Protocol of the Session on February 22, 2017

Jeweils 20 Millionen € im Haushaltsjahr 2017 sowie über Ver pflichtungsermächtigungen in den nächsten beiden Jahren, insgesamt also 60 Millionen €, investieren wir in die Moder nisierung der Schienenfahrzeuge des ÖPNV der Kommunen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Gleichzeitig kann man aber auch nicht den Vorwurf machen, dass dieser Haushalt nicht sparsam wäre. Denn wir sparen 800 Millionen € bei den laufenden Ausgaben ein. Das ist ein ge waltiger Sprung

(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Das ist karnevalis tisch!)

beim Abbau des strukturellen Defizits und erfordert eine ge waltige Anstrengung der Ministerinnen und Minister, der Mi nisterien. Dafür möchte ich an dieser Stelle noch einmal aus drücklich danken.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Man kann auch nicht den Vorwurf machen, dass dieser Haus halt nicht zukunftsorientiert sei. Wir denken an die Belastung künftiger Generationen. Wir machen keine neuen Schulden und bauen den Sanierungsstau ab.

Wir investieren – wie eingangs bereits erwähnt – kräftig in den Gesamtbereich Digitalisierung. 109 Millionen € stehen für 2017 für den Breitbandausbau zur Verfügung. Allein die Landesmittel haben wir um 42 Millionen € aufgestockt. Wir haben zusätzliche Stellen geschaffen, damit diese Summe ent sprechend verbaut werden kann. 60 Millionen € stehen für den Gesamtbereich Digitalisierung übergreifend für alle Ressorts zur Verfügung.

Wir investieren in den Klimaschutz. Neben der Gebäudesa nierung investieren wir zusätzlich 6 Millionen € in den Kli maschutz, u. a. in ein Mietersolarprogramm.

8 Millionen € fließen zusätzlich in den Bereich der Elektro mobilität; das ist nachhaltige Zukunftsmobilität, die wir hier im Land dringend brauchen. Mit Verpflichtungsermächtigun gen für die nächsten Jahre setzen wir die erfolgreiche Arbeit der Landesagentur e-mobil BW fort.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Wir sind bereits Spitzenreiter im Bereich „Forschung und Ent wicklung“. In die Spitzenforschung investieren wir für die ba den-württembergischen Universitäten noch einmal 11 Milli onen € für die nächste Antragsphase der Exzellenzstrategie des Bundes.

Darüber hinaus haben wir wiederum in diesem Jahr den höchsten Naturschutzetat der Landesgeschichte, meine Da men und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Aber auch das Thema „Gesellschaftlicher Zusammenhalt“ nimmt in diesem Haushalt einen großen Raum ein. Zum ei nen geht es natürlich um den wichtigen Pakt für Integration, der mit den Kommunen geschlossen wird, in dem 160 Milli onen € nicht nur für die Unterbringung, sondern auch für die wichtige Integrationsarbeit vor Ort investiert werden.

Ein anderer wichtiger Bereich, der ohne Zweifel für den ge sellschaftlichen Zusammenhalt von großer Bedeutung ist, ist die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Wir investieren hier 250 Millionen € in die Wohnraumförderung. Ganz wich tig: Der größte Teil der Förderung geht in den sozialen Miet wohnungsbau.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine Damen und Her ren, es bleibt neben den ideologischen Verirrungen und Ver wirrungen der AfD, auf die ich heute trotz langer Redezeit nicht noch einmal eingehen möchte,

(Oh-Rufe von der AfD – Abg. Anton Baron AfD: Schade!)

im Grunde nur die Kritik der Opposition, dass wir nicht noch mehr ausgeben sollten und dass wir eben nicht nur implizite Schulden abbauen sollten, sondern auch Kreditmarktschulden tilgen sollten.

Ich will an dieser Stelle einmal davon absehen, dass die SPD für ihre Mehrausgabenforderung im Gesamtumfang von 600 Millionen € keinen Gegenfinanzierungsvorschlag gemacht hat.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Einfach falsch! – Zuruf von der SPD: Stimmt doch nicht!)

Ich weiß, was jetzt kommt. Aber ein allgemeiner Hinweis auf Überschüsse aus dem letzten Jahr ist eben kein Gegenfinan zierungsvorschlag.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Natürlich!)

