Protocol of the Session on November 29, 2018

Zum religiösen Hintergrund möchte ich anführen, dass in Deutschland selbstverständlich die Glaubensfreiheit und die Freiheit des religiösen Bekenntnisses gilt. Die Religion ist je doch nicht die Aufgabe des Staates.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Mir ist zumindest nicht bekannt geworden, dass wir unsere säkulare Staatsform abgeschafft hätten.

Ebenso wenig ist es übrigens Aufgabe der Grünen, die Sexu alität der Menschen von der Wiege bis zur Bahre zu begleiten und diese Fantastereien auch noch mit Steuergeldern der Mehr heitsgesellschaft zu finanzieren. Bitte erklären Sie mir des halb, welche besonderen Bedürfnisse beispielsweise bei ei nem homosexuellen Menschen fundamental anders sein sol len als bei einem heterosexuellen.

(Lachen der Abg. Petra Krebs GRÜNE – Zuruf von den Grünen: Da fallen mir viele ein!)

Uns fehlt dazu anscheinend die nötige Fantasie, die man of fenbar braucht, um lebensferne grüne Ideologie auch nur an satzweise nachvollziehen zu können.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Sabine Wölfle SPD: Völlig am Thema vorbei!)

Abschließend möchten wir betonen, dass wir durchaus gute Ansätze im Gesetzentwurf sehen

(Lachen des Ministers Manfred Lucha)

und sich daraus ein sinnvolles Konzept entwickeln kann. Wir sind jedoch nicht gewillt, ideologischen Unsinn mitzutragen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD bitte ich Herrn Abg. Kenner ans Mikrofon.

(Abg. Sabine Wölfle SPD: Jetzt reden wir wieder zum Thema auf der Tagesordnung! – Gegenruf des Abg. Anton Baron AfD: Deswegen werden Sie bald ein stellig sein!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute legt uns Herr Sozialminister Lucha sein erstes vollkommen eigenständiges Gesetz vor. Wir gratulieren! Er selbst hat es gerade als „schmal und charmant“ bezeichnet. Von dem, was er gerade gesagt hat, steht allerdings kaum etwas in dem Entwurf.

Worin wir Sozialdemokraten natürlich absolut zustimmen, ist, dass sich seit dem Inkrafttreten des Landespflegegesetzes im Jahr 1995 – aus dem Sie übrigens sehr viel übernommen ha ben – durchaus einiges verändert hat. Wenn wir heute über kommunale Pflegeplanung sprechen, sprechen wir nicht über Heimplatzbettenplanung, sondern über Pflege insgesamt. Wir trennen nicht zwischen stationärer und ambulanter Pflege, sondern sehen das Angebot komplett für alle Bürgerinnen und Bürger, die dann entscheiden, wo sie am besten gepflegt wer den können.

Übrigens: Der Gedanke der Quartierspflege ist auch keine Er findung der Grünen. Konrad Hummel, ein Pionier der deut schen Heime, hat schon 1983 in seinem Buch „Öffnet die Al tersheime“ von der Pflege im Quartier geschrieben. Ich hatte damals, als junger Mensch, das Vergnügen, bei ihm als Pfle gedienstleiter zu arbeiten; heute bin ich einer von noch zehn Altenpflegern, die real in den deutschen Landesparlamenten und im Bundestag zu finden sind.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Unsere Glückwünsche zum neuen Gesetz halten sich aller dings in Grenzen – auch in Anbetracht dessen, was uns bei spielsweise Bernhard Schneider geschrieben hat. Er ist der Geschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung. Ich zitiere – ohne Genehmigung, wie ich weiß –:

das Gesetz –

kommt leider über Worthülsen und unverbindliche Eck punkte nicht hinaus.... Dieses Worthülsengesetz enttäuscht auf ganzer Linie, weil es die Probleme nicht ernst nimmt und keine wirklichen Lösungen anbietet.

Wie gesagt, ein Zitat von Bernhard Schneider.

Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband sieht ganz aktuell sehr viele kritische Punkte zum neuen Gesetz. Deswegen – das kündige ich jetzt schon an – werden die Fraktionen von FDP/DVP und SPD eine Anhörung zu diesem Gesetz bean tragen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Zum Thema Zeitnot, zu der Frage, warum wir nur eine Aus sprache hierzu haben, und dazu, dass das Gesetz bis zum 31. Dezember verabschiedet sein muss, sagen wir: Dass das Land nähere Bestimmungen zur Umsetzung der zwischen Bund, Ländern und Kommunen umstrittenen §§ 123 und 124 bis zum 31. Dezember festlegen muss, wissen wir alle bereits seit zwei Jahren. Dass es am Jahresende mit den Beratungs zeiten im Parlament immer knapp ist, wissen wir, seit es Par lamente gibt. Und Weihnachten kommt halt immer im Dezem ber. Diese Zeitnot ist von Ihnen selbst herbeigeführt. Wir sind

es den Pflegebedürftigen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbei tern und den – wie Sie gesagt haben – Anbietern schuldig, die ses Gesetz ordentlich, ausführlich und transparent zu beraten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wirklich neu an diesem Gesetz ist allerdings die Einführung kommunaler Pflegekonferenzen, wobei das auch nicht ganz stimmt. Erstens können Kommunen das heute schon machen. Reutlingen und Nagold tun es. Zweitens kann man es im Rah men der Gesundheitskonferenzen tun. Dort ist die Pflege längst schon verankert. Drittens geht es um die Umsetzung der neu en Regelungen in § 8 a SGB XI. Diese nehmen Sie leider nur halbherzig wahr. Sie verzichten darauf, den bisherigen Lan despflegeausschuss durch einen sektorenübergreifenden Lan desausschuss zu ergänzen. Damit bleiben Sie ganz erheblich hinter dem zurück, was Sie sonst immer verkünden. Das fin de ich schade.

Damit werden aus unserer Sicht die Kommunen nicht gestärkt, sondern geschwächt. Wir sind der Meinung, es ist nicht nur ein Recht der Kommunen, sondern das Land muss die Pla nungen steuern, das Land muss die Planungen moderieren, das Land muss Ziele vorgeben, damit in den Kommunen rich tig geplant werden kann.

Ich empfehle den Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und von der CDU, im Ausschuss, wenn es niemand sieht, et was kritischer nachzufragen und die Feierstimmung etwas he runterzufahren. Dort kann man auch keine Reisegruppe aus dem Oberland grüßen und kann sich auf die Ausschussarbeit konzentrieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Petra Krebs GRÜNE: Ja! Schade!)

Zum Gesetzentwurf sage ich: Wir sind auf dem richtigen Weg. Die Opposition ist dafür da, nachzusteuern. Wenn ich jetzt im Prüfungsausschuss der IHK wäre, was ich schon war, würde ich sagen: Herr Minister, Ihr Gesetzentwurf ist ein gutes Ge sellenstück; zur Meisterschaft ist es noch ein weiter Weg. Da für haben wir Ausschusssitzungen. Die Opposition wird Ih nen dabei helfen.

Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Klaus Burger CDU)

Herr Abg. Keck hat das Wort für FDP/DVP.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Minister, in Grünkraut bzw. in Gullen mag die Pflegewelt noch in Ord nung sein. Das mag – ein Schelm, wer Böses dabei denkt – an der ländlichen Struktur liegen.

In reichlich zeitlicher Not beraten wir heute in erster Lesung den Entwurf eines Landespflegestrukturgesetzes. Warum zeit liche Not? Sie, liebe Landesregierung, müssen bis zum Jah resende eine landesrechtliche Regelung getroffen haben, um Gelder des Bundes für Modellvorhaben zur kommunalen Be ratung Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen abrufen zu können. Andernfalls verfällt der Anspruch, und Sie müssen dem Land zustehende Modellvorhaben an die anderen Län

der abtreten. So steht es in § 123 Absatz 3 SGB XI. Einen Ab satz vorher heißt es, dass es bis zum 31. Dezember 2018, al so in wenigen Tagen, landesrechtliche Vorschriften zum Nä heren, insbesondere zu den Anforderungen an die Beratungs stellen und an die Anträge sowie zum Widerruf der Genehmi gung, geben muss.

