Das haben Sie nicht gemacht, sondern Sie haben damals Rest laufzeiten von etwa 20 Jahren für notwendig befunden.
Warum? Weil man nicht so einfach aussteigen kann, weil es unverantwortlich wäre, so einfach auszusteigen. Nur hatten Sie damals offensichtlich die höhere Weisheit, zu wissen: Ge nau 2022 ist das Jahr, zu dem man endgültig aussteigen kann. Meine Damen und Herren, diese hohe Weisheit haben wir nicht.
(Abg. Stephan Braun SPD: Das ist richtig! Die habt ihr nicht! – Zurufe der Abg. Claus Schmiedel und Rainer Stickelberger SPD)
Wir sind zwar mit Ihnen der Meinung, dass wir die Atomtech nologie als Brückentechnologie brauchen. Aber wir wissen nicht genau, wie lange es dauert, bis wir mit den regenerati ven Energien so weit sind. Wir wissen auch nicht, wie lange es dauert – Stichwort Klimaschutz, Herr Kollege Hauk –, bis wir nicht mehr vor der Notwendigkeit stehen, mit fossilen Energieträgern das auszugleichen, was wir auf anderem Weg nicht gewinnen können.
Es ist auch interessant – zum Thema Zickzackkurs –, jetzt die grüne Position zum Thema Energieimporte hier in diesem Haus zu erleben. Die ganze Zeit werfen Sie uns vor, wir täten hier am Standort Baden-Württemberg zu wenig für den Aus bau der Windenergie, es müssten viel mehr Windräder in Ba den-Württemberg entstehen. Gleichzeitig erzählen Sie uns am heutigen Tag aber hier, es wäre doch völliger Quatsch, die Energiepolitik nun standortbezogen zu sehen.
Kollege Untersteller kommt in einer Kurzintervention zu dem Ergebnis: Wir müssen dort, wo es Sinn macht – an der Nord seeküste –, On- und Offshorewindparks bauen und dann den Strom nach Baden-Württemberg importieren.
Diese Position kann man einnehmen. Aber warum sind Sie dann so scharf darauf, Windräder in Baden-Württemberg zu etablieren, wenn Sie uns erzählen, das wäre nicht so wichtig?
Wenn wir beides brauchen, dann stellt sich aber die interes sante Frage: Warum können Sie dann ausgerechnet auf die Atomenergie verzichten, wenn wir beides brauchen, die stand ortbezogene Energieproduktion und die Energieproduktion außerhalb Baden-Württembergs für den Import nach BadenWürttemberg?
Offensichtlich ist es so, dass wir, wenn nicht genügend Wind räder entstehen, eine Energielücke haben, dass wir aber, wenn Atomkraftwerke abgeschaltet werden, keine Energielücke ha ben.
Ja, Sie haben völlig recht. Es wird allmählich diffus und ei genartig, mit welchem Zickzackkurs Sie gerade in der Ener giepolitik versuchen, die Landesregierung anzugreifen.
Wir können gern über die Frage reden und darüber streiten, ob der Bundesrat zu beteiligen ist oder nicht. Meinetwegen können Sie auch eine andere Position als Kollege Hauk ein nehmen, der es folgendermaßen sieht: Wenn man ein Gesetz damals nicht durch den Bundesrat bringen musste, muss man es auch heute nicht durch den Bundesrat bringen.
Es mag durchaus sein, dass es Gründe gibt, auch den Bundes rat damit zu befassen. Aber das Interessante daran ist, dass Sie und auch Herr Beck in Rheinland-Pfalz die Verfassungsklage schon ankündigen, bevor Sie überhaupt wissen, wie das Ge setz aussieht. Das ist das Interessante. Deshalb geht es auch gar nicht um das Grundgesetz – das ist eine erneute Heuche lei –, sondern es geht einfach darum, das Bundesverfassungs gericht dazu zu missbrauchen, Ihre Politik möglichst durch zusetzen.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Was haben Sie für eine Vorstellung vom Bundesverfassungsgericht? Das ist ja unglaublich!)
Unglaublich ist auch das, was Sie, Herr Schmiedel, hier an diesem Rednerpult zum Thema „Mehrwertsteuersatz für Ho telübernachtungen“ herumgeeiert haben. Da haben Sie erst einmal zehn Minuten lang Pirouetten geschlagen, bis Sie über haupt einmal zum Thema gekommen sind. Sie haben die hal be CDU zitiert und sind dann – durchaus zu Recht – zu dem Ergebnis gekommen, zu sagen:
Es gibt gute Argumente dafür, diese Mehrwertsteuerabsen kung zu machen, weil man auf europäischer Ebene Wettbe werbsgleichheit will; es gibt aber natürlich auch Argumente dagegen, beispielsweise ordnungspolitisch möglichst wenig Ausnahmen beim Mehrwertsteuersatz anzustreben. Das ist ei ne Position, die wir teilen. Das Interessante ist allerdings, dass Ihre Partei und auch die Grünen diese Diskussion seit Mona ten dazu missbrauchen, zu sagen: Das Dümmste, was jemals in Deutschland gemacht wurde, war diese Subvention für die Hoteliers.
