um hier Ökonomie mit Ökologie zu verknüpfen und zu wis sen: Wo stecken ökonomische Potenziale, wenn wir Natur schutzziele erreichen wollen?
Ferner stärken wir den positiven Umgang mit der Natur. Wir möchten auch in Siedlungsgebieten, in die ja immer mehr jun ge Familien ziehen – in die Ballungsräume –, Naturerfah rungsräume, Naturerlebnisräume einrichten. Wir möchten die ökonomischen und ökologischen Aspekte auch innerhalb der Stadt mit Zielen der Bildungspolitik verbinden, mit Zielen, von denen wir alle immer wieder sprechen – am Sonntag be sonders gern –, dem Trend entgegenwirken zu wollen, dass die Kinder heute mehr Automarken kennen als Tier- oder Pflanzenarten. Wenn wir dem entgegenwirken möchten, müs
sen wir jedoch etwas Haptisches haben, sodass mit den Sin nen gelebt werden kann, und das stärken wir.
Wir integrieren auch den Naturtourismus in die Naturschutz strategie, und es geht nicht um ein Entweder-oder, sondern um „sowohl Tourismus als auch Naturschutz“.
Die CDU hat geredet, wir haben gehandelt. 60 Millionen € wird im Jahr 2016 der Naturschutzhaushalt des Landes um fassen. Wir werden ihn Schritt für Schritt verdoppeln. Wir sind bereits drei von fünf Stufen gegangen. Damit legen wir eine sehr wichtige Grundlage dafür, dass der Naturschutz im Land erfolgreich ist. Wir brauchen nämlich Kröten.
Wir brauchen sie beide, und wir sollten sie nicht gegeneinan der ausspielen, was auf der einen Seite des Hauses sehr gern gemacht wird: die vierbeinigen Kröten oder die Gelbbauch unken, die schwarz-gelben, die wir auch mit schützen, auszu spielen gegen die anderen Kröten, gegen Finanzen und Wirt schaft. Das ist in der Naturschutzpolitik eine Frage des So wohl-als-auch und nicht des Entweder-oder.
Deswegen werden wir einen Schritt weiter gehen und diese innovative Naturschutzstrategie weiter umsetzen. Wir hoffen, viele dieser Maßnahmen, die wir vorgesehen haben, noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen und noch viele weitere in der nächsten.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema, das Sie gewählt haben, ist für uns inhaltlich ein Konsensthema.
Wir sind der Auffassung, dass eine Strategie des Landes Ba den-Württemberg für die Umsetzung von Naturschutzzielen in den unterschiedlichen politischen Gestaltungsbereichen wichtig und vor allem gut und richtig ist.
Die Naturschutzstrategie umfasst die Bereiche des Miteinan ders von Mensch und Natur. Sie gibt Leitlinien für die Ent wicklung der Kulturlandschaft, für den Umgang mit der Na tur, z. B. auch im Siedlungsbau und im Verkehrswegebau, beim Abbau von Rohstoffen, bei der Erfolgskontrolle von Na turschutzmaßnahmen und -zielen, aber auch im Hinblick – Kollege Rösler hat es gesagt – auf die touristische Nutzung und die Verankerung des Naturschutzes in den verschiedenen Ebenen der Bildung. Deshalb ist es richtig, dieses Thema heu te im Plenum zu besprechen und öffentlichkeitswirksam dar zustellen.
Dennoch müssen wir einige Gedanken diskutieren, und ich versuche, sie – im Gegensatz zu Herrn Minister Friedrich ges tern – sachlich darzulegen, ohne jemanden direkt zu verlet zen.
Sie stellen die Naturschutzstrategie als völliges Novum dar, das im Vorfeld, wenn überhaupt, nur rudimentär oder unzu reichend existiert hat. Man hätte hier die Fairness, die Ehr lichkeit besitzen können zu sagen: Ja, das ist eine Strategie, die auf vielen anderen, die davor erstellt worden sind, näm lich 1989, 1999 und zuletzt 2011, aufbaut. Es ist eine sinnvol le und den sich ändernden Ansprüchen der Gesellschaft und den Erkenntnissen der Wissenschaft angepasste Fortschrei bung, eine Weiterentwicklung.
Dinge, die Sie angesprochen haben, Kollege Rösler, und die jetzt Bestandteil der Naturschutzstrategie sind, waren vor fünf, vor zehn Jahren noch nicht in der gesellschaftlichen Diskus sion, teilweise nicht in der Wahrnehmung.
Was wir von der Union unverständlich finden, ist der von Ih nen gewählte Titel der Aktuellen Debatte. Sie sprechen von einer „grün-roten Naturschutzstrategie“. Wir haben eigentlich gehofft und geglaubt, dass es die Naturschutzstrategie des Landes Baden-Württemberg ist und nicht die von zwei Par teien.
Ein derartiges Leitbild soll nämlich die Menschen in BadenWürttemberg einbeziehen und nicht ausgrenzen. Naturschutz hat keine politische Farbe und soll von allen Menschen in sei ner Bedeutung wahrgenommen und vor allem umgesetzt wer den, nicht nur von Grünen und nicht nur von Roten. Er soll auch von denen umgesetzt werden, die die Natur auf unter schiedliche Art und Weise nutzen – Land- und Forstwirte –, die die Streuobstwiesen pflegen, von den Weinbauern, den Winzern, aber auch von denjenigen, die die Natur touristisch nutzen.
Sie haben vorhin die Ökonomie angesprochen. Wenn Sie ir gendwann einmal unter sanftem Tourismus verstehen, den Ur laub zwar zu buchen, aber nicht anzutreten, sind wir auf dem falschen Weg. Man muss wohl irgendwann einmal dahin kom men, das Miteinander und die Multifunktionalität unserer Na tur auch wahrzunehmen. Nur einseitiges Stilllegen sowie Großschutzflächen auszuweisen und sich auf die Kanzlerin zu berufen ist schon ein bisschen zu kurz gesprungen.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Das war nur ein Beispiel! – Zuruf der Abg. Beate Böhlen GRÜNE)
Naturschutz sowie die Bedeutung der Abläufe sollen von den Menschen verstanden werden. Der Naturschutz muss aus un serer Sicht nicht übergestülpt werden, sondern soll vor allem von innen heraus kommen und freiwillig umgesetzt werden.
Diese Anmerkung mache ich auch hinsichtlich Ihrer geplan ten Novellierung des Landesnaturschutzgesetzes. Ich habe jetzt erfahren, dass in die bisherige Diskussion offensichtlich
nur die Naturschutzverbände einbezogen waren. Deswegen möchte ich Ihnen zu bedenken geben: Ein intelligenter und vor allem ein nachhaltiger Naturschutz lebt vom Wollen der Menschen und nicht vom gesetzlich übergestülpten Müssen.
Darüber hinaus gibt es aus unserer Sicht noch ein paar wie auch immer geprägte Fehlentwicklungen, die zu hinterfragen sind, Entwicklungen, die dem Artenschutz nicht wirklich die nen und der Glaubwürdigkeit von so manchem Naturschutz argument nicht unbedingt zuträglich sind.
Ich nenne z. B. die Durchführung von Gentests bei Zauneidechsen auf dem S-21-Gleisbett. Ganz zum Schluss wird versucht, über die Herkunft der Tiere Erkenntnisse zu gewin nen, um dann über deren Schutzwürdigkeit zu richten. Das kann nicht Naturschutz sein.
Ein weiteres Beispiel ist die emotionale Brandmarkung von fremdländischen Tier- und Pflanzenarten. Ich nenne einmal die Douglasie, die Sie gern so gut wie möglich aus den Wäl dern in Baden-Württemberg entfernen wollen. Die Platanen aber – z. B. im Schlossgarten – wollen Sie schützen. Beides sind aber fremdländische Baumarten. Wo machen Sie den Un terschied? Wer richtet? Sitzt hier einer auf dem Thron und sagt: „Gute Pflanze, schlechte Pflanze“? Da müssen wir ein bisschen mehr Ehrlichkeit haben. Denn sonst kommen wir ir gendwann zu einem Punkt, an dem wir die Kartoffel wieder aus Deutschland verbannen müssen. Denn auch sie ist eine eingeführte Pflanzenart.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Eigentlich wis sen Sie es besser, Herr Rapp! – Abg. Dr. Markus Rös ler GRÜNE: Am Ziel vorbei! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)
Eines noch: Wenn wir über Naturschutz und Naturschutzstra tegie reden, sollten wir uns in diesem Haus darüber im Kla ren sein, dass der Naturschutz e i n Bestandteil unserer Ge sellschaft ist, und sollten das auch in die Gesellschaft hinaus spiegeln. Er ist wie das Salz in der Suppe, und man kann, wenn man das richtige Maß verliert, eine Suppe auch versal zen.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Das haben Sie gerade gemacht!)
Vielen Dank. – Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Rapp, man soll etwas dazu beitragen, dass man die Welt in einem besseren Zustand verlässt, als man sie vor gefunden hat. Mit diesem Satz von Bertolt Brecht ist eigent lich auf den Punkt gebracht, was die Naturschutzstrategie des Landes Baden-Württemberg angeht, die sich an alle Bürge rinnen und Bürger, an alle Einwohnerinnen und Einwohner und an alle Gäste in diesem Land richtet. Sie beginnt wie je de gute Strategie mit einer Bilanz, mit einer Bilanz der biolo
gischen Vielfalt in unserem Land. In der Bilanz wird ganz deutlich, dass der Bestand von Tieren und Pflanzen noch im mer abnimmt.
Ganz besonders schlimm ist es im Bereich der geschützten Arten, der Rote-Liste-Arten. 30 bis 40 % der Tiere und Pflan zen der geschützten Arten nehmen zahlenmäßig ab, bei den Fischen sind es 60 %. Bei den Biotoptypen sind es 37 %, und 65 der 166 Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie-Arten sind in ei nem bedauernswerten Zustand. Das zeigt doch deutlich, Herr Rapp: Wir reden hier nicht über das Salz in der Suppe, son dern wir reden hier über eine wesentliche Grundlage in unse rem Land. Ich glaube, mit dieser Handlungsstrategie ist ge nau das richtige Signal an alle gesetzt.
Die Schwerpunkte der Naturschutzstrategie sind benannt. Die Maßnahmen sind zusammengefasst. Es ist ein Strauß von In strumenten. Zum Teil ist es ein Müssen – das ist richtig, weil es manchmal nicht anders funktioniert –, aber in vielen, vie len Fällen ist es ein Angebot, wirklich etwas besser zu ma chen und Natur und Landschaft zu erhalten.
Besonders wichtig ist: Die Strategie beinhaltet auch eine Kon trolle der Umsetzung. Die Landesregierung muss beim Fach ausschuss für Naturschutzfragen des Naturschutzbeirats Re chenschaft ablegen.
In diesem Zusammenhang möchte ich an dieser Stelle allen danken, die sich hauptamtlich wie auch ehrenamtlich an der Umsetzung dieser Strategie beteiligen. Danke!