Protocol of the Session on December 21, 2011

(Abg. Peter Hauk CDU und Abg. Wolfgang Drexler SPD: Sehr gut!)

Wir haben uns in der Vergangenheit im Hohen Haus bemüht, in dieser wichtigen Frage zu einer einheitlichen Auffassung zu kommen. In der letzten Legislaturperiode wurde hierzu ein Antrag von der CDU, der SPD und der FDP/DVP vorgelegt. Meine Fraktion legte hierzu einen modifizierten Änderungs antrag vor; im Kern bestand jedoch Konsens.

(Zuruf von der CDU: Zur Klage!)

Ich habe diese Angelegenheit nun mit den Ministerpräsiden ten von Hessen und von Bayern, den Kollegen Bouffier und Seehofer, besprochen, und wir waren uns einig, dass wir ernst haft versuchen wollen, diese Frage möglichst einvernehmlich mit den anderen Ländern zu lösen. Diese Initiative ist ergrif fen worden.

Es gab nun ein erstes Gespräch in der sogenannten Kamin runde der Ministerpräsidenten. Kaminrunde bedeutet, dass sich die Ministerpräsidenten ohne ihre Mitarbeiter treffen. Diese Gespräche sind vertraulich.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Da ist es saumäßig heiß! – Heiterkeit des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜ NE)

Aber ich kann sagen, dass wir dieses Thema zwei Stunden lang debattiert haben. Sie können sich vorstellen, dass es da hoch herging.

Es dreht sich in der Tat um eine wichtige Frage, nämlich um die Frage, ob wir die gesamten Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern neu ordnen. Wir sollten dies dringend tun, denn bis zum Jahr 2020 brauchen wir entsprechende Gesetze, weil die bestehenden Gesetze zum Länderfinanzausgleich En de 2019 auslaufen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

Jetzt ist also der richtige Zeitpunkt für die Verhandlungen, denn das Verfahren ist langwierig und schwierig; es geht schließlich um viel Geld. Nun ist der richtige Zeitpunkt, den Prozess in Gang zu setzen und ernsthaft eine Lösung zu ver suchen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Jedem ist klar, dass dies sehr schwierig ist, weil es darum geht, alle möglichen Finanzbeziehungen in den Prozess einzuord nen. Beispielsweise wird jetzt von den Nehmerländern ver

stärkt das Argument ins Feld geführt, dass die südlichen Bun desländer bei der Forschungsförderung enorm viele Mittel vom Bund erhalten. Dies sind Aspekte, die diese Länder beim Finanzausgleich einbeziehen. Auch mich hat das etwas über rascht; aber an diesem Beispiel sehen Sie, wie schwierig ein solcher Prozess ist. Man braucht da viel Geduld und einen lan gen Atem.

Wir haben in der Koalition vereinbart, dass wir als letzte Op tion, wenn es zu keinen ernsthaften Verhandlungen kommt, auf die Möglichkeit, zu klagen, nicht gänzlich verzichten. Aber selbst wenn wir klagen – vorausgesetzt, diese Klage hat Aussicht auf Erfolg – und selbst wenn unsere Klage Erfolg hätte, müssten wir nach den Erfahrungen mit dem Bundesver fassungsgericht wieder mit den anderen verhandeln, so, wie auch bereits nach der letzten Klage.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es! – Abg. Pe ter Hauk CDU: Urteil des Bundesverfassungsge richts!)

Selbst wenn wir die Klage gewönnen, stünden wir vor dersel ben Situation wie jetzt: Wir müssten verhandeln. Also ist die Situation dann nicht grundsätzlich anders.

Der Nachteil dieses Verfahrens ist allerdings, dass das Bun desverfassungsgericht nur den bestehenden Länderfinanzaus gleich korrigieren kann; das Bundesverfassungsgericht kann keine neue Finanzbeziehung gestalten.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es! – Abg. Vol ker Schebesta CDU: Es kann aber Vorgaben machen! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das geht so nicht!)

Die Aufgabe, zu gestalten, liegt bei der Politik.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich denke, es ist ein ganz schlechtes Signal, wenn wir als Po litiker nicht deutlich signalisieren: Wir sind die gestaltende Kraft;

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So ist es!)

wir lösen die Probleme und schieben sie nicht einfach an die Gerichte weiter. Das muss man als erstes Signal senden.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir, und nur wir, können diese Finanzbeziehung neu ordnen. Wir müssen dies tun, sodass es zu einem fairen Ausgleich kommt und nicht der bestehende Zustand perpetuiert oder al lenfalls geringfügig geändert wird. Denn es zahlen seit Lan gem dieselben Länder, und das ist eigentlich nicht der Sinn des Finanzausgleichs. Der Sinn ist, dass Nehmerländer durch den Finanzausgleich auf die Beine kommen. Man muss das entsprechend gestalten. Es muss ein System sein, das nicht so anreizfeindlich wie das gegenwärtige ist: Wenn ein Geberland mehr Steuereinnahmen hat, dann fließt das meiste in den Län derfinanzausgleich. Wenn ein Nehmerland Steuermehreinnah men hat, behält es diese auch nur in geringem Umfang. Es ist also ein anreizfeindliches System, das geändert werden muss.

