe Lebensraum

für viele Arten. Als Beispiel sei das Schloss Heidelberg mit seinen Fledermaus- und Amphibienpopulationen genannt. Er wähnt sei hier auch, dass die Schlossgärtnerei in Karlsruhe schon seit vier Jahren biologisch und torffrei arbeitet.

Auch auf verschiedenen Hochschulcampus und anderen Grün flächen gibt es zahlreiche Aktivitäten für mehr Biodiversität, z. B. an den Universitäten Tübingen und Konstanz, den Hoch schulen Furtwangen und Aalen. Mit der Hochschule Biberach sind wir gerade intensiv im Gespräch.

Wir arbeiten auch an der systematischeren Erfassung und Pla nung von Ausgleichsmaßnahmen für unsere Neubaumaßnah men. Wir haben das Fortbildungsangebot für die Mitarbeite rinnen und Mitarbeiter zum Thema Biodiversität ausgebaut, und wir arbeiten an der Weiterentwicklung der Musterleis tungsverzeichnisse für die Pflege unserer Grünanlagen.

Sie sehen also: Es läuft viel. Das Thema ist schon sehr gut aufgegleist, und die Landesgrünanlagen werden immer arten reicher.

Wir haben in den vergangenen drei Jahren auch den Ankauf naturschutzwichtiger Flächen deutlich gestärkt. Wir haben die Mittelansätze auf nunmehr 2 Millionen € pro Jahr erhöht und auch die Personalausstattung verbessert.

Wir richten den Fokus nun auf den Erwerb von Moorflächen, denn diese dienen nicht nur dem Erhalt der Biodiversität, son dern auch dem Klimaschutz. Zusammen mit der Naturschutz verwaltung haben wir deshalb ein Erwerbskonzept für Moor flächen erstellt, das rund 250 ha umfasst. Wir kaufen aber nach wie vor auch andere naturschutzwichtige Flächen. Beispiels weise hoffe ich, dass wir auch am Hohenasperg Flächen er werben können.

Auch für die landwirtschaftlichen Flächen in Landesbesitz ha ben wir klare Ziele. Wir wollen den Anteil ökologischer Be wirtschaftung auf unseren Flächen deutlich erhöhen. Dazu sol len landeseigene Grundstücke bei Neuverpachtung bevorzugt an ökologisch wirtschaftende Betriebe gegeben werden. Wir wollen die Pächterinnen und Pächter landeseigener Grundstü cke gezielt ansprechen und sie über bestehende Fördermög lichkeiten und Beratungsleistungen des Landes hinsichtlich ökologischer Bewirtschaftung informieren, und wir arbeiten gemeinsam mit dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz derzeit an der Anpassung der Verwaltungs vorschrift Agrarvermögen.

Sie hatten noch eine Zusatzfrage zu Aktivitäten im Bereich landesbeteiligter Unternehmen gestellt. Wir haben die Unter nehmen gebeten, ein Nachhaltigkeitsmanagementsystem ein zuführen. Fast alle arbeiten jetzt im Rahmen der WIN-Char ta. Bei etlichen ist dabei auch das Thema Biodiversität in den Fokus gerückt, soweit es das nicht schon vorher war. Es gibt also bei zahlreichen Unternehmen Aktivitäten in diesem Be reich. So habe ich z. B. in Rothaus neulich ein neues Wildbie nenhotel bewundert. Da ist natürlich auch ein Blühstreifen, eine Wiese dazu angelegt.

Die Staatliche Münze hat entsprechende Aktivitäten.

(Abg. Anton Baron AfD: Wahnsinn!)

Das Blühende Barock verzichtet auf chemische Unkrautver nichtungsmittel und hat den Einsatz weiterer chemischer Pflanzenschutzmittel sehr stark reduziert und ebenfalls Bie nenweiden angelegt.

Die Wilhelma – das war, glaube ich, auch ein Gegenstand der Frage – hat ohnehin sehr viele Aktivitäten im Bereich Arten schutz. Da gibt es jetzt sogar einen „Artenschutz-Euro“, der von den Besucherinnen und Besuchern in großer Zahl freiwil lig gezahlt wird und der Artenschutzprojekten weltweit zugu tekommt. Daneben ist die Wilhelma aktiv im Bereich Bota nik – auch, was die Vermehrung und die Zucht von Arten be trifft, die hier bedroht sind. Die Wilhelma pflegt in Stuttgart auch große Grünflächen und verfährt dabei natürlich auch ent sprechend der Biodiversitätsziele.

Vielen Dank. – Die nächste Frage kommt von Frau Abg. Rolland.

