Protocol of the Session on March 4, 2015

All dies muss – das bestätigen Sie mir als Jagdkollege sicher auch – in einer Durchführungsverordnung geregelt werden. Das geht schlichtweg gar nicht anders.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Vielleicht noch zum Vergleich: Wir haben 19 Ermächtigun gen von Ihnen übernommen. Diese sind also nicht neu.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Auf Wunsch des Landesjagdverbands haben wir vier neue, auf Wunsch der Nutzerverbände zwei neue und zum Bürokra tieabbau noch zwei weitere geschaffen. Das ist alles, was wir gemacht haben.

Jetzt werden Sie natürlich sagen: Letztlich kommt es nicht auf die Anzahl an, sondern darauf, was drinsteht.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Glauben Sie, dass draußen lauter Begeisterte stehen? Lauter Fans von Ihnen?)

Was steht denn drin? Zuvor haben wir doch alles im Landes jagdgesetz geregelt, das wir im November letzten Jahres hier im Parlament verabschiedet haben. Mit dem Jagdgesetz ha ben wir die Landesregierung ermächtigt, weitere Regelungen zu treffen. Denn die Sachkompetenz für Detailfragen ist nun einmal in der Wildforschungsstelle, in der Forstlichen Ver suchs- und Forschungsanstalt, Abteilung Wildtierökologie, und in der höheren Jagdbehörde im Ministerium angesiedelt. Wir alle im Parlament haben also unserem Ministerium darin vertraut, über die Sachkompetenz zu verfügen, um die De tailfragen in Form einer Durchführungsverordnung zu regeln. Nicht mehr und nicht weniger. Dies war früher so und ist jetzt auch so.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Volker Schebesta CDU: Der Bonde macht aber nicht alles richtig, oder? – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Ich lasse mich von Ihnen nicht provozieren. Das wird Ihnen nicht gelingen. Wir haben hier heute „Jagdszenen“ im Parla ment. Vielleicht haben wir am 26. März wieder welche in Süd baden. Das macht dort aber die grüne Basis aus. Das ist hier jetzt kein Thema.

(Zuruf des Abg. Guido Wolf CDU)

Das muss man auseinanderhalten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Worin besteht denn eigentlich der Paradigmenwechsel? Was ist der Grund dafür, dass Sie sich ärgern? Herr Kollege Reuther hat vorhin bereits das Schalenmodell angesprochen, das ein wesentlicher Bestandteil des neuen Jagdgesetzes ist. Dieses wird im Grunde nicht kritisiert. Im Gegenteil, es wurde sogar als Fortschritt begrüßt. Auch der Landesjagdverband sieht da rin einen Fortschritt. Es ist aber der zentrale Bestandteil die ses Jagdgesetzes.

Wie Sie selbst wissen, machen die abwechslungsreichen und mannigfaltigen Naturräume gerade das Schöne an unserem Bundesland aus. Das heißt aber auch, dass sich Wildtieröko logie und jagdliches Geschehen nicht über einen Kamm sche ren lassen. Wir müssen die regionalen Unterschiede, die un terschiedlichen Habitate und die unterschiedlichen Wildtier zusammensetzungen beachten. All dem tragen wir mit die sem, wie ich meine, sehr modernen Jagdgesetz Rechnung.

Allerdings sind wir anders als andere Bundesländer vorgegan gen. Schon bei der Anhörung vor dreieinhalb Jahren hier im Landtag vor über 350 Jägern – diese Anhörung begann übri gens auch mit einer Bläsergruppe; wir hören diese Klänge gern; mir zumindest geht es so –

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Da haben wir et was gemeinsam!)

haben wir mit Tierschutzverbänden, Naturschutzverbänden, mit dem Landesjagdverband, mit ökologischen Jagdverbän den, Grundstückseigentümern, Waldbesitzern und Jagdgenos senschaften darüber gesprochen, wie vorgegangen werden kann.

Mein Petitum war, uns dabei möglichst Zeit zu lassen. Genau das haben wir auch gemacht. Wir haben sogar noch ein Ver längerungsjahr eingeräumt, weil wir wissen, dass es ein un heimlich schwieriger Prozess ist, so viele unterschiedliche In teressen unter einen Hut zu bringen.