Ich biete der Opposition an, dass ich sie jederzeit über den Verlauf der Gespräche informiere.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Sehr gut!)

Aber wir müssen uns hier in diesem Haus um eine einheitli che Auffassung in dieser Frage bemühen. Alles andere macht den Verhandlungsprozess enorm schwierig. Denn da geht es, wie sich jeder vorstellen kann, überhaupt nicht nach Parteizu gehörigkeit, sondern da geht es darum, dass wir einheitliche starke Signale setzen. Das stärkt die Position des Verhand lungsführers.

Deshalb möchte ich die Opposition bitten, dass wir da auf ei ne möglichst einheitliche Linie zurückkehren und das Thema hier nun nicht zum Anlass für einen tagespolitischen Streit nehmen. Ein solcher Streit ist überhaupt nicht zielführend. Denn das, was Sie angesprochen haben, zu ändern, steht zu nächst einmal überhaupt nicht in unserer Macht. Das können wir nur mit anderen zusammen ändern, oder ein Gericht kann es ändern.

(Abg. Peter Hauk CDU: Genau!)

Weil es nicht in unserer Macht steht, ist es sinnvoll, dass wir hier möglichst gemeinsam an einem Strang ziehen. Ich biete das ausdrücklich an. Ich glaube, das wäre der bessere Weg, als dieses sehr wichtige, aber sehr schwierige Thema einfach zum Gegenstand der Auseinandersetzung in diesem Haus zu machen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Hauk.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nein! Das war doch jetzt Aufklärung genug! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das war Aufklärung genug! Das sehe ich auch so!)

Es geht nicht um die Frage der Auf klärung, Herr Kollege Schmiedel, sondern es geht um die Fra ge einer Positionierung.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu nächst einmal danke ich dem Ministerpräsidenten für das An gebot, dass wir jederzeit Information über den Fortgang der Verhandlungen erhalten. Das ist überhaupt keine Frage.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das war zu Ihrer Zeit keineswegs selbstverständlich!)

Aber Sie fordern gleichzeitig eine Gemeinsamkeit hier im Ho hen Haus ein. Haben Sie uns eigentlich gefragt, als Sie die Klageankündigung zurückgezogen haben, obwohl es hierfür einen Landtagsbeschluss gab?

(Zurufe von der CDU: Genau! – So ist es!)

Ich stelle es nur fest.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Natürlich haben Sie recht, Herr Ministerpräsident, wenn Sie sagen, es stehe nicht in unserer Macht, den Länderfinanzaus gleich vor 2019 zu ändern. Überhaupt keine Frage! Entweder gibt es eine Einigung oder zumindest eine Mehrheit im Deut schen Bundestag respektive – hauptsächlich – im Bundesrat, oder – das ist die andere Variante – es gibt ein gerichtliches Urteil.

Weil die Lage so ist, wie sie ist, und weil sie auch nicht von Parteien und Parteizugehörigkeit abhängt, sondern ganz ein fach davon geprägt ist, wer zahlt

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Genau!)

nur davon hängt sie ab –, und die Zahler auch strukturell in absehbarer Zeit in der Minderheit bleiben werden, haben wir uns – übrigens damals noch mit der SPD – für den Weg einer Klage beim Bundesverfassungsgericht entschieden. Es trifft halt nicht zu, dass im Zweifel auf alle Fälle verhandelt wer den muss. Das Bundesverfassungsgericht kann nach dem Er gebnis des letzten Urteils, bei dem es keine klaren Vorgaben, sondern nur Zielvorgaben gemacht hat, natürlich auch Vorga ben machen, die dann für alle Bereiche bindend sind.

In einem, Herr Ministerpräsident, kann ich Sie nur warnen.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Jetzt aber!)

Wenn Sie jetzt in eine Neuverhandlung aller Finanzbeziehun gen zwischen Bund und Ländern einsteigen,

(Abg. Winfried Mack CDU: Um Gottes willen!)

dann wird das zum Scheitern führen. Baden-Württemberg, Bayern und Hessen finanzieren schon heute die Republik. Wir finanzieren die Republik. Wir erhalten nur in einem einzigen Sektor, nämlich bei den Forschungsausgaben, überproportio nal viel zurück. Warum? Weil das Land Baden-Württemberg in der Vergangenheit mit eigenen Anstrengungen genau in die sem Bereich investiert hat.