Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Betrachten wir die Entwicklung des Strompreises seit 1990, so zeigt sich zunächst einmal ein erschreckendes Bild. Der Strompreis ist in diesem Zeitraum um über 70 % gestiegen. Herr Stober, wenn Sie vorhin den Eindruck vermitteln wollten, es sei alles in Ordnung, die EEGUmlage sei zwar um 1 Cent gestiegen, aber gleichzeitig sei der Strompreis an der Börse gefallen, so ist dies nicht in Ord nung.
Die EEG-Umlage ist auf ein Niveau gestiegen, das fast dop pelt so hoch ist wie das, was damals aus guten Gründen als
Meine sehr geehrten Damen und Herren, immer wieder kommt der Verweis darauf, andere Energieträger seien auch teurer ge worden, z. B. Öl oder Gas. Aber das ist so ähnlich, als wenn man argumentiert: „Es ist in Ordnung, dass der Brotpreis ge stiegen ist, weil die Butter auch teurer geworden ist.“
Auch die Tatsache, dass Sie mittlerweile auf den Gedanken gekommen sind, das EEG marktwirtschaftlicher auszugestal ten
das ist ja schön und gut –, ist eigentlich ein schlechter Witz, geradezu ein Treppenwitz. Sie haben mit Ihrem Vorschlag zwar recht, aber Sie waren es doch, die in den vergangenen Jahren über den Bundesrat und den Vermittlungsausschuss alle Bemühungen blockiert haben, das EEG weiterzuentwickeln.
Die Motivation der Grünen ist mir dabei vielleicht klar, aber die Motivation der SPD ist mir nicht klar.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD, wie konnten Sie zulassen, dass eine derart massive Umverteilung von unten nach oben stattfindet, vom Mieter zum – im Zwei felsfall – Häuslebauer bzw. zu demjenigen, der das Geld hat, sich für 50 000 € eine Fotovoltaikanlage auf sein Dach mon tieren zu lassen?
Die Motivation der Grünen ist mir viel klarer. Hier wird in großem Ausmaß Klientelpolitik betrieben. Wenn Sie möch ten, können Sie gleich sagen, wie hoch Ihr Parteispendenauf kommen durch Spenden von Vertretern der Fotovoltaikbran che ist, meine Damen und Herren.
Ich bin dem Innenarchitekten dieses Gebäudes dankbar, dass es im jetzigen Plenarsaal mehr Abstand zwischen der ersten Reihe und dem Rednerpult gibt. Seitdem wir hier sind, sind Ihre Zurufe viel weniger penetrant.
(Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. He len Heberer SPD: Das geht uns genauso! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Sie müssen halt geschickter darauf reagieren!)
Man muss sich aber grundsätzlich einmal die Frage stellen, ob die Zeit des EEG nicht abgelaufen ist und ob man nicht ganz prinzipiell eine neue Regelung braucht.
Das EEG zielt allein auf den Ausbau der Kapazitäten aus er neuerbaren Energien. Geht es aber wirklich um die Schaffung solcher Kapazitäten, auf die man sich im Zweifelsfall nicht verlassen kann? Brauchen wir nicht vielmehr Netzausbau, Speichertechnologien, Smart Grid und vielleicht auch intelli gentes Verbraucherverhalten? Zielt das EEG an dieser Stelle vielleicht nicht genau an dem vorbei, was wir tatsächlich brau chen?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben viel zu lange im Klein-Klein gedacht. Sie haben nur innerhalb Ba den-Württembergs gedacht. Sie haben nicht über die Länder grenzen hinweg gedacht. Warum können wir nicht dort Wind kraftanlagen aufstellen, wo der Wind weht? Warum können wir nicht dort Fotovoltaikanlagen anbringen, wo die Sonne scheint? Ist es wirklich sinnvoll, dass 25 % der weltweit ins tallierten Fotovoltaikkapazitäten im nicht sonnenreichen Deutschland geschaffen wurden? Das kann meiner Meinung nach nicht richtig sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben viel zu lange diesen massiven Markteingriff befürwortet, und Sie ha ben im Bundesrat und im Vermittlungsausschuss alles blo ckiert.
Dann kommt es, Herr Stober, natürlich zu solchen Entwick lungen, dass der Börsenpreis sinkt und der Markt auf eine Weise reagiert, die man zuvor gar nicht auf dem Schirm hat te. Dann kommt es beispielsweise zu der Situation, dass sich Kohlekraftwerke auf einmal wieder rechnen. Das sind Markt eingriffe, die Sie vorgenommen haben, die Sie so wollten, durch die all das verursacht wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, solides Wachstum ist besser als Goldgräberstimmung. Die Vorgehensweise, nach der Sie in den letzten Jahren gehandelt haben, ist der Energie wende so dienlich, wie es Schokolade für einen Diabetiker ist.
Anfangs mag es süß und verlockend aussehen, aber zum Schluss ist das doch gefährlich und bedrohlich.
(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Sie haben doch selbst regiert! – Abg. Johannes Stober SPD: Sie haben vier Jahre mitregiert!)
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kol legen! Herr Kollege Nemeth, ich musste ein bisschen schmun zeln, als Ihre Ausführungen in die Richtung gingen, durch das EEG seien die „Reichen gefüttert“ worden. Ich will hierzu einmal ein Beispiel nennen: 35 % der in Baden-Württemberg installierten Kapazitäten im Bereich der Fotovoltaik finden sich auf den Gebäudedächern von Bauern, von Landwirten.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Was soll das heißen? – Zurufe der Abg. Johannes Stober und Walter Hei ler SPD)
Lassen Sie doch einfach diesen Unsinn, und diskutieren Sie lieber über die Inhalte. Zu diesen Inhalten komme ich jetzt. Wir brauchen doch auch gar nicht mehr mit Polemik zu arbei ten; der Wahlkampf ist vorbei.
Bei der Betrachtung der Situation, wie sie sich nach der Bun destagswahl darstellt, zeigt sich: Alle Beteiligten im Bund und in den Ländern stehen in der Verantwortung, zwei Dinge an zugehen. Zum einen besteht die Verantwortung, das EEG – oder auch ein anderes Finanzierungsinstrument – neu zu den ken bzw. das EEG für die Zukunft fit zu machen, um damit die Energiewende weiterzuführen. Zum Zweiten ist es not wendig, dass wir uns über ein neues Strommarktdesign Ge danken machen, um in Deutschland und in Baden-Württem berg auch mittelfristig die Versorgungssicherheit zu gewähr leisten.
Herr Glück, eines noch vorweg: Wenn man sich vor knapp drei Jahren entschieden hat – und zwar über vier im Deutschen Bundestag vertretene Parteien hinweg –, eine Energieversor gung aufzubauen, die auf einem immer stärkeren Ausbau der erneuerbaren Energieträger – etwa Fotovoltaik und Onshore windkraft – fußt, hat dies zur Folge – unabhängig von der Art der Förderung; unabhängig davon, ob diese durch das EEG oder durch ein anderes Finanzierungsinstrument geleistet wird –, dass wir damit in eine Form der Energieversorgung gehen, die zwar Kapitalkosten verursacht, bei der aber keine Kosten für Brennstoffe mehr anfallen. An der Strombörse in Leipzig, an der der Börsenstrompreis gebildet wird
Sie schütteln den Kopf; Sie verstehen die Zusammenhänge aber nicht, denn sonst könnten Sie nicht einen solchen Unsinn reden –, werden nur die variablen Kosten der Energieerzeu gung abgebildet. Sobald der Wind weht und die Sonne scheint, liegen die variablen Kosten für diese Technologien bei null. Damit wird alles weiter nach hinten verschoben.
Das wiederum bedeutet: Wenn wir die erneuerbaren Energi en weiter ausbauen, wird dies – unabhängig von der Art der Förderung – zwangsläufig zur Folge haben, dass der Börsen preis sinkt. Das ist für die Verbraucherinnen und Verbraucher eine angenehme Entwicklung. Denn selbst bei einem Anstieg der EEG-Umlage sinkt der Börsenpreis.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Die Schweizer kau fen gerade ein, Herr Minister, und wir zahlen die Dif ferenz! – Weitere Zurufe)
Beides sind Komponenten beim Strompreis. Deswegen kann beispielsweise die EnBW im Moment auch erklären: Die Strompreise bleiben stabil, trotz steigender EEG-Umlage.
Für die Erzeuger entsteht dadurch das Problem, dass sich der Neubau von konventionellen Anlagen nicht mehr rechnet. Es kommt sogar so weit, dass auch Bestandskraftwerke ökono misch unter Druck geraten. Wenn man sich einmal entschie den hat – – Ich habe nicht den Eindruck, dass Sie von der Energiewende und vom Ausbau der erneuerbaren Energien Abstand nehmen wollen; andernfalls müssten Sie dies sagen.
Solange Sie, Herr Kollege Glück, hiervon nicht Abschied neh men wollen, gehen wir nun einmal in eine Entwicklung, bei der die Börsenpreise tendenziell weiter sinken werden. Das ist zwangsläufig damit verbunden, wenn die variablen Kosten bei null liegen. Dann muss man sich eben Gedanken über ein neues Strommarktdesign machen.