Aber auch alle anderen, insbesondere die zahlreichen freibe ruflich Beschäftigten, die zwangsläufig ebenfalls mit steigen den Lebenshaltungskosten konfrontiert sind und für die die Kommunen im Rahmen der Daseinsvorsorge verantwortlich sind, verlieren wir nicht aus dem Blick.
Zweitens: Wir übernehmen Verantwortung für unser koloni ales Erbe. In diesem Jahr konnten wir mit der Rückgabe der Bibel und der Peitsche von Hendrik Witbooi an Namibia ein starkes Zeichen setzen. Ich freue mich besonders, dass wir nun die dadurch entstandene intensive kulturelle und wissen schaftliche Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern mit zu sätzlichem Geld hinterlegen.
Es ist dann auch nicht weniger als folgerichtig, dass wir mit der Provenienzforschung weitermachen. Während die Oppo sition von rechts außen hier und insbesondere bei unserem hervorragenden Linden-Museum kürzen will, geben wir fri sches Geld dazu. Wir lassen unsere Museen bei diesem be deutsamen Thema nicht allein.
Drittens – das ist mir besonders wichtig –: Wir haben die Ver antwortung, die Kunstfreiheit zu schützen. Dazu gehört es, Kunst und Kultur mit entsprechenden Finanzmitteln auszu statten, damit diese Freiheit gelebt werden kann. Es ist infam, die Freiheit der Kunst durch das Vorenthalten von finanziel ler Unterstützung – so, wie es hier gerade erst wieder bei ei ner Landtagsanfrage von den Kolleginnen und Kollegen ver sucht wurde – einschränken zu wollen.
Das Land stellt sich dieser Verantwortung, indem es in den Kulturbereich investiert. Der Staatshaushalt enthält die not wendigen Investitionen für die Sanierung unserer Theater- und Museumsgebäude. Unsere sieben hervorragenden und sehr gut besuchten Freilichtmuseen erhalten zusätzliches Geld, u. a. für Gebäudesanierungsmaßnahmen. Wir leisten unseren Beitrag zur Erweiterung des Deutschen Literaturarchivs in Marbach.
Mit unserer Keltenkonzeption, in der wir die Heuneburg mit anderen geschichtsträchtigen Stätten vernetzen, unterstreichen wir die Bedeutung dieses Abschnitts der frühen Geschichte.
Wir geben erhebliche Mittel an die Amateurmusikverbände für Neubauten von Akademien in Plochingen und Staufen und eines Kompetenzzentrums Amateurmusik in Trossingen. Auch an Maßnahmen der Musikakademie Weikersheim beteiligen wir uns.
Ganz besonders freue ich mich persönlich darüber, dass wir mit dem Doppelhaushalt ein Kompetenzzentrum für die kul turelle Bildung einrichten. Denn Kunst und Kultur eröffnen wichtige Möglichkeiten für das gesellschaftliche Miteinander. Den Zugang hierzu gleichermaßen für alle gesellschaftlichen Gruppen zu schaffen ist Ziel der kulturellen Bildung.
Das Kompetenzzentrum wird zentral Beratungsleistungen und Vernetzungen im gesamten außerschulischen Spektrum der kulturellen Bildung und Vermittlung anbieten, und zwar über alle Kunstsparten hinweg im ganzen Land.
Außerdem werden wir die Museen für Kinder und Jugendli che öffnen, indem wir ihnen freien Eintritt ermöglichen. Da mit erreichen wir eine verbesserte kulturelle Teilhabe.
Außerdem unterstützen wir kleine Festspiele und Musikfesti vals dabei, Maßnahmen für kulturelle Teilhabe anzubieten.
Ein weiterer Punkt ist die Stärkung der öffentlichen Biblio theken durch ein Sonderprogramm zur Erarbeitung von Kon zepten für lebenslanges Lernen.
Baden-Württemberg ist Filmland, vor allem auf dem Gebiet des Animationsfilms. Zahlreiche Oscar-Nominierungen und auch schon einige Oscars gab es für Produktionen aus dem Ländle, die im Umfeld der Filmakademie Ludwigsburg ent standen sind. Derzeit stecken unsere Nachbarn im Osten, die ja bereits eine sehr erfolgreiche Spielfilmszene haben, viel Geld in die Entwicklung eines eigenen bayerischen Animati onsschwerpunkts. Sicherlich wären alle klug beraten, wenn man nicht alles an allen Standorten in Deutschland machen wollte. Baden-Württemberg kümmert sich deshalb auch wei terhin verstärkt um die Filmakademie und das Animationsfes tival.
Es gäbe noch viele, viele Punkte, die ich jetzt hier aufzählen könnte. Aber ich fasse das alles damit zusammen: Wir fördern die Kunst überall, in Stadt und Land, je nach Bedarf. Meine Damen und Herren, mit diesem Doppelhaushalt können wir uns sehen lassen. 30 % Steigerung des Kulturetats seit 2011 – das ist ein Wort.
