Eine weitere Baustelle im Rahmen der Digitalisierungsstrate gie sind die überbürokratisierten Förderanträge.
Sprechen Sie doch einmal mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern. Die Förderung muss dringend an die Reali tät angepasst und entbürokratisiert werden. Nur so ist garan tiert, dass die Anträge zeitnah eingebracht werden. So, wie es jetzt läuft, kann man nur sagen: Einfach geht anders.
Erschreckend ist, dass Sie, Herr Strobl, in der Antwort auf meine Kleine Anfrage zum Breitbandausbau im Landkreis Freudenstadt schreiben, dass die Bearbeitungszeit von För deranträgen für den Breitbandausbau sechs Monate beträgt. Sie haben es seit über einem Jahr im Amt nicht geschafft, die Bearbeitungszeit in Ihrem Ministerium entsprechend zu be schleunigen, Herr Minister.
Es fällt nicht nur bei der „Digitalen Zukunftskommune@bw“ auf, dass Sie großspurige Begriffe verwenden, aber einen re alistischen Umsetzungsplan vermissen lassen.
Einmal sprechen Sie, Herr Minister, über die Digitalisierungs strategie, dann über eine IT-Sicherheitsstrategie und auch ein mal über eine E-Government-Strategie. Über die letzten bei den hört man verhältnismäßig wenig. Dabei sind das die zwei zentralen Punkte zum Thema IT-Sicherheit. Endlich scheint bei Ihnen, Herr Strobl, das Problembewusstsein angekommen zu sein, dass im Bereich der IT-Sicherheit dringend mehr ge tan werden muss.
Aus meinem Wahlkreis berichten mir kleine und mittelgroße Firmen – z. B. aus der Werbebranche –, dass sie von Hackern angegriffen werden, die Polizei aber wegen Personalmangels diesen Fällen kaum nachgehen kann. Nicht jedes kleine Un ternehmen hat aber die Möglichkeit, sich eine IT-Sicherheits abteilung einzurichten. Deshalb muss aus FDP-Sicht der Staat seiner Kernaufgabe Sicherheit hier gerecht werden.
Wir begrüßen daher die Einrichtung des geplanten Demonst rationszentrums für Cybersicherheit ausdrücklich. Fast ein einhalb Jahre nach Regierungsantritt kommt es allerdings reichlich spät, Herr Minister.
In diesem Zusammenhang frage ich mich auch, warum das Landesamt für Verfassungsschutz, das ebenfalls für den Schutz vor Cyberangriffen zuständig ist, personell weiterhin unter besetzt ist. Warum hat die Landesregierung die gerade für die sen Bereich von der FDP/DVP-Fraktion beantragten zusätz lichen Stellen abgelehnt?
Unklar ist auch, wie die Abgrenzung zwischen den beiden staatlichen Institutionen, dem Landeskriminalamt und dem Demonstrationszentrum für Cybersicherheit, aussehen soll und welche Grenzen Sie dort ziehen wollen. Dieses Thema, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist für den Standort BadenWürttemberg zu wichtig, als dass hingenommen werden soll te, dass die Maßnahmen im Kompetenzwirrwarr nicht pass genau wirken können.
Wir Freien Demokraten verkennen nicht die Gefahren, die im Zuge der Vernetzung aller Lebensbereiche entstehen können. Wir Freien Demokraten sehen aber vor allem die Chancen und wollen diese nutzbar machen. Die Digitalisierung bietet gera de für Menschen mit spannenden Ideen ganz neue Möglich keiten. Schaffen wir in Baden-Württemberg, im Land der Tüftler, Forscher und Käpsele, eine Willkommenskultur für Gründer
Und: Was wir vor allem brauchen, sind qualifizierte Fach- und Führungskräfte. In der Pressekonferenz zur Digitalisierungs strategie, die Sie, Herr Minister, ja pikanterweise vor der Dis kussion im Plenum einberufen haben, haben Sie gesagt, dass unser Ziel sein müsse, dass das nächste Google aus BadenWürttemberg komme. Das klingt vielversprechend. Übrigens kommt der CEO des Google-Unternehmens gebürtig aus In dien, Steve Jobs’ Vater kam aus Syrien, und Elon Musk, der CEO von Tesla, stammt aus Südafrika. Meine Damen und Herren, um unser Ziel einer digitalen Leitregion zu erreichen, brauchen wir auch kluge Köpfe, und bei diesen klugen Köp fen darf es in erster Linie nicht um ihre Staatsangehörigkeit gehen.