Dass nicht alle mit dem, was auf dem Tisch liegt, einverstan den sind, sieht man daran, dass jetzt vielleicht 2 000 Jäger draußen stehen. Doch eigentlich müssten genauso viele Ver treter von BUND oder NABU draußen stehen, weil sie min destens genauso unzufrieden sind.

Es ist uns jetzt gelungen, ein Gesetz mit der entsprechenden Durchführungsverordnung zu machen, mit dem – da bin ich sicher – alle gut leben können, wenn es einmal in der Praxis eingeübt worden ist. Es ist durchaus ein praktikables Jagdge setz, nach dem inzwischen schon ein Drittel der Landesjäger schaft jagt, und die anderen werden es lernen. Die Jagdtradi tion wird nicht über den Haufen geworfen.

Herr Bullinger, ich muss sagen: Wenn man das Gesetz einmal genau betrachtet, stellt man fest, dass Ihre Aktuelle Debatte, nach der wir hier durch die Hintertür mit einer gewissen Hin terlist Dinge einführen und durchführen wollten, die vorher nicht gelungen seien, ein Rohrkrepierer ist. Mehr ist da nicht dran. Es fehlt die Substanz.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall bei den Grünen – Beifall bei Ab geordneten der SPD)

Für die Fraktion der SPD erteile ich Herrn Kollegen Storz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Regel ist die Jagd ein leises Geschäft. Man verbringt viel Zeit auf dem Ansitz und wartet. Doch gehört dann auch dazu, dass es einmal laut wird, wenn nämlich ge schossen wird. Hinterher, zum Ende der Jagd, werden die Hör ner geblasen.

Nachdem es nun eine Weile still war um das Jagdgesetz, ist heute wieder ein lauter Tag. Vor dem Landtag werden die Hör ner geblasen, und rhetorisch wird heftig geschossen.

(Zuruf des Abg. Dieter Hillebrand CDU)

Der Ton der Debatte ist gewohnt scharf und laut. Die Rhetorik – auch in der Landespresse – verwendet Kampf- und Kriegs vokabular. So lesen wir dort, die Jägerproteste seien ein laut starkes und letztes Gefecht, oder sie seien ein letztes Halali.

Angestachelt von der Demonstration der Jäger schlägt die Op position immer einen schrillen Ton an. Herr Bullinger, ich hal te sowohl den Ton als auch die Wortwahl für übertrieben. Sie sorgen für ein überzeichnetes, verzerrtes Bild. Mit Blick auf die Jagd befinden wir uns keineswegs in einer letzten Ent scheidungsschlacht.

Die Dramatik und Wichtigkeit, die Sie, die Opposition, die sem Thema zuschreiben, ist weit von der tatsächlichen Sach lage entfernt. Betrachtet man Ihre Aufregung, könnte man meinen, es gehe um Freiheit und Leben. Um was geht es aber in Wirklichkeit?

Nicht ohne emotionale und heftige Diskussionen haben wir im vergangenen Jahr das neue Jagd- und Wildtiermanage mentgesetz verabschiedet. Dafür hatte man zwei Jahre lang intensiv mit allen Beteiligten kommuniziert. Zahllose Kom promisse zwischen Jägern, Landwirten, Waldbesitzern und Naturschützern sowie Tierschützern wurden gefunden und ins Gesetz eingebaut.

Wir haben mit dem Jagd- und Wildtiermanagementgesetz ein modernes Jagdrecht geschaffen, das Tier- und Naturschutz be rücksichtigt. Das Gesetz beachtet ebenso die Bedürfnisse und berechtigten Interessen der Jäger. Man musste aber natürlich Kompromisse machen. Man kann sagen: Es hat beim Jagdge setz keine Sieger und keine Verlierer gegeben.

