Protocol of the Session on December 12, 2019

Das verstehe ich. Aber Ihr Beitrag war trotzdem in großen Tei len unsinnig. Darauf werde ich nachher noch mal in ein paar Punkten zurückkommen.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Zurufe der Abg. Carola Wolle und Udo Stein AfD)

Meine Damen und Herren, dem Kollegen Pix widerspreche ich ungern. Aber ich widerspreche ihm in einem Punkt: Es ist nämlich kein grüner Haushalt. Es ist der Haushalt einer grünschwarzen Landesregierung, und es ist ein Haushalt im Be reich des Landwirtschaftsministeriums. Dieser ist natürlich grün geprägt, aber mit Grün ist die Farbe des Grases und des Waldes

(Abg. Martina Braun GRÜNE: Das hat er doch ge meint! – Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Das habe ich doch gemeint!)

und nicht die Parteipolitik gemeint.

(Beifall bei der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl! Genau so ist es!)

Kollege Pix, natürlich haben wir versucht, uns mit unserem Koalitionspartner so zu stellen, dass er dem Haushalt zustim men kann. Das gestehe ich gern zu. Aber ich sage – um das abzuschließen –: Das, was am Ende drinsteht, ist ein guter Konsens zwischen den beiden Koalitionsfraktionen. Ich glau be, das ist gut für die Landwirtschaft, das ist gut für die Wald wirtschaft, das ist gut für den Verbraucherschutz, und das ist gut für die Entwicklung der ländlichen Räume in Baden-Würt temberg. Ich glaube, wir haben das Beste daraus gemacht, was man in diesen Zeiten daraus machen kann.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, „Ministerium für Ländlichen Raum“, so heißt das Ministerium. So ist es nach der Tschernobyl-Katastrophe 1986 benannt worden, als erst mals ein Umweltministerium eingerichtet wurde. Man hat ganz bewusst abgeschichtet und Programme – zum Teil aus

dem Wirtschaftsministerium – hinzugenommen, um den länd lichen Raum in dem Bewusstsein zu fördern, dass wir starke ländliche Räume brauchen. Wir brauchen sie nicht nur, aber auch als Agrarstandorte, erst recht aber als Industrie- und Pro duktionsstandorte. Deshalb brauchen wir auch Lebensquali tät in den ländlichen Räumen, damit es in den Städten nicht zu problematisch wird. Die Bedürfnisse in den ländlichen Räumen sind halt andere und nicht unbedingt immer die glei chen wie in der Stadt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Deshalb braucht es eine klare Strukturentwicklung. Deshalb braucht es auch Mittel für den ländlichen Raum, deshalb braucht es Mittel für die Kommunen im ländlichen Raum. Deshalb braucht es Mittel für die Innenstadt- und für die In nendorferneuerung, und zwar nicht nur baulich und nicht nur um des ökologischen Interesses willen, weil wir Flächen für Neubebauung einsparen wollen.

Wir brauchen dies auch gesellschaftspolitisch. Der Zusam menhalt der Gesellschaft in den ländlichen Räumen ist ein Vorbild, ein Leuchtturm für die Städte. Dieser gesellschaftli che Zusammenhalt muss auch in Zukunft halten und darf nicht abbrechen. Das soziale Miteinander, das gegenseitige Helfen, das Ehrenamt müssen am Ende funktionieren. Die Dörfer und Gemeinden im ländlichen Raum sind Vorbilder und Leucht türme für jede Großstadt. Das müssen wir erhalten.

Der tiefere Sinn und das tiefere Ziel einer Politik für den länd lichen Raum ist ein gesellschaftspolitisches Modellbild, das wir bewahren wollen und das als Vorbild für uns alle dienen kann – für die Stuttgarter und die Mannheimer sowieso.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der FDP/DVP)

Der ländliche Raum braucht sich nicht zu verstecken. Dort wird, proportional zur Bevölkerung gesehen, das gleiche Brut toinlandsprodukt erwirtschaftet. Ein Drittel der Menschen lebt in den ländlichen Räumen entsprechend der Raumkategorie der Landesplanung. 30 % des Bruttoinlandsprodukts BadenWürttembergs werden dort erwirtschaftet.

