Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich Herr Minis ter Friedrich und – ab 12:00 Uhr – Herr Minister Dr. Schmid.
Auf Ihren Tischen finden Sie einen Vorschlag der Fraktion GRÜNE für Umbesetzungen im Präsidium sowie im Aus schuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (Anla ge 1). – Ich stelle fest, dass Sie den vorgeschlagenen Umbe setzungen zustimmen.
Meine Damen und Herren, unter Punkt 3 unserer Tagesord nung sind die Zweite und Dritte Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung über die Feststellung eines Dritten Nach trags zum Staatshaushaltsplan von Baden-Württemberg für das Haushaltsjahr 2014 vorgesehen. Sie sind gemäß § 50 Satz 2 unserer Geschäftsordnung mit dieser Fristverkürzung zwischen Zweiter und Dritter Beratung des Gesetzentwurfs einverstanden. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Im E i n g a n g befindet sich die Mitteilung der Landes regierung vom 3. Juni 2014 – Information über Staatsvertrags entwürfe; hier: Entwurf des Sechzehnten Staatsvertrags zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Sechzehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) –, Drucksache 15/5292. Ich schlage vor, diese Mitteilung an den Ständigen Ausschuss zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Aktuelle Debatte – Das Pflegestärkungsgesetz – ein erster Schritt, um gute Pflege zu sichern, gute Arbeit für Pflege fachkräfte zu ermöglichen und die Pflegeinfrastruktur auszubauen – beantragt von der Fraktion der SPD
Das Präsidium hat für die Aktuelle Debatte die übliche Ge samtredezeit von 40 Minuten bei entsprechender Verteilung auf die einzelnen Fraktionen festgelegt. Ich darf die Mitglie der der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorge gebenen Redezeitrahmen zu halten.
Herr Präsident, verehrte Kolle ginnen und Kollegen, meine Damen, meine Herren! Die Ak tuelle Debatte hat ein wichtiges Thema zum Gegenstand. Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland steigt bis 2030 von derzeit 2,5 Millionen auf 3,5 Millionen. 10 % die ser pflegebedürftigen alten Menschen leben in Baden-Würt temberg. Im gleichen Zeitraum nimmt der Bedarf an Pflege kräften allein in unserem Bundesland von 100 000 auf 190 000 Personen zu. Insofern möchte ich die hier anwesenden Schü lerinnen und Schüler darauf hinweisen, dass Berufe in der Kranken- und Altenpflege gute Zukunftsperspektiven haben.
Es ist höchste Zeit, dass der Gesetzgeber auf die angesproche nen Entwicklungen reagiert, und zwar nicht nur wegen der vorliegenden Zahlen, sondern auch deshalb, weil das Thema im Bundesgesundheitsministerium über Jahre hinweg ver schleppt worden ist.
Zur Chronologie – wir erinnern uns –: 2011 rief Bundesge sundheitsminister Philipp Rösler, FDP, das Jahr der Pflege aus, was aber außer ein paar Plakaten und Broschüren ohne jegli che Konsequenzen geblieben ist. 2012 führte Bundesgesund heitsminister Daniel Bahr, FDP, den „Pflege-Bahr“ ein – zu Recht von Fachleuten heftig kritisiert, weil diese staatliche Minimalförderung für die private Pflegeversicherungsleistung die Versorgungslücke im Pflegefall überhaupt nicht schließen kann und vor allem auch weil die lang erhoffte und dringend notwendige Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffs ausge blieben ist.
Die Versäumnisse von Schwarz-Gelb in Sachen Pflegereform waren offensichtlich und nicht mehr wegzudiskutieren. Wir erinnern uns an die Unterschriftenaktionen. Wir erinnern uns an die Demonstrationen der Sozialstationen im letzten Jahr. Deshalb ist es gut, dass die Große Koalition nun endlich den Weg für substanzielle Veränderungen in der Pflege frei ge macht hat.
Der Bundesgesundheitsminister will durch zwei Pflegestär kungsgesetze deutliche Verbesserungen in der pflegerischen Versorgung umsetzen. Das Bundeskabinett hat in der letzten Woche das erste Pflegestärkungsgesetz verabschiedet, das schon zum 1. Januar 2015 eine Ausweitung der Leistungen für die Pflegebedürftigen bringen soll.
