Hinzu kommt, Herr Kollege Rülke: Die Nummer 2 der Wech selrichterhersteller weltweit sitzt in diesem Bundesland. Hin zu kommt, dass – wenn Sie sich einmal die Wertschöpfung im Zusammenhang damit, wie die Module auf die Dächer kom men, anschauen – mehr als die Hälfte der Wertschöpfung bei der Solarenergie hier im Land bleibt, selbst wenn es chinesi sche Module sind. Auch das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.
Jetzt kommen wir noch zu einem weiteren Punkt: Beide, so wohl Kollege Hauk als auch Kollege Rülke, haben gesagt, wir würden uns – ich zitiere sinngemäß – „von den Klimaschutz zielen verabschieden“ wollen.
Ich finde das schon einen Hammer. Ich sage Ihnen einmal, wa rum: Die Vorgängerlandesregierung hatte ein Energiekonzept – jedenfalls vor Fukushima –, das lautete: „50 : 30 : 20“. Sie wollten 50 % Kernenergie, auch nach dem Jahr 2020. Sie wollten 30 % fossile Energien
Das heißt, 70 % sollten CO2-frei sein. Dann konnte man be schließen: 30 % Reduzierung der CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020. Wir haben gemeinsam beschlossen, in Deutschland aus der Kernenergie auszusteigen – vier Parteien, darunter auch die FDP und die CDU in Berlin.
Ich sage: Gott sei Dank haben wir diesen Beschluss gefasst. Darauf muss man aber reagieren in einem Land, das bislang einen Kernenergieanteil von 50 % hatte. Wir reagieren dar auf. Wie? Wir bauen die erneuerbaren Energien wesentlich stärker aus, als Sie das vorhatten. Unser Ziel sind nämlich nicht 20 %, sondern 38 % bis zum Jahr 2020. Letztendlich geht der Anteil der Kernenergie bis zum Jahr 2020 von 50 % auf 17 % herunter. Dann ist es logisch, dass der fossile Anteil zunächst einmal bei 45 % liegt. Denn Versorgungssicherheit – da können Sie sicher sein – ist uns wichtig. Wir sorgen da für, dass Versorgungssicherheit hier im Land auch zukünftig ein hohes Gut bleibt.
Ach, das ist doch einfach Unsinn. – Wir müssen mehr ma chen, als Sie im Klimaschutzkonzept 2020PLUS meiner Vor gängerin machen mussten. Wir müssen mehr Maßnahmen er greifen, um 25 % CO2-Minderung zu erreichen, als Sie unter nehmen mussten, um 30 % zu erreichen. Das ist einfach Fakt. Es kann doch nicht so schwer sein, zur Kenntnis zu nehmen, dass man auf den gemeinsam beschlossenen Atomausstieg re agieren muss, statt hier unredlich zu sagen, wir würden uns vom Klimaschutz verabschieden.
Noch ein weiterer Punkt, die Windenergie: Herr Kollege Rül ke, Sie sagten, wir würden die Regionalverbände ausschalten, und Herr Kollege Hauk meinte, wir würden die Bürgerbetei ligung außer Acht lassen.
Die Regionalverbände werden auch zukünftig für die Auswei sung von Vorranggebieten zuständig sein, und zwar im gan zen Land. Sie machen dies auch; überall im Land sind die Re gionalverbände derzeit dabei,
Ergänzend dazu haben wir im Landesplanungsgesetz veran kert, dass die Kommunen außerhalb der Vorranggebiete noch die Möglichkeit haben, sich auf der dann verbleibenden grau en Fläche im Rahmen von Flächennutzungsplänen Standorte zu erschließen. Das ist die Herangehensweise. Mittlerweile höre ich von anderen Ländern, die schon wesentlich weiter sind als wir, dass sie überlegen, dieses rechtliche Konstrukt bei sich zu übernehmen.
Kollege Schmiedel hat es bereits angesprochen: Die Tatsache, dass die Region Stuttgart 100 mögliche Standorte ausweist, zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Um es auch ein mal klar zu sagen: Zum Schluss wird es nicht bei diesen 100 möglichen Standorten bleiben; denn es wird sehr wohl eine Abwägung mit anderen Interessen geben. Schauen Sie aber einmal, was die Region Stuttgart unter den rechtlichen Rah menbedingungen der Vorgängerregierung zu realisieren in der Lage war, und vergleichen Sie das mit dem, was sie jetzt un ter den veränderten Rahmenbedingungen plötzlich zur Dis kussion zu stellen in der Lage ist.
Herr Kollege Hauk, was Sie zur Öffentlichkeitsbeteiligung sa gen, ist einfach falsch. Wenn ein Flächennutzungsplan geän dert wird, wird ein formelles Öffentlichkeitsbeteiligungsver fahren durchgeführt. Gleiches gilt für die Ausweisung von Vorranggebieten.
Sie hätten recht, wenn unsere rechtliche Konstruktion dazu führen würde, dass im ganzen Land nun plötzlich Anlagen auf
der Grundlage von § 35 des Baugesetzbuchs des Bundes ge plant würden. Das ist aber gar nicht der Fall. Das könnte man zwar meinen, aber das ist gar nicht der Fall. Das ist vollkom men an den Haaren herbeigezogen. Selbst in Regionen, in de nen wir bisher keinen Teilplan Wind hatten – Neckar-Alb hat te keinen Teilplan Wind und war bislang, planerisch gesehen, eine graue Fläche, sodass jeder hätte kommen und sagen kön nen: „Ich berufe mich auf § 35 des Baugesetzbuchs und baue Anlagen“ –, war das nicht der Fall.
