Protocol of the Session on October 12, 2016

Ein anderes Beispiel, bei dem dieser Grundsatz gewahrt wird, ist die Besetzung der Südwestdeutschen Salzwerke AG. Dort ist es der Innenminister, der stellvertretende Ministerpräsident – selbst Heilbronner –, der das Unternehmen langjährig kennt und der mit Sicherheit die richtigen Entscheidungen für das Unternehmen, für die Region Heilbronn und für Baden-Würt temberg treffen wird.

Deswegen war schon der Ständige Ausschuss der Überzeu gung, dass die vorgelegte Liste so richtig ist und dass die Aus nahmegenehmigungen erteilt werden sollten. Ich bitte Sie vor diesem Hintergrund darum, hier im Landtag ebenfalls zuzu stimmen. Ich wünsche allen Ministerinnen und Ministern ei ne glückliche Hand bei der Arbeit und alles Gute für das Wohl des Landes.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die AfD-Fraktion er teile ich das Wort Abg. Dr. Grimmer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Unsere heutige Debatte schließt nahtlos an die Debatte an, die wir in diesem Hohen Haus bereits in der letzten Sitzung im Juli zum gleichen The ma geführt haben. Damals ging es um die pauschale Zustim mung zu 25 Aufsichtsratsmandaten von Regierungsmitglie dern. Heute stehen weitere Ausnahmegenehmigungen in sie ben Fällen an, welche das Parlament pauschal, das heißt oh ne Einzeldiskussion und ohne Einzelabstimmung, beschlie ßen soll.

Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, zitiere ich aus Artikel 53 Absatz 2 der Landesverfassung von Baden-Württemberg:

Kein Mitglied der Regierung darf der Leitung oder dem Aufsichtsorgan eines auf wirtschaftliche Betätigung ge richteten Unternehmens angehören. Ausnahmen kann der Landtag zulassen.

(Abg. Winfried Mack CDU: Darum geht es gerade!)

Dieser Artikel sollte verhindern, dass Personen in die Landes regierung eintreten, welche aus der Leitung oder aus dem Auf sichtsgremium eines privatwirtschaftlichen Unternehmens kommen. Man sah die Gefahr, dass die unternehmerischen In teressen der Personen in die Regierungsämter einfließen könn ten. Das sollte verhindert werden.

Ich kann an dieser Stelle an die Ausführungen meines Vorred ners anschließen; denn im Laufe der Jahre haben die Landes regierungen in immer größerem Maß eigene Beteiligungen und Unternehmen gebildet. So wurden immer mehr Ausnah men zugelassen. Die Zahl der von Regierungsmitgliedern be setzten Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsmandate lag teil weise – zu schwarz-gelben Zeiten – bei über 50.

(Zuruf: Wie viele?)

Aus der Zulassung von Ausnahmen ist ein Routinevorgang geworden, der heute nahtlos fortgesetzt werden soll. Ob eine konkrete Ausnahme von dem verfassungsrechtlichen Verbot angebracht ist oder nicht, kann man sinnvollerweise nur dann beurteilen, wenn man konkret fragt: Passt eine Person zum betreffenden Unternehmen? Bringt sie die entsprechenden Qualifikationen dafür mit? Nach diesem Kriterium sucht sich jedes Unternehmen seine Angestellten aus und besetzt es erst recht seine Aufsichtsorgane.

Dieser Landtag beschneidet sich durch die pauschalen Aus nahmegenehmigungen selbst seiner Rechte. Das ist das am schwersten wiegende Argument, warum wir heute mit Nein stimmen werden.

(Abg. Winfried Mack CDU: Dann stimmen wir halt einzeln ab! Was ist da gewonnen, Herr Kollege?)

Hinzu kommt, dass die Landeshaushaltsordnung von 1971 auch die politische Beeinflussung der Firmen mit Landesbe teiligung begünstigt. Denn sie postuliert in § 65 Absatz 4 Fol gendes:

Die auf Veranlassung des Landes gewählten oder ent sandten Mitglieder der Aufsichtsorgane der Unternehmen haben bei ihrer Tätigkeit auch die besonderen Interessen des Landes zu berücksichtigen.

Da wir nach allen Erfahrungen davon ausgehen können, dass die jeweiligen Landesregierungen unter „Interessen des Lan des“ ihre eigenen politischen Interessen verstehen,

(Zurufe von der SPD: Ja, ja!)

dürfte es konkret auf folgende Praxis hinauslaufen: Das Wohl der Unternehmen ist dem Wohl der Landesregierung unterzu ordnen.

Die Landeshaushaltsordnung schreibt nicht explizit vor, wer die Landesregierung im Einzelfall vertreten soll. Es bleibt bei

der Vorgabe, dass das Land einen angemessenen Einfluss ha ben soll. Weder die Funktion noch die Person – ob Minister, Staatssekretär oder hoher Beamter – werden ausdrücklich vor gegeben.

Erstaunlich ist, wie sich die Ansichten der Parteien zu diesem Thema doch im Laufe der Zeit wandeln können. So kritisier te ausweislich einer Landtagsdrucksache ein Mitglied der da maligen Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, damals noch in der Opposition – ich zitiere –, „die übergroße Zahl von Ausnah megenehmigungen für Regierungsmitglieder“. Wörtlich hieß es in der Drucksache weiter:

Die Belastungen, die mit einem solchen Amt verbunden seien, seien zu groß, als dass sie von Regierungsmitglie dern noch neben ihren sonstigen Aufgaben bewältigt wer den könnten. Die Grünen würden deshalb dem Antrag der Landesregierung nicht zustimmen.

