Protocol of the Session on December 14, 2012

Wir haben die Gemeinschaftsschule eingeführt. Die Gemein schaftsschule ist ein eindeutiges Signal an die Menschen in diesem Land, aktiv mit- und weiterzudenken. Mit dieser Schulart haben wir einen jahrzehntelangen Reformstau in der Bildungspolitik beendet. Die Gemeinschaftsschule bringt In novation an die Schulen. Sie sichert die Standorte weiterfüh render Schularten im ländlichen Raum, und sie löst Begeiste rung aus – bei den Eltern, den Lehrkräften, den Schülerinnen

und Schülern, in der Kommunalpolitik und bei jedem, der die se Schule besucht, sogar bei Herrn Hauk.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

So, meine Damen und Herren, sieht Bildungsgerechtigkeit in Baden-Württemberg aus. Wir werden diesen Weg konsequent weiter beschreiten.

Mit dem Doppelhaushalt 2013/2014 werden die Bildungs chancen der jungen Menschen im Land durch pädagogische Innovation und durch die Fortentwicklung unserer Schul strukturen weiter verbessert. Mein Leitmotiv lautet: früh för dern statt teuer reparieren, früh fördern statt Probleme ver schleppen.

Im Jahr 2012 haben wir die Zuweisungen des Landes für die Kleinkindbetreuung um 315 Millionen € auf 444 Millionen € erhöht. Im Haushaltsjahr 2013 werden die Mittel hierfür auf 477 Millionen € erhöht, im Haushaltsjahr 2014 auf 507 Mil lionen €. Mit diesem Geld schaffen wir neue Betreuungsplät ze.

Außerdem setzen wir uns für die Ausbildung von zusätzlichen Erzieherinnen und Erziehern ein und sorgen für die Qualifi zierung und Fortbildung von Tagespflegekräften. Allein hier zu werden im Jahr 2013 2,8 Millionen € und im Jahr 2014 3,7 Millionen € zur Verfügung gestellt.

Fast jedes dritte Kindergartenkind braucht eine Sprachförde rung. Wir sorgen dafür, dass diese Kinder die Förderung auch bekommen. Dafür haben wir die verschiedenen Programme unter dem Dach SPATZ zusammengeführt. 32 Millionen € pro Jahr stehen für die Sprachförderung zur Verfügung.

Im Elementarbereich haben wir also Verbesserungen erreicht. Jetzt gilt es, die Grundschule zu stärken. Diese Schulart leis tet einen wichtigen Beitrag für gelingende Bildungsbiografi en. Die Kinder müssen gezielt gefördert werden, damit sie ei nen optimalen Start in die weiterführende Schule haben. Ba den-Württemberg hat hier einen Nachholbedarf.

Ich zitiere aus dem sogenannten Baumert-Gutachten, das im April 2011 veröffentlicht worden ist. Dort können Sie nach lesen – Frau Präsidentin, ich zitiere mit Ihrem Einverständnis –:

Anders als in anderen Ländern sind in Baden-Württem berg zwischen 2001 und 2006 jedoch

es geht um die Grundschule –

keine Leistungszuwächse erkennbar. Sowohl im Bundes durchschnitt als auch in Bayern haben sich die Leistun gen der Viertklässler hingegen signifikant verbessert.

Das ist Stagnation, meine Damen und Herren. Genau deshalb müssen wir das Bildungssystem in Baden-Württemberg wei terentwickeln, weil wir ansonsten unsere Spitzenplätze ver lieren würden.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Hinter diesem Spitzenplatz in der Statistik stehen immer kon krete Lebenschancen für die jungen Menschen in diesem Land, und dafür sind wir verantwortlich.

Wir werden in einem ersten Schritt den Grundschulen ver bindliche Stunden für Fördermaßnahmen zuweisen – auch dies erstmalig in diesem Land. Wir starten mit insgesamt 70 Deputaten und werden jährlich um weitere 70 Deputate erhö hen.

In einem zweiten Schritt, mit der Einführung der neuen Bil dungspläne, werden wir den Grundschulen mehr Lernzeit zur Verfügung stellen. Es dient ebenfalls der Stärkung der Grund schulen, dass wir auch die Pädagogischen Assistenten und As sistentinnen weiterbeschäftigen. Die bislang befristeten Ver träge können im neuen Jahr in unbefristete umgewandelt wer den. Auch hier haben Sie uns eine Baustelle hinterlassen, die wir nunmehr bereinigen.