Es ist kein Gegenfinanzierungsvorschlag für die dauerhafte, also strukturelle Finanzierung von zusätzlichen Lehrerstellen, Polizeistellen oder freien Eintritt in Museen. Das haben Sie eben beantragt.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Ich finde, dass zwei Meldungen vom Wochenende zeigen, dass wir mit diesem Haushalt und mit der Haltung, die wir mit die sem Haushalt zum Ausdruck gebracht haben, auf dem richti gen Weg sind. Zum einen haben wir am Wochenende bestä tigt bekommen, dass die Kreditwürdigkeit Baden-Württem bergs von der Ratingagentur Standard & Poor’s erneut mit der Note AAA bewertet wurde.

(Zuruf von der AfD: Alles andere wäre auch erbärm lich!)

Damit wurde uns eine solide und nachhaltige Haushaltspoli tik bescheinigt. Darüber hinaus ist die Änderung der Landes haushaltsordnung hervorgehoben worden und registriert wor den, dass damit eben ein zusätzlicher Weg eröffnet wurde, den Sanierungsstau bei Straßen, Brücken und landeseigenen Ge bäuden abzubauen. Dies wurde noch einmal besonders als nachhaltige Haushaltspolitik dieses Landes erwähnt.

Grün-Schwarz tut das, was gute Kaufleute in einer solchen Si tuation tun würden. Wir nutzen die Niedrigzinsphase, um in die Sanierung unseres Landesvermögens zu investieren. Denn es ist volkswirtschaftlich sinnvoll, versteckte Schulden abzu bauen, wenn die Rahmenbedingungen am günstigsten sind, meine Damen und Herren. Jetzt ist die richtige Zeit dafür.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Mit einer Tilgung von Kreditmarktschulden würden wir mo mentan kaum etwas sparen. Die Kommunen hätten gar nichts davon. Also, wen nicht bereits die Einschätzung des Landes rechnungshofs, der uns ebenfalls bestätigt hat, dass dies ein guter und gangbarer Weg ist, überzeugt hat, der kann sich viel leicht jetzt noch einmal im Nachklang von diesem Rating überzeugen lassen.

Für uns ist auch eine zweite Meldung vom Wochenende von Bedeutung, die ebenfalls zeigt, dass wir mit dem vorsichtigen Kurs des Konsolidierens auf dem richtigen Weg sind, nämlich die zum Tarifabschluss. Es ist ja eine gute Nachricht für die Tarifbeschäftigten der Länder, dass es eine Einigung gegeben hat, dass eine Einigung der Länder erzielt werden konnte.

Dieser Tarifabschluss hat aber natürlich auch eine andere Sei te, nämlich die Auswirkung auf unseren Haushalt. Da ist es gut, dass wir nicht jedem Wunsch nach Mehrausgaben gefolgt sind. Denn in Zahlen bedeutet dieser Abschluss, dass die Kos ten in diesem Bereich in den nächsten beiden Jahren um ei

nen dreistelligen Millionenbetrag – um etwa 240 Millionen € – ansteigen werden.

Nach der Einigung zu den Tarifbeschäftigten stehen jetzt Ver handlungen mit den Beamten an. Unser Interesse ist selbst verständlich, dass wir mit den Beamtinnen und Beamten ein gutes, ein faires Paket schnüren wollen, mit dem beide Seiten gut leben können, das auch längerfristig tragfähig ist, aber eben auch für den Landeshaushalt nachhaltig finanzierbar ist. Auch das ist unser Anliegen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Aus diesem Grund ist es eben richtig, diesen Haushalt nicht auf Kante zu nähen und nicht auf Sicht zu fahren, sondern die langen Linien im Blick zu haben. Dazu gehört die Schulden bremse ebenso wie die Berücksichtigung von potenziellen Mehrausgaben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, nach Wochen intensiver Beratung wurde eigentlich alles Rich tige und Wichtige – und leider auch einiges Falsches – über diesen Haushalt gesagt. Wir sind in die Tiefen der Einzelplä ne eingestiegen und haben aus der Vogelperspektive disku tiert, welche Form des Schuldenabbaus volkswirtschaftlich besser ist. Manche haben sich in diesen Debatten leider mehr in die Untiefen der eigenen ideologischen Abgründe ver strickt, als sich konstruktiv mit den Zukunftsfragen dieses Landes zu befassen.

(Zuruf von der AfD: Das waren auch die Grünen!)