Um was geht es? Uns von der SPD geht es vor allem darum, dass gute Pflege etwas mit guter Arbeit zu tun hat. Das gilt
auch für die pflegenden Angehörigen. Wir wollen, dass die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege deutlich verbes sert wird.
Deshalb ist es richtig, dass die Leistungen zur Stabilisierung der häuslichen Pflege – der größte Teil der pflegebedürftigen Menschen wird nach wie vor im häuslichen Umfeld gepflegt – ausgebaut und flexibilisiert werden – Stichworte: Ausbau der Verhinderungs- und der Kurzzeitpflege, Ausbau der Leis tungen für die Tages- und Nachtpflege, Einführung von neu en Entlastungsangeboten, u. a. Hilfen zur Weiterführung des Haushalts. Es ist auch vorgesehen, dass Angehörige eine Lohn ersatzleistung für zehn Tage bekommen, wenn sie eine Aus zeit vom Beruf für Zwecke der Pflege brauchen. Also: gute Arbeit für pflegende Angehörige.
Weiter vorgesehen sind Zuschüsse für Umbaumaßnahmen zum Zwecke der Barrierefreiheit sowie der Ausbau der För derung alternativer Wohnformen. Das ist für uns in BadenWürttemberg besonders wichtig, weil wir mit unserem Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz
die Voraussetzungen geschaffen haben, dass neue Wohnfor men geschaffen werden können. Wenn dafür ein bisschen Geld vom Bund bereitgestellt wird, ist das gut für uns.
Die SPD will aber auch, dass die Menschen, die in der Pflege – Krankenpflege, Altenpflege – tätig sind, gute Arbeitsbedin gungen vorfinden. Deshalb ist es ganz wichtig, dass die Be treuungsangebote in den stationären Pflegeeinrichtungen mit dem Pflegestärkungsgesetz ausgedehnt und verbessert wer den sollen. 500 Millionen € pro Jahr sind vorgesehen. Damit können bis zu 45 000 Stellen für Betreuungskräfte in voll- und teilstationären Einrichtungen geschaffen werden. Das verbes sert zum einen den Pflegealltag der zu pflegenden Menschen, und es entlastet die Pflegefachkräfte und sorgt für eine Ver besserung ihrer Arbeitsbedingungen.
Nicht zuletzt gehört aber auch die Frage der Bezahlung der Pflegekräfte zu diesem Thema. Deshalb ist uns wichtig, dass die Leistungsbeiträge zukünftig dynamisiert werden sollen.
Noch ein Satz zur Finanzierung: Es ist vorgesehen, die Bei träge für die Pflegeversicherung ab 2015 um 0,3 Beitrags punkte und im zweiten Schritt noch einmal um 0,2 Beitrags punkte zu erhöhen. Eine Erhöhung um 0,5 Beitragspunkte ist sicher zumutbar, sicher angemessen. Ob sie ausreichend ist, bleibt abzuwarten; da würde ich ein Fragezeichen setzen.
Was fehlt? Wie in dem Titel der Aktuellen Debatte formuliert, ist das Pflegestärkungsgesetz ein erster Schritt zur Sicherung guter Pflege. Insofern muss es weitergehen. Es fehlt insbeson dere noch die Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffs. Die ist versprochen, und wir werden dafür sorgen, dass dieses Ver sprechen im Zuge des zweiten Pflegestärkungsgesetzes ein gehalten wird. Dieser Pflegebedürftigkeitsbegriff soll und muss sich am individuellen Unterstützungsbedarf der zu pfle
genden Menschen orientieren. Es geht also um die Frage: „Wofür benötigen die zu Pflegenden Unterstützung?“ und nicht um die reine Abarbeitung von Pflegeleistungskatalogen. Wir werden genau hinschauen, dass dieser Pflegebedürftig keitsbegriff angemessen reformiert wird.
