Protocol of the Session on November 13, 2019

(Abg. Anton Baron AfD: Meine Güte!)

Das hat nämlich die SPD innerhalb der Bundesregierung durch gesetzt, weil wir der Meinung sind, der Staat darf dort nicht

nur zuschauen. Aber wenn Sie jetzt feststellen, dass die Mit tel, die Sie in Ihren Töpfen haben, gar nicht abgerufen wer den, dann dürfen Sie doch nicht fragen, ob es zu viel oder zu wenig Geld ist, sondern Sie müssen fragen: Was sind die rich tigen Instrumente, um den Wohnungsbau nach vorn zu brin gen? Hierzu habe ich von Ihnen keine vernünftige Antwort gehört.

Herr Kollege Reinhart, Sie haben nur auf die Landesentwick lungsgesellschaft der Vergangenheit hingewiesen. Das war im Jahr 2007. Damals war Herr Schmid kein Finanzminister, lie be Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Einen Moment, Herr Kollege! Ich will nur kor rigieren! Ich habe etwas verwechselt! Ich habe den Verkauf der LBBW-Wohnungen im Jahr 2012 ge meint! Ich habe das falsch ausgeführt! Entschuldi gung!)

Sie haben es nicht falsch ausgedrückt, Sie haben es falsch gesagt. Aber ich akzeptiere, dass Sie sich getäuscht haben.

(Abg. Martin Rivoir SPD zu Abg. Dr. Wolfgang Rein hart CDU: Da war auch einer von euch dabei! Föll hat es vermasselt!)

Die Investitionstätigkeit im Bereich des Wohnungsbaus braucht sinnvolle und richtige Instrumente. Diese Instrumente müs sen gewährleisten, dass tatsächlich bezahlbarer Wohnraum entsteht.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Jetzt fahren Sie einmal hinaus, und gehen Sie zu den Bürger meisterinnen und Bürgermeistern oder zu den Oberbürger meistern. Fragen Sie sie einmal, wie es läuft. Dort, wo es kom munale Wohnungsbaugesellschaften gibt – in meinem Wahl kreis gibt es eine solche –, funktioniert es. Wir haben einen guten, ausgeglichenen Wohnungsmarkt. Aber je weiter Sie in die Ballungsräume kommen, desto mehr stellen Sie fest, dass oft die Instrumente fehlen, um diesen Wohnungsbau zu be werkstelligen.

Da ist es doch nicht falsch, zu schauen: Was machen andere? Und wenn u. a. Bayern eine Landeswohnungsbaugesellschaft errichtet hat, können wir doch zumindest einmal die Frage stellen: Würde uns in Baden-Württemberg ein solches Instru ment helfen? Wir sind der Überzeugung: Ja, es würde helfen.

(Beifall bei der SPD)

Kommen wir nun zum Thema Grundsteuer. Wir haben inzwi schen – Kollege Rülke hat das Thema aufgebracht und ande re sind darauf eingegangen – eine Entscheidung des Bundes verfassungsgerichts

(Zuruf von der AfD)

zum Thema Grundsteuer. Das bisherige Modell der Grund steuer wurde als verfassungswidrig bezeichnet. Dieses war – ich darf das einfach noch einmal deutlich sagen; denn ich glaube, manche wissen es gar nicht – ein Modell, das auf den Wert der Grundstücke, und zwar der bebauten Grundstücke, Bezug nahm. Es basierte auf der Frage: Was hat dieses Objekt an Wert? Das Bundesverfassungsgericht hat nun gesagt: Die

Regelung der Grundsteuer ist deswegen verfassungswidrig, weil die Einheitswerte, die zur Wertermittlung herangezogen werden, zu einem falschen Wert führen. Das heißt, dass inner halb des Systems Grundsteuer manche zu viel und manche zu wenig zahlen, weil der tatsächliche Wert von diesem Einheits wert abweicht.

Jetzt kommen Sie ernsthaft mit einem Modell daher, bei dem allein auf Basis der Fläche die Höhe der zu zahlenden Grund steuer ermittelt wird. Sie können dabei noch so oft von Ent bürokratisierung und Vereinfachung sprechen; die Folge Ih res Modells, liebe CDU und liebe FDP, ist doch, dass diejeni gen, die weniger wertvolle Gebäude haben, belastet werden, während die anderen entlastet werden. Das ist sozial zutiefst ungerecht, was Sie fordern.