Wir werden ferner gemeinsam mit den Kommunen den Aus bau der Ganztagsschulen vorantreiben. Das ist eine wichtige Frage für Baden-Württemberg, was die Bildungschancen von jungen Menschen angeht, aber vor allem, was die wirtschaft liche Entwicklung angeht. Wir haben auch hier einen drama tischen Nachholbedarf, wenn man das mit anderen Bundes ländern vergleicht. Derzeit nehmen rund 9 % der Grundschul kinder ein Ganztagsangebot in Anspruch. Das ist viel zu we nig; der Bedarf ist deutlich größer. Nach der frühkindlichen Phase darf keine Betreuungslücke entstehen, wenn die Kin der in die Grundschule überwechseln. Deshalb wollen wir bis zum Jahr 2020 erreichen, dass jeder Grundschüler, jede Grundschülerin, wenn die Eltern dies wollen, ein Ganztagsan gebot in erreichbarer Nähe vorfindet. Wir werden dies in ei nem Pakt mit den Kommunen absichern. Die Verhandlungen dazu haben bereits begonnen.

Die Sicherung der Unterrichtsversorgung ist auch in den kom menden Schuljahren ein zentrales Anliegen. Als Vertretungs mittel für die öffentlichen Schulen haben wir derzeit 65 Mil lionen € jährlich im Haushalt vorgesehen. Hinzu kommt eine Steuerungsreserve von 10 Millionen €, um Engpässe in der Unterrichtsversorgung zu überbrücken. Ferner erhöhen wir wie vorgesehen die Zahl der festen Krankheitsvertreter bis 2015 um insgesamt 800 Deputate. Wir sorgen zudem für Transparenz in den Strukturen und in den Prozessen bei der Ressourcenzuweisung. Wir entwickeln das konsequent wei ter.

Jetzt noch ein Wort zur Unterrichtsversorgung, meine sehr verehrten Damen und Herren. Sie wissen ganz genau, dass be lastbare Zahlen darüber, wie die Unterrichtsversorgung im ge samten Land aussieht, erst Mitte Dezember vorliegen. Am Mittwoch nächster Woche werde ich die validierten, überprüf ten Zahlen aus meinem Haus vorliegen haben. Das ist ein be währtes Verfahren; es ist lange bekannt, dass wir dies so hand haben. Dann werden wir uns neu darüber unterhalten, wie die Unterrichtsversorgung tatsächlich aussieht. Ich bestreite den Vorwurf ausdrücklich, die Unterrichtsversorgung sei in die sem Jahr schlechter als jemals zuvor. Sie werden sehen, dass das nicht so ist; die Zahlen werden dies beweisen.

Im Übrigen haben wir deshalb immer wieder so lange zeitli che Abläufe zu ertragen, bis valide Zahlen vorliegen, weil Sie es versäumt haben, ein aussagefähiges und tatsächlich leis tungsfähiges EDV-Programm auf den Weg zu bringen. Das tun wir jetzt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Die Zahl der Gemeinschaftsschulen wird weiter wachsen. Uns liegen inzwischen 120 Anträge auf Einrichtung einer Gemein schaftsschule vor. Wir sehen, dass diese innovative Art, Schu le zu machen, eine hohe Zustimmung im Land erfährt. Mit dieser Schule überwinden wir dauerhaft das überholte drei gliedrige Schulsystem und ermöglichen eine leistungsfähige und breit gefächerte, weiterführende Schulinfrastruktur gera de im ländlichen Raum. Daran sehen Sie: Wir unterstützen den ländlichen Raum. Sie hätten es zugelassen, dass der länd liche Raum an dem Dinosaurier „Dreigliedriges Schulsystem“ erstickt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Die Förderung von Schulen in freier Trägerschaft werden wir in den kommenden Jahren erhöhen. Kopfsatzschulen werden im Jahr 2013 zusätzliche Mittel in Höhe von 6,7 Millionen € erhalten. Insgesamt wird das Land im Jahr 2013 für die För derung von Schulen in freier Trägerschaft 744 Millionen € ausgeben. Im Jahr 2014 kommen noch einmal 16 Millionen € mehr hinzu.