Mir als Vertreter der SPD war es immer wichtig, zu betonen, dass wir für ein Jagdrecht eintreten, das praktikabel ist, das die Bedürfnisse der Jäger berücksichtigt, aber auch den Vor gaben aus den juristischen Veränderungen im Tier- und Na turschutz gerecht wird.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Daher gibt es keinen Grund, in der Diskussion um die Durch führungsverordnung nach einer Revanche zu streben. Der Vor wurf, es würden durch die Hintertür Dinge geregelt, für die es im Gesetzgebungsverfahren keine Mehrheit gab, ist völlig haltlos.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Eine Rechtsverordnung klärt keine Grundsatzfragen. Das bleibt dem Gesetz vorbehalten. Mit der Durchführungsverordnung regelt die Regierung eher technische Fragen der Ausführung und konkretisiert gesetzgeberische Vorgaben. Eine entspre chende Durchführungsverordnung gab es auch für das alte Jagdgesetz. Auch die Inhalte, die darin geregelt wurden, sind fast die gleichen wie die jetzt geplanten.

Gerade weil die DVO so kleinteilige Fragen regelt – Kollege Pix hat das schon deutlich gemacht –, wird das Parlament nicht damit befasst. Denn die Abgeordneten wären gar nicht in der Lage, diese Fragen richtig zu beurteilen und über die se Themen richtig Bescheid zu wissen.

(Zurufe)

Auch schon im Gesetzgebungsverfahren war es dem Minis terium sehr wichtig, die Verbände und alle betroffenen Grup pierungen einzubeziehen. Zur inhaltlichen Abstimmung der DVO fand eine Klausurtagung statt. Ich weiß, dass das Mi nisterium alle Verbände umfassend angehört und viele Anre gungen aufgegriffen hat, sodass sich der Wortlaut der Verord nung im Laufe der Beratungen verändert hat. Im Verordnungs entwurf haben auch zahlreiche Anregungen der Jägerschaft Berücksichtigung gefunden.

Woran macht sich nun Kritik fest? Kollege Reuther hat es deutlich gemacht. Allerdings merken wir auch, dass er den letzten Stand der Diskussion noch nicht kennt. Die DVO ist noch nicht ganz fertig. Daher reden wir zum Teil auch noch über ungelegte Eier.

An einigen Beispielen will ich erläutern, welche Schwierig keiten sich zeigen, aufgrund derer eine Entscheidung gefällt werden muss.

Zum einen das Thema Fütterung: Schon während der Geset zesberatungen haben wir darüber leidlich gestritten. Ein kla res Fazit war: Die heimischen Wildtiere sind an die Bedingun gen der hiesigen Naturräume angepasst und brauchen in der Regel keine Fütterung. Mit dem Wildbret gibt es ein wertvol les naturbelassenes Lebensmittel. Durch übertriebene Fütte rung kommt schon fast der Status eines Haustiers auf,

(Lachen der Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU und Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Massentierhaltung! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Hallo, hallo! Herr Kolle ge Storz, also! – Weitere Zurufe)

was diesem Lebensmittel nun wirklich nicht dienlich ist. Des wegen ist die Fütterung verboten. Weil es aber in Hochlagen Wildtierbestände gibt, die in ihren Wanderungsbewegungen gehindert sind, sind für diese Ausnahmen vom Fütterungsver bot vorgesehen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das ver wechselst du mit Damtierhaltung!)

Dazu müssen Fütterungskonzeptionen erstellt werden. Dies ist in § 33 des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes deut lich geregelt. Es ist festgelegt, dass eine Fütterungskonzepti on für eine Fläche von über 2 500 ha erstellt werden muss. In der DVO wird das noch einmal konkretisiert; dort werden die Feinheiten für diese Konzeption geregelt. Hier wird also gar

nichts durch die Hintertür verschärft. Vielmehr ist das Ganze im Gesetz geregelt.

Kontrovers wird auch die Anzahl der zulässigen Schwarzwild kirrungen diskutiert; Kollege Reuther hat das auch angespro chen. Hier war bisher eine große Futtermenge von drei Litern je Kirrstelle erlaubt. Mit der neuen DVO wird die Menge – so, wie es aussieht – auf einen Liter beschränkt sein.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sinnvoll! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wie viele Mais körner sind das?)