Protocol of the Session on May 24, 2012

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Genauso wie Män ner auch!)

Das ist eine skurrile Vorstellung.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Oder Merkmale! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Völlig richtig!)

Es ist noch keine 100 Jahre her, da waren Frauen in Deutsch land per se von der politischen Willensbildung in allen Parla menten ausgeschlossen.

(Abg. Sabine Kurtz CDU: Das ist lange her!)

Dann kam erst nach 1918 das passive und aktive Wahlrecht für die Frauen. Wer hat es eingeführt? Die SPD hat es einge führt.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Heiterkeit – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Uns gab es noch gar nicht!)

Übrigens: Beim Rat der Volksbeauftragten

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Das waren nur Kerle damals! – Abg. Sabine Kurtz CDU: Ist das jetzt eine Geschichtsstunde?)

brauchte man kein Verfassungsgericht. Das ging damals ratz fatz.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Da waren aber auch ein paar Kommunisten dabei!)

Jetzt ist das aber fast 100 Jahre her. Deshalb muss ich fragen: Woran liegt es, dass in diesen 100 Jahren nicht mehr an Gleich berechtigung herausgekommen ist? Übrigens gilt das nicht nur für Kommunalparlamente, sondern wir reden auch über Unternehmen, über Führungspositionen und über Aufsichts räte, über Gesellschaften.

(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Über Landtage!)

Wir reden über staatliche Parlamente.

Es hat natürlich etwas damit zu tun, welches Familien- und Rollenbild man hat. Ich erinnere noch einmal daran: Erst Mit te der Siebzigerjahre, 1976, wurde das von der CDU festge legte Familienrecht beendet, das beinhaltete, dass eine Frau nur dann erwerbstätig sein dürfe, wenn sie es mit ihren häus lichen Pflichten vereinbaren könne. Das hat erst die SPD ver ändert.

(Zurufe von der SPD: Aha! – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Schon wieder?)

Die FDP hat mitgemacht. Erst seitdem sind wir dabei, das Rol lenbild neu zu definieren. Sie, Herr Goll, fragen, wie man die ses Rollenbild nicht weiter verfestigt, sondern modernisiert. Da gebe ich Ihnen einen einfachen Ratschlag: Stimmen Sie in Berlin dem Betreuungsgeld nicht zu. Das Betreuungsgeld ist in dieser Frage ein Rückschritt hoch drei.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Sabine Kurtz CDU: Zum Thema! Zur Gretchen frage!)

Jetzt wird in verschiedenen Gremien darüber diskutiert. Auch in Ihrer Partei gibt es unterschiedliche Ansagen, z. B. Pflicht quoten für Unternehmen, für Aufsichtsräte.

(Zuruf der Abg. Sabine Kurtz CDU)

Darüber wird bei Ihnen kontrovers diskutiert. Die Vertreter ei ner Quote sind noch in der Minderheit.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Von der Leyen! – Abg. Klaus Herrmann CDU: Bei uns darf man auch disku tieren! Da gibt es keine Maulkörbe wie bei der SPD! – Lachen bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Sascha Binder SPD: Aber erst seit dieser Le gislaturperiode! – Unruhe)

Ja, ja. Ich weiß schon. Ihr Selbstbild ist etwas sehr beschö nigend geprägt.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Man muss einmal ansprechen, wie bei der CDU Basisdemo kratie verstanden wird. Wie ist denn Herr Wellenreuther in der Basisdemokratie gewählt worden?

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Klaus Herrmann CDU: Der Herr Schmiedel ist nur durch Delegierte gewählt worden!)

Jetzt wird über die Frage diskutiert: Mit welchen Instrumen ten erreichen wir mehr Gleichberechtigung zwischen den Ge schlechtern in den verschiedenen Gremien? Darüber wird na türlich auch im Blick auf das Kommunalwahlrecht und das

Landtagswahlrecht diskutiert; das ist völlig klar. Hier besteht Handlungsbedarf.

Sie haben die einschlägige Literatur zitiert. Diese ist zugege benermaßen konservativ geprägt.

(Zuruf von der SPD: Dünn!)

Es gibt ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts bezüglich Artikel 3 des Grundgesetzes, aber nur zu Absatz 1, der sozu sagen die allgemeine Gleichheit feststellt. Zu Absatz 2, der den Staat verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen auf mehr Gleichberechtigung hinzuwirken, gibt es eben noch keinerlei höchstrichterliche Rechtsprechung.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So ist es! – Zu ruf des Abg. Alexander Throm CDU)

Deshalb ist es richtig, diesem Thema nachzugehen. Es gibt al lerdings natürlich das Spannungsverhältnis zu Artikel 21 und zu Artikel 38 des Grundgesetzes. Jetzt muss man ganz genau ausloten, wie man das machen kann.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Was kommt dabei heraus?)

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Es ist auch eine politische Frage, ob man will oder nicht.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Übrigens: Was die Grünen haben prüfen lassen, ist ein Vor schlag des Landesfrauenrats. Uns wird gesagt – ich bin dort nicht Mitglied –,

(Heiterkeit – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das kann man aber ändern!)

dass in diesem Landesfrauenrat auch Landfrauen und CDUFrauen hinter diesem Vorschlag stehen.

(Zuruf von den Grünen: Auch FDP-Frauen!)

Jetzt stellt sich die Frage: Warum machen diese Frauen, die auch im Landesfrauenrat diese Haltung vertreten, in ihrer Par tei nichts? Da haben sie wohl keine Hoffnung, weiterzukom men.

Frau Sitzmann hat gesagt, dass die Grünen das Reißverschluss verfahren anwenden. Wir haben bisher eine Frauenquote von 40 % und liegen deshalb über dem Durchschnitt. Wir sind hier nicht so weit wie die Grünen. Aber ich will hier einmal sagen: Unser Landesvorsitzender hat angekündigt, zum Parteitag im Oktober dieses Jahres den Vorschlag einzubringen, die Sat zung der SPD dahin gehend zu ändern, dass auch wir für Kommunalwahlen in dieser Frage das Reißverschlussverfah ren anwenden. Die SPD-Fraktion hat dem ohne große Diskus sion zugestimmt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Das heißt, auch die SPD wird diese Satzungsregelung haben. Da brauchen wir doch keine Verfassungsänderung. Sagen Sie doch einmal, wenn Sie das nächste Mal ans Rednerpult ge hen, warum die CDU das nicht auch einführt. Dann brauchen

wir doch in dieses Spannungsfeld der Verfassung gar nicht einzugreifen. Wenn die CDU und auch die FDP da mitmach ten, wären wir doch einen wesentlichen Schritt weiter.

(Zuruf des Abg. Alexander Throm CDU)

Dann hätten die der CDU angehörenden Frauen im Landes frauenrat ihr Ziel erreicht. Diese brauchen doch uns, um Sie zu bewegen. Wenn Sie, Frau Gurr-Hirsch, und Ihre Kollegin nen aufstehen und sagen: „Jetzt machen wir es wie die Grü nen und die SPD“, dann ist das Problem weitgehend erledigt. Also: Gehen Sie an die Sache heran und setzen Sie sie mit et was mehr Mut durch!

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Krebs.

(Abg. Winfried Mack CDU: Sind Sie jetzt für das Kommunalwahlrecht?)

Ich bin mit dem Innenminister völlig einer Meinung.