Meine Damen und Herren, das sind Zahlen, die in Deutsch land und in Europa ihresgleichen suchen. Die gibt es sonst nir gendwo, die gibt es nur in Baden-Württemberg. Wir haben die Pflicht und Schuldigkeit, diese prosperierende Entwicklung zu halten, zu bewahren und fortzuführen, damit gerade im wirtschaftlichen Sektor der Anschluss erfolgt und die ländli chen Räume dabei nicht abfallen.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Da müssen alle mitspielen, da muss auch der Verkehrsminis ter mitspielen. Er ist jetzt nicht da, aber ich sage ganz bewusst in Richtung Winfried Hermann: Da müssen alle mitspielen, und da muss es auch ein klares Bekenntnis dazu geben: Der jenige, der „ländlicher Raum“ sagt, muss auch Ja zur Indivi dualmobilität sagen,

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Genau!)

die zwingend notwendig und wichtig ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Ohne Individualmobilität gibt es keine Freiheit für die Bevöl kerung, keine freie Arbeitsplatzwahl, keine freie Unterneh menswahl. Individualmobilität muss zwingend sein. Deshalb gibt es auch den Kabinettsausschuss „Ländlicher Raum“, in dem die spezifischen Probleme und Bedürfnisse des ländli chen Raums durchaus diskutiert werden müssen.

Meine Damen und Herren, ich meine, es ist für den Stuttgarter OB einfach, zu sagen: „Dann machen wir halt eine Citymaut.“ Ich muss ganz offen sagen: Eine Zweiklassengesellschaft in Deutschland will ich nicht. Die Menschen im ländlichen Raum zahlen genauso viele Steuern wie die in der Stadt.

(Zuruf: So ist es!)

Ich sage ganz klar: Wenn Stuttgart eine Citymaut einführen würde, würde ein Proteststurm im Land Baden-Württemberg losgehen.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Richtig!)

Denn das wäre überhaupt nicht einzusehen. Diese Großstadt macht seit 20 Jahren keinen Mucks mehr, betreibt im Bereich der Schnittstellen von der Fläche in die Großstadt hinein kei nen Bau mehr, dort ist kein einziger Park-and-ride-Parkplatz neu entstanden.

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Selbst wenn man wollte, könnte man nicht von der Individu almobilität auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigen. Das ist de facto nicht möglich, weil nichts passiert ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie der Abg. Stefan Herre und Harald Pfeiffer [fraktionslos] – Vereinzelt Beifall bei der AfD)

Das ist doch eine Hybris der Großstadt, sich so darzustellen: „Wir können auf die Individualmobilität verzichten, es wird halt alles teurer. Dann führen wir noch eine Citymaut ein, und dann sollen doch die Bauern draußen sehen, wie sie reinkom men, wie es dann funktioniert. Wir brauchen sie ja gar nicht.“ Diese Hybris wird den Stuttgartern im Zweifelsfall auch ir gendwann noch mal zum Verhängnis werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unsere Zielsetzung ist dabei, ausgewogene Verhältnisse zu schaffen. Wir brau chen die Verbindung zwischen der Stadt, dem Ballungsraum und dem ländlichen Raum. Das ist doch das Geheimnis des Erfolgs einer guten Wirtschaftspolitik, einer guten Struktur politik dieser Landesregierung. Dazu zählt natürlich, dass wir auch solche sozialen Elemente – Kollege Hoher hat es ange sprochen – wie das Thema Dorfgaststätten ansprechen,

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

weil das ein Brennpunkt ist, weil wir wissen, dass die Zahl der Dorfgaststätten zurückgeht. Jetzt sagen Sie: „Das ist halt wieder ein bisschen Umwidmung.“ Ich bin froh und dankbar, dass der Landtag für das ELR mehr Geld zur Verfügung stellt. Davon nehmen wir jedes Jahr 10 Millionen €, und jetzt hof fen wir mal, dass Anträge für die Dorfgaststätten kommen.

(Abg. Klaus Hoher FDP/DVP: Ja!)

