(Lachen bei der CDU – Abg. Volker Schebesta CDU: Sorgen Sie einmal für ein Ergebnis! – Weitere Zuru fe)
Ich werde hier keine Lobhudelei auf die Kanzlerin abhalten. Das wäre unehrlich. Ich werde hier aber auch keine Lobhude lei auf die Landesregierung abhalten.
Denn natürlich sind auch wir nicht in der Lage, zu sagen, wie lange diese Krise anhalten wird und in welche Richtung sie sich entwickeln wird. Ich kann nicht sagen, was im Nahen Os ten, im Irak, in Afghanistan passiert.
Die Situation ist einfach unübersichtlich und sehr verfahren. Die Probleme können nur dort gelöst werden und nicht hier im Landtag von Baden-Württemberg. Es wäre vermessen, die sen Eindruck zu erwecken.
Die Regierung handelt und packt an. Die Opposition nörgelt und schimpft. Das kennen wir. Das ist für die Opposition wahrscheinlich auch eine sehr undankbare Rollenverteilung. Kein Wunder, dass einige hier schlechte Laune haben.
(Lachen bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Wir beschäftigen uns mit den Dingen und haben keine schlechte Laune, Frau Mi nisterin!)
Das sogenannte Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz ist am 24. Oktober, also vor genau einem Monat, in Kraft getreten. Wir befinden uns gerade inmitten der Umsetzung. Das ge schieht, während wir hier diskutieren und, wie Sie wissen, auch unter sehr schweren Bedingungen.
Die Flüchtlingszugänge sind unverändert hoch. Die Zahl der Flüchtlinge wird sich im November mit über 30 000 ungefähr auf dem Level des Vormonats bewegen. Zugleich müssen wir laufend neue Unterkünfte für die Erstaufnahme im Winter schaffen, damit kein Flüchtling ohne Obdach bleibt. Sie wis sen, dass das schwierig ist.
Ich weiß, dass der Bund da größte Anstrengungen unternimmt. Es wird aber noch eine Weile dauern, bis diese Maßnahmen Wirkung zeigen. Sie haben mitbekommen, dass sich auch das BAMF-Personal mit einem Hilferuf an die Medien gewandt hat. Es ist also nicht so einfach.
Das ändert aber nichts daran, dass das Land schon längst da bei ist, seine Hausaufgaben zu machen. Das zentrale Regist rierungszentrum in dem ehemaligen Patrick-Henry-Village in Heidelberg läuft. Das wurde heute schon mehrfach genannt. Ich muss das jetzt nicht noch einmal nennen.
Dort werden pro Tag ca. 400 Asylsuchende durchgeschleust. Die Tendenz ist steigend. Gleichzeitig bauen wir unsere Erst aufnahmeeinrichtungen in jedem Regierungsbezirk weiter aus. Hierzu gehören neben den bekannten Einrichtungen z. B. auch Einrichtungen in Donaueschingen, Sigmaringen und Wert heim. Übrigens ist auch in Stuttgart eine große bedarfsorien tierte Einrichtung entstanden. Für Kritik, hier würden be stimmte Städte oder Gemeinden bewusst ausgespart, besteht also ersichtlich kein Grund.
Ich habe schon gesagt: Niemand bleibt verschont. Deswegen soll auch niemand denken, dass grüne Gemeinden besonders verschont bleiben. Das wird fälschlicherweise immer erwähnt.
Die ebenfalls immer wieder kritisierten Rückstände bei der Registrierung bauen wir zügig ab. Das heißt, der Zeitabstand zwischen der tatsächlichen Aufnahme und dem ersten Verfah rensschritt wird deutlich verkürzt. Denn wir müssen unbedingt vermeiden, dass sich Flüchtlinge in Baden-Württemberg oder auch in Deutschland unregistriert aufhalten. Mit der Regist rierung ist die erkennungsdienstliche Behandlung verbunden. Auch die muss das Land derzeit mit eigenen Kräften durch führen, obwohl das BAMF bei der Entgegennahme des Asyl antrags hierfür ebenfalls zuständig ist.
(Abg. Winfried Mack CDU: Das ist in Bayern auch so! Aber die Bayern haben es im Griff und Sie nicht!)
Bund und Länder arbeiten mit Hochdruck daran, eine einheit liche Datenplattform zu schaffen, die Mehrfacherfassungen vermeiden hilft und damit auch Zeit und Kosten spart. Denn in diesen sogenannten Transitzonen, die übrigens in Freilas sing usw. betrieben werden, werden die Flüchtlinge bereits ir gendwie erfasst, die Daten aber noch nicht gespeichert.
Ziel muss es letztlich sein, für die Bleibeberechtigten mög lichst schnell eine positive Entscheidung zu bekommen. Sie sollen so früh wie möglich in die Kreise verteilt werden und dort integriert werden. Da fängt aber auch schon ein Problem und ein Streitpunkt an.
