Protocol of the Session on July 28, 2010

Das Problem ist nun, dass die vorgesehene Absenkung der Ta rife für die Nutzung von Oberflächenwasser genau in die ge genteilige Richtung zielt. Statt die Lenkungswirkung, die die Wasserrahmenrichtlinie fordert, zu stärken, nimmt die Regie rung eine Kürzung der Tarife vor. Sie halbiert den Tarif für die sonstige Nutzung von Oberflächenwasser. Hiervon profi tieren – so steht es in der Begründung des Gesetzentwurfs – die Energiewirtschaft, das verarbeitende Gewerbe und die Ge winnung und Verarbeitung von Steinen und Erden – allesamt erfolgreiche Lobbyisten in Baden-Württemberg. Wir hatten schon vorhin einen Tagesordnungspunkt, bei dem das deut lich wurde.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Arbeitsplatzgeber! – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Der Kühlwassertarif wird, statt angehoben zu werden – wie wir es beantragen –, durch Rundung gesenkt. Würde man ihn wenigstens auf dem gleichen Niveau halten wollen, müsste im Übrigen zumindest ein Inflationsausgleich vorgenommen werden.

Es ist immer die Rede von Wettbewerbsnachteilen, die die Energiewirtschaft in Baden-Württemberg gegenüber der in anderen Bundesländern wie Rheinland-Pfalz angeblich hat. Bitte schauen Sie einmal, wo derzeit neue Kohlekraftwerke im Bau sind. Wenn ich mir die Landesgrenze zu RheinlandPfalz anschaue, sehe ich auf der baden-württembergischen Seite zwei Baustellen, aber keine Baustelle in RheinlandPfalz. Ich halte dieses Argument deshalb für vorgeschoben

oder zumindest für überschätzt. Das Wasserentnahmeentgelt ist schon heute so niedrig, dass es bei Standortentscheidun gen offenbar keine Rolle gespielt hat.

(Beifall bei den Grünen)

Sie geben mit Ihren Tarifen auch keinerlei Anreiz, den Was serverbrauch für die Kühlung, der in Baden-Württemberg drei Viertel des Volumens aller Wasserentnahmen ausmacht, ab zusenken.

(Beifall bei den Grünen)

Dies wäre jedoch – gerade in Zeiten des Klimawandels – drin gend nötig.

Nun zum zweiten Teil unseres Änderungsantrags. Wir wollen eine klare Zweckbindung für die aus dem Wasserentnahme entgelt erzielten Einnahmen. Bislang versickern sie irgendwo im Landeshaushalt. Das steigert nicht gerade die Akzeptanz der Regelung, und es entspricht auch nicht dem Geist der Was serrahmenrichtlinie.

(Zuruf von der CDU)

Dass es auch anders geht, machen andere Bundesländer vor. Ich habe auch heute kein überzeugendes Argument gegen die Zweckbindung gehört.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten – Abg. Albrecht Fischer CDU: Sie sind halt schwer zu überzeugen!)

Das Hauptargument lautet: „Wir machen es so, weil wir es schon bisher so machen. Warum sollten wir es ändern?“ Ich sage Ihnen: Schon wegen der Akzeptanz der Regelung soll ten Sie etwas ändern. Denn die Entnehmer haben natürlich ei ne größere Bereitschaft, zu zahlen, wenn sie wissen, dass es dem Gewässerschutz und nicht einfach nur der Sanierung des Haushalts zugutekommt.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Winfried Scheuermann CDU)

Punkt 3: Man hat den Eindruck, dass Sie die Wasserversorger bei der Ermäßigungsregelung einfach vergessen haben. Na türlich gibt es Maßnahmen, die die Wasserversorger im Sin ne eines vorsorgenden Grundwasserschutzes ergreifen kön nen und auch schon ergreifen. Sie gehen über die landeswei ten Regelungen – Stichwort SchALVO – hinaus. Es gibt sehr wohl regionalisierte Konzepte für optimierte Ackernutzung, für die Umwandlung von Acker in Grünland. In den Einzugs gebieten gibt es eine diesbezügliche Zusammenarbeit von Wasserversorgern und Landwirtschaft. Wir brauchen diese Konzepte. Denn die SchALVO ist, wie wir seit Jahrzehnten sehen, eben nicht in der Lage, das Problem der Nitratbelas tung flächendeckend in den Griff zu bekommen.

