Protocol of the Session on July 13, 2010

Heute geht es nochmals konkret u. a. – wohlgemerkt; damit will ich auch eines der Aufregerthemen gleich vorweg auf greifen – um die Anpassung der Diäten. Der heutigen Tages presse können wir schon entnehmen, dass die Medien dies

entsprechend begleiten werden. Die Überschriften bringen al lerdings leider nicht zum Ausdruck, dass es sich um eine um fassende Reform handelt, die Verschlechterungen, aber auch Transparenz und Klarstellungen beinhaltet. Vielmehr finden sich ausschließlich Überschriften wie „Landtag erhöht die Di äten“ oder „Mehr Netto für Abgeordnete“.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Negativ presse! Haben Sie etwas anderes erwartet?)

Meine Damen und Herren, mit der Erhöhung der Diäten, die wir vom Grundsatz her gemeinsam befürwortet haben, wird unseres Erachtens dem Wechsel zum Vollzeitparlament Rech nung getragen. Sie hält jeglichen Vergleichen mit anderen Landesparlamenten in Deutschland allemal stand.

Bei dem Maßstab, den wir uns dabei vorgenommen haben – das sind die Regelungen für die Kollegen in Bayern –, brau chen wir uns mit der inhaltlichen Arbeit überhaupt nicht zu verstecken. Das will ich ausdrücklich sagen. Ich sage noch einmal und unterstütze auch, was der Kollege von der CDU gesagt hat: Wir bewegen uns nicht auf dem Niveau von Bay ern. Vielmehr bleiben wir ausdrücklich hinter ihm zurück,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Inhaltlich sind wir vor ihnen!)

weil wir unser eigenes System entwickelt und dies 2007 so vereinbart haben.

Was uns in diesem Zusammenhang – hin zum Vollzeitparla ment, Erhöhung der Diäten – allerdings auch ganz gut zu Ge sicht stehen würde, wäre die Öffentlichkeit der Ausschusssit zungen. Diese regeln wir nicht im Abgeordneten- oder im Fraktionsgesetz. Vielmehr wird auch dies noch eine künftige Aufgabe im Rahmen der Fortschreibung unserer Geschäfts ordnung sein. Die Kolleginnen und Kollegen könnten näm lich im Rahmen der Sacharbeit insgesamt unter Beweis stel len, dass sie in fachlich geprägten Auseinandersetzungen in den Ausschüssen ihrer Arbeit und ihrer Aufgabe als Mandats träger auch gerecht werden.

Ich will ganz offen sagen: Jede Kollegin und jeder Kollege sollte sich verpflichtet fühlen, der Erhöhung der Diäten – ab der neuen Legislaturperiode wohlgemerkt – mit der Wahrneh mung der Aufgaben eines Abgeordneten auch gerecht zu wer den. Das soll heißen: Eigentlich muss für jede Abgeordnete und jeden Abgeordneten klar sein, dass der Arbeitsschwer punkt tatsächlich in der Ausübung des Mandats liegt.

Die Regelung der Amtszulagen war der SPD – ich glaube, al len Fraktionen – ein wichtiges Anliegen. Denn gerade diese Regelung hat in der Vergangenheit immer wieder auch zu Dis kussionen geführt.

Jetzt wurde eine Lösung gefunden, die – dies ist, glaube ich, unstrittig – der Rechtsprechung des Bundesverfassungsge richts gerecht werden wird und auch für jeden Bürger nach vollziehbar ist. Ich glaube, dies ist uns ganz gut gelungen. Ich will eindeutig sagen: Es ist auch klar, dass z. B. bei der Ver schiebung von finanziellen Regelungen, die bisher im Frakti onsgesetz stehen, in das Abgeordnetengesetz – die Fraktions vorsitzenden oder die parlamentarischen Geschäftsführer be treffend – eine Reduzierung der nach dem Fraktionsgesetz zu gewährenden Mittel und damit der Fraktionszuschüsse erfol

gen sollte, ja erfolgen muss. Das ist für uns überhaupt keine Frage.

