Protocol of the Session on April 11, 2013

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Herr Kollege Glück.

(Zurufe – Abg. Andreas Glück FDP/DVP begibt sich mithilfe eines Gehstocks zum Rednerpult.)

Keine Sorge. Der Stock ist nicht für den Fall, dass die Argumente ausgehen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Da müsste man erst mal welche haben!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Sitzmann, einmal ganz ehrlich: Sie haben sich hier vorn hin gestellt und haben zu einer Aktuellen Debatte gesprochen, der Sie selbst den Titel gegeben haben: „Strompreisentwicklung in Zeiten der Energiewende“. Sie sagen aber zu Strompreisen nichts.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Null!)

Angesichts der hohen Strompreise, unter denen hier die Kun den zu ächzen haben und die auch die Wirtschaft zu bezahlen hat, besteht Handlungsbedarf. Aber Sie bekommen hier gar nichts auf die Reihe; Sie steuern nicht, sondern Sie stänkern nur. Sie schimpfen auf Berlin und machen hier ein BerlinBashing, statt dass Sie einmal mit konkreten Vorschlägen kommen. Ich finde das absolut schwach.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig! Inhaltsfrei! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Nicht ein einziger Vorschlag kam von Ihnen!)

Jetzt kommen wir zu den Tatsachen. Meine sehr geehrten Da men und Herren, damit wir einmal einen Blick auf die Strom preisentwicklung seit Beginn der Energiewende richten, darf ich mit freundlicher Genehmigung des Präsidenten ein Schau bild zeigen – Quelle BDEW.

(Der Redner hält ein Schaubild hoch.)

Hier unten, grün markiert, sind die Kosten für Erzeugung, Transport und Vertrieb. Diese sind von 1998 bis heute mehr oder weniger gleich geblieben.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Ich sehe aber auch eine Steigerung!)

Wenn man es reell betrachtet, sind die Stromproduktionskos ten sogar etwas gefallen. Was aber angestiegen ist, sind die Abgaben und Steuern, hier lila markiert.

(Abg. Johannes Stober SPD: Sie sind doch an der Re gierung!)

Jetzt hören Sie doch einmal zu, Herr Stober. Sie dürfen ja nachher auch noch einmal etwas sagen.

Während 1998 noch 25 % der Stromkosten beim Haushalts strom Steuern und Abgaben waren, sind es heute über 50 %, nämlich 50,4 %. Die Strompreise insgesamt sind übrigens seit her um 67 % gestiegen. Hat man 1998 noch 4,2 Cent pro Ki lowattstunde an Abgaben und Steuern bezahlt, so sind es heu te über 14 Cent pro Kilowattstunde.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist die Regierung Merkel!)

Deswegen lohnt es sich meiner Meinung nach, diesen Teil, der für die Stromkostensteigerungen großenteils ursächlich war, einmal ein bisschen genauer anzuschauen.

(Der Redner hält ein weiteres Schaubild in die Hö he.)

Ich habe Ihnen ein zweites Schaubild ausgedruckt. Auf die sem zweiten Schaubild sieht man oben einen rosa markierten Balken. Dieser zeigt die Mehrwertsteuer an. Bereits die Mehr wertsteuererhöhung hat zu erheblichen Stromkostensteigerun gen geführt. Betrug der Anteil pro Kilowattstunde im Jahr 1998 noch 2,3 Cent, so liegt er jetzt bei über 4,5 Cent. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es darf nicht sein, dass Men schen unter den hohen Stromkosten leiden, Arbeitsplätze ge fährdet werden und der eigentliche Gewinner der Energiewen de der Fiskus ist. Das ist eine falsche Regelung. Hier besteht Handlungsbedarf.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie regieren doch in Berlin! Warum handeln Sie nicht?)

Wer blockiert denn dauernd? Zu diesem Punkt kommen wir gleich noch, Herr Schmiedel.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie regieren doch in Berlin! – Gegenruf von den Grünen: Aber nicht mehr lange!)

Das Zweite ist die EEG-Umlage. Die EEG-Umlage – hier hellgrün markiert – gab es 1998 noch nicht. In diesem Jahr liegt sie bei 5,2 Cent pro Kilowattstunde.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Netto! Kollege, sa gen Sie es: brutto 6,3 Cent!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die EEG-Umlage sollte – so war es irgendwann einmal angedacht – nicht über 3,5 Cent pro Kilowattstunde steigen. Der Anteil der EEG-Um lage ist jetzt bereits so hoch wie der Anteil der Stromproduk tionskosten oder sogar höher. Da frage ich Sie an dieser Stel le schon, da Sie hier offenbar nicht bremsen wollen: Wo ist denn Ihre Schmerzgrenze? Wie hoch darf die EEG-Umlage werden? Sind das 7 Cent oder 8 Cent, oder sind es gar 10 Cent pro Kilowattstunde?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Seit wann regieren Sie eigentlich in Berlin?)