Ferner muss es darum gehen, dass die Situation der Pflege kräfte weiter verbessert und die Attraktivität dieses Berufs ge steigert werden kann. Ich habe schon gesagt: Ein deutlicher Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen bringt mit sich, dass bundesweit 500 000 zusätzliche Pflegefachkräfte gebraucht werden. Schon jetzt sind wir in der Situation, dass auf 100 freie Stellen nur 40 Bewerberinnen und Bewerber kommen. Insofern müssen die Leistungserhöhungen, die vorgesehen sind, in hinreichendem Maß auch bei den Beschäftigten an kommen. Es geht um eine leistungsgerechte Bezahlung. Hier sind natürlich auch die Sozialpartner in der Pflicht.
Die Neuorganisation der Ausbildung in den Pflegeberufen muss in Angriff genommen werden. Das Schulgeld für die Pflegeschulen ist nach wie vor ein Anachronismus. In BadenWürttemberg haben wir bereits im Jahr 2006 eine Umlagefi nanzierung eingeführt; die funktioniert. Deshalb ist die aktu elle Initiative von Manuela Schwesig richtig, die darauf zielt, dass auch in anderen Bundesländern dieses Schulgeld abge schafft wird.
Wir wollen, dass mit der Ausbildungsreform auch eine ge meinsame Grundausbildung für alle Pflegeberufe eingeführt wird und erst später dann die Spezialisierung in Alten-, Kran ken- oder Kinderkrankenpflege erfolgt. Wir wollen auch, dass zusätzliche Mittel für Umschulungsmaßnahmen und für Wei terbildung eingestellt werden. Nicht zuletzt ist auch wichtig, das Image der Pflege zu verbessern. Da könnte unsere Image kampagne in Baden-Württemberg durchaus vorbildhaft sein.
Insofern lohnt sich auch beim Thema „Entwicklung der Pfle ge“ sicher immer wieder ein Blick nach Baden-Württemberg, insbesondere dann, wenn wir jetzt alle zusammen in der Pfle geenquete weiter gehende Vorschläge unterbreiten werden.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich möchte mich zunächst einmal bei der SPD-Landtagsfraktion dafür bedanken, dass sie das The ma Pflegestärkungsgesetz auf die Tagesordnung der heutigen Plenarsitzung gesetzt hat.
Ein Stück weit sind wir auch stolz darauf, dass sich jetzt die SPD Baden-Württemberg über die Leistungen und Erfolge ei nes CDU-geführten Bundesministeriums definiert.
Der Arbeitskreis Soziales der CDU-Landtagsfraktion hat am kommenden Freitag im direkten Gespräch mit Bundesgesund heitsminister Hermann Gröhe die Gelegenheit, Ihren Dank und Ihre Anerkennung persönlich weiterzugeben. Das sichern wir zu.
Um was geht es bei dem Pflegestärkungsgesetz konkret? Es geht um die generelle Anhebung der Pflegeleistungen um 4 %, um die Senkung des Betreuungskräfteschlüssels – bisher kam eine Betreuungskraft auf 24 Pflegebedürftige; jetzt soll das Verhältnis 1 : 20 betragen, was konkret eine deutliche Entlas tung der Pflegekräfte bedeutet –, die Ausweitung der Betreu ungsleistungen auch auf ambulant Pflegebedürftige, den Aus bau und die flexiblere Nutzung sowie die Kombination von Kurzzeit- und Verhinderungspflege mit Tages- und Nachtpfle ge, die Erhöhung des Zuschusses für häusliche Baumaßnah men, die Einführung einer zehntägigen Lohnersatzleistung, wenn eine akute Pflegesituation eintritt, und auch die Einfüh rung eines Pflegevorsorgefonds für die Jahre ab 2035.
Es ist also ein ganzer Strauß von Maßnahmen im Gesamtvo lumen von ca. 3,5 Milliarden €. Das Ziel ist, die Pflegeleis tungen generell anzuheben, sie auszubauen und flexibler nut zen zu können, die häusliche Pflege – Sie haben es gesagt: diese macht immer noch den großen Anteil bei der Pflege aus – zu stärken, die Angehörigen und genauso die Pflegekräfte zu entlasten.