Kultur kostet den Staat Geld, damit der Zugang zu Kul tur nicht vom Geldbeutel des Einzelnen abhängt.
Dieser richtigen Erkenntnis von Richard von Weizsäcker schlie ße ich mich gern an. Er stellte fest – ich zitiere –:
Substanziell hat die Förderung von Kulturellem nicht we niger eine Pflichtaufgabe des öffentlichen Haushalts zu sein als z. B. der Straßenbau, die öffentliche Sicherheit oder die Finanzierung der Gehälter im öffentlichen Dienst.
... Kultur kein Luxus sein darf, den wir uns leisten oder nach Belieben streichen können, sondern der geistige Bo den ist, der unsere innere Überlebensfähigkeit sichert.
In Baden-Württemberg stellen wir mit guten Rahmenbedin gungen und einer angemessenen institutionellen Kulturförde rung sicher, dass sich Kunst frei entfalten kann. Darauf kön nen wir zu Recht stolz sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir fördern kulturelle Spitzeneinrichtungen wie die Staats theater und die staatlichen Museen in den großen Städten ebenso wie die kleinen privaten Theater, die Breitenkultur und die Festspiele im ganzen Land. Mit Blick auf finanzielle He rausforderungen wie die Sanierung der Württembergischen Staatstheater, bei der wir über Konzept und Zahlen noch spre chen müssen, ist mir aber eines wichtig: Kulturelle Spitzen förderung darf es nicht nur in den großen Städten geben.
Auch in der Fläche des Landes muss die Kulturförderung spit ze sein. Für die CDU-Fraktion ist klar: Der Zugang zu Kultur muss unabhängig vom Wohnort in allen Landesteilen gewähr leistet werden. Ich freue mich, dass wir im Haushalt für die Kultur in der Fläche wichtige Akzente setzen konnten.
Wir haben die Förderung für die Freilichtmuseen in BadenWürttemberg fast verdoppelt und stärken sie 2020/2021 mit zusätzlichen Mitteln in Höhe von 2,8 Millionen €. Damit er halten sie endlich die finanzielle Wertschätzung, die sie schon lange verdient haben.
und sehen 2,5 Millionen € dafür vor, das historische Erbe der Kelten in Baden-Württemberg erlebbar zu machen. Meine Da men und Herren, die zahlreichen Kelteninitiativen, die sich inzwischen überall im Land gebildet haben, um Fundstellen zu entwickeln, machen deutlich, welche positiven Impulse ein Kulturkonzept für den ländlichen Raum auslösen kann.
Wir fördern die Trachten- und Heimatverbände in den kom menden beiden Jahren mit einer Anschubfinanzierung von mehr als 150 000 €. Damit unterstützen wir die ehrenamtli che Tätigkeit der 65 000 Aktiven in den angeschlossenen Ver einen.
Wir erhöhen die Dirigenten- und Chorleiterpauschale auf 500 €. Wir haben erreicht, dass in Plochingen und Staufen Mu sikakademien gebaut werden. Mit den neuen Akademien und dem Neubau des Kompetenzzentrums Amateurmusik in Tros singen stärken wir die Blasmusiker, die Chöre und die gesam te Amateurkunst.
Ganz abgesehen davon wollen wir die Kulturinstitutionen wei ter dabei unterstützen, sich für neue Besuchergruppen zu öff nen. Gerade jüngere Menschen stehen hierbei im Fokus.
Zu dieser Neuöffnung gehört auch die Digitalisierung im ge samten Kunst- und Kulturbereich, für die wir pro Jahr 2,5 Mil lionen € zusätzlich bereitstellen. Die Kunsthalle Mannheim in meiner unmittelbaren Nachbarschaft bietet z. B. seit dem Neubau im Rahmen der Kunsthalle 4.0 u. a. eine App, die ei nen Vollzugriff auf die digitale Sammlung ermöglicht und au ßerdem einen Zugriff auf die Grafiksammlung über einen in teraktiven Grafiktisch. Dabei darf es nicht nur darum gehen, die Sammlung digital zu erfassen, sondern vor allem darum, Ausstellungskonzepte entwickeln zu können und neu zu den ken, Ausstellungen mithilfe der digitalen Medien diskursiv zu präsentieren und partizipativ zu vermitteln. Dafür wird die Mitmachausstellung „Ran an den Stoff!“ im Kindermuseum Junges Schloss des Landesmuseums Württemberg ein Bei spiel sein, das wir ebenfalls mit einem Sonderzuschuss finan zieren.
Solche organisatorisch und finanziell aufwendigen Angebote dürfen aber nicht nur den großen Museen in den Ballungszen tren vorbehalten sein.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, Kultur ist etwas, das es zu pflegen gilt, das zu pflegen sich lohnt – nicht nur in guten Zeiten. Kultur ist lebensnotwendig, sie stiftet Sinn. Kultur ist, etwas zu gestalten, in Form zu bringen, et was zu schaffen – materiell und geistig.