Vielen Dank. – Frau Staatssekretä rin, selbstverständlich hat die SPD-Fraktion ein großes Herz für Schrebergärtnerinnen und Schrebergärtner; in unseren Rei hen gibt es viele davon. – Das nur zu Ihrer Beruhigung.

Ich habe eine Frage. Sie haben es eben gesagt: Blühendes Ba rock und Wilhelma verzichten weitestgehend auf die Anwen dung von Pestiziden, also von Unkrautvernichtungs- und Schädlingsbekämpfungsmitteln. Können Sie uns sagen, ob auf allen landeseigenen Flächen, die Grünland- bzw. Blühflächen sind, auf Pestizide verzichtet wird?

Und was gedenkt die Landesregierung gegen die neu aufkom menden und sich großer Beliebtheit erfreuenden Schotter- und Kiesflächen in Vorgärten zu tun?

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Und Mähroboter! – Vereinzelt Heiterkeit)

Das habe ich jetzt nicht verstanden.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Mähroboter! – Zuru fe: Mäh! Mäh! – Vereinzelt Heiterkeit)

Vierbeinige oder welche?

Die haben, glaube ich, Räder. – Vielen Dank, Frau Abgeordnete, für die Fragen.

Die erste Frage, die Frage nach dem Pestizideinsatz, gibt mir Gelegenheit, noch einmal auf den schon angesprochenen Leit faden hinzuweisen, der im Jahr 2018 vom Finanzministerium veröffentlicht wurde und in dem ausgeführt wird, dass auf lan deseigenen Grünflächen – das sind die Flächen, über die wir gerade reden, also Außenanlagen, Parks, Gärten – auf Pesti zide zu verzichten ist. Mir ist seitdem auch nichts Gegentei liges zu Ohren gekommen; ich gehe tatsächlich davon aus, dass unsere Flächen pestizidfrei gepflegt und bewirtschaftet werden. Das ist jedenfalls das klare, das erklärte Ziel.

Bei der zweiten Frage ging es um die Schottergärten. Wir be mühen uns natürlich – das habe ich schon gesagt –, wenn wir Flächen neu planen, möglichst wenig befestigte Flächen vor zusehen und stattdessen möglichst viel Grünfläche, und zwar artenreiche Grünfläche.

Was das Thema „Schottergärten im privaten Bereich“ betrifft, finde ich den Blick in die Landesbauordnung sehr lohnend

und meine, dass die Landesbauordnung schon recht gute Re gelungen enthält. Flächen, die nicht als befestigte Flächen be nötigt werden, sind demnach als Grünfläche anzulegen. Inso weit meine ich, dass es in weiten Bereichen zwar ein Vollzugs defizit, aber nicht unbedingt ein Regelungsdefizit gibt.

Wir versuchen dieses Thema zudem natürlich auch über Öf fentlichkeitsarbeit anzugehen. Daher sind mir die Wildbienen weiden bei Schlössern und Gärten so wichtig, ebenso wie bei spielsweise Blühwiesen hinter dem Landtag. Da gibt es auch eine Beschilderung. Wir finden es wichtig, die Bevölkerung nicht nur auf das hinzuweisen, was wir machen, sondern auch darauf aufmerksam zu machen, dass es insgesamt wichtig ist, dass wir artenreiche Grünflächen und damit Lebensräume für eine vielfältige Pflanzen- und Tierwelt auch in den Siedlungs bereichen haben.

Insoweit sind unsere Aktivitäten natürlich auch immer mit der Hoffnung verbunden, dass diese Nachahmer finden, beispiels weise, wenn wir Wildbienenweiden an öffentlichkeitswirksa men Plätzen anlegen.

Danke schön. – Herr Abg. Dr. Balzer, Sie haben das Wort.

Danke, Frau Präsidentin, für die Worterteilung. – Ich habe eine Frage zum Thema „Un kraut- oder Wildkrautbekämpfung auf Flächen“. Sie haben ausgeführt – das ist auch völlig richtig –, dass der Pestizidein satz sinnvollerweise zu reduzieren ist. Teilweise wird das stö rende Kraut ja dann mechanisch entfernt, mit entsprechenden Maschinen.

Meine Frage an die Landesregierung: Wird darüber nachge dacht, durch welche Förderung die Beschaffung solcher Ma schinen unterstützt werden kann?

Die zweite Frage ist: Wenn man mechanisch Unkräuter ent fernt – ich sage einmal Unkräuter; das sei mir an dieser Stel le bitte erlaubt –, dann nimmt die Bodenerosion zu. Der nack te Boden kann dadurch also leichter „verblasen“ werden, und diese Bodenerosion ist langfristig gefährlich bei Starkregen. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung geplant, um die se Erosion zu minimieren?