Jetzt fragt man sich doch als Landespolitiker: Wie kann das sein? Von wann ist denn die zitierte Bundesnorm? Man stellt fest: Sie ist schon fast zwei Jahre alt. Zwei Jahre sind ins Land gezogen, ohne dass das Land die Konsequenzen aus dem ge änderten Bundesrecht gezogen hätte. Denn die Regelung im SGB XI trat am 1. Januar 2017 in Kraft. Man hätte also längst aktiv werden und z. B. das bereits bestehende und weiterhin parallel weiterbestehende Landespflegegesetz ergänzen kön nen.

Sie aber stellen lieber ein neues Gesetz in den Raum, das dem Titel nach den Anspruch erhebt, die Pflegestruktur im Land zu regeln. Im bisher geltenden Landespflegegesetz werden gleichzeitig und ganz nebenbei durch dieses neue Gesetz die Verpflichtungen zu einer Landespflegeplanung und zur Kreis pflegeplanung gestrichen. Das ist schon bemerkenswert. Da für sollen jetzt die Kreise das Recht bekommen, kommunale Pflegekonferenzen einzurichten.

Nach den kommunalen Gesundheitskonferenzen nun also ein weiteres Beratungs- und womöglich Beschlussgremium. Nur, was es gerade nicht geben darf, ist eine Angebotssteuerung, die auf die Aushebelung des Markts hinausliefe.

Das müssen Sie klar kommunizieren, sonst glaubt noch je mand, es ginge um eine kartellartige Angebotssteuerung. Dann wären steigende Preise die logische Folge und wäre die Pfle ge irgendwann kaum noch bezahlbar. Es darf gerade nicht ei nen abgeschotteten und aufgeteilten Markt geben, sondern es muss eine Vielfalt der Angebote bestehen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und des Abg. Andreas Kenner SPD – Zuruf der Abg. Petra Krebs GRÜNE)

Nicht nur die vorgeschlagene Zusammensetzung der kommu nalen Pflegekonferenzen setzt Fragezeichen. Denn der Kreis ist regelmäßig Träger der Kosten der Hilfe zur Pflege und da her auch interessengeleitet, erst recht, wenn er oder kreisan gehörige Gemeinden Eigentümer oder Gesellschafter von Pflegeinfrastruktur sind.

Sie schreiben in der Gesetzesbegründung lapidar:

Das Land beabsichtigt, die Einführung der Pflegekonfe renzen in Form von Projekten zu begleiten und zu unter stützen.

Mich würde schon interessieren, ob Sie hier auch an finanzi elle Förderungen denken oder was sich konkret dahinter ver birgt.

Das Problem der gerade erwähnten Interessenkollisionen be gegnet uns auch bei den schon angesprochenen Modellvorha ben zur kommunalen Beratung Pflegebedürftiger. Modelle sind ja immer etwas Hübsches, und man probiert sie gern aus. Tatsache ist aber, dass es bereits Pflegestützpunkte und auch allgemeine Beratungsangebote gibt.

Wenn ich so lese, was die neue Beratungsstruktur leisten soll, nämlich dass in den Modellkommunen Pflege alle Beratungs angebote aus einer Hand erfolgen sollen, dann erinnert mich das doch sehr stark an die inzwischen wieder abgeschafften gemeinsamen Servicestellen nach dem Neunten Buch Sozial gesetzbuch aus dem Jahr 2001. Aber es ist klar: Die Diskus sion hierüber wurde bei dem Pflegestärkungsgesetz III ge führt. Hier geht es darum, den Weg zur Förderung zu ebnen.

Bei den überarbeitenden oder neuen Gremien gibt es hinsicht lich der Zusammensetzung aber auch das eine oder andere Fragezeichen. Ich will in der gebotenen Kürze gar nicht auf alles eingehen. Nur so viel: Es ist schon bemerkenswert, dass Sie in einem Gesetz einer Organisation schon einen Platz ver schaffen, die es noch gar nicht gibt. Ich meine die Pflegekam mern. Auch über diese wird in diesem Hohen Haus noch zu sprechen sein.