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Das stimmt auch nicht!)

Denn sonst hätten wir nicht weiterhin Sanierungs- und Prob lemgebiete.

Die entsprechenden Bemühungen der Wasserversorger sind deshalb notwendig. Wir wollen das fördern, und wir wollen deshalb den Wasserversorgern dieselben Ermäßigungsmög lichkeiten geben wie der Industrie und dem Gewerbe.

Ich bitte Sie deshalb – man gibt die Hoffnung ja nicht auf – um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. Die neue Re gelung kann dadurch nur besser werden.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf der Abg. Beate Fau ser FDP/DVP)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich Herrn Abg. Ehret das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Entsprechend der Wichtigkeit des Gesetzes ha ben wir sowohl im Ausschuss als auch im Plenum sehr aus führlich darüber diskutiert. In Anbetracht der fortgeschritte nen Zeit werde ich mich nicht zu den Änderungsanträgen äu ßern. Wir werden ihnen nicht zustimmen. In der Argumenta tion folge ich dem Kollegen Scheuermann.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der CDU: Sehr gut!)

Ich möchte die wesentlichen Punkte des Gesetzes kurz zusam menfassen. Als Ziel hatten wir eine Optimierung der Len kungswirkung. Dieses Ziel wurde insbesondere auch im Be reich der Wirtschaft erreicht. Die Möglichkeit, einen Ökobo nus in Höhe von bis zu 25 % zu erhalten, schafft für die Un ternehmen einen Anreiz, in Umwelttechnik und ökologische Maßnahmen zu investieren und damit die Höhe des Wasser pfennigs selbst unmittelbar zu beeinflussen. Dies halte ich für einen sehr guten und nachhaltigen Ansatz. Dies zeigt auch, wie Ökologie und Ökonomie sinnvoll verknüpft werden kön nen.

Des Weiteren hat ein guter ökologischer Zustand der Gewäs ser und des Allgemeinguts Wasser für uns oberste Priorität. Das neue Gesetz bringt Rechtssicherheit. Wir wissen auch, dass es sehr hohe Forderungen der Wirtschaft befriedet. Es entsteht eine Haushaltssicherheit durch Einnahmen nach Ge setzesbeschluss in Höhe von etwa 70 Millionen € für ökolo gisch sinnvolle und auch von Ihnen, Frau Dr. Splett, nicht be strittene Maßnahmen des Landes. Wir werden keine Mehrbe lastung für private Haushalte haben. Ein Vierpersonenhaus halt zahlt etwa 10 € pro Jahr.

Durch Erhöhung der Bagatellgrenzen erfolgt eine Vereinfa chung des Gesetzes und ergibt sich eine gewisse Entbürokra tisierung. Das ist uns auch wichtig.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

Auch hinsichtlich der Nutzung des Oberflächenwassers ent steht eine Entbürokratisierung. Denn es besteht nur noch ei ne Gebühr. Wir unterstützen die Landwirtschaft, weil der Was serpfennig bei Beregnung wegfällt.

Die Wasserrahmenrichtlinie der EU fordert eine Finanzierung von Wasserschutzmaßnahmen und zwingt zum Handeln. Wir folgen dem. Das heißt, Frau Dr. Splett, die Ausgaben werden dadurch in Zukunft steigen. Das wissen wir alle. Wir haben schon bisher das Entgelt für die Maßnahmen, die Sie fordern, verwendet.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Aber nicht zweck gebunden und nicht zielgerichtet!)

Deshalb ist Ihre Forderung, eine Zweckbindung der Einnah men aus dem Wasserpfennig zwingend im Gesetz festzu schreiben, überflüssig, weil die Ausgaben für die Maßnahmen, die wir teilweise aufoktroyiert bekommen, die wir aber auch mittragen, weit höher sind als die Einnahmen aus dem Was serpfennig. Die Realisierung Ihrer Forderung nach einer wei teren Erhöhung des Wasserpfennigs – das ist im Ausschuss ausführlich behandelt worden – würde rechtliche Unsicher heiten mit sich bringen.