Meine Damen und Herren, die Neuregelung der Aufwands entschädigung, insbesondere der Pauschalen, dient einer an gestrebten größeren Transparenz gegenüber der bisherigen Regelung.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Die Spitzabrechnung von Fahrt- und Übernachtungskosten, die wir vornehmen werden, wird zwar einen deutlich höheren Verwaltungsaufwand mit sich bringen, aber im Sinne einer nachvollziehbaren Abrechnung und, wenn man so will, der Gleichstellung auch mit Arbeitnehmern ist die Regelung zu begrüßen. Wir schaffen mit dieser neuen Regelung – zumin dest wurde das in der Öffentlichkeit gelegentlich so diskutiert – ein vermeintliches Privileg ab.

Wir halten auch die Sonderaufwandsentschädigungen für be rechtigt. Denn mit der Wahrnehmung von herausgehobenen Positionen sind auch Aufwendungen verbunden – ich glaube, dies kann niemand ernsthaft bestreiten –, die auch dement sprechend abgegolten werden können.

Folgendes wurde bisher nicht diskutiert oder auch nicht so sehr in Augenschein genommen: Mit den Änderungen, die wir jetzt vornehmen, beziehen wir auch die eingetragenen Le benspartnerschaften in die Regelungen zur Absicherung von Hinterbliebenen ein. Übergangsgeld, Gesundheitsschäden und Tod, Überbrückungsgeld und Hinterbliebene: Der Landtag ist mit den diesbezüglichen Regelungen – nicht in Deutschland, aber im Land Baden-Württemberg – Vorreiter. Ich bitte die Regierungsfraktionen, dass das, was wir jetzt ins Gesetz schreiben, auch im Zusammenhang mit der Dienstrechtsre form seine Anwendung findet.

Die Regelung der Altersversorgung ist ein ganz wesentlicher Teil der Parlamentsreform. Der immer wieder öffentlich the matisierten Kritik an Politikerpensionen kann nun ein wirk lich transparentes System entgegengehalten werden, das un ter dem Strich – auch das will ich an dieser Stelle noch ein mal deutlich sagen – eine Verschlechterung für alle neuen Ab geordneten bedeutet. Ich glaube, das Parlament leistet mit die ser Regelung auch einen zeitgerechten Beitrag zur zukünfti gen Haushaltslage unseres Landes.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss: Wir sind im Jahr 2007 – ich wiederhole mich da – gemeinsam angetre ten, um eine umfassende Parlamentsreform auf den Weg zu bringen. Wir von der SPD-Fraktion haben den gemeinsam ein geschlagenen Weg bisher nie verlassen. Sie von CDU und FDP/DVP sind ausgeschert, als es um das Thema „Wahlrecht und Wahlkreise“ ging. Ich will eindeutig wiederholen: Wir von der SPD-Fraktion haben an dieser Gemeinsamkeit fest gehalten, und mit der Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf unterstreichen wir, dass wir zum Erreichen der Ziele Verfas sungskonformität, rechtliche Klarstellung und Transparenz ei nen wesentlichen Beitrag geleistet haben. Wir sind auch be reit – das will ich deutlich sagen –, gemeinsam das zu verant worten, was jetzt versucht wird, in der Öffentlichkeit wieder zur Diskussion zu stellen.

Ich will Sie unterstützen, Herr Kollege Dr. Schüle: Auch wir finden es bedauerlich, dass bei den Summen, über die wir

sprechen, die bis vor wenigen Tagen auf der Ebene der Frak tionsvorsitzenden einvernehmlich diskutiert wurden und die letztendlich im Gesetzentwurf ihren Niederschlag gefunden haben, eine Fraktion diesen gemeinsamen Weg jetzt anschei nend wieder verlässt.

Wir jedenfalls werden der Änderung des Abgeordnetengeset zes und des Fraktionsgesetzes zustimmen.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Bauer für die Fraktion GRÜNE.

(Zuruf von der CDU: Mönchlein, du gehst einen schweren Gang!)

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Parlamentsreform, insbeson dere der Abschied vom Teilzeitparlament, ist uns als Fraktion GRÜNE ein wichtiges Anliegen. Wir haben ein großes Inter esse daran, sämtliche Bausteine der Parlamentsreform ge meinsam in diesem Haus auf den Weg zu bringen. Wir haben nach wie vor auch ein Interesse daran, mit allen Fraktionen dieses Hauses gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten, wie Funktionszulagen verfassungskonform gesetzlich geregelt, transparent gestaltet und ihre Zahlungen begrenzt werden kön nen.

