Protocol of the Session on April 4, 2019

Deshalb bin ich für eine stringente Umsetzung, aber ich bin auch für eine Umsetzung, die Investitionszeiträume und da mit Abschreibungszeiträume berücksichtigt. Das braucht halt Zeit. Da muss man auch Zeit geben. Investitionszeiträume sind nicht fünf und nicht zehn Jahre, sondern Investitionszeit räume sind 15, 20 oder 25 Jahre. Darum geht es doch am En de.

Deshalb gibt es auch noch keine Einigung auf Bundesebene, weil ich nur in Bayern Mitstreiter mit mittelständischen Struk turen im Land habe. Interessanterweise sind gerade die Süd deutschen mit ihren kleineren Strukturen diejenigen, die am härtesten für diese Strukturen kämpfen, während alle anderen den Kampf schon aufgegeben haben und sagen: „Dann ma chen wir es halt schneller.“ Die Großindustrie kann nämlich in der Tat schneller reagieren – aber die ist auch schneller ab gewandert.

Wir haben schon heute beispielsweise bei den Ferkelerzeu gern einen deutlichen Rückgang zu verzeichnen. Während wir in Baden-Württemberg früher noch eine Vollversorgung hat ten, kaufen wir heute Ferkel aus Dänemark ein – 1 000 km Transportweg; darüber regt sich kein Mensch auf.

(Abg. Thekla Walker GRÜNE: Doch!)

Diese Produktion war mal hier im Land; das wird sukzessive verlagert. Wenn die Ferkelkastration so kommt, wie sie der zeit beabsichtigt ist, werden noch einmal die Hälfte der heu tigen Ferkelproduzenten schließen. Das heißt, es gibt noch weitere Zukäufe aus Dänemark. Es regt dann keinen Men schen mehr auf, dass diese Ferkel 1 000 km transportiert wer den.

Da muss ich sagen: Diese Politik ist Heuchelei pur; die ma che ich nicht mit – nach dem Motto: Wir haben ein reines Ge wissen, unsere Gesetze sind ja in Ordnung. Aber die Produ zenten gibt es nicht mehr, die wandern halt ab. Das haben wir bei den Hühnereiern auch erlebt. Unser Gewissen ist in Ord nung: Wir haben das Frühstücksei aus Bodenhaltung, aus Frei landhaltung, aus Biohaltung – das haben wir alles auf dem Tisch. Aber dass nur 40 % unserer Frühstückseier aus heimi scher Produktion stammen und die anderen 60 % Frischeier aus Polen, aus der Ukraine – woher auch immer – kommen, ohne Vorschriften, aus Ländern, wo Hühner zum Teil bestia lisch in Käfigen gehalten werden –

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Die muss man ja nicht kaufen!)

das wollen wir gar nicht wissen –, das sieht kein Mensch mehr. Aber wir sind ja Gutmenschen. Wir haben es ja in Deutsch land gelöst.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der AfD und der FDP/DVP)

Das halte ich für eine Tierschutzpolitik, die auf dem Rücken der Tiere ausgetragen wird; denn gehalten werden diese Tie re. Wenn sie nicht in Deutschland gehalten werden, dann wer den sie irgendwo anders gehalten. Gehalten werden sie, und wir können nicht einfach so tun, als wäre das nicht der Fall.

Deshalb plädiere ich für eine stringente Umsetzung. Ich bin sehr dafür, dass man die Freiräume erweitert, dass Kastenstän de am Tierwohl ausgerichtet werden, dass die Haltung im Kas tenstand auch begrenzt wird. Aber es ist doch vollkommen klar, Frau Kollegin Walker, dass eine Muttersau, die zweimal im Jahr ferkelt, aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichts in den ersten Wochen Gefahr läuft, ihre Ferkel zu erdrücken. Das ist ein ganz normaler Vorgang. Das will man einfach durch diese Kastenstandhaltung vermeiden.

Jetzt ist es richtig, diese Zeit zu begrenzen – da bin ich auch sehr dafür – und die Kästen etwas größer zu gestalten. Aber sie müssen maximal so groß gestaltet werden, dass die Sau in nerhalb einer gewissen Zeit keinen vollen Bewegungsspiel raum hat.

Wenn diese Schweine – jetzt wird es etwas tierisch – dann rau schig sind, neigen sie in dieser Zeit dazu, andere zu verletzen. Auch in dieser Zeit müssen sie für eine gewisse Zeit fixiert werden; meist handelt es sich um zehn Tage. Das macht selbst verständlich auch im Interesse des Tierwohls Sinn. Es hat kei nen Wert, nur mit menschlichen Maßstäben an das Tierwohl heranzugehen, wenn das Verhalten von Tieren zu beurteilen ist. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Diesen Fehler machen wir aber. Dieser Fehler wird zum Teil häufig gemacht,

(Abg. Anton Baron AfD: Das stimmt!)

dass Tierschutzgedanken und Tierschutzüberlegungen nach vermenschlichten Maßstäben angestellt werden. Tiere sind keine Menschen, sondern Tiere sind Tiere.

(Abg. Dr. Rainer Balzer AfD: „Tiere sind Tiere“!)