Das politische Langzeitgedächtnis scheint hier, wie so oft, er hebliche Lücken aufzuweisen. Wir schließen uns ausnahms weise der Position der damaligen Grünen an und lehnen die sen Antrag ab.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort dem Abgeordnetenkollegen Gall.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich darf seitens der SPD-Fraktion unsere grund sätzliche Zustimmung zum Antrag der Landesregierung sig nalisieren.

Ich will ausdrücklich sagen: Wir halten es – im Gegensatz zu einigen anderen in diesem Haus – ausdrücklich für richtig, dass Ministerinnen und Minister der Landesregierung Verant wortung in Einrichtungen übernehmen, die dem Land entwe der vollumfänglich gehören oder an denen das Land beteiligt ist, beispielsweise die Landesbank, die L-Bank, landeseigene Unternehmen wie Rothaus oder die Südwestdeutschen Salz werke. Wir sind der Auffassung, dass bei landeseigenen Ein richtungen und Unternehmen die Geschicke durch das Land mitbestimmt werden müssen bzw. eine Kontrolle durch das Land selbst stattfinden muss.

Ich will Ihnen einfach einmal aus meinen Erfahrungen berich ten; von diesen habe ich durchaus einige. Ich könnte Ihnen je de Menge Beispiele nennen, bei denen ich zumindest der Auf fassung bin, dass durch die Übernahme der Verantwortung durch Politiker in Gremien Schaden von Unternehmen abge wendet worden ist. Politiker haben es in der Regel immer wie der verstanden – zumindest in den Bereichen, die ich über schauen kann –, wirtschaftliche und unternehmerische Inter essen mit den Interessen der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes – darum geht es – in Einklang zu bringen.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Was ich allerdings kritisieren möchte, ist, dass Sie jetzt tat sächlich sage und schreibe fünf Monate gebraucht haben, um heute diese Beschlussvorlage vorzulegen. Herr Kollege Sckerl,

das ist nicht üblich, wie Sie es gesagt haben. Ich erinnere an die vergangene Legislaturperiode. Im Jahr 2011 haben wir be reits in der 4. Sitzung – gerade einmal 14 Tage nach Übernah me der Regierung –

(Abg. Anton Baron AfD: Sehr träge Regierung! – Zu ruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

die entsprechenden Vorlagen hier im Haus eingebracht.

(Minister Peter Hauk: Wir waren mit der Nebenabre de schneller!)

Herr Hauk, es ist gut, dass Sie sich da zu Wort melden. Wir konnten damals in einem einzigen Bereich, nämlich bei der Gewährträgerversammlung, ich glaube im Hochschulbereich, die Vorlagen aus anderen Gründen noch nicht machen, und Sie waren derjenige, der das damals als Rechtsbruch bezeich net hatte. Das nur einmal nebenbei.

Dass Sie jetzt fünf Monate gebraucht haben, hat auch dazu geführt, dass diese Gremien, in die Vertreter des Landes ent sandt werden, quasi fünf Monate arbeitsunfähig gewesen sind. Da wird es jetzt höchste Zeit, dass Sie in die Gänge kommen.

Alles Gute bei dieser Arbeit.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP/DVP-Frakti on erteile ich das Wort dem Abgeordnetenkollegen Dr. Goll.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Auch wir werden zustimmen, wobei man allerdings zwei Fragen trennen muss. Auf der einen Sei te geht es um die Frage: Was muss dem Land gehören, wo müssen wir beteiligt sein und wo nicht? Man kann darüber durchaus ordnungspolitische Diskussionen führen. Eine Be teiligung ist bei einer Bank nicht zwingend und ist bei ande ren Dingen, um die es geht, auch nicht zwingend.

Aber – Verzeihung! – darum geht es heute nicht, sondern es geht darum, ob in Organen von Unternehmen, an denen heu te das Land maßgeblich beteiligt ist, auch jemand von der Re gierung sitzen sollte. Diese Frage würde ich klar bejahen. Dort, wo wir Einfluss haben, muss natürlich auch jemand da sein, der diesen Einfluss tatsächlich wahrnimmt. Deshalb wer den wir unter dem Strich den Anträgen zustimmen.

Allerdings – das muss man sagen – bringen wir diese Zustim mung nicht über das Herz – jedenfalls ich nicht –, ohne einen Hinweis darauf zu geben, was darum herum passiert, um die sen eigentlich unkritischen Teil herum, den wir heute beschlie ßen, was darum herum passiert an Ämterpatronage, wie es bis in die letzten Tage hinein bei dieser Regierung geschehen ist. Da muss ich Ihnen eines sagen: Ich bin 1979 das erste Mal in den öffentlichen Dienst gekommen – als Regierungsrat, De zernent beim Landratsamt –, und seit 1979 kenne ich aus un terschiedlichen Perspektiven Staat und Verwaltung. Ich sage Ihnen eines: Seit 1979 sind Staat und Verwaltung noch nie so sehr als Beute der Politik betrachtet worden wie seit 2011, und auch 2016 ist es nicht viel besser geworden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Meine Damen und Herren, um den Ministerpräsidenten zu zi tieren, sage ich: Des isch so, und des glaubet Sie mir jetzt.

Im Übrigen werden wir zustimmen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Herr Staatsminister, wünscht die Regierung das Wort? – Bitte schön, Herr Staatsminister Murawski.