Ich will deshalb zum Abschluss der Haushaltsberatungen noch einmal den Blick für die zentralen Herausforderungen und Zu kunftsfragen schärfen, um die es unserer Meinung nach in der Haushaltspolitik auch gehen muss. Wir brauchen stabile Haus halte. Man spricht ja in der Ökonomie wie auch in der Psy chologie von Resilienz, nämlich der Fähigkeit, plötzliche Ver änderungen zu kompensieren. Das heißt, wir brauchen Haus halte, die nicht durch kurzfristige Schwankungen aus dem Lot geraten, die nicht auf Kreditaufnahmen angewiesen sind und damit auch kommenden Haushaltsgesetzgebern und in der Zu kunft lebenden Generationen Gestaltungsspielräume bewah ren.

Deshalb ist es wichtig, dass wir den Konsolidierungskurs fort setzen und uns eben nicht von konjunkturellen Mehreinnah men und in der Folge durch Überschüsse aus dem Vorjahr ver locken lassen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es wäre aber auch nicht nachhaltig, die Belastung auf der anderen Seite durch das Unterlassen öffentlicher Investitionen wieder zu er höhen. Der Abbau der impliziten Verschuldung ist deshalb nur konsequent.

Wir sorgen mit dem Abbau des strukturellen Defizits gleich zeitig dafür, dass wir auch in den kommenden Jahren keine neuen Schulden machen müssen und dass damit die Schul denbremse ab dem Jahr 2020 verlässlich und souverän erreicht und in den Jahren danach auch eingehalten werden kann. Den Grundstein dafür legen wir jetzt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Schlussendlich werden wir aber erst dann, wenn wir eine Ver mögensrechnung vorliegen haben, zu einer ehrlichen Betrach tung des Landeshaushalts kommen können. Ich bin froh, dass

wir Anfang kommenden Jahres eine solche Vermögensrech nung vorliegen haben werden. Erst dann werden wir Klarheit darüber haben, wo wir wirklich stehen und welche Investiti onen wirklich nötig sind, um den Vermögensverzehr, der uns ja auch schon an verschiedenen Stellen bescheinigt worden ist, aufzuhalten.

Nicht nur für uns Grüne, möchte ich sagen, gehört zur Ge samtbetrachtung der Haushaltspolitik auch dazu, den Blick über den Tellerrand des monetär Bezifferbaren hinaus zu wer fen. Denn mehr noch als der Sanierungsstau sollte uns auch die ökologische Schuldenkrise Sorgen bereiten. Schließlich sind die Kosten für die Wiederherstellung beschädigter Öko systeme, die sozusagen als große natürliche Infrastruktur die Basis unseres wirtschaftlichen Wohlstands sind, natürlich um ein Vielfaches höher als die Kosten für einen präventiven Na turschutz.

Brücken, Gebäude, Straßen können saniert und wieder aufge baut werden, der dramatische Rückgang der Artenvielfalt hin gegen, den wir gerade erleben, ist irreparabel und kommt uns zumindest in menschlichen Zeitdimensionen sehr, sehr teuer zu stehen.

Ein Beispiel – wir haben es hier schon gehört – ist der drama tische Rückgang der Fluginsekten, den wir in Deutschland und auch in Baden-Württemberg erleben. Damit sind allein in der Landwirtschaft große Kosten verbunden. Minister Hauk wird es wissen; es wurde auch schon ausgerechnet. Wenn die Bestäubungsleistungen durch Insekten, vor allem durch Ho nig- und Wildbienen, wegfallen, würde das Kosten im zwei stelligen Milliardenbereich verursachen, die nur sehr schwer kompensierbar wären. Wir tun also gut daran, auch die Kos ten dieser Ökosystemdienstleistungen mit in die Gesamtbe trachtung einzubeziehen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Ein wirklich nachhaltiger Haushalt ist deshalb ein Haushalt, der die monetären Schulden im Griff hat, der den Vermögens verzehr aufhält und den Erhalt unserer Lebensgrundlagen glei chermaßen im Auge hat. Deshalb sind wir mit diesem Haus halt aus unserer Sicht auf dem richtigen Weg, weil wir neben der Konsolidierung des Haushalts und dem Abbau der impli ziten Verschuldung und des Vermögensverzehrs auch in den Klimaschutz, in nachhaltige Mobilität und massiv in den Na turschutz investieren. Damit setzen wir wichtige Impulse für die Wirtschaft in diesem Land und setzen den Fokus auf die ökologische Modernisierung unserer Wirtschaft, liebe Kolle ginnen und Kollegen.