Protocol of the Session on November 10, 2011

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU sowie Abge ordneten der SPD)

Früher war es so: Wenn wir auf Bundesebene herumgekom men sind – ich habe das lange genug erleben dürfen –, hat man genau gemerkt: Die Leute schauen auf uns. Wir waren sozu sagen Vorbild. Wenn ich heute gelegentlich einmal wieder auf Bundesebene unterwegs bin, außerhalb des Landes BadenWürttemberg, dann fragen mich die Leute: Was ist eigentlich mit euch los?

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zurufe der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch und Thomas Blenke CDU)

Deswegen: Lassen Sie uns diese Geschichte auf einen ver nünftigen Weg bringen. Wir wollen den Leuten reinen Wein einschenken, auch was die Rechtsfragen angeht. Wir wollen ihnen aufzeigen, was im Sinne dieses Landes am 27. Novem ber eine vernünftige Entscheidung ist. Sie kann für meinen Teil nur lauten, dass wir die Neubaustrecke und den Tiefbahn hof so schnell wie möglich weiterbauen und fertig bauen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Für die Landesregierung spricht Herr Justizminister Stickelberger.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ist er von den Grünen? – Gegenruf: Halb, halb! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Nur beim Parteitag! – Vereinzelt Heiterkeit)

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst, Herr Prä sident, darf ich mich bei Ihnen und den Fraktionen des Hau ses bedanken, dass Sie die Aktuelle Debatte auf den heutigen Tag verlegt haben. Herzlichen Dank.

Dadurch war es mir gestern möglich, an der Landesjustizmi nisterkonferenz teilzunehmen. Dort habe ich, Herr Professor Dr. Goll, einen ganz anderen Eindruck bekommen, was die Einschätzung Baden-Württembergs innerhalb der Bundesre publik angeht. Wir sind gelobt worden.

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Es wurde gesagt, wir gehen einen mutigen Weg. Wir beteili gen Bürger, und wir erproben auch Neues.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Thomas Blenke CDU: Da werden wir mal nachfragen! – Un ruhe)

Ich bin ausdrücklich gefragt worden, ob wir diesen Weg in Richtung einer Erweiterung der Elemente der direkten Demo kratie fortsetzen werden.

(Abg. Volker Schebesta CDU: War da auch eine Tee runde?)

Das habe ich bejaht; diese Landesregierung wird dies tun. Das hat der Herr Ministerpräsident auch in seiner Regierungser klärung deutlich gemacht.

Ich bin heute eigentlich mit der Erwartung angetreten, dass wir über einzelne Rechtsfragen intensiv diskutieren. Dies hat die Tagesordnung jedenfalls versprochen.

(Heiterkeit des Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE)

Aber was ich jetzt bei Ihnen erlebt habe, Herr Müller, war – sehen Sie mir die etwas harte Formulierung bitte nach – ein Aufguss der Aussprache zum Kündigungsgesetz. Im Wesent lichen war das rechtlich nichts Neues.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Thomas Blenke CDU: Donnernder Applaus aus der eigenen Fraktion! – Abg. Ulrich Müller CDU: Ich habe doch gelobt! Das war das Neue! – Abg. Vol ker Schebesta CDU: Er hat Sie gelobt! Das war neu! – Heiterkeit)

Eines möchte ich auch sagen: Herr Müller, Sie haben zum wiederholten Mal den Text der Broschüre zur Volksabstim mung aufgegriffen. Das Thema ist inzwischen ziemlich abge griffen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Und unan genehm für euch! – Abg. Winfried Mack CDU: Die Broschüre ist doch noch gar nicht verschickt! – Zu ruf der Abg. Tanja Gönner CDU – Vereinzelt Beifall)

Die Formulierung in der Broschüre orientiert sich ganz eng am Gesetzestext und ist rechtlich korrekt. Wenn Sie sich ein mal Bürgerentscheide aus den letzten Jahren anschauen, die zu kommunalen Vorhaben durchgeführt wurden und denen zumeist ein Gemeinderatsbeschluss vorangegangen ist,

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das ist denen doch völlig fremd!)

dann sehen Sie dort in der Regel wesentlich kompliziertere Fragestellungen. Die Bürgerinnen und Bürger haben diese je doch auch verstanden.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Volker Schebesta CDU: Und gegen die Nennung der 350 Millionen € gibt es keine rechtlichen Bedenken?)

