Protocol of the Session on November 12, 2014

Der zentrale Punkt Ihrer Politik ist doch: Sie trauen den Men schen in diesem Land, den Bürgerinnen und Bürgern, auch denen, die Sie gewählt haben, eigentlich nichts zu. Denn Sie wissen es ja besser. Sie sind die Gutmenschen, Sie sind die Besserwisser der Nation, die den Menschen ihren Willen auf zwingen wollen. Das ist die klare Botschaft, die letztendlich auch aus diesem Haushalt spricht. Das ist eine Politik, die die Menschen nicht gutheißen werden.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

„Wie hätten wir es denn machen sollen?“ Wenn Sie schon nicht sparen wollen – sparen heißt ja, Ausgaben zu reduzie ren –, dann hätten Sie, Herr Finanzminister, doch wenigstens den Zuwachs gebremst. Sie haben jetzt Jahr für Jahr Steuer mehreinnahmen in ungeahnter Höhe. Die Steigerungsraten der Steuereinnahmen liegen bei 3 %, 4 % und 5 % jährlich. Hätten Sie doch wenigstens die Einnahmezuwächse nicht gänzlich verausgabt! Das wäre schon einmal etwas gewesen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Damit wäre der Anstieg des Haushaltsvolumens nämlich auch faktisch gebremst worden, und Sie hätten auch strukturell ei niges für den Haushalt getan.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt muss man fra gen: Was sagt denn dieser Haushalt noch aus? Mit dem Haus halt wird dem Parlament vorgeknallt – da muss man sich ei gentlich dafür schämen, in diesem Parlament zu sein –,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Jetzt hört es aber auf!)

dass Sie im Jahr 2015 768 Millionen € neue Schulden auf nehmen, und dies in einer Zeit, in der die Steuereinnahmen – Gott sei Dank, dank der Schaffenskraft der Menschen in die sem Land – noch sprudeln und in der die Steuern fließen.

Dann kommt noch eine Frechheit hinzu: Sie lassen sich in § 4 Absatz 1 des Staatshaushaltsgesetzes – ich zitiere die Num mer 2; das ist gar nicht groß plakativ; das sieht die Öffentlich keit gar nicht, deshalb muss man es einmal erwähnen – er mächtigen, folgende Kredite am Kreditmarkt aufzunehmen:

die in den vorausgegangenen Haushaltsjahren genehmig ten Kreditmittel, soweit sie bis zum Ablauf des vorange gangenen Haushaltsjahres nicht aufgenommen wurden und zur Deckung benötigt werden.

(Abg. Winfried Mack CDU: Hört, hört!)

Das ist doch der Gipfel! Sie planen 768 Millionen € neue Schulden ein, und dann kommen in der Summe noch 1,5 Mil liarden € aus alten Kreditermächtigungen hinzu, die Sie noch nicht in Anspruch genommen haben, weil die jeweiligen Haus haltsjahre gut abgeschlossen wurden.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Nach der letzten Steuerschätzung vom November wird es vo raussichtlich auch in den Jahren 2016, 2017 und 2018 nicht schlecht laufen. Es ist doch der Gipfel, dass Sie sich in einer solchen Zeit nicht nur, wie im aktuellen Haushalt ausgewie sen, zur Aufnahme von 768 Millionen €, sondern einschließ lich der Ermächtigungen aus den vorausgegangenen Haus haltsjahren zur Aufnahme von insgesamt 2,2 Milliarden € an neuen Schulden ermächtigen lassen. Das ist ein Skandal, der zum Himmel schreit, meine sehr verehrten Damen und Her ren.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Der nächste Skandal – da frage ich auch die Parlamentarier der Fraktion der SPD und der Fraktion GRÜNE, ob sie sich das gefallen lassen – sind die Rücklagen, die eingestellt und im Haushalt ausgewiesen werden. Zahlenmäßig sind sie zwar beziffert, aber nicht hinsichtlich der Destination. Ausgewie sen ist eine allgemeine Rücklage für Sanierungen in Höhe von 269 Millionen €. Das ist allgemein gehalten. Der Finanzmi nister spricht einmal von Hochbau, aber dabei muss man se hen: Die Hochbaumittel sind in den letzten Jahren gerade ein mal um 20 % angestiegen –

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das war auch nötig! – Weitere Zurufe von der SPD)

aber nicht mehr. Herr Schmiedel, das sind keine dreistelligen Millionensummen. Auch das muss man einmal sehen. Am stärksten steigen die Hochbaumittel im nächsten Jahr, näm lich um 10 %. Das ist die Hälfte des Gesamtanstiegs.

Nun komme ich zum Thema „Infrastruktur und Straßenbau“. Die Erhaltung von Straßen und dergleichen mehr ist wichtig. Prima. Alle gingen davon aus, dass im Straßenbauhaushalt wieder 100 Millionen € enthalten seien. Fehlanzeige! 80 Mil lionen € waren es.

(Zuruf von der SPD: Ach was!)

Jetzt musste der Koalitionsausschuss von SPD und Grünen offensichtlich gestern noch einmal nachbessern, konkret mit weiteren 50 Millionen €. So kann man natürlich auch Politik machen, indem man Haushaltsansätze zunächst gegenüber dem bisherigen Ist kürzt, um dann wieder die Wohltaten zu verkünden und zu sagen: „Die SPD ist die Straßenbaupartei; wir erhöhen die Mittel um 50 Millionen € und verwenden das Geld für Brückensanierungen und dergleichen mehr.“ Das ist doch eine Politik, die durchsichtig ist, die taktisch angelegt ist und die letztendlich jeder Realität entbehrt.

(Beifall bei der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sollen wir jetzt Straßen bauen oder nicht?)

Meine Damen und Herren, das sind die berühmten Sanierun gen.

Dann stehen allgemein – auch das ist interessant – 700 Milli onen € zur Absicherung von Haushaltsrisiken im Haushalt. Es ist ja in Ordnung, wenn ein Finanzminister für die Zukunft vorbaut, aber diese Vorsorge einzupreisen und ihm seitens des Parlaments die Verfügungsgewalt über diese 700 Millionen € zu übertragen, das ist der Gipfel der Unverschämtheit. Das gab es in keinem Jahr der Regierung von CDU und FDP/DVP, nicht einmal in Jahren der Großen Koalition. Das ist ein Selbst bedienungsladen pur für die Regierung.

(Beifall bei der CDU – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Unglaublich!)

Wir werden uns deshalb auch erlauben, diese Mittel zur Ab sicherung allgemeiner Haushaltsrisiken in Höhe von 700 Mil lionen €, die Sie nicht näher benannt haben – jedenfalls im Haushalt ist davon nichts zu lesen –, zur Deckung für unser Konzept heranzuziehen.

Der dritte Punkt, der nicht näher definiert ist, sind 793 Milli onen € im Jahr 2015 und 902 Millionen € im Jahr 2016 glo bale Mehrausgaben für das Personal.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Unglaublich!)

Mit globalen Minderausgaben hatten wir es in der Vergangen heit schon zu tun, aber dass sich die Regierung aus der Ho sentasche heraus einfach einmal eine globale Mehrausausga be genehmigt, ohne das Parlament zuvor im Einzelfall zu fra gen, das ist der Gipfel der Unverschämtheit. 793 Millionen € und gut 900 Millionen €, einfach einmal so pauschal im Haus halt drin! Dafür nehmen wir dann im nächsten Jahr in der Summe noch einmal Schulden von 768 Millionen € auf.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Unglaublich!)

Das ist doch eine unglaubliche Situation, eine Trickserei. So hat man früher auf den Pferdemärkten in Schwäbisch Hall und wo auch immer nicht verhandelt.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, im Täuschen und im Tricksen sind Sie groß, im Setzen echter Schwerpunkte herrscht allerdings Fehlanzeige. Wirtschaftspolitisch haben Sie nichts zu bieten. Das Land Baden-Württemberg besteht bekanntlich nicht nur aus Stuttgart und den Ballungsräumen – Gott sei Dank auch aus diesen –, sondern auch aus großflächigen ländlichen Räu men. Der ländliche Raum hat in Ihrer Rede nicht einmal eine Erwähnung gefunden. Er findet in der Haushaltsrede keinen Niederschlag, auch in der Haushaltspolitik nicht – ganz zu schweigen von der Landwirtschaftspolitik. Minister Schmid würde ja bekanntlich eh gern einmal ein Schwarzwaldtal zu wachsen lassen.

(Unruhe bei der SPD)

Keine Sorge: Das wird mit Ihrer Politik geschehen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Nationalpark!)

Da brauchen Sie keine Sorge zu haben.

Unter diese wichtige Aufgabe fällt natürlich auch die Erschlie ßung der Regionen mit einem Breitbandanschluss, der eine Übertragungsrate von mindestens 50 Mbit/s ermöglicht. Ihre ganzen Vorstellungen zum Thema „Industrie 4.0“ nützen über

haupt nichts, wenn nicht über die Breitbandinfrastruktur die erforderlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Auf die sem Gebiet brauchte es dringend größere Anstrengungen, um das ganze Land zu erschließen, als Sie in diesem Haushalt mit Ihren 34 Millionen € dafür bereitstellen.

Meine Damen und Herren, jetzt muss man sagen: Wir sind besser als die Bayern. Wir haben eine bessere Ausgangslage. Gott sei Dank ist das so. Das ist erstens deshalb der Fall, weil bei uns früher als in Bayern und in anderen Flächenländern Unternehmen investiert haben – auch in den Breitbandausbau –, und das ist zweitens deshalb der Fall, weil die Vorgänger regierung hier im Land bereits in der Vergangenheit einen Schwerpunkt im Bereich des Breitbandausbaus gelegt hat

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

und das Niveau deshalb ein ganz anderes ist.

Jetzt kann man sagen: Den Mitteleinsatz von Bayern brauchen wir nicht – das stimmt auch völlig –, die 1,5 Milliarden €, die die Bayern innerhalb von fünf Jahren hierfür bereitstellen, brauchen wir in Baden-Württemberg gewiss nicht. Aber man braucht mit intelligentem Einsatz und mit intelligenten Kon zepten bestimmt ein Viertel bis ein Drittel davon, um BadenWürttemberg auf einen Stand zu bringen, dass überall eine Übertragungsrate von 50 Mbit/s möglich ist. Das ist die Her ausforderung, und dieser Herausforderung haben Sie sich nir gendwo gestellt. Davon ist nicht ansatzweise etwas zu spüren. Ihr Minister zieht mit einer Lustlosigkeit sondergleichen durch die Lande und verkündet Sprechblasen, aber es geschieht nichts in diesem Land. Das ist doch die traurige Wahrheit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Mittlerweile protestieren die Tierschützer gegenüber der CDU gegen das verunglückte Jagdgesetz, bei dem man der Fuchs lobby nachgeben würde, und dergleichen mehr.

Ich sage Ihnen einmal zum Naturschutzbereich und zum Tier schutzbereich: Sie kümmern sich um zehn Katzen, die viel leicht – vielleicht; das ist eine rein geschätzte Zahl – von ei nem Jäger erlegt werden, weil sie Singvögel wildern. Aber die Tausende von Tieren, die täglich auf den Straßen transportiert werden, die sind Ihnen wurstegal.

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Ach!)

Sie tun überhaupt nichts in der Frage der Schlachtstättenför derung, in der Frage der Investitionsförderung für Schlacht betriebe,

(Zurufe von den Grünen und der SPD)

um Baden-Württemberg gegenüber anderen Standorten wett bewerbsfähig zu machen.

(Zuruf des Ministers Alexander Bonde)