Gestern haben wir im Landtag das Partizipations- und Integ rationsgesetz beschlossen. Die Opposition hat dagegen ge stimmt. Sie möchten auch gern das Integrationsministerium auflösen. Das können Sie gern tun, wenn Sie die Wahl gewon nen haben.
Aber dann sagen Sie mir doch bitte einmal, wie die Integrati on der Menschen gelingen soll, wenn Sie sämtliche Maßnah men der Landesregierung blockieren oder nicht mittragen. Wenn Sie so vorgehen, ist das auch nicht ehrlich von Ihnen. Das muss hier an dieser Stelle auch einmal gesagt werden.
Wer in den Kreisen Leistungen nach dem Asylbewerberleis tungsgesetz empfängt, soll eine Gesundheitskarte erhalten. Herr Rülke, Sie waren dabei; es gab ein Missverständnis. Wir haben das aber geklärt. Wir sind in Kontakt mit den Kranken kassen und den kommunalen Landesverbänden. Ein Rahmen vertrag wurde inzwischen vorbereitet. Kommende Woche werden sich die relevanten Krankenkassen im Integrations ministerium noch einmal zu diesem Rahmenvertrag äußern und uns sagen, ob sie das mittragen können.
Wichtig ist – das muss auf jeden Fall sichergestellt werden –: Der Umfang der medizinischen Leistungen muss weiterhin den Vorgaben des Asylbewerberleistungsgesetzes entsprechen. Die Rahmenempfehlungen der Spitzenverbände auf Bundes ebene hierzu befinden sich ebenfalls in Vorbereitung. Ich glau be, es braucht niemand Sorge zu haben, dass die Karte nicht kommt.
Was passiert aber mit den Asylsuchenden, die voraussichtlich nicht in Deutschland bleiben dürfen? Diese potenziell Ausrei sepflichtigen belassen wir möglichst lange in der Erstaufnah me. Das geänderte Asylgesetz gibt uns hierzu eine Möglich keit. Wir hatten uns aber schon im Vorfeld mit den kommu nalen Landesverbänden dahin gehend geeinigt. Insofern stimmt auch der Vorwurf nicht, dass wir über sie hinwegse hen und nicht auf Augenhöhe mit ihnen zusammenarbeiten würden. Wir haben das bereits mit ihnen besprochen. Gerade Menschen aus den sicheren Herkunftsländern werden so lan ge in den Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben, bis sie freiwil lig gehen oder eben abgeschoben werden müssen.
Ja, es gibt in diesem Bereich auch Schwierigkeiten. Warum sollte ich das verschweigen? Das liegt aber daran, dass Deutschland ein Rechtsstaat ist, und das ist auch gut so.
Wir nutzen eine weitere Neuerung des Asylgesetzes. In der Erstaufnahme sollen möglichst keine reinen Geldleistungen mehr gewährt werden. Dies galt schon vorher für das physi sche Existenzminimum, betrifft jetzt aber auch den sogenann ten Taschengeldanspruch. Wir reden über etwa 140 €. Wir können schon aus praktischen Gründen das Taschengeld nicht in echte Sachleistungen umwandeln.
(Abg. Winfried Mack CDU: Warum? – Gegenruf des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann: Wie soll denn das funktionieren?)
Wir bereiten aber die Einführung einer geldwerten Karte vor, mit der nur eingeschränkte Bargeldabhebungen möglich sind. Im Wesentlichen sollen damit, ähnlich wie mit einer Kredit karte, nur noch unbare Kaufgeschäfte getätigt werden können. Dann bleibt abzuwarten, ob das abschreckend ist für jeman den, der aus einem Kriegsgebiet kommt. Das werden wir dann sehen.
Insgesamt werden wir die Vorgaben des Asylpakets mit Au genmaß, aber konsequent umsetzen. Wir werden die Bleibe berechtigten fördern und zugleich Anreize für Asylsuchende ohne Bleibeerwartung vermindern. Hierzu gehört auch eine konsequente Rückführungspolitik, die auf den beiden Stand beinen freiwillige Rückkehr und Abschiebung beruht.
Es gibt keine Patentlösung zur Bewältigung der Flüchtlings krise, sondern es sind viele kleine Schritte, kleinere Schritte und Signale erforderlich, die aber in der Summe etwas bewe gen können. Kraftmeierei, wie man sie nicht nur rechts, son dern auch links der Isar hört, mag zwar in Bierzelten gut an kommen, zur echten Problemlösung trägt sie jedoch nicht bei und ändert auch gar nichts an der Situation. Im Gegenteil – das geht in Richtung von Herrn Wolf –: Wer beim Thema Asyl zu laut auf die Pauke haut, weckt nicht nur falsche Erwartun gen, sondern weckt auch schlafende Hunde. Gerade bei Ihrer Partei wäre das nicht so gut. Das sehen wir auch an den Um fragewerten der AfD,
Deswegen sollte man auch in diesem Bereich wachsam sein und nicht Dinge propagieren, die einem am Ende auf die Fü ße fallen könnten.