Protocol of the Session on July 13, 2010

Europarechtliche Angelegenheiten, liebe Kollegen – das hat das gesamte Haus so gesehen –, haben uns aber bewogen, die se Reform mitzutragen und auch mitzugestalten. Dabei war uns klar, dass die Sicherung der Altersversorgungsanwart schaften für die Notare eine zentrale Aufgabe ist. Die betei ligten Notare wollten dies selbst im Notargesetz geregelt wis sen. Unsere Fraktion ist dagegen der Auffassung, dass wir das im Dienstrechtsreformgesetz, das nun auch in Kürze im Ple num beraten wird, regeln sollten. Wir wollten einfach keine Sonderregelung für eine Beamtengruppe, sondern Regelun gen für alle Beamtengruppen in einem Gesetz.

Dennoch möchten wir klare Aussagen machen – ich kann auch sagen: eine Protokollerklärung abgeben; aber ich habe mich beim Präsidium erkundigt; dies zählt genauso, als wenn man das hier in seiner Rede vorträgt; das muss man nicht noch be sonders betonen –: Die Fraktion der CDU und die Fraktion der FDP/DVP stimmen dem Gesetzentwurf der Landesregie rung zu

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Wir haben keine Protokollerklärung!)

das brauchen wir auch nicht –, obwohl darin keine Bestim mungen zur Trennung der Alterssicherungssysteme enthalten sind. Allerdings ist diesbezüglich zeitnah eine klare Regelung für das Gelingen der Notariatsreform entscheidend. Wir ge hen davon aus, dass die Bestimmungen zur Trennung der Al terssicherungssysteme für alle Beamten im Rahmen der un mittelbar bevorstehenden Reform des öffentlichen Dienst rechts verabschiedet werden. Deshalb brauchen wir im jetzt vorliegenden Gesetzentwurf keine notarspezifische Regelung.

Sollte es wider Erwarten – aber das wäre schon gewaltig – nicht zeitnah zu einer entsprechenden Regelung im Rahmen der Reform des öffentlichen Dienstrechts kommen,

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Das wäre echt ge waltig!)

bestünde ein notarspezifischer Regelungsbedarf, ein akuter gesetzgeberischer Handlungsbedarf.

Die CDU-Fraktion spricht sich zudem dafür aus, den im Lan desdienst verbleibenden Bezirksnotaren und Notarvertretern ab 2018 eine angemessene Stellenzulage zu gewähren, sofern diese eine herausgehobene Tätigkeit wahrnehmen. Notare sind sehr sachkompetent. Sie sind im Betreuungsbereich tätig. Im württembergischen Rechtsgebiet kann man die Geschäfte im Betreuungsbereich weiterhin im gewohnten Umfang durch die Notare erledigen lassen. Die Notare sind hier sehr ge schult. Deshalb sind sie auch in der Lage, die gesamten Auf gaben wahrzunehmen. Deshalb halten wir die Gewährung ei ner angemessenen Stellenzulage für sachgerecht. Der Herr Minister hat vorhin ausgeführt, dass ca. 180 Notare davon be troffen sein werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen natürlich, dass viele Betroffene eine vollständige Kompensation der Notar anteile wollen. Dies ist aber rechtlich nicht geboten und auch tatsächlich nicht möglich, da die Notaranteile nicht zur Besol dung gehören und daher auch das Alimentationsprinzip nicht verletzt wird.

Das Ziel muss sein, dass möglichst viele Notare Freiberufler werden – das kann man ganz klar sagen – und damit natürlich auch die Landeskasse entlasten. Würden wir den Beamtensta tus noch attraktiver machen, wollte so gut wie kein Notar mehr Freiberufler werden. Dann wäre die Reform wahrschein lich gescheitert. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann kein Parlamentarier, egal, welcher Fraktion er angehört, wol len.

Auch die von den künftigen Freiberuflern noch gewünschte staatliche Beihilfe in der Krankenversicherung wäre aus un serer Sicht systemwidrig, da auch jeder andere Freiberufler selbst für seine Krankenversicherung sorgen muss.

Lassen Sie mich noch klar sagen: Bei ehrlicher Betrachtung darf man auch feststellen, dass manches freiberufliche Nota riat eine wahre Goldgrube für seinen Inhaber sein wird, da 80 Millionen € an ehemals staatlichen Einnahmen nun priva tisiert werden.

(Zuruf des Abg. Klaus Herrmann CDU)

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion hat sich größte Mühe gegeben, den Betroffenen gerecht zu werden. Ich ken ne kein Gesetzesvorhaben, das öfter behandelt wurde oder umstrittener oder schwieriger war. Ich denke, wir haben hier alles getan, was wir tun konnten. Eigentlich war der Gesetz entwurf schon einmal zur Behandlung im Plenum vorgese hen; er wurde damals wieder zurückgezogen. Aber ich denke, wir sind jetzt auf dem richtigen Weg.

