Protocol of the Session on February 15, 2012

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Eben!)

Nehmen wir die normale Verteilung über die Landesverwal tung hinweg, dann bedeuten 50 Millionen €, die durch das Le bensarbeitszeitkonto eingespart werden, dass etwa die Hälfte des Stellenabbaus im Bereich der Lehrerschaft stattfindet. Das bedeutet also noch einmal einen Aderlass von mehreren Hun dert Lehrerstellen.

Gleichzeitig fordern Sie 600 zusätzliche Lehrerstellen zur Ab senkung des Klassenteilers. Sie beklagen die strukturelle Be lastung des Landeshaushalts,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie wollten den Klassenteiler doch auf 25 absenken! – Abg. Friedlin de Gurr-Hirsch CDU: Jahrelang wollten Sie 25!)

die durch die wenigen Neustellen, die wir beschlossen haben, eintreten würde – was gar nicht stimmt, denn wir führen sie wieder zurück. Dann treten die Apostel der Sparsamkeit auf und sagen mir nichts, dir nichts: Wir finanzieren erst einmal 600 zusätzliche Lehrerstellen, um den Klassenteiler weiter ab zusenken.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Waren Sie eigentlich dagegen, den Klassenteiler abzusenken?)

Damit belasten Sie den Haushalt strukturell und werden es erst recht nicht schaffen, bis 2020 die Nullverschuldung zu er reichen. Einerseits zu fordern, man möge doch endlich ein mal strukturell sparen, und andererseits dem Landeshaushalt zusätzliche Bürden aufzuerlegen, das passt nicht zusammen.

Sie müssen auch in Ihrer Bildungspolitik einmal Ordnung schaffen. Die einen sagen, es sei gar nicht so wichtig, den Klassenteiler abzusenken. Gleichzeitig stellen Sie einen An trag im Landtag, den Klassenteiler weiter abzusenken. Klären Sie erst einmal in Ihrer eigenen Hütte, was die Bildungspoli tik der CDU ist.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Sie haben auch die Klassentei lerwende geschafft!)

Dann jammern Sie über die Erhöhung des Grunderwerbsteu ersatzes. Dazu frage ich ganz einfach: Wo ist Ihr Vorschlag zur Gegenfinanzierung der 350 Millionen €, die wir zusätz lich in den Haushalt einstellen und die zum größten Teil den Kommunen zufließen, um die Kinderbetreuung auszubauen? Null Komma null Gegenfinanzierung. Stellen Sie sich endlich einmal Ihrer Verantwortung. Entweder Sie sagen, dass die Er höhung des Grunderwerbsteuersatzes richtig war, oder Sie le gen hier und heute einen Vorschlag auf den Tisch, wie Sie 350 Millionen € gegenfinanzieren wollen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Sie haben sogar den grandiosen Vorschlag gemacht, man mö ge Altschulden tilgen. Das hört sich gut an.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Richtig!)

Aber schauen wir uns an, wer die Leidtragenden davon wä ren. Bei der von Ihnen beabsichtigten Altschuldentilgung wür de die Sanierungsrücklage, die wir im Jahr 2012 noch gar nicht verwenden, aufgelöst mit der Folge, dass die verdeckte Verschuldung des Landes weiter anstiege. Sie würden die Sa nierung von Hochschulgebäuden und Landesstraßen weiter verschleppen. Das heißt, die Schuldentilgung ginge zulasten der Sanierung und erhöhte damit die impliziten Schulden des Landeshaushalts.

Ihre andere Finanzierungsvariante ist die Wiedereinführung von Studiengebühren.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Richtig!)

Ich sage Ihnen eines: Was ich nicht machen werde, ist, den Schuldenabbau einseitig zulasten von Studierenden dieses Landes durchzuführen, meine sehr verehrten Damen und Her ren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Klaus Herrmann CDU: Generationengerechtigkeit!)

Die FDP/DVP beglückt uns immer mit ihrer Dauerplatte, man möge endlich Landesbeteiligungen privatisieren. Die LBBW wurde in den 15 Jahren Regierungszeit der FDP/DVP nicht privatisiert, sondern es wurden immer mehr private Banken von der LBBW aufgekauft. Insofern wissen wir, wie ernst die ses Unterfangen gemeint ist.