Allerdings – Kollege Gall, Sie wissen das sehr genau –: Die Vorbereitung dieses heute vorliegenden Gesetzentwurfs war alles andere als transparent; sie war im Hinblick auf die Be teiligung der Fraktionen alles andere als klar. Nicht umsonst musste unsere Fraktion heute Morgen eine Sondersitzung ein legen,

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Das ist Ihr Pro blem! – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

damit man überhaupt über die aktuelle Fassung des Gesetz entwurfs beraten konnte.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Effekthascherei!)

Seit die Fraktion GRÜNE Dissens in einzelnen Punkten an gemeldet hat, war sie von der Beratung de facto ausgeschlos sen. Aber sei’s drum.

Reden wir über das, was Sie von der CDU, der FDP/DVP und der SPD heute hier vorgelegt haben. Wir können als Fraktion GRÜNE den vorliegenden Entwurf nicht mittragen, weil er – ich will Ihnen erläutern, warum wir das so sehen – in wesent lichen Punkten dem Geist unserer gemeinsam getragenen Par lamentsreform widerspricht.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das stimmt nicht!)

Ich werde es Ihnen erklären.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Warum haben Sie das nicht vorher gesagt? Sie sagen das heute, weil Sie Effekthascherei betreiben wollen!)

Nein. Sie haben mich nie vorher gefragt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir haben im Prä sidium darüber gesprochen!)

Nein, im Präsidium haben wir in der Sache nie darüber ge redet.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ihr Fraktionsvor sitzender ist dabei gewesen!)

Jetzt hören Sie mir einmal gut zu. Wir haben bezüglich der Parlamentsreform von Anfang an gesagt: Wir machen eine Reform beim Übergang zum Vollzeitparlament, indem wir die Bezüge für die Vollzeitparlamentarier in der aktiven Zeit er höhen und im Gegenzug die Altersversorgungsbezüge senken. Dieses Prinzip ist richtig und sinnvoll. Es ist aber mit dem, was hier heute vorliegt, durchbrochen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Inwiefern? War um? Das müssen Sie erläutern!)

Das ist der wesentliche Grund, warum wir sagen: So kann man nicht agieren.

(Beifall bei den Grünen)

Lassen Sie es mich im Einzelnen erläutern. Fraktionsvorsit zende, Präsidenten und parlamentarische Geschäftsführer sollen zusätzlich zu den Funktionszulagen, die auch nicht schlecht ausgestattet sind, Sonderaufwandsentschädigungen erhalten. Das ist der erste Punkt, der mit dem verabredeten Prinzip nicht konform ist, der übrigens auch mit der Entschei dung des Bundesverfassungsgerichts – entweder Funktions zulagen oder Aufwandsentschädigungen – nicht überein stimmt. Wir verabschieden eine Regelung, die Amtszulagen bzw. Funktionszulagen plus Sonderaufwandsentschädigungen vorsieht. Diese Doppelung ist falsch und völlig überflüssig. Wir plädieren dafür, die Sonderaufwandsentschädigungen schlicht zu streichen.

(Beifall bei den Grünen)

Zweitens: Die Funktionszulagen – ich greife jetzt den Gedan ken von eben auf –, die nach dem Abgeordnetengesetz für be sondere Funktionen und Ämter gewährt werden, sollen nach dem vorliegenden Entwurf ruhegehaltsfähig werden und auch in der Altersversorgungspauschale berücksichtigt werden. Das widerspricht aber völlig dem Prinzip, das wir verabredet ha ben, nämlich der besseren Ausstattung in der aktiven Phase und im Gegenzug einem Abschmelzen bei der Altersversor gung.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Genau!)

Warum in aller Welt soll künftig ein Fraktionsvorsitzender bei der Altersversorgungspauschale nicht etwa 1 500 €, sondern 3 500 € und ein bisschen mehr erhalten? Dies widerspricht völlig dem Prinzip, das wir verabredet haben. Diese Regelung ist nicht nachvollziehbar, und wir können sie den Bürgerin nen und Bürgern nicht erklären.

Dasselbe gilt übrigens für die parlamentarischen Geschäfts führer. Wir können das nicht rechtfertigen. Es widerspricht der Grundidee unserer gemeinsam verabredeten Parlaments reform.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Wir halten das für nicht angemessene zusätzliche Abfindun gen und Vergütungen für diejenigen, die Spitzenpositionen in den Fraktionen wahrnehmen.