(Beifall bei der SPD – Abg. Udo Stein AfD: Sie re den von sozialer Gerechtigkeit! Unglaublich!)

Da hilft es auch nicht viel – deswegen komme ich zu den 42 Millionen €, die Frau Finanzministerin Sitzmann jetzt für die Programmierkosten fordert –, wenn wir nur den Wert ei nes Grundstücks heranziehen. Wir kommen dann zwar ein Stück näher an die Gerechtigkeit,

(Abg. Stefan Räpple AfD: Dass Sie das Wort Gerech tigkeit überhaupt noch in den Mund nehmen!)

erfüllen aber bei Weitem nicht den Anspruch, den das Bun desverfassungsgericht formuliert hat. Denn dann unterschei den wir nicht, ob auf dem jeweiligen Grundstück ein Haus im Wert von 200 000 € oder von 2 Millionen € steht. Sie können doch nicht ernsthaft behaupten, ein solches Modell sei gerecht. Wir brauchen ein Modell, das dem Modell von Olaf Scholz entspricht und eine ehrliche Bewertung der Grundstücke und der darauf stehenden Gebäude vorsieht. Dann haben wir eine soziale Grundsteuerreform; sonst eben überhaupt nicht.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie es so machen, wie ich es gerade dargelegt habe, spa ren Sie sich flott einmal 42 Millionen € in diesem Haushalt, weil Sie diese 42 Millionen € nicht brauchen, wenn Sie das Scholz-Modell umsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Stefan Räpple AfD)

Noch einmal zum Thema Schuldenbremse: Herr Kollege Rül ke meinte, mich auf einen Widerspruch zwischen meiner gest rigen und meiner heutigen Aussage hinweisen zu müssen. Die Schuldenbremse, die wir nun bald in der Landesverfassung haben werden, hat bezogen auf die Regelung zur Schulden bremse mehr oder weniger deklaratorischen Wert. Denn auf grund der grundgesetzlich verankerten Schuldenbremse sind wir ohnehin an die Schuldenbremse gebunden.

(Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU)

Das, was wir jetzt in der Landesverfassung verankern werden, zielt ein Stück weit darauf ab, die Handlungsfähigkeit des Par laments zurückzugewinnen. Wir sagen nämlich: Wir definie ren Ausnahmefälle und lassen damit unter Voraussetzung ei ner qualifizierten parlamentarischen Mehrheit auch Ausnah men von der Schuldenbremse zu.

Ich sage es einfach einmal in die Runde – hier sind ja Men schen mit einer starken Prinzipientreue, die sagen, von der Schuldenbremse werde man gerade in diesen goldenen Zei ten nicht abweichen dürfen –: Wenn wir, der Staat, wenn die Regierungen und die Parlamente die staatlichen Aufgaben nicht erfüllen können, dann müssen wir sehr wohl die Frage stellen, ob wir tatsächlich auf der Einnahmeseite Geld brau chen, wenn es darum geht, dringend notwendige Investitio nen durchzuführen. Ich sage dabei ganz deutlich: In einer sol chen Situation müssen wir den Menschen draußen reinen Wein einschenken. Verschuldung kann dann immer nur ein vorü bergehendes Phänomen sein und keine Dauerlösung. Dann muss ich, wenn ich ehrlich bin, über die Einnahmen eines Staates reden.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Es gibt auch ei ne Ausgabenseite!)

Ich sage auch ganz deutlich, Herr Kollege Reinhart – ich ha be das bereits ganz deutlich gesagt –: Die Einnahmeseite ist im Moment nicht das Problem, weder beim Land noch beim Bund. Deswegen brauchen wir uns darüber im Moment nicht den Kopf zu zerbrechen. Ich will jedoch nicht, dass wir in ei ne Debatte gehen, in der die Schuldenbremse und die schwar ze Null als Selbstzweck definiert werden. Denn dann werden wir unserer Verantwortung als Parlament und als Politik nicht gerecht.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Es gibt auch eine Ausgabenseite!)

Noch einmal zum Thema Bildung – ich habe vorhin schon et was zu den Themen Weiterbildung und Weiterqualifizierung gesagt –: Fakt ist nun einmal auch, dass wir an unseren Schu len im Moment einen Rekordunterrichtsausfall haben. Und wenn wir einen Rekordunterrichtsausfall haben, dann reicht es nicht, sich hier hinzustellen und zu sagen: „Wir haben al les richtig gemacht.“ Dann war es wohl nicht ganz richtig.

Wenn wir, Herr Kollege Schwarz, über die Kita und über Ki tagebühren sprechen: Wenn Sie konsequent wären, müssten Sie sagen: Bildung soll nicht vom Geldbeutel der Eltern ab hängen. Ich glaube, dass dies ein Satz ist, den ich irgendwann auch schon einmal bei den Grünen gehört zu haben meine.

Schauen Sie sich an, was heute ein Kitaplatz im U-3-Bereich – aber auch darüber hinaus – teilweise kostet. Da hören Sie ganz oft, gerade auch von jungen Frauen, die die Betroffenen sind: Wenn ich meine zwei Kinder in die Kita schicke, kann ich das Geld, das ich durch meinen Job, z. B. in einer Halb tagsbeschäftigung, verdient habe, gleich 1 : 1 bei der Kita ab liefern.

Dann hilft diesen Leuten, mit Verlaub, auch keine gestaffelte Gebühr. Den Leuten würde nur helfen, wenn die erste Bil dungsinstitution, die ein Kind besucht, gebührenfrei wäre, wie es – zu Recht – bei der Schule und der Hochschule der Fall ist. Das ist Fakt.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Abschließend noch etwas zum Verhältnis zu den Kommunen. Wenn das so wunderschön sein soll, wie Sie es hier darstellen und beschreiben, dann wundert es mich, warum die kommu

nalen Landesverbände quasi einen flehenden Bittbrief an die Landtagspräsidentin schreiben, sie möge sich doch in den Pro zess einbringen, damit sich die Landesregierung endlich im Sinne der Kommunen bewege.

Wenn ich mir das im Detail anschaue, stelle ich fest, dass z. B. im Jahr 2016, als diese grün-schwarze Regierung ins Amt kam, eine der ersten Maßnahmen war, dass die Vorwegent nahme – also das Geld, das aus dem großen Topf der Kom munen genommen wird – um 300 Millionen € erhöht wurde. Da können Sie doch nicht ernsthaft sagen, Sie seien so gön nerhaft mit den Kommunen umgegangen. Sie haben ihnen 300 Millionen € weggenommen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Zusätzlich!)

Zusätzlich zu allem anderen. – Dann haben Sie den Kom munen Programme angeboten, die Sie kofinanzieren wollten.

Da muss ich einfach sagen: Es ist unlauter, wenn der Minis terpräsident hier regelmäßig den goldenen Zügel beklagt, den der Bund anlege. Was die Landesregierung tut, ist nicht im Sinne der kommunalen Selbstverwaltung, die eines der wich tigsten Güter in der Aufgabenteilung im Land Baden-Würt temberg ist. Deswegen ist das ohne Respekt vor den Kommu nen.

(Beifall bei der SPD)

Bei der Frau Finanzministerin habe ich das vorhin schon wie der durchklingen gehört. Ich habe vorhin gesagt, dass Aufga ben, die sich z. B. aus dem Bundesteilhabegesetz oder zum Thema Integration ergeben, keine Aufgaben sind, die die Kommunen erfunden haben. Diese Aufgaben sind durch bun des- und landesgesetzliche Regelungen vorgegeben.

Jetzt kam von Frau Finanzministerin Sitzmann die Aussage, da gebe es Streit um die Frage der Konnexität. Konnexität ist immer das Zauberwort; das weiß ich. Es gibt immer Streit um die Frage, welche Kosten tatsächlich ausgelöst werden. Aber kommen wir jetzt doch einmal zum Grundproblem.

(Minister Manfred Lucha: Rechtliche Zuständigkeit!)

Was Sie meinen, ist nicht Konnexität, denn Sie haben im nächsten Atemzug gesagt, bisher habe es zwar noch keine Ei nigung gegeben, aber jetzt gebe es ja größere finanzielle Spiel räume und man könne möglicherweise noch zu einer Einigung kommen. Soll ich das einmal übersetzen? Sie gehen mit den Kommunen nicht nach dem Prinzip der Konnexität um, son dern nach Kassenlage.

Das ist ein Problem. Sie haben rechtliche Verpflichtungen ge genüber den Kommunen, wollen diesen Geld aber nur dann zugestehen, wenn Sie es sich leisten können. Die Kommunen brauchen aber Planungs- und Rechtssicherheit. Deswegen: Gießen Sie endlich in eine gesetzliche Grundlage, was not wendig ist, und lassen Sie die Kommunen zukünftig nicht mehr im Stich.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen: Dieser Landes haushalt verpasst viele Chancen.