Daher hören Sie doch bitte auf mit solchen Horrormärchen. Versuchen Sie doch zumindest einmal ansatzweise, dieses von Ihnen über Jahre hinweg vernachlässigte Thema Windenergie gemeinsam mit uns voranzubringen.
Dass wir auch in Sachen Öffentlichkeitsbeteiligung zusätzlich etwas tun, sehen Sie daran, dass wir im Land, angesiedelt bei den Regierungspräsidien, vier Kompetenzzentren ausgewie sen haben, die sich mit erneuerbaren Energien und vorrangig mit Windenergie befassen. Diese sind auch Ansprechpartner für Investoren, für die Kommunen und für Bürgerinitiativen. Auch das ist ein Beitrag, um die Akzeptanz und die Öffent lichkeitsbeteiligung noch weiter zu verbessern.
Auch zum Thema „Smart Grid“ könnte ich noch vieles sagen. Zunächst aber zu den Speichern. Ich muss schon an mich hal ten, wenn Sie sagen, wir müssten eine Landeskonzeption Spei cher für Baden-Württemberg erarbeiten. Ich will Ihnen ein mal ein paar Zahlen nennen.
Wenn wir bei Zugrundelegung einer durchschnittlichen Last von 70 GW annehmen, dass wir in Baden-Württemberg zu künftig zwei Drittel davon aus volatiler erneuerbarer Energie bereitstellen – wenn man weiß, dass wir im Jahr 2020 in Rich tung 40 % gehen, sind zwei Drittel nicht mehr so weit entfernt –, dann benötigt man dafür eine Speicherkapazität von 15,6 TWh. Heute haben wir in Baden-Württemberg Pumpspeicherkapa zitäten von – man höre und staune – 0,04 bis 0,06 TWh. Was heißt das? Mit dem Bau von Atdorf oder dem Bau eines zwei ten oder dritten Speichers bekommen Sie das Problem nicht in den Griff.
Vielmehr geht es – das hat der Kollege Schmiedel vorhin völ lig richtig gesagt – letztendlich darum, dass man nicht nur hier in diesem Land, sondern auch im europäischen Kontext die Möglichkeiten nutzt und nicht rein landesbezogen vorgeht. Es geht auch darum, dass man beispielsweise Kapazitäten in der Schweiz und in Österreich für uns zugänglich macht. Es geht auch darum, dass man vielleicht Kapazitäten in den skandi navischen Ländern für uns zugänglich macht.
Es geht natürlich auch darum, in den kommenden Jahren die technologischen Möglichkeiten voranzubringen, die am hie sigen Standort verfügbar sind – Stichwort Redox Flow, aber auch Power-to-Gas –; denn letztlich liegt darin die große Chance. Im Übrigen bietet Power-to-Gas die einzige Chance, zu Speicherkapazitäten in relevantem Umfang zu kommen.
Wir haben jedoch zwei Probleme. Das eine Problem ist der Wirkungsgrad; derzeit sind wir bei einem Wirkungsgrad von 30 %. Bei Pumpspeichern haben wir dagegen einen Wirkungs grad von 80 %. Das andere Problem stellen die Kosten dar. Beides gilt es zu verbessern. Dafür stellen wir Forschungs mittel zur Verfügung.
Noch eines, Herr Kollege Hauk: Vielleicht unterhalten Sie sich in 14 Tagen einmal mit Ihrem Parteikollegen, Bundesumwelt minister Altmaier. Herr Altmaier findet das, was wir am ZSW machen, so gut, dass er in der nächsten Woche nach Stuttgart kommt, um sich gemeinsam mit mir beim ZSW über die Mög lichkeiten der Speichertechnologien in Baden-Württemberg zu informieren.
Zum Schluss meine Bitte an Sie: Stimmen Sie nicht in den Chor derjenigen ein, die bei der Energiewende, wie in den letzten Wochen und Monaten geschehen, nur noch Probleme sehen. Probleme gibt es; man kann sie nicht wegdiskutieren. Aber ich finde, dass diese Probleme beherrschbar sind. Die Probleme betreffen oft Punkte, die man beispielsweise in ei ner Zusammenarbeit der Bundesländer oder in Zusammenar beit zwischen dem Bund und den Ländern korrigieren kann. Man kann auch Korrekturen beim Thema Back-up-Kraftwer ke vornehmen. Aber ich bitte Sie eindringlich, sich an den im letzten Jahr im Zusammenhang mit dem Ausstieg aus der Kernenergie gemeinsam gefassten Beschluss zu erinnern
und nicht heute solche Vorschläge zu machen, mit denen man den Vorrang der erneuerbaren Energien, die ganze Entwick lung der erneuerbaren Energien in Deutschland und damit auch ganze Industriebranchen infrage stellt.
(Anhaltender Beifall bei den Grünen und Abgeord neten der SPD – Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)
Herr Präsident, meine sehr verehr ten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf das Ener gieeinspeisegesetz eingehen.
Herr Umweltminister, Sie haben mir eine Steilvorlage gege ben, weil man wieder einmal merkt: Alle, deren Meinung Ih rer Ideologie zuwiderläuft, sind gleich die Verhinderer der Energiewende.
Natürlich müssen wir in den nächsten Jahren zwei Dinge er reichen. Erstens: Wir müssen zu einer Degression bei der Ein speisevergütung kommen. Das ist doch sonnenklar.
(Zurufe von den Grünen und der SPD, u. a. Abg. Jo hannes Stober SPD: Die haben wir doch! – Minister präsident Winfried Kretschmann: Das ist doch falsch!)