Deshalb überzeugt mich das Gejammere zu diesem Thema nicht. – Herr Schebesta, auch lautstarke Zwischenrufe befrei en Sie nicht aus der Verlegenheit, dass Sie in rechtlicher Hin sicht keine tragfähigen Einwände mehr formulieren können.

Sie haben heute das gesagt, was bereits in der Debatte zum Ausstiegsgesetz abgehandelt wurde. Vor den Staatsgerichts hof sind Sie nicht gezogen – aus guten Gründen –, und ande

re, die geklagt haben, haben vor dem Staatsgerichtshof kei nen Erfolg gehabt. Also, was soll das?

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich darf mich dem anschließen, was die Kollegen Schwarz und Stoch gesagt haben, nämlich, dass wir diese historische Chance einer Volksabstimmung nutzen sollten. Die Nachfra ge nach Unterlagen für eine briefliche Abstimmung gibt uns recht. Ich denke dabei etwa an Mannheim und Ulm.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: So ist es! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Wie hoch schätzen Sie denn die Beteiligung, Herr Minister?)

Herr Zimmermann, im Gegensatz zu Ihnen spekuliere ich nicht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Ich höre Nachrichten und lese Zeitungen, und darin wird aus vielen Regionen unseres Landes ein großes Interesse der Be völkerung an einer brieflichen Abstimmung gemeldet – etwa aus Mannheim und Ulm, aber auch aus kleineren Städten wie Rastatt und aus kleinen Gemeinden.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Hoffentlich vor allem aus Ulm! – Vereinzelt Heiterkeit)

Das bestärkt mich in der Erwartung, dass wir ein gutes Ab stimmungsergebnis mit einer hohen Beteiligung bekommen. Wir setzen auf die Entscheidungskraft unserer Bürgerinnen und Bürger.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwi schenfrage der Frau Kollegin Razavi?

Sie kommt zwar nicht vom Bodensee, aber ich gestatte sie dennoch.

(Heiterkeit – Abg. Andreas Stoch SPD: In Bempflin gen ist sie öfter!)

Ich komme trotzdem aus einem der schönsten Wahlkreise dieses Landes. – Herr Minister, Sie sind gerade auf die Broschüre eingegangen. Ein wichtiges Thema in der Broschüre, das von Gegnern wie von Befürwor tern des Ausstiegs aufgegriffen wird, sind die Ausstiegskos ten. Da ist der Kontrast sehr groß, die Angaben bewegen sich zwischen 350 Millionen €

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Und 1,5 Milliarden €!)

und 1,5 Milliarden € oder sogar mehr.

Jetzt wissen wir von Ihnen, dass Sie kein Befürworter des Pro jekts sind. Deswegen meine Frage an Sie: Halten Sie die Kal kulation der Ausstiegsbefürworter von 350 Millionen € für sachgerecht und sauber gerechnet, und wird diese Kalkulati on auch von Ihrem Haus unterstützt?

Zunächst einmal: Kal kulationen zu Verkehrsprojekten sind nicht die Primäraufga be im Geschäftsbereich des Justizministeriums.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPD)

Aber ich beantworte Ihre Frage schon noch und komme auch auf das zurück, was Herr Müller vorhin angesprochen hat.

(Abg. Winfried Mack CDU: Ja, darum würde ich bit ten!)

Natürlich wurde zur Broschüre im Vorfeld eine Abstimmung zwischen den Ressorts vorgenommen. Da ist es ganz normal, dass man sich, was Stellungnahmen, Einwendungen oder Be denken betrifft, austauscht. Das ist bei jedem Gesetz so, das ist bei jedem Projekt so. Das hätten Sie einmal beim EnBWDeal machen müssen.