Protocol of the Session on May 6, 2010

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, Sie machen der Opposition den Vorwurf, dass sie feststellt, dass Sie keine Instrumente gegen den Flächenfraß entwickelt haben. Es ist aber tatsächlich so. Das einzige Regulierungsinstrument, das Sie entwickelt ha ben, sind diese Hinweise. Kaum waren die Hinweise auf dem Markt, sind sie wieder als unverbindlich – Sie schreiben in Ih rer Stellungnahme zum Antrag Drucksache 14/4287, sie sei en nicht rechtsverbindlich – zurückgenommen worden.

(Zuruf des Ministers Ernst Pfister)

Sie sind am 6. November 2007 vom Kabinett aufgefordert worden, zu prüfen, ob die Zuständigkeit für die Genehmigung von Flächennutzungsplänen zusammengeführt werden kann, um die Zuständigkeiten zu straffen. Sie schrieben 2009, dass diese Überprüfung noch nicht abgeschlossen sei.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das muss halt inten siv geprüft werden!)

Das muss intensiv geprüft werden. Genau. „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“, sagt man dazu.

Das Einzige, was ich heute von der Sprecherin der FDP/DVPFraktion gehört habe, Herr Kollege Kluck, war, man sollte die Gewerbesteuer abschaffen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Genau! Das ist der erste Schritt!)

Da gebe ich Ihnen recht. Wenn Sie die Gewerbesteuer abschaf fen, dann werden die Gemeinden keine Gewerbegebiete mehr ausweisen, dann wird der Flächenverbrauch ein wenig gerin ger werden.

(Beifall bei der SPD – Abg. Thomas Blenke CDU: Was war jetzt die Botschaft?)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE meldet sich.)

Frau Abg. Dr. Splett. Sie haben noch 50 Sekunden Redezeit.

Das schaffe ich locker.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Jetzt noch 40!)

Die Regierung, insbesondere der Wirtschaftsminister, hat ge sagt, sein Erfolgsausweis sei, dass der Flächenverbrauch auf nur noch 8,2 ha pro Tag zurückgegangen ist. Ich frage mich, wo denn da der kausale Zusammenhang sein soll. Wir haben den Eindruck, dass dieser Trend eher mit der konjunkturellen Entwicklung zusammenhängt als mit den Maßnahmen, die die Landesregierung ergriffen hat.

Dies erinnert mich ein bisschen an die Geschichte von dem angeblichen Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Storchenpopulationen und dem Geburtenrückgang. Nur weil sich irgendeine Zahl in eine bestimmte Richtung entwickelt, besteht noch lange kein kausaler Zusammenhang.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Fried rich Bullinger FDP/DVP)

Soweit ich weiß, hat die Mehrheit der baden-württembergi schen Gemeinden kein Baulückenkataster. Ich hätte dazu gern die genauen Zahlen gehört.

Die Stellungnahmen der Landesregierung zu den beiden An trägen sind nun schon ein Jahr alt. Ich habe die Bitte, dass Sie uns für die Beratungen im Ausschuss noch Aussagen zu Ihren Erfahrungen mit den Hinweisen zur Plausibilitätsprüfung übermitteln.

Danke.

(Beifall bei den Grünen)

Wünscht noch je mand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren, die Antragsteller beider Anträge haben die Überweisung an den Umweltausschuss gewünscht. – Sie sind damit einverstanden. Es ist so beschlossen.

(Zuruf des Abg. Winfried Scheuermann CDU)

Damit ist Punkