Protocol of the Session on April 24, 2013

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Die haben sich einbetonieren lassen!)

damit dieses Problem bestehen bleibt, damit die Laufzeiten der Kernkraftwerke mit diesem Argument infrage gestellt wer den konnten.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Es sollte verhin dert werden! – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Das ist ja absurd!)

Das war doch die politische Motivation.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Jo chen Haußmann FDP/DVP)

Die Mittel und Wege hierfür waren Ihnen völlig egal. Diese Mittel und Wege bestanden auch darin, Vertrauen in Prozes

se – auch in demokratische Prozesse – zu zerstören, Vertrau en in Sachverstand zu zerstören. Sie waren es doch, die die Dinge ständig infrage gestellt haben, und Sie haben nicht nur hinterfragt, sondern Sie haben auch durch Aktionen unterstri chen, dass Gorleben überhaupt nicht in Betracht komme.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Das war ein transparen ter Prozess!)

Ich begrüße außerordentlich, dass Gorleben im Suchprozess drin ist und dass die weiße Landkarte wirklich eine weiße Landkarte geworden ist. Aber ich kann überhaupt nicht nach vollziehen, weshalb Sie in der Frage der Zwischenlagerung diese Zugeständnisse gemacht haben.

Herr Ministerpräsident, das Problem ist nicht die Zahl der Castoren, die kommen. Das Problem ist, dass an den Stand orten andere Versprechungen gemacht wurden. Sprechen Sie einmal mit den Menschen vor Ort. An den möglichen Stand orten wird auch nach diesem Kompromiss, nach diesem nati onalen Konsens noch nicht gesehen, dass es eine Lösung für das Endlagerproblem gibt. Das ist das eigentliche Problem. Damit bürden Sie ihnen zusätzliche Lasten auf, und Sie bre chen ein altes Versprechen, das noch auf Ihren grünen Um weltminister Trittin zurückgeht, der damals gesagt hat: Die Zwischenlager kommen nur in Betracht für die Brennelemen te aus den dortigen Kernkraftwerken und für keinen weiteren radioaktiven Abfall,

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Nur als Zwi schenlager!)

und sie kommen nur als Zwischenlager in Betracht und für nichts anderes.

(Abg. Thomas Marwein GRÜNE: Gibt es eigentlich auch ein CDU-Zwischenlager?)

Das ist das eigentliche Problem. Wer Vertrauen einfordert, muss sich an die Absprachen halten, die damals getroffen wur den, muss sich an das halten, was im Rahmen der damaligen Gesetzgebung versprochen wurde.

Herr Minister Untersteller hat mich gerade in Bezug auf die Atomisierung der Standorte zitiert. Es ist doch wahr: Früher gab es e i n Zwischenlager, und jetzt haben wir an jedem Standort ein Zwischenlager; dies ist vor zehn Jahren so ein gerichtet worden. Niemand kann sagen, dass hierdurch das Si cherheitsrisiko minimiert worden wäre. Es war damals aber Ihr politisches Kalkül, so vorzugehen und gleichzeitig die Endlagersuche auszusetzen, und zwar ohne Nennung von Al ternativen. Sie haben ein Moratorium verhängt; Sie haben zehn Jahre verplempert, und in dieser Zeit ging überhaupt nichts voran.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Und man hat fachlichen Sachverstand zugrunde gehen lassen!)

Den Standorten selbst haben Sie auch keine Perspektive ge geben.

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir be grüßen, dass ein nationaler Konsens herrscht. Dass die Lan desregierung von Baden-Württemberg einseitige Vorleistun gen trifft, begrüßen wir allerdings nicht, ganz im Gegenteil.

Und das Letzte: Wenn der nationale Konsens wirklich ein na tionaler Konsens ist, dann erwarten wir eigentlich auch, dass sich die Landesregierung von Niedersachsen klar positioniert und nicht von vornherein einen Standort – nämlich Gorleben – ausschließt. Dann erwarten wir, dass sich der Ministerprä sident bzw. die Landesregierung von Baden-Württemberg auf grund der bisherigen wissenschaftlichen Ergebnisse – diese führen meines Erachtens dazu, dass es keinen baden-württem bergischen Standort geben kann; schließlich ist dies schon wissenschaftlich untersucht worden – zur Frage der Wissen schaftlichkeit und der Geeignetheit zumindest ähnlich positi onieren wie die Landesregierung von Niedersachsen. Das er warte ich von einem Ministerpräsidenten, der seinen Amtseid nicht auf die Bundesrepublik Deutschland, sondern auf die Landesverfassung und das Wohl der Menschen dieses Landes geleistet hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, um es noch einmal klar zu sagen: Vertrauen gewinnt man nicht, indem man Ver sprechen bricht.

(Vereinzelt Beifall)

Vertrauen gewinnt man, indem man Versprechen bezüglich betroffener möglicher Standorte hält. Dazu möchte ich Sie er muntern und auffordern: Sprechen Sie dort mit den betroffe nen Menschen, mit den betroffenen Kommunen. Auf diese Weise schaffen Sie dann auch Vertrauen in die Landesregie rung und in diesen nationalen Konsens. Vertrauen schaffen Sie allerdings nicht, wenn Sie leichtfertig Versprechen bezüg lich einer Nebenfrage, nämlich der des Zwischenlagers, bre chen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Kollege Glück.

(Zurufe von den Grünen und der SPD: Der Fraktions vorsitzende!)

Er hat es an den Kollegen Glück delegiert.

(Zurufe von den Grünen und der SPD: Normale Re dezeit! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Erst die Runde der Fraktionsvorsitzen den!)

Frau Kollegin Sitzmann, wenn Sie darauf bestehen, dass Sie dem originären Recht der Opposition, nach dem Ministerprä sidenten zu sprechen, vorgezogen werden, weil Kollege Dr. Rülke sein Rederecht an den Kollegen Glück delegiert hat, dann würde ich dem nachgeben.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Und dann komme ich? – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Ich mache daraus keinen Konflikt! Es ist mir bloß aufgefallen! – Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Herr Kollege Dr. Rülke hat es an den Kollegen Glück dele giert. Ich würde, was die Abfolge betrifft, empfehlen:

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Von uns aus können erst die Fraktionsvorsitzenden reden!)

Es macht schon Sinn, dass zunächst die Opposition spricht.

Das Wort hat der Kollege Glück.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem nun geklärt ist, dass die Fraktionsvorsitzende der Grünen offensichtlich Angst da vor hat, dass ich hier vorn spreche,

(Vereinzelt Beifall – Oh-Rufe von den Grünen und der SPD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Der denk bar schlechteste Beginn einer Rede!)

werde ich mich jetzt also doch trauen, loszulegen. Frau Sitz mann, das hätte ich nie erwartet, und ich fühle mich geehrt.

(Lebhafte Zurufe von den Grünen und der SPD)

Es macht einfach Spaß, wenn Sie so brüllen. Machen Sie bitte weiter so.

(Unruhe)

Herr Ministerpräsident, Sie haben vorhin gesagt, bei der Su che eines Atommüllendlagers müsse man einen Konsens fin den, der lange anhält und der über eine, zwei oder drei Legis laturperioden hinausreicht. Sie sagten auch, man müsse Ver trauen schaffen. Das sind die beiden Punkte, in denen ich Ih nen uneingeschränkt recht gebe; das möchte ich unterstrei chen.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn gesagt wird, dass der Ministerpräsident nicht irgendwelche Standor te in Baden-Württemberg ins Spiel gebracht habe, so ist das einfach nicht richtig. Es war während des Wahlkampfs, als der heutige Ministerpräsident als damaliger Spitzenkandidat der Grünen Angst gestreut und danach Standorte ins Spiel ge bracht hat. Ich erwähne nur Riedlingen und Ruhestein, wo Ka merateams die Menschen verunsichert haben. Ist das Ihre Art, wie Sie Vertrauen schaffen wollen?

Sie sagen, es gehe um den Inhalt; Inhalt habe Vorrang vor Wahlkampf. Das ist doch geradezu lächerlich. Sie waren es doch, der während des Wahlkampfs diese Unruhe gestiftet hat, und das ist nicht vertrauensbildend.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Art und Weise, wie leicht und geradezu aus heiterem Himmel das Angebot erfolgte, als Zwischenlagerstandort Philippsburg zu wählen – nach dem Motto: „Philippsburg? Ist okay!“ –, ist nicht ver trauensbildend. Das Prinzip der weißen Landkarte ist mit Si cherheit richtig; das ist okay. Aber es ist doch kein Fehler, wenn man von vornherein darauf hinweist, auf welche geolo gischen Probleme wir bei der Suche nach einem Endlager standort stoßen. Hier wird aber so getan, als ob man wissen schaftliche Argumente des eigenen Landesamts, des Landes amts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württem berg, nicht bringen dürfe. Man darf doch argumentieren! Es wird so getan, als ob alle anderen argumentieren dürften, aber wir nicht. Das ist nicht vertrauensbildend.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Konrad Epp le CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Thema Castor: Ich finde, es ist ein dickes Ding, dass Sie am Anfang forder ten, die Castoren müssten nach Philippsburg, der Minister dann sagt, die Castoren sollten doch nicht nach Philippsburg – das war an dem Tag, an dem Greenpeace den Landtag mit einem Plakat „verschönert“ hatte –, und Sie jetzt sagen, die Castoren sollten doch wieder nach Philippsburg. Halten Sie dieses Hin und Her etwa für eine vertrauensbildende Maßnah me?

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Auch schaffen Sie kein Vertrauen, wenn Sie relativ leichtfer tig 1,7 Milliarden € Steuergelder in die Tonne kloppen und die Erkundung des Standorts Gorleben nicht abschließen. Diese Maßnahme ist nicht vertrauensbildend; das ist sie einfach nicht.

Auch die Tatsache, dass die Expertenkommission zur Hälfte mit Politikern besetzt ist und nicht ausschließlich mit Wissen schaftlern – das wurde vorhin bereits gesagt –, zeigt, dass das Ganze von vornherein eine politische Ebene hat. Es darf aber nicht sein, dass am Schluss derjenige ein Atommüllendlager zugeteilt bekommt, der am wenigsten laut schreit. Das darf nicht sein.

Die anderen – darauf können wir uns einstellen – werden Ar gumente dafür anführen, warum in ihren Ländern kein Atom müllendlager eingerichtet werden kann. Deswegen müssen auch wir entsprechend argumentieren – trotz des Konsenses.