Protocol of the Session on July 28, 2010

(Lachen bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Das, was Sie, meine Damen und Herren, hier machen, geht schlicht und ergreifend nicht – um dies einmal klipp und klar zu sagen.

Zur Sache: Die Forderung der Opposition nach Entlassung von Minister Stächele im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Vorbereitung von Auskiesungsmaßnahmen am Oberrhein ist absurd und maßlos überzogen, meine Damen und Herren.

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Ich habe, um dies klipp und klar zu sagen, volles Vertrauen zu meinem Finanzminister. Sie greifen zu verbalen und zu pole mischen Rundumschlägen, weil Ihnen sachliche Argumente offenkundig fehlen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Die Landesregierung hat sich eines sehr, sehr komplexen Sachverhalts in all seinen Facetten intensiv angenommen und dabei auch die Erfordernisse des Landeshaushalts genau in den Blick genommen. Es geht immerhin um Sachverhalte und Verpflichtungen, die das Land 80 Jahre lang vertraglich bin den werden. Das macht man nicht mit links, sondern das schaut man sich genau an und redet auch mit Unternehmen, die daran interessiert sind oder entsprechende Verantwortung zu tragen gedenken.

Es spricht für Ihre Unkenntnis,

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Warum ist Fleischer nicht mehr im Amt?)

wenn Sie nun von Organisationsverschulden reden. Wir ha ben in den vergangenen Monaten eine, wie ich finde, beispiel lose Offenheit gezeigt und dem Landtag die vorhandenen Ak ten vollständig vorgelegt, was wir im Übrigen nicht hätten tun müssen – um auch dies einmal klipp und klar zu sagen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Der einzige Vorteil ist, dass offensichtlich auch für die Oppo sition deutlich geworden ist, dass die mit der Auskiesung zu sammenhängenden schwierigen Sachlagen insbesondere hin sichtlich Hochwasserschutz, Ökologie und Finanzierung in tensiv beraten wurden und darüber nach Vorlage von Gutach ten, u. a. des Rechnungshofs, sachlich und unverzüglich ent schieden worden ist.

Deshalb haben Sie entgegen meiner Aufforderung gerade kei nen Untersuchungsausschuss eingesetzt. Denn Sie wissen ge nau, dass nichts zu finden ist und es keines Untersuchungs ausschusses bedarf. So haben sich weder der Kollege Stäche le noch – im Übrigen – der Kollege Fleischer etwas zuschul

den kommen lassen, was nicht legitim, nicht legal oder Ähn liches gewesen wäre.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Warum ist Fleischer dann nicht mehr da? – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Es gibt kein Fehlverhalten der betroffenen Personen. Deshalb haben Sie auch keinen Untersuchungsausschuss eingesetzt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Ihr Entlassungsantrag ist aus diesen Gründen nicht nur wider sprüchlich,

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: War Herr Fleischer amtsmüde?)

sondern er ist schlicht und ergreifend auch fauler Budenzau ber.

Herr Kollege Stächele ist seit knapp zwölf Jahren als Staats sekretär und als Minister in der Landesregierung von BadenWürttemberg aktiv. Er übt sein Ministeramt mit großer Erfah rung und hervorragend aus.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das muss er ablesen!)

Sein Ministerium ist das viertgrößte Ressort des Landes mit mehr als 21 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Fi nanzverwaltung.

Der Kollege Stächele hat mein Vertrauen; er hat das Vertrau en der Landesregierung, und er hat das Vertrauen der diese Landesregierung tragenden Fraktionen. Deshalb wird er im Amt bleiben.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich nach § 82 Abs. 4 der Geschäftsordnung Herrn Abg. Schmiedel das Wort.

(Oh-Rufe von der CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das erklärt einiges!)

Danke. – Herr Präsident, ver ehrte Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Rülke! Die Er folgsquote unserer Anträge auf Ministerentlassung ist ausge sprochen hoch, insbesondere bei FDP-Ministern.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Auch auf dieser Seite hat der eine oder andere schon einmal den Platz gewechselt – nicht sofort, aber dann doch.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ja, irgend wann nach vielen Jahren! Das ist schon klar! – Zu ruf: Altershalber!)