Daher fordere ich gerade bei diesem Tagesordnungspunkt die CDU und Sie, Herr Strobl, ganz persönlich, auf: Setzen Sie sich im Bund für ein kluges Einwanderungsgesetz ein. Es gibt keinen besseren Zeitpunkt als jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullin ger FDP/DVP: Sehr richtig! – Abg. Alexander Salo mon GRÜNE: Da könnt ihr doch jetzt was beitragen!)
Darüber hinaus brauchen wir eine Modernisierungsoffensive für neue Geschäftsmodelle. Fragen Sie dazu doch mal Ihre Kollegen in Nordrhein-Westfalen. Dort werden die Gesetze und Regeln systematisch auf Hindernisse für die Entstehung neuer digitaler Geschäftsmodelle, z. B. in den Bereichen Sha ring Economy, künstliche Intelligenz oder autonome Mobili tät, untersucht.
Es spricht doch Bände, dass in NRW eine Regierung aus CDU und FDP digitale Verkehrssteuerung aktiv anpackt, während dieses Thema in Ihrer Rede, Herr Strobl, nur mit einem ein zigen Satz erwähnt wird.
Verbotsdebatten passen nicht in diese Zeit, digitale Verkehrs steuerung zur Verhinderung von Staus und zur Regelung des Verkehrsflusses schon, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Dass die Digitalisierungsstrategie der Landesregierung einer seits zu spät kommt und andererseits nicht zu Ende gedacht ist, lässt sich auch am Zuständigkeitswirrwarr zwischen den verschiedenen Ministerien belegen. Im Juli stellte ich eine An frage an die Landesregierung über die Mobilfunknetze im Landkreis Freudenstadt. Beantwortet wurden die Fragen vom Wirtschaftsministerium.
Die Antwort von Ihnen, Frau Ministerin, hat mich aber, ehr lich gesagt, fast fassungslos gemacht. Dass der Mobilfunk in meinem Landkreis Freudenstadt katastrophal ist, merke ich, wenn mir beim Telefonieren über die Freisprecheinrichtung bei einer Fahrt von Horb nach Baiersbronn mindestens vier Mal die Verbindung abbricht.
In dieser Anfrage habe ich Sie deshalb gefragt, welche Ergeb nisse zur Verbesserung der Netze aus dem institutionalisier ten Dialog mit den Mobilfunkbetreibern vom Januar 2017 um gesetzt wurden. Ihre Antwort lautet – Zitat –:
Zu einer Anfrage über den Mobilfunk im Landkreis Freuden stadt, also mitten im ländlichen Raum, schreiben Sie:
Ich darf Sie, Frau Ministerin Hoffmeister-Kraut, daran erin nern, dass die Menschen im ländlichen Raum genauso Steu ern zahlen und deshalb einen berechtigten Anspruch auf eine gleichwertige Infrastruktur wie in der Stadt haben. Wir Frei en Demokraten vergessen den ländlichen Raum nicht. Wir kämpfen dafür, dass der verfassungsmäßige Grundsatz gleich wertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land nicht nur auf dem Papier steht.
Aber zurück zum Kompetenzwirrwarr. Einige Wochen später stellte ich eine weitere Anfrage an die Landesregierung. Die ses Mal ging es um die Breitbandversorgung im Landkreis Freudenstadt. Und wer beantwortete diese Anfrage nun? Rich tig, nicht das Wirtschaftsministerium, sondern das Ministeri um für Inneres, Digitalisierung und Migration.
Lieber Herr Minister Strobl, welche fachlichen Gründe spre chen eigentlich dafür, die Bereiche Mobilfunk, mobiles Inter net und standortbasiertes Internet unterschiedlich zu behan deln? In dem Querschnittsthema Digitalisierung muss sich die interministerielle Zusammenarbeit erst noch entwickeln. Scha de aber, dass dadurch Chancen wie die Ansiedlung des Inter netinstituts in Baden-Württemberg verpasst werden.
Aber wir wollen nach vorn schauen und zukunftsgerichtet denken. Was kann man also aus diesem Kompetenz- und Zu ständigkeitswirrwarr lernen? Wir brauchen ein eigenes Digi talisierungs- und Innovationsministerium, liebe Kolleginnen und Kollegen.