Sie wollen jetzt Landesanteile an der EnBW veräußern. Das wäre in der Tat gefährlich für das Rating der EnBW.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dasselbe hat der Ministerpräsident erzählt!)

Lieber Herr Rülke, der Herr Ministerpräsident hat genau das nicht gesagt.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aber wohl!)

Als Vertreter einer Wirtschaftspartei, auch wenn diese bei ei nem Stimmenanteil von nur noch 2 % hängt, lieber Herr Rül ke,

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: 1,2 %!)

sollten Sie schon den Unterschied zwischen der Veräußerung von Landesanteilen und der Finanzierung einer Kapitalerhö hung kennen. Das sind zwei grundverschiedene Ansätze. Ich bin mit dem Ministerpräsidenten völlig einig, dass dann, wenn eine Kapitalerhöhung bei der EnBW ansteht, die Eigentümer selbstverständlich prüfen sollten, ob ein dritter Investor, der auch ein industrielles Interesse und nicht nur ein kurzfristiges Finanzinteresse hat, bereit ist, einzusteigen. Für die jetzt an stehende Kapitalerhöhung hat sich diese Frage erledigt. Aber es ist eben ein himmelweiter Unterschied, ob man Landesan teile feilbietet, wie Sie es hier im Plenarsaal tun, oder ob man ein mögliches Wachstum der EnBW bei weiterer Kapitaler höhung mithilfe Dritter stemmt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Die Landesregierung freut sich über die große Einigkeit und Standhaftigkeit aller Fraktionen gegenüber dem Bund, was das Thema Verkehr angeht. Deshalb ist es schön, dass es die sen fraktionsübergreifenden Antrag gibt. Denn – wir haben das schon im Koalitionsvertrag festgestellt, und da gibt es auch keine Interpretationsspielräume – die Landesregierung ist davon überzeugt, dass die Verteilung der Bundesmittel auf die Bundesländer einem falschen Muster folgt.

(Abg. Peter Hauk CDU: Schröder hat es doch verhin dert!)

Wir brauchen belastungsorientierte Maßstäbe, um Bundesmit tel in die Regionen der Republik zu leiten, in denen der größ te Verkehrszuwachs prognostiziert wird. Das sind der Westen und der Süden und gebündelt dann der Südwesten der Repu blik. Deshalb fordern wir mehr Bundesmittel für unsere Bun desautobahnen und selbstverständlich auch für die Bundes straßen hier im Land, die eine wichtige Funktion erfüllen, weil wir teilweise ein nicht so dichtes Autobahnnetz haben wie an dere Teile der Republik.

Insofern freuen wir uns über die Rückendeckung. Minister Hermann wurde durch das Votum des Parlaments für die schwierigen Verhandlungen mit dem Bund gestärkt. Die ge samte Landesregierung und – so hoffe ich – auch Sie in Ihren jeweiligen Bundestagsfraktionen werden sich dafür engagie ren, dass Baden-Württemberg endlich das erhält, was dem Land für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zusteht.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD zu CDU und FDP/DVP: Mehr Enga gement, mehr Leidenschaft! Anpacken! – Gegenruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Deshalb sollten wir diese Einigkeit jetzt auch nicht durch zweitrangige Fragen wie solchen zur Planung von Bundesver kehrswegen überlagern lassen. Wir haben beim Bundesfern straßenbau Maßnahmen im Gesamtumfang von 900 Millio nen € im Bau, und wir haben Maßnahmen im Gesamtumfang von 1,5 Milliarden € planreif. Insofern stellt sich schon die Frage, wie viel wir aktuell in die Planung investieren sollten; denn der Rechnungshof hat uns ja zu einer sparsamen Haus haltsführung angehalten. Ich glaube, an diesem Punkt sollten wir uns gerade auch im Land an dieser zweitklassigen Frage nicht in die Haare bekommen.