Daran sehen Sie: Wir reden nicht nur über Privatschulförde rung, sondern wir erfüllen auch unsere gesetzlichen Verpflich tungen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Die Landesregierung bekennt sich ausdrücklich zu den Ergeb nissen der Enquetekommission „Fit fürs Leben in der Wis sensgesellschaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiterbil dung“ als Grundlage für die Weiterentwicklung an den beruf lichen Schulen. Damit die Empfehlungen dieser Enquetekom mission keine Eintagsfliegen bleiben, werden im Doppelhaus halt 4,3 bzw. 5,3 Millionen € für das zweite Maßnahmenpa ket eingesetzt.

Erhebliche Teile der Qualitätsoffensive Bildung führen wir weiter, so die Senkung des Klassenteilers und die Erhöhung der Leitungszeit für Schulleitungen – dies, obwohl diese Maß nahmen von der Vorgängerregierung nicht ausfinanziert wa ren. Ohne unsere wirklich sehr umfassend abgewogenen Ent scheidungen wären diese Maßnahmen am Ende, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Durch die regionale Schulentwicklung werden wir gemein sam die Frage beantworten, wie wir unter veränderten Rah menbedingungen pädagogisch leistungsfähige Schulen und erreichbare Schulstandorte erhalten. Meine Damen und Her ren, bringen wir es doch einmal auf den Punkt: Die alte Lan desregierung hat sich vor dieser Frage gedrückt. Sie hat sich davor gedrückt, diese Frage zu entscheiden und den entspre chenden Prozess anzugehen. Wir machen dies jetzt. Wir ma chen es wohlstrukturiert. Wir machen es gründlich vorberei tet. Dafür brauchen wir ein bisschen Zeit. Alles werden wir in einem Jahr nicht hinbekommen; das wissen Sie ganz genau.

Fest steht: Wir werden von den Schulträgern vor Ort sehr gut unterstützt. Denn diese haben längst begriffen, wohin die Rei se geht.

Was tun wir für den Sport in Baden-Württemberg? Wie ver sprochen, haben wir den mit den Sportvereinen vereinbarten Solidarpakt im Haushalt abgesichert. Im Haushaltsplan 2013/2014 sind jährlich über 68 Millionen € veranschlagt.

Diese Mittel werden jährlich um weitere 400 000 € steigen. Darin enthalten sind jährliche Zuschüsse von rund 20 Millio nen € zugunsten der nebenberuflichen Übungsleiter in unse ren Turn- und Sportvereinen. Für den Vereinssportstättenbau, insbesondere für Maßnahmen zur energetischen Sanierung, sind jährlich 14 Millionen € eingeplant.

Erstmals veranschlagen wir auch Mittel für Maßnahmen zur Förderung des Spitzensports, für beide Haushaltsjahre rund 650 000 €. Damit wird der Sport endlich in die Lage versetzt, seine Fördermaßnahmen über den Nachwuchsleistungssport hinaus auf baden-württembergische Athletinnen und Athleten mit der Chance auf Olympia-, WM- und EM-Teilnahme in ausgewählten Profilsportarten auszudehnen. Wir haben in die sem Bereich sehr viele Talente.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Ferner werden wir die Mitwirkung der Sportvereine bei der Gestaltung von Ganztagsschulen mit einem Rahmenvertrag absichern und gemeinsam die Weiterentwicklung an der Grundschule unterstützen.

Im Doppelhaushalt, meine Damen und Herren, beginnen wir auch mit einer nachhaltigen Haushaltskonsolidierung. Es ist absolut richtig, dass die Bildungsausgaben eine wichtige In vestition für die Zukunft eines Landes sind. Das ist absolut richtig. Deshalb kämpfe ich für jeden Euro und für jede Lehrerstelle zugunsten der Schulen in diesem Land. Dennoch müssen wir, die Landesregierung, es in gemeinsamer Verant wortung – in gemeinsamer Verantwortung! – hinbekommen, dass ab 2020 die Schuldenbremse eingehalten wird.

Was sind die Gründe dafür, dass auch der Bildungshaushalt einen Einsparbeitrag leisten muss?

Erstens: Der Bildungshaushalt macht 23,3 % des gesamten Ausgabenvolumens unserer Landesverwaltung aus. Rund die Hälfte der Personalstellen der Landesverwaltung entfallen auf das Kultusministerium. Wir sprechen hier von über 8 Milliar den €.

Zweitens: Wir haben umfangreiche finanzielle Altlasten im Bildungssektor vorgefunden, die uns die vorherige Landesre gierung hinterlassen hat. 8 055 Stellen – man kann es nicht oft genug wiederholen – sind mit „künftig wegfallend“-Ver merken versehen. Nicht wenige dieser Stellen sind aber mit Daueraufgaben verbunden. Sie hätten deshalb auch auf Dau er finanziert sein müssen. Sie haben diese Stellen auf Pump eingerichtet.