Herr Ministerpräsident, nicht wir, die SPD, waren es, die Herrn Fleischer angezeigt haben. Das waren nicht wir. Sie sa gen, wir schießen aus allen Rohren, nur damit geschossen wird. Es war ein CDU-Kreisvorsitzender als Nachfolger von Herrn Fleischer, der ihn angezeigt hat. Dies führte zu einem Verfahren, das dann gegen Auflage eingestellt wurde.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Wiederum ganz, ganz tief, jawohl! Schmuddel-Schmiedel! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch im Zusammenhang mit der „Kies-Affäre“. Dies ist eine eigenständige Handlung der Staatsanwaltschaft, die offensichtlich genügend Anhaltspunk te findet, um da genauer hinzusehen. Nachdem ermittelt wird, ist völlig klar, dass derjenige, der in dieser Affäre der Haupt belastete ist, vor einem Untersuchungsausschuss die Aussage verweigern würde. Herrn Stächele zu vernehmen hat ohnehin keinen Sinn; er sagt sowieso: Ich wusste von nichts.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen)

Wir haben alle Akten gesehen; wir behaupten gar nicht, dass man uns Akten vorenthalten hat. Wir haben Anträge gestellt, haben Sachverhalte aufgeklärt. Deshalb sind wir mit den par lamentarischen Möglichkeiten, die wir eingesetzt haben, im Ergebnis zu dem Bericht gekommen, der den Ablauf, die Be wertung und die Schlussfolgerungen auflistet.

Jetzt mache ich den Unterschied zu dem deutlich, was Sie zur Entlastung anführen. Sie sagen, Herr Fleischer habe sich ja nur für die heimische Industrie, für die regionale Kieswirt schaft eingesetzt, und das sei doch ganz legitim. Der Kern punkt, um den es ging, war, dass die regionale Kiesindustrie reklamiert hat: Das gesamte Kiesgeschäft gehört uns. Dage gen stand als Landesinteresse, als Bundesinteresse die Kom binationslösung mit der Geschiebezugabe.

Der ganze Streit ging über Jahre hinweg darüber, diese Kom bilösung zu verhindern. Alle Beamten im Finanzministerium, alle Beamten im Umweltministerium, die Gewässerdirektion, alle Bundesbehörden waren aufgrund ihrer Berechnungen und Analysen der Meinung, dass diese Kombilösung die einzig sinnvolle ökonomische und ökologische Lösung war. Nur Herr Fleischer hat blockiert. Jetzt erzählen Sie mir, das sei al les nur aus Lokalpatriotismus geschehen. Man wollte das Kiesgeschäft einer bestimmten Gruppe zuordnen und hat da bei das Landesinteresse verletzt.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Ich kann auch aus einem Vermerk des Bundesverkehrsminis teriums zitieren,

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Machen Sie es doch!)

in dem darauf hingewiesen wird, dass das Bundesverkehrs ministerium einen Brandbrief nach Baden-Württemberg schickt, weil es dort nur einen einzigen gibt, der alles blo ckiert, was auf Arbeitsebene vernünftig erarbeitet wurde, und zwar Staatssekretär Fleischer.

Aber auch auf Landesebene gibt es dazu Hinweise. Im August 2009 gab es im Finanzministerium auf Arbeitsebene eine E-Mail, in der es wörtlich hieß:

Die Intentionen von Herrn Staatssekretär Fleischer soll ten nach unserer Auffassung aus rechtlichen und wirt schaftlichen Gründen nicht weiterverfolgt werden.

Aus dem Innenministerium gibt es einen Vermerk für Herrn Staatssekretär Köberle, in dem darauf hingewiesen wird, dass

jede Verzögerung dazu führe, dass die Verwendung des Kies materials aus dem Rückhalteraum erst zu einem späteren Zeit punkt die unwirtschaftliche Verwendung von Fremdmaterial ersetzen könne. Weiter heißt es wörtlich:

Durch die Verzögerung steigen die Realkosten der Ge schiebezugabe um etwa 735 000 €, die Barkosten um et wa 375 000 €.

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Alle, die damit befasst waren – fragen Sie einmal Herrn Kö berle, fragen Sie Ihre Umweltministerin –, alle, auch Sie, wa ren der Meinung, dass das, was Herr Fleischer will, aus öko nomischen Gründen, aus ökologischen Gründen und vor al lem aus rechtlichen Gründen überhaupt nicht geht.

Es geht nicht. Man hat es immer nur vor sich hergeschoben und gesagt: „Ja, da gibt es doch eine alte politische Zusage an die Kiesindustrie. Jetzt müssen wir einmal schauen, ob wir sie nicht doch erfüllen können.“ Es war kein uneigennütziges In teresse. Es war ein höchst eigennütziges Interesse, das gegen das Landesinteresse gestellt wurde. Das hat zu jahrelanger Verzögerung geführt.

Wenn es eine Ministerverantwortung gibt, dann kann sich ein Minister aus diesem Thema nicht nach dem Motto „Ich lasse ihn einmal werkeln“ herausreden. Seine eigenen Beamten ha ben in Dutzenden von Fällen widerlegt, dass es überhaupt möglich ist, dass es sinnvoll ist. Nichts ist geschehen. Er hat es laufen lassen. Das hat zu Verzögerungen und zum Schaden für das Land Baden-Württemberg geführt. Deshalb ist der Ent lassungsantrag berechtigt, meine Damen und Herren.