Wir wissen, dass eine nachhaltige Konsolidierung nur dann möglich ist, wenn auch der Länderfinanzausgleich reformiert wird. Das haben wir von Anfang an gesagt. Es gibt auch in diesem Haus seit Jahren eine große Einigkeit darüber, dass der Länderfinanzausgleich falsche Anreize setzt, und zwar für Geber- wie auch für Nehmerländer. Denn wenn man seine Einnahmesituation verbessert, verliert man – als Geber – auf grund höherer Zahlungen in den Länderfinanzausgleich wie der Geld oder erhält man – als Nehmer – weniger Geld aus dem Länderfinanzausgleich. Beides ist anreizfeindlich, und deshalb ist dieses System in der Tat bescheuert und muss ver ändert werden.

Dazu gibt es verschiedene Modelle. Wer verhandeln will, wer in das Gespräch mit anderen politischen Kräften eintreten will – auch mit den anderen Bundesländern –, sollte diese Model le auch offenlegen. Ein Modell hat der Ministerpräsident ge nannt: Das ist die völlige Abschaffung des Länderfinanzaus gleichs. Darüber wird in der Wissenschaft schon sehr lange diskutiert, auch strittig, weil dann immer auch die Frage auf geworfen wird, ob es den Föderalismus infrage stellt, wenn Bundesländer zu Kostgängern des Bundes werden. Aber ein solcher Schritt hätte eben auch eine große Vereinfachungswir kung, würde also die Last der Umverteilung auf den Bund ver lagern.

Egal, wie man es angeht: In jedem Fall wäre eine Verfassungs änderung erforderlich.

Auch andere Modelle wurden in diesem Haus bereits einver nehmlich diskutiert,

(Abg. Peter Hauk CDU: Eine Klage!)

beispielsweise das Einführen von Hebesatzrechten der Län der in Bezug auf die Einkommensteuer, eine mögliche Ver mögensteuer oder die Erbschaftsteuer, jedenfalls in Bezug auf die Steuern, die dem Land zufließen. Das würde uns alle und insbesondere das Parlament stärken. Denn das Parlament wür de dann den Hebesatz gegenüber der Bürgerschaft verantwor ten. Das würde dazu führen, dass wir aus Steuermehreinnah men mehr für den Landeshaushalt erhalten könnten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Peter Hauk CDU meldet sich. – Glocke des Präsidenten)

Wir, die Landesregierung, sind unverändert der Auffassung – –

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwi schenfrage des Kollegen Hauk?

Ja.

Bitte schön.

Herr Minister, könnten Sie uns ein mal die Position der Regierung erläutern, wie Sie in diese Ver handlungen eintreten wollen? Denn unstrittig ist – ich glau be, da sind wir einer Meinung –, dass Verhandlungen geführt werden müssen. Das ist Ihr Wille; denn Sie sind ja nicht zu einer Klage bereit. Aber wer Verhandlungen führen will, muss zunächst einmal Problemlösungen oder zumindest Modelle hierfür anbieten. In den letzten Tagen waren seitens der Re gierung jedoch nur Dissonanzen zu hören.

(Zuruf: So ist es!)

Es gibt keine Dissonanz in der Regierung. Aber Sie haben voll kommen recht, lieber Herr Hauk: Wer in Gespräche und Ver handlungen eintreten will, muss Reformmodelle parat haben und sollte nicht einfach nur auf die anderen einprügeln

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Zum Beispiel!)

zum Beispiel.

Insofern haben wir genau dies getan. Ich habe die Bandbrei te der Modelle erläutert. Erfahrungsgemäß braucht man für eine Verhandlungslösung viele Spielräume. Man wird nicht mit einem Vorschlag alle Probleme lösen, sondern man wird in diesem Geben und Nehmen bei der notwendigen Kompro missfindung – das ist der Wesenskern von Demokratie auch zwischen Bundesländern – viel auf den Tisch legen müssen und dann austarieren müssen, ausloten müssen, welche Wege möglich sind.

Damit wir uns nicht missverstehen: Die Klage bleibt auf dem Tisch – als Ultima Ratio. Wir sind bloß der Überzeugung, dass die Klage allein keinen neuen Länderfinanzausgleich basteln wird, sondern das muss schon die Politik lösen, meine sehr verehrten Damen und Herren.