Ich nenne auch die unsolide Finanzierung der Qualitätsoffen sive Bildung; sie war nur bis Ende 2012 gesichert. Es geht hier um 226 Millionen €.

Das sind nur die größten Brocken. Wenn Sie alles zusammen rechnen, dann reden wir von einem Altlastenpaket von einer Dreiviertelmilliarde Euro. Es ist vollkommen klar, dass man diesen Brocken nicht abbauen kann, ohne dass man ernsthaf te Einsparungen vornimmt.

Wir müssen nun diese Schulden – sie machen pro Schüler üb rigens 500 € aus – abstottern. Wir werden deshalb im Doppel haushalt 2013/2014 den größten Teil der demografischen Ren dite zur Altlastensanierung einsetzen. Von den aufgrund des

Schülerzahlenrückgangs nicht mehr benötigten Lehrerstellen werden im Jahr 2013 1 000 und im Jahr 2014 1 200 Stellen nicht wiederbesetzt.

Um darüber hinaus Spielraum für bildungspolitische Weiter entwicklung zu haben, müssen wir nach Einsparmöglichkei ten suchen. Dabei schauen wir uns die Bedarfe, die Struktu ren und die Personalkosten genau an. Alles kommt auf den Prüfstand. Wir priorisieren und formulieren kleinere Schritte. Für mich steht dabei immer die folgende Frage im Vorder grund: Wo bringt der Euro, den wir einsetzen, den größten bil dungspolitischen Nutzen? Absoluten Vorrang haben – wie im mer – die Sicherung der Unterrichtsversorgung und dazu in diesem Doppelhaushalt die Stärkung der Grundschulen und der Ausbau der Ganztagsschulen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Bei den Bedarfen, also den Ressourcen, die wir z. B. für die Inklusion, für weitere Poolstunden oder für sonstige bildungs politische Maßnahmen brauchen, werden wir uns an den fi nanziellen Möglichkeiten orientieren, die uns zur Verfügung stehen. Wir werden nur das umsetzen, was wir uns auch leis ten können, weil wir eben nicht wollen, dass der Schulden rucksack unserer Schülerinnen und Schüler weiter anwächst.

Ich möchte es noch deutlicher auf den Punkt bringen: Wir er wirtschaften unsere bildungspolitischen Innovationen, indem wir gleichzeitig gründlich überprüfen, an welcher Stelle der zeit Ressourcen ineffizient eingesetzt werden oder gar für Auf gaben eingesetzt werden, die entbehrlich geworden sind oder anders erledigt werden können. Nicht alles ist in Stein gemei ßelt, und viele Dinge haben sich überholt, weiterentwickelt oder einen anderen Stellenwert erhalten. Deshalb werden wir uns sehr genau und gründlich anschauen, wo Potenzial für Veränderungen oder Umschichtungen besteht. Eine verbes serte Schülerstromlenkung mit weniger Kleinstklassen, eine verbesserte Ressourcensteuerung bei der Krankheitsvertre tung – das sind zwei Beispiele für strukturelle Verbesserun gen, die wir angehen werden. Im EDV-Bereich wollen wir ebenfalls aufholen und mehr Transparenz ermöglichen.

Bei einem Personalkostenanteil des Kultusetats von fast 90 % ist es naheliegend, dass auch die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer in die Gesamtbetrachtung einbezogen werden muss. Hier hat der Rechnungshof bereits die eine oder andere Opti on benannt, die wir selbstverständlich mit den Betroffenen diskutieren und weiter diskutieren werden. Wir befinden uns in einem Prozess, den wir gemeinsam mit der Kommission für Haushalt und Verwaltungsstruktur gestalten werden. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich einige Maßnahmen sehr zeitnah umsetzen lassen, andere hingegen Zeit brauchen, bis sie volle Wirksamkeit entfalten. Je besser es uns gelingt, Strukturen zu optimieren und Personal effizienter einzuset zen, desto größer können die Schritte sein, mit denen wir bei den bildungspolitischen Innovationen vorankommen.

Ich fasse zusammen: Mit dem Doppelhaushalt 2013/2014 ge ben wir in Baden-Württemberg so viel Geld für Bildung aus wie nie zuvor. Dennoch erreichen wir es, dass der Bildungs bereich seinen Beitrag für die Sanierung des Landeshaushalts leistet.