Zum vorliegenden Gesetzentwurf gibt es auch wenig Alterna tiven. Unsere Fraktion wird dem Gesetzentwurf zustimmen und dankt dem Justizministerium für die Wahrnehmung der

nicht einfachen Aufgabe, die Gesetzesgrundlage zu erarbei ten. Wir freuen uns auf eine sachliche Aussprache im Ständi gen Ausschuss.

Besten Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP: Sehr gut!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Stickelberger das Wort.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Das ist ein Bade ner!)

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Dieses Jahrhundertwerk, das wir jetzt beraten, war natürlich eine schwierige Geburt für die Koaliti onsfraktionen. Herr Kollege Hitzler, Sie haben das erwähnt. Wenn man schon ein so bedeutendes Reformwerk ins Gesetz gebungsverfahren bringt, gehört es sich, dass man alles vom Gesetzgeber regeln lässt und nicht auf irgendwelche Proto kollnotizen verweist. Herr Minister, entschuldigen Sie, aber ich habe heute dazugelernt.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Da ist der Minister!)

Ich sehe ihn. – Uns liegt jetzt ein Gesetzentwurf vor; dann gibt es Protokollnotizen der Fraktionen, und dann gibt es noch den Verweis auf künftige Gesetze. Dieses legislative Wischi waschi widerspricht jeder bisherigen Tradition. Das machen wir nicht mit.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Thomas Oelmay er GRÜNE)

Mit diesem Gesetzentwurf wird natürlich die Rechtszersplit terung in Deutschland – Sie haben darauf hingewiesen – im Notarwesen beendet. Das ist auch gut so. Das ist ein System wandel, und Baden-Württemberg ist da in Zukunft in der Tat keine Insel mehr, sondern passt sich dem einheitlichen Recht in Deutschland an. Nach einer Phase eines unausgereiften Mischsystems zwischen beamteten und freiberuflichen Nota ren – ein Mischsystem, das auch Ihre Amtsvorgängerin schon verfolgt hat und an dem Sie schon im Vorfeld beteiligt waren – kommen wir jetzt zu einer einheitlichen Lösung. Mithilfe des Bundes kommen wir jetzt zu einer vernünftigen Regelung und verhindern einen Mischmasch an Systemen, wie er frü her bestanden hat und in Ihren früheren Gesetzgebungsvorha ben angelegt war. Wir sehen auch die europarechtlichen Vor gaben, die uns dazu zwingen. Wir wissen: Der Preis dafür ist hoch: der Verzicht auf Gebühren, die dem Landeshaushalt bis her zugeflossen sind.

Wir als Opposition messen diese Reform natürlich an Maß stäben. Da sind für uns Bürgerfreundlichkeit und Servicever besserung, die Standorttauglichkeit und die damit verbunde ne Bürgernähe – insbesondere was das Grundbuch angeht; ich komme darauf zurück –, sozialverträgliche Rahmenbedingun gen – insbesondere beim Übergang ins freie Notariat, aber auch bei der Frage des Rechts derjenigen, die im Staatsdienst verbleiben – und Kostentransparenz maßgeblich. Wenn man diese Maßstäbe zugrunde legt, gibt es aus unserer Sicht mas sive Kritikpunkte. Die darf ich kurz erwähnen.

Wir dürfen es nicht so weit kommen lassen, dass das beste hende Notariatssystem langsam ausblutet. Es bedarf auch hier einer verlässlichen finanziellen und personellen Ausstattung, insbesondere für die Übergangsphase. Das wird uns sicher im Ausschuss noch beschäftigen. Sie haben dazu einzelne Aspek te schon genannt, die wir noch im Einzelnen diskutieren müs sen. Wir haben in diesem Zusammenhang auch die Kompen sation wegfallender Gebühren, von denen insbesondere die Notare bisher profitiert haben.

Wir haben beim Grundbuch das Problem der Standorte. Da ist mit uns nicht zu spaßen. Wir halten es nach wie vor für nicht angezeigt, etwa das Grundbuchamt von Mannheim nach Tauberbischofsheim zu verlegen. Es gibt aus unserer Sicht keine sachlichen Gründe dafür, auch wenn Sie, Herr Minis ter, das immer relativieren.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Hören Sie sich vor Ort um. Fachleute vor Ort, die Beteiligten vor Ort, die dort mit dem Grundbuch Erfahrungen haben, hal ten das für eine geradezu katastrophale Entwicklung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Der Hintergrund dieser Standortbestimmung ist ja kein sach licher, sondern es war ein Kompromiss zwischen den Koali tionsfraktionen,

(Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE)

im Kuhhandel mit der Schulverwaltung und der Flurneuord nung hier neue Standorte für die Grundbuchämter festzule gen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Keine Beleidigung des Viehhandelsgeschäfts!)

