Mit der Einführung einer Citymaut wollen wir Städten und Ballungsräumen ermöglichen, den Individualverkehr zugunsten des ÖPNV umzustrukturieren.
Wir lehnen Vorschläge zur Einführung einer Pkw-Maut oder einer Citymaut in Baden-Württemberg ab. Diese Mautkonzepte schränken Mobilität nach den finanziellen Möglichkeiten der Verkehrsteilnehmenden ein und schlie ßen sozial Schwächere von individueller Mobilität aus.
Denn Fakt ist erstens: Die Citymaut ist unsozial. Sie trifft die, die auf das Auto angewiesen sind, die ohnehin schon belastet sind, die sich anstrengen, die ihre Familie ernähren, und zwar nach den Forderungen der Grünen jährlich mit mindestens 1 500 €. Das frisst schon fast das Kindergeld auf. Nach der Erhöhung der Grunderwerbsteuersatzes und der Abschaffung des Landeserziehungsgelds hat dieser Griff in die Tasche des kleinen Mannes allerdings bei den Grünen System.
Aber die grüne Klientel, meine Damen und Herren, interes siert diese Politik nicht; Ihre Anhänger können sich diese zu sätzliche Belastung eben locker leisten.
Zweitens: Die Citymaut ist wirtschaftlich falsch und schadet unseren Städten. Wer das nicht begreift, hat auch die Struktur unseres Landes nicht verstanden. In unseren Städten wird nicht nur Latte getrunken, sondern eben auch gearbeitet.
(Lachen bei den Grünen und der SPD – Zuruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE – Weitere Zurufe von der CDU und den Grünen – Unruhe)
Der Einzelhandel schafft Arbeitsplätze und braucht die Kauf kraft aus dem Umland. Eine Verlagerung auf die grüne Wie se wollen wir nicht, und auch Gemeindetag und Städtetag leh nen die Citymaut ab.
Schließlich drittens: Die Citymaut ist verkehrspolitischer Un sinn. Wir brauchen keine grüne Bevormundung und kein Klein-Klein, sondern ein verkehrspolitisches Gesamtkonzept, auch hinsichtlich der Finanzierung.
Die Grünen wollen den Verkehr in den Städten reduzieren, aber zulasten des Umlands und der Menschen, die dort leben. Stuttgart mit seiner Talkessellage ist das beste Beispiel dafür. Sie wollen Verkehrssysteme entlasten, und der Verkehrsmi nister verweigert den Infrastrukturausbau,
ob bei Stuttgart 21, ob bei Ausschreibungen im Schienenper sonennahverkehr oder bei der Planung und dem Bau neuer Straßen. Auch bei der Verkehrslenkung kommen Sie nicht weiter. Meine Damen und Herren, all das ist doch völlig kon zeptionslos.
Trotzdem bleiben Sie, Herr Minister, sich und Ihrer Partei treu, wenn Sie in Ihrer eigenen Pressemitteilung vom April dieses Jahres die Citymaut fordern und schreiben, dass im Südwes ten vor allem Stuttgart – neben Mannheim, Karlsruhe, dem Raum Tübingen – die besten Voraussetzungen für die Citymaut habe. Ich zitiere:
Da haben wir es. Das sind eben mindestens diese 6,10 €, die Sie selbst ins Spiel gebracht haben und von denen Sie heute nichts mehr wissen wollen.
Aber nicht nur das. Laut Ihrer Pressemitteilung können Sie sich auch radikalere Varianten wie ein Zwangsticket für alle Bewohner eines Großraums vorstellen. Citymaut, Nahver kehrsabgabe, Zwangsticket – in welchem Land leben wir hier denn eigentlich?
Am vergangenen Donnerstag, am 4. Oktober, haben Sie die Forderung bei der Verkehrsministerkonferenz mit Unterstüt zung Ihrer grünen Kollegen wiederholt und erneut auf die Agenda gebracht. Sie haben auch gleich prominente Unter stützung bekommen – von den Grünen, von Claudia Roth, die die Citymaut ebenfalls für sinnvoll hält. Ihr Nachfolger als Vorsitzender des Verkehrsausschusses, Herr Hofreiter, sagt: Grüne zeigen sich für den Vorschlag offen.
Und dann geht es plötzlich los mit den Kapriolen: Erst lässt Herr Schmiedel seinen Koalitionspartner am Freitag einmal wieder über dpa wissen, was er davon hält,
dass nämlich eine Citymaut für die Finanzierung von Straßen bau absoluter Blödsinn ist. Recht haben Sie!
Und während sich der Verkehrsminister im „ZDF-Morgenma gazin“ am Freitag noch dafür ausspricht, beteuert der Spre cher des Ministerpräsidenten am Freitagnachmittag, die Lan desregierung habe gar keine entsprechenden Pläne.
Und dann läuft gestern Nachmittag zu allem Überfluss nach 17:00 Uhr die Meldung über den Ticker: Die Fraktionen von SPD und Grünen sind gegen die Citymaut. Die Regierungs fraktionen erteilen Minister Hermann mit seiner Forderung eine Absage.
Die Fraktion GRÜNE bricht das Wahlversprechen ihrer eige nen Partei, der Ministerpräsident, die Landesregierung und beide Regierungsfraktionen fallen ihrem Verkehrsminister in den Rücken. Er ist ausnahmsweise noch der einzig Aufrech te bei diesem ganzen Thema.
Aber ich kann nur sagen: Ist das eine Überraschung? Nein. Das ist wirklich keine Überraschung. Was dahintersteckt, liegt auf der Hand.
Zehn Tage vor der Oberbürgermeisterwahl in Stuttgart haben Sie kalte Füße bekommen, und vor dieser Debatte erst recht.
dass in Stuttgart die Citymaut abgelehnt wird, und Sie schre cken nicht davor zurück, aus purem Opportunismus jetzt ei ne 180-Grad-Wende hinzulegen, Ihre Partei und Ihren Ver kehrsminister zu düpieren – ein rein taktisches Manöver, durch sichtig und unglaubwürdig. So, wie die Grünen jetzt ihr vor der Landtagswahl gegebenes Wahlversprechen brechen, wer den sie es auch nach der OB-Wahl in Stuttgart tun. In Wahr heit halten Sie an Ihren Grundüberzeugungen fest.