Meine Damen und Herren, Fazit: Gewässergüte und Grund wasser sind für uns ein sehr hohes Gut. Wir alle miteinander müssen dieses Gut weiterhin bestmöglich schützen und die Ressourcen schonen. Ich denke, wir sind europaweit auf ei nem guten Weg.

Darüber hinaus werden wir im Parlament künftig dennoch weiter zu diskutieren haben, wie wir unser wichtigstes und im Grunde billigstes Lebensmittel, das Wasser, weiter schützen können. Wir werden beispielsweise nicht nur im europäischen Rahmen über die Wasserrahmenrichtlinie zu diskutieren ha ben. Wichtig sind uns auch regionale Ansätze wie die verstärk te Verwendung und Vorbehandlung der Gülle aus der Land wirtschaft in Biogasanlagen oder eine Förderung der Mecha nisierung im Sinne der Ökologie. Dies werden Themen sein, die wir gemeinsam weiterverfolgen.

Die FDP/DVP-Fraktion wird dem vorliegenden Gesetzent wurf zustimmen.

Eines noch, weil Sie, Frau Dr. Splett, vorhin Nitrat in Sanie rungsgebieten angesprochen haben. Wir haben in meiner Hei matgemeinde einen Sanierungsgebietsversuch gemacht. Wir haben festgestellt, dass die Landwirtschaft sehr gut mitgespielt hat.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig!)

Wichtig ist – das wissen Sie auch –, dass es sich um einen sehr langwierigen Prozess handelt. Insofern muss man etwas Ge duld haben.

(Zuruf der Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE)

Es dauert eben 10, 15 oder 20 Jahre, bis sich der Nitratgehalt im Grundwasser verringert hat. Insofern muss ich der Land wirtschaft auch ein Kompliment machen. Sie hat hier sehr gut mitgespielt. Die Landwirte wissen mittlerweile, dass sie auch betriebswirtschaftlich in vernünftiger Weise düngen müssen. Nur diejenigen, die in vernünftiger Weise düngen und Dün gepläne haben und nach Bodenproben genau wissen, was der Boden braucht, können heute im Wettbewerb der Landwirt schaft noch bestehen. Insofern hat auch in diesem Bereich ein Umdenken stattgefunden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregie rung erteile ich Frau Ministerin Gönner das Wort.

(Abg. Dieter Ehret FDP/DVP nimmt das am Redner pult bereitgestellte Glas Wasser mit zu seinem Abge ordnetenplatz und trinkt daraus einen Schluck. – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Wasserentnahmeentgelt! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Er hat Wasser entnom men, Herr Präsident! – Weitere Zurufe)

Ich gehe davon aus, lieber Herr Ehret, dass derjeni ge, der das Wasser produziert hat, auch das notwendige Was serentnahmeentgelt entrichtet hat, wenn er es aus dem Grund gewonnen hat. Insofern tun Sie quasi gerade etwas für die Ein nahmen des Landes.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie entscheiden heute über die Weiterentwicklung des Wasserentnahmeentgelts, das landläufig als Wasserpfennig be zeichnet wird. Das Wasserentnahmeentgelt hat sich als öko nomisches Lenkungsinstrument nun schon seit mehr als 20 Jahren bewährt. Wir waren die Ersten, die diesen Weg gegan gen sind – im Übrigen auch mit der entsprechenden rechtli chen Überprüfung. Es hat der Ressource Wasser als öffentli chem Gut einen Preis gegeben.

Das Aufkommen aus dem Entgelt bot die Grundlage für ei nen vorsorgenden Schutz des Grundwassers in Wasserschutz gebieten, und zwar – ich komme später darauf zurück – auch ohne Zweckbindung.

Von der vorliegenden Neuregelung gehen drei Kernbotschaf ten aus:

Erstens: Wir wollen Rechtssicherheit für die Unternehmen und Verwaltungen hinsichtlich der im Laufe der Zeit immer umstritteneren Frage einer Ermäßigung herstellen.

Zweitens: Mit einem Ökobonus wollen wir allen Unterneh men eine faire Chance bieten.

Drittens gilt das Prinzip: Ermäßigung nur gegen eine nachge wiesene Gegenleistung.