Das wird von Ihnen – gerade auf Bundesebene – in einer be merkenswerten Art und Weise als Hetzkampagne betrieben.
(Oh-Rufe von der SPD und den Grünen – Wider spruch bei der SPD und den Grünen – Abg. Reinhold Gall SPD: Es gibt viele in der Bundesregierung, die der gleichen Auffassung sind!)
Offensichtlich sind Sie hierbei anderer Auffassung als wir. Das honoriere ich, das respektiere ich. Dass Sie allerdings ei ne Viertelstunde dazu gebraucht haben, dies zuzugeben, zeigt,
Dann haben Sie der Kultusministerin und auch mir vorgewor fen, es gäbe gar keine Reformen, es gäbe ein Reformmorato rium.
Es wäre völlig idiotisch, mitten in einem Reformprozess, wie beispielsweise bei der Etablierung der Werkrealschule, von einem Reformmoratorium zu sprechen. Was nicht notwendig ist – das meinte sie –, ist ein unausgesetztes und fortdauern des Anwachsen von zusätzlichen Schulversuchen. Von Ihnen wird beispielsweise auch immer wieder in die Diskussion ge bracht, man brauche einen Schulversuch für das neunjährige Gymnasium. Diesen Schulversuch gab es schon, jahrhunder telang. Wir haben jetzt das G 8 eingeführt und brauchen kei ne Schulversuche für ein neunjähriges Gymnasium. Für so et was brauchen wir ein Moratorium.
(Abg. Norbert Zeller SPD: Wir sprechen nicht von einem Schulversuch für ein neunjähriges Gymnasi ums, sondern darüber, dass ein solches möglich sein sollte!)
Wir brauchen aber keines für die Umsetzung der Werkreal schule. Hierbei sind wir auf einem guten Weg. Über dieses Thema sind wir an der einen oder anderen Stelle auch inner halb der Koalition durchaus in der Diskussion – hier wird wohl noch einiges nachjustiert werden –, aber an dieser Stel le von einem Reformmoratorium zu sprechen, geht völlig fehl.
Auch die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten hat deutlich gemacht, dass an verschiedenen Punkten im Bereich der frühkindlichen Bildung, gerade im Grundschulbereich, Reformen auf den Weg kommen werden. Es ist also keines wegs so, dass von einem Reformstopp gesprochen werden könnte oder dass die Kultusministerin überhaupt nicht han deln dürfte – das ist völlig falsch –, sondern – dazu bekenne ich mich erneut – es ist so: Die Reformen, die Sie wollen, wol len wir nicht.
Wenn Sie uns jetzt vorwerfen, wir stünden nicht zum Orien tierungsplan, dann sage ich Ihnen: Wir haben gemeinsam mit den Kommunen einen guten Kompromiss entwickelt.
Das ist ein Kompromiss, der von den Kommunen mitgetra gen wird. Damit machen wir deutlich, dass wir zu unserer Ver antwortung im Bereich des Orientierungsplans stehen. Wir unterstützen dies. Hierbei gibt es überhaupt kein Wackeln. Aber die Kommunen müssen natürlich ihren Beitrag einbrin gen. Ich sage Ihnen: Wir werden gemeinsam mit den Kom munen in diesem Land auch im Bereich des Orientierungs plans weiter vorankommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Da mit ist die Aktuelle Debatte unter Tagesordnungspunkt 1 er ledigt.
Aktuelle Debatte – Die schwarz-gelbe Bundesregierung kürzt die Straßenbaumittel für Baden-Württemberg – Wann endlich handelt die Landesregierung? – beantragt von der Fraktion der SPD
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die ein leitenden Erklärungen der Fraktionen fünf Minuten, im Übri gen je fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde; die Gesamtdauer für diese Aktuelle Debatte beträgt 40 Minuten.
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Nachdem nun beim Tagesordnungspunkt 1 fast alle Themen mit Ausnahme des Verkehrs angesprochen worden sind, möchte ich mich sehr eng auf dieses Thema be schränken, damit der Zeitrahmen eingehalten wird. Ich finde, es ist eine parlamentarische Disziplin, eine Fähigkeit und Fer tigkeit, in einem vorgegebenen Zeitrahmen seine Argumente vorzubringen. Ich möchte das den Kolleginnen und Kollegen einmal mehr demonstrieren.