Ich kann ermuntern, zu investieren, aber die Investitionen kann ich den Unternehmern nicht abnehmen. Die müssen sie schon selbst vornehmen.

(Abg. Klaus Hoher FDP/DVP: Aber der, bei dem es knapp ist, kann das nicht!)

Das ist natürlich vollkommen klar. – Damit tun wir deutlich mehr als in der Vergangenheit. Wir werden aber noch ein Wei teres tun: Wir nehmen in diesem Bereich auch die handwerk liche Grundversorgung im Ernährungsgewerbe mit hinein, nämlich die Bäcker und die Metzger.

(Abg. Martin Grath GRÜNE: Sehr gut!)

Überall dort, wo es sich um Handwerksbetriebe und nicht um Industriefilialen handelt, werden wir diese auch nach den glei chen Kriterien fördern wie die Dorfgastronomen, damit wir in den Dörfern auch die handwerkliche Grundversorgung mit Gaststätten, Bäckern und Metzgern halten.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP sowie der Abg. Stefan Herre und Harald Pfeif fer [fraktionslos] – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Ich glaube, dann wird es auch ein rundes Gebilde. Das ist auch ein klares Signal als Standort für den ländlichen Raum und ein klares Signal für die Bevölkerung im ländlichen Raum.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit haben wir im nächsten Jahr, glaube ich, schon auch Akzente gesetzt. Wir wollen die Innenentwicklung – ich habe es schon angespro chen – weiter stärken.

Ein großer Akzent ist das Thema Wald, das uns in diesem Jahr über Gebühr stark beschäftigt hat,

(Abg. Martin Grath GRÜNE: Ja!)

und zwar aus zweierlei Gründen. Erstens: In der Folge des Kartellverfahrens haben wir die Forstgesetzgebung geändert und mehr oder minder eine Reform machen müssen in Bezug auf die – so sage ich immer – Forstorganisation, aber vor al lem, um die Beratung und Betreuung beim Privatwald für die nächsten Jahre und Jahrzehnte auch zukunftsfest zu machen. Ich bin dem Landtag dankbar, dass er Mitte des Jahres das ent sprechende Reformwerk beschlossen hat, das nun zum 1. Ja nuar 2020 umgesetzt wird.

Darüber hinaus hatten wir uns in diesem Sommer – dem zwei ten Sommer, der trocken war – mit erheblichen Waldschäden zu befassen. Diese Schäden sind in Baden-Württemberg im Bundesvergleich noch etwas glimpflicher ausgefallen als im Norden der Republik. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass sie zum Teil verheerend waren. Das ändert nichts daran, dass wir im Südschwarzwald – beispielsweise in der Südab dachung des Schwarzwalds – flächendeckende Schäden ha ben, wie ich sie letztmalig bei den Schwefelschäden im Braun kohlerevier in Tschechien oder an der polnisch-deutsch-tsche chischen Grenze gesehen habe,

(Zuruf des Abg. Martin Grath GRÜNE)

als ich nach der Wiedervereinigung, Anfang der Neunziger jahre, einmal selbst dort war.

Solche Flächenschäden, wie sie durch den Borkenkäfer ent standen sind, waren jetzt auch im Südschwarzwald zu sehen. Diese waren schon gravierend. Aber das war nicht das einzig Auffällige. Wer im Sommer aufmerksam auf der A 5 gefah ren ist, hat bereits da gesehen, dass die Bäume, wie im Win ter, kein Laub mehr hatten. Die Buche hatte kein Laub mehr, die Kiefern waren zum Teil schon abgestorben, weil die Förs ter gar nicht mehr hinterherkamen, diese rechtzeitig zusam men mit den Waldarbeitern zu fällen, weil es überall ein Stück weit „gebrannt“ hat. Das heißt, auch dort haben wir Schäden. Wir haben Schäden bei der Buche – Gott sei Dank nicht oder nur selten flächig. Aber überall, und zwar in jedem Buchen bestand, fallen reihenweise Buchen aus. Man kann sagen: in einer Größenordnung von fast 10 %. Das ist erheblich.