So muss man sie auch behandeln, und es hat keinen Wert, im Prinzip in allen Bereichen menschliche Maßstäbe an sie an zulegen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Hat doch keiner gemacht!)

Herr Kollege Weber, Sie haben ein flammendes Plädoyer für den Tierschutz gehalten – für die SPD, die sich hierfür angeb lich so vehement eingesetzt hat. Ich habe in der Zwischenzeit recherchiert: Es gab zwei Anträge dazu. Einer stammte vom Kollegen Gall und bezog sich auf das Thema „Mobile Schlach tungen“, und einer wurde von Ihrem Mandatsvorgänger, vom Kollegen Kopp,

(Abg. Jonas Weber SPD: Ich bin erst seit sechs Mo naten da!)

zum Thema Tiertransporte eingebracht. Das war alles. Das waren die „Großtaten“ der SPD in dieser Legislaturperiode zu den Themen Tiertransporte und Tierschutz im Allgemeinen.

(Abg. Jonas Weber SPD: Bisher, Herr Hauk!)

Jetzt sagen Sie einmal, wo Sie sich beim Thema Tierschutz besonders hervorgetan haben – außer hier am Redepult.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Rainer Balzer AfD)

Und das waren noch nicht einmal Ihre Initiativen. Meine Da men und Herren, das ist sehr fadenscheinig.

Herr Kollege Hoher, vorhin stand hier der Kollege Glück und hat verkündet, die Freiheit für die Privatwaldbesitzer sei un erlässlich. Von denen hat zum Teil niemand einen Sachkun denachweis. Wer einen halben Hektar Wald oder dergleichen

erbt, braucht anscheinend keinen Sachkundenachweis, der braucht auch keine Vorgaben.

(Abg. Klaus Hoher FDP/DVP: Doch, doch!)

Nein, Herr Abgeordneter, das war die Rede von Herrn Kol legen Glück: Das brauche er alles nicht; der Waldbesitzer brauche Freiheit; das, was jetzt vorgesehen ist, sei alles Gän gelung. Die FDP/DVP sagt, dass sie das auf keinen Fall mit tragen könne und sie deshalb das Forstreformgesetz ablehne. Alles andere war ja gut, aber den neuen § 14 des Landeswald gesetzes tragen Sie nicht mit, weil darin die Freiheit der Wald besitzer eingeschränkt werde.

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP meldet sich.)

Bei dem jetzigen Thema sagen Sie aber, die Gängelung der Tierhalter machten Sie mit. Dort, wo es im familiären Leben um den persönlichen Umgang mit Heimtieren geht, sind Sie dabei, an einer Gängelung mitzuarbeiten. Sie sind mir schö ne Demokraten und schöne Liberale.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Herr Minister, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage vom demokratischen Abg. Glück.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Was sind wir denn sonst, wenn wir keine Demokraten sind?)

Schöne.

(Zurufe von der CDU, u. a.: Schöne! – Einfach nur „schöne“!)

Bitte, Herr Glück.

Herr Minister, wenn Sie mich schon direkt darauf ansprechen, gestatten Sie mir doch bitte die Zwischenfrage: Haben Sie vorhin eigentlich den Punkt überhaupt verstanden? Wenn Sie jetzt in § 14 festschrei ben, was alles gemacht werden muss, dann fahren Sie damit auch den Vertragsnaturschutz an die Wand und können dem entsprechend Dinge, die jetzt den Privatwaldbesitzern vergü tet werden können, später nicht mehr vergüten. Verstehen Sie das nicht, oder was war da das Problem?

Ihr Einwand trifft schlichtweg nicht zu. Wir ha ben die Regelungen so ausgestaltet, dass diese Folgen gar nicht eintreten können.

(Abg. Klaus Hoher FDP/DVP: Oh!)

Entschuldigung, aber – keine Sorge! – wir sind nicht blöd. Wir können das in der Ausschussberatung des Gesetzentwurfs gern nachvollziehen.

Ich will nur sagen: Beim Forstreformgesetz sind Sie nicht be reit, Einschränkungen, die im Interesse des öffentlichen Wohls getroffen werden, mitzutragen, aber bei den Heimtieren wä ren Sie sofort bereit zu sagen: „Dort brauchen wir einen Sach kundenachweis.“ Das ist doch schizophren – Liberale, die an

jeder geeigneten Stelle die Freiheit des Menschen und des per sönlichen Umfelds in den Vordergrund stellen.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Und die Verantwor tung!)

Sie sind bereit, die Grünen bei jeder Gelegenheit zu bezichti gen, sie würden im persönlichen Umfeld alles vorschreiben.

(Zuruf des Abg. Andreas Glück FDP/DVP)

Und hier sagen Sie: Da muss eine Vorschrift her; der Sach kundenachweis für die Heimtierhaltung muss gegeben sein.

(Zuruf des Abg. Andreas Glück FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Ich habe bei den Heimtieren eine klare Position dazu. Dort, wo von Heimtie ren eine Gefahr ausgeht, muss der Staat Vorsorge treffen. Das haben wir in der Kampfhundeverordnung, die beim Innenmi nisterium ressortiert – da ist sie auch gut und richtig aufgeho ben –, getan.