Sagen Sie das bitte hier jetzt einfach einmal.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Warum haben Sie denn nichts gemacht in Berlin?)

Wir haben etwas gemacht.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wann denn?)

Aber, Herr Schmiedel, dass ich ausgerechnet Ihnen die Blo ckadepolitik im Bundesrat vorhalten muss, das wundert mich.

(Abg. Karl Zimmermann CDU zu Abg. Claus Schmie del SPD: Wollen Sie etwas machen? – Abg. Dr. Fried rich Bullinger FDP/DVP zu Abg. Claus Schmiedel SPD: Ganz ruhig wäre ich da!)

Ich dachte eigentlich, Sie wissen das.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Überforderung der erneuerbaren Energien durch die EEG-Umlage ist auch der Sache nicht dienlich. Ich darf jetzt einmal jemanden zitie ren, der sich auskennt. Bosch-Aufsichtsrat Franz Fehrenbach sagte in Bezug auf das EEG:

Wir sehen das als Lehrbeispiel dafür, was man mit aus ufernden Subventionen falsch machen kann. Von den 30 Gigawatt, die an Fotovoltaik 2012 weltweit installiert wurden, landeten 7,5 Gigawatt im nicht sonnenreichen Deutschland: eine völlige Fehlsteuerung. Die Subventio nierung treibt uns in ein falsches Fahrwasser: So zerstö ren wir marktwirtschaftliche Regeln einer ganzen Bran che.

An dieser Stelle sage ich Ihnen: Wir müssen drei Dinge tun: erstens Absenkung der Besteuerung des Stroms, zweitens Maßnahmen in puncto Mindestumlage für Verbraucher und drittens eine grundlegende Reform des EEG und ein Stutzen auf Normalmaß.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sehr gut!)

Für die Landesregierung spricht Herr Umweltminister Untersteller.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Kollegin nen und Kollegen! Die Strompreisentwicklung in Zeiten der Energiewende ist – ich denke, das ist jetzt in den Reden auch herausgekommen – ein wichtiges Thema und sicher auch ein Thema, über das man hoch emotional diskutieren darf. Das haben wir heute Morgen teilweise auch wieder erlebt. Trotz dem ist man, glaube ich, auch vor dem Hintergrund dessen, was in den letzten Monaten in dieser Debatte gelaufen ist, gut beraten, auch einmal ein bisschen die Fakten zu beleuchten.

Kommen wir einmal zu der Aussage von Herrn Kollegen Alt maier, die Energiewende könnte zu Kosten von bis zu 1 Bil lion € führen; kommen wir einmal zum Thema Strompreis bremse. Herr Kollege Glück hat auch angesprochen, dass das angeblich notwendig ist. Ich will Ihnen einmal sagen, zu was diese Strompreisbremse führt. Ich zitiere einfach einmal aus energate, einem Fachdienst der Energiewirtschaft, der täglich erscheint. Da heißt es unter der Überschrift: „EnBW will alle Erneuerbaren-Projekte stoppen“ wie folgt – ich zitiere –:

Der Energiekonzern EnBW stellt alle seine Erneuerba ren-Projekte auf den Prüfstand.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Das ist ein schlechtes Bei spiel!)

Grund ist die geplante Strompreisbremse der Bundesre gierung.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Na und? Was wollen Sie damit sagen? – Lachen bei den Grünen – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Das ist relativ einfach!)

Jetzt frage ich Sie: Wollen Sie das? Die von Herrn Altmaier genannten Kosten von 1 Billion € beruhen schlicht und ergrei fend auf einer Phantomrechnung. Wenn man sich die Sache einmal anschaut, erkennt man, dass diese Rechnung keinerlei realen Hintergrund hat. Sie werden in Deutschland nieman den finden, der Ihnen diese Rechnung nachvollzieht, nicht ein mal seine eigenen Leute im Ministerium.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: 200 Milliarden €!)

Was hat er gemacht? Er legt bis zum Ende der Dreißigerjah re dieses Jahrhunderts einen Börsenpreis auf dem heutigen Niveau zugrunde. Sie sollten sich noch einmal zurückerinnern – Kollege Groh ist gerade nicht da –: Es gab ein Gutachten des KIT, das im Auftrag der IHK erstellt wurde, das für ziem liche Aufregung gesorgt hat. Dieses Gutachten hat prognosti ziert, dass die Großhandelspreise bis zum Jahr 2025 um 70 % steigen. Um 70 %! Das hat für eine Mordsaufregung gesorgt. Herr Altmaier geht jetzt davon aus, die Großhandelspreise blieben bis zum Jahr 2030 auf dem heutigen niedrigen Niveau. Jetzt frage ich Sie einmal: Was denn jetzt? Was ich damit sa gen will, ist: Da legt jeder, wie es ihm gerade passt, irgend welche Zahlen zugrunde.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Auch Sie!)