Wenn als Begründung angeführt wird, man wolle mit dieser Grundbuchamtsreform den ländlichen Raum stärken, dann muss ich Sie, Herr Minister, schon fragen: Wird der ländliche Raum gestärkt, wenn das Grundbuchamt von Stuttgart nach Böblingen verlegt wird – da habe ich doch meine Zweifel – oder wenn das Grundbuchamt für einen großen Bereich in Zu kunft – was sicher den Kollegen Oelmayer freut – in Ulm an gesiedelt sein wird? Eine Stärkung des ländlichen Raums kann ich bei dieser Maßnahme beim besten Willen nicht erkennen.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Natürlich ist Ulm ländlicher Raum! – Gegenruf des Abg. Peter Hofe lich SPD: Das Zentrum des ländlichen Raums!)

Zur Mitnahme der erworbenen Ansprüche der Notare wurde schon einiges gesagt. Wir werden auch diesen Punkt im Aus schuss noch einmal kritisch hinterfragen. Ich glaube, es wäre angezeigt gewesen, hier eine klare Regelung zu schaffen und nicht auf das allgemeine Beamtenrecht, dessen Änderung noch bevorsteht, zu verweisen. Denn im allgemeinen Dienst recht gibt es Regelungen für den Fall, dass ein Beamter frei willig aus dem öffentlichen Dienst ausscheidet. Das werden Einzelfälle sein. Hier hingegen haben wir einen Systemwan del; eine ganze Berufsgruppe wird in eine freiberufliche Tä tigkeit überführt. Das kann man sicher nicht mit dieser Rege lung im allgemeinen Dienstrecht vergleichen, von der wir auch noch nicht einmal wissen, wie sie genau aussieht. Sie wurde ja noch nicht beraten.

Besonders stört uns natürlich, dass die Kosten der Notariats reform im Gesetzentwurf überhaupt nicht erwähnt werden, obwohl der Rechnungshof das ausdrücklich gerügt hat.

(Abg. Winfried Mack CDU: So ist es!)

Wir fordern hier von Ihnen Kostentransparenz. Die Kosten müssen auf den Tisch.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ein letzter Satz zu den Grundakten. Auch zu den Hybridak ten, die es künftig geben wird, werden wir kritische Nachfra gen stellen. Für eine solide Bearbeitung im Rechtsverkehr ist der uneingeschränkte Zugriff auf die Grundakten unerlässlich. Daran halten wir fest. Auch dazu erwarten wir noch Erklärun gen von Ihnen.

Insgesamt: Die Zielsetzung dieses Gesetzes tragen wir – ich habe es eingangs gesagt – mit. Daran führt kein Weg vorbei. Es ist ein langer Weg bis zum Jahr 2018; in dieser Übergangs zeit müssen verlässliche Bedingungen geschaffen werden.

Im Ausschuss werden wir kritische Fragen stellen, und die Standortfrage ist für uns die Gretchenfrage. So, wie die Re gelungen jetzt vorgesehen sind, so, wie manche Bestimmun gen in diesem Gesetzentwurf im Einzelnen noch aussehen, werden wir ihm nicht zustimmen. Um uns eine Zustimmung zu ermöglichen, müssten Sie gewaltig nachbessern.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Oelmayer das Wort.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jetzt kommt Zustim mung! – Gegenruf des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Aus der Tiefe des Raumes!)

Herr Präsident, meine Da men und Herren! In der Tat beraten wir heute ein Gesetzes vorhaben zu einem Thema, das mich – nachdem ich dem Landtag 14 Jahre lang angehöre – auch schon seit 14 Jahren beschäftigt, nämlich zum Notariatswesen in Baden-Württem berg, also in Baden und in Württemberg.

An dieser Stelle sei zunächst einmal die Frage gestattet, wie so das Gesetzesvorhaben schon einmal auf der Tagesordnung stand und dann wieder von der Tagesordnung genommen wur de. Wenn ich mir den vorliegenden Gesetzentwurf anschaue, stelle ich fest, dass sich im Vergleich zu dem vorherigen Ge setzentwurf eigentlich nichts geändert hat, außer dem, was Kollege Stickelberger schon eingewandt hat: Es gibt jetzt Pro tokollnotizen. Das ist allein deswegen ein merkwürdiges Ver fahren, weil jedenfalls mir und uns als Oppositionsfraktion insgesamt keine Protokollnotiz vorliegt und wir uns insofern natürlich auch nicht darauf verständigen können. Denn auf et was, was wir nicht wissen, können wir uns auch nicht verstän digen.