Protocol of the Session on November 14, 2012

Das ist Ihr Handeln. Das ist Regierungshandeln.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Wenn der Landtag später etwas anderes will, steht das auf ei nem ganz anderen Blatt. Aber heute, an diesem Tag, und in der letzten Woche, als Sie den Haushalt eingebracht haben, haben Sie ganz klar gegen geltendes baden-württembergisches Recht verstoßen. Das muss ich einmal klarstellen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wal ter Heiler SPD: Wo sind denn Ihre Einsparungsvor schläge? Kein einziger Einsparungsvorschlag! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Bringen Sie doch einmal ei nen einzigen Einsparungsvorschlag! Einen!)

Sie sprechen von einem nicht definierten strukturellen Defi zit. Aber, Herr Finanzminister, dann frage ich Sie: Haben Sie auch die strukturellen Einnahmezuwächse geerbt,

(Zurufe der Abg. Dr. Dietrich Birk und Helmut Wal ter Rüeck CDU)

die aus der Politik der Vergangenheit resultieren?

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wo sind Ihre Einspa rungsvorschläge? – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ul rich Rülke FDP/DVP: Einen Landtagsvizepräsiden ten weniger! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: Einen Fraktionsvorsitzenden der FDP/DVP- Fraktion brauchen wir auch nicht!)

Haben Sie die Erfolge dieser Politik, die sich im Wirtschafts wachstum zeigen, die sich übrigens auch bei den Bewertun gen aller Bildungsfachleute zeigen, haben Sie auch diese strukturpositiven Bereiche geerbt, die sich heute positiv im Landeshaushalt auswirken? Ich erinnere an das gute Umfeld in der Forschungsstruktur, in der Hochschulstruktur, die De zentralität. Nehmen Sie die Verkehrsinfrastruktur. Wir haben einen hervorragend ausgebauten SPNV. Dann stellen Sie sich hierher und sagen: Schlechte Verträge, die bis 2016 laufen. Entschuldigung, ein Kriterium des Wettbewerbs ist, dass ers tens Verträge befristet sind

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aber nicht alle auf ein mal auslaufen!)

und dass – das ist auch ein Kriterium des Wettbewerbs – zwei tens Verträge wieder mit Befristung neu abgeschlossen wer den.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Richtig!)

Da kann ich doch nur sagen: Machen Sie es doch.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Bis 2016 sind alle ge bunden!)

Sie wissen doch, dass bei europaweiten Ausschreibungen die Vorlaufzeit wegen Prüfungen und Zugbestellungen im Regel fall vier bis fünf Jahre beträgt. Das ist die normale Vorlauf zeit.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Fangen Sie doch endlich an!

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. An dreas Schwarz GRÜNE: Das läuft doch!)

Nein. Es läuft gar nichts.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben einen „Schuldenbleifuß“ und keine Schuldenbremse. Die Schulden bremse schaffen Sie ab. Damit ist freie Fahrt in den Verschul dungsstaat gegeben.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Das ist Ihr Ziel. Sie wollen ausgeben, Sie wollen sich selbst verwirklichen. Hier geht es aber nicht um Selbstverwirkli chung, sondern hier geht es darum, eine gute Zukunft für Ba den-Württemberg zu schaffen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wolf gang Drexler SPD: Jetzt kommen Ihre Einsparungs vorschläge!)

Wie nennt das der Finanzminister so schön?: „Wir passen die Landeshaushaltsordnung an die Realität an.“

(Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Das ist die grün-rote Realität.

(Zuruf: Bequemlichkeit!)

Bequemlichkeit, ohne Anstrengungen, ohne Leistungsprinzip. Sie fordern die Menschen nicht, aber Sie fordern erst recht nicht sich. Das ist die neue Langsamkeit. Das ist die neue Zeit der Urlaubsphasen.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Ich erinnere an die Auszeiten, die Sie sich nehmen, gedank lich und inhaltlich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das lassen wir schlicht weg nicht zu. Wir werden Sie immer wieder dafür kritisieren und Sie auffordern: Strengen Sie sich an! Sie sind gewählt, um zu regieren, um zu handeln, nicht für Untätigkeit und nicht für Kreativlosigkeit.

(Beifall bei der CDU – Abg. Walter Heiler SPD: Vor schläge! – Gegenruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Zuhören, Herr Heiler! Da kann man et was lernen!)

Der Gipfel der Kreativlosigkeit

(Abg. Andreas Stoch SPD: Meinen Sie sich?)

besteht darin: Wenn man nicht mehr weiterweiß, erhöht man halt die Steuersätze.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Erhöhung des Spitzensteuersatzes, was bedeutet das?

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Wer zahlt denn heute alles den Spitzensteuersatz? Den zahlt jeder, der oberhalb von rund 60 000 € Jahresgehalt liegt. Das ist der Facharbeiter beim Daimler, wenn er nicht verheiratet ist und keine Kinder hat, das gilt auch für Facharbeiter bei Au di, bei Porsche, auch für einen Facharbeiter, der bei Bosch oder wo auch immer arbeitet. Das sind also gut verdienende Menschen. Das sind die Leistungsträger dieser Gesellschaft. Genau an diese Leistungsträger, die schon heute 80 % des Ein kommensteueranteils tragen, genau an diese Leistungsträger gehen Sie wieder heran. Die Starken geben schon heute ge nügend ab.

(Zuruf des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE)

80 % der Steuerzahlungen aus der Einkommensteuer werden von 20 % der Steuerzahler aufgebracht. Das sind die soge nannten Starken. Denen wollen Sie wieder ans Leder.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit widerspre chen Sie jeglichem Leistungsprinzip. Das ist auch der Unter schied zwischen Grün und Rot einerseits und Schwarz und Gelb andererseits.

(Unruhe)

Wir können doch nicht ständig die Kühe melken und ihnen kein Futter geben, wenn sie uns auch in der Zukunft noch je den Tag Milch geben sollen.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Ohne Kraftfut ter!)

Sie wollen auch noch die letzten Anreize nehmen. Welcher Anreiz besteht noch für diejenigen, die schon heute bis zu 42 % Steuern zahlen? Mit Solidaritätszuschlag und Kirchen steuer betragen die Abzüge schon 49 %.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Gewerkschafts beitrag!)

Es gilt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, auf das Ein kommen nicht mehr als 50 % Steuern zu erheben. Das scheint Ihnen überhaupt keine Beachtung wert zu sein.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Und Mitgliedsbeitrag der CDU!)

Herr Finanzminister, wollen Sie – um es einmal klar zu sagen – dem alleinstehenden Facharbeiter in Baden-Württemberg, der gut verdient – in unserem Land gibt es Gott sei Dank ein hohes Lohnniveau; keine Frage –, erneut an die Tasche, wol len Sie ihm erneut ans Leder? Sie haben es angekündigt, aber Sie sprechen es nicht aus. Sie tun so, als gälten Ihre Ankün digungen nur für die 200 reichsten Personen in diesem Land, aber die Vorschläge treffen die breite Mittelschicht, die Leis tungsträger unserer Gesellschaft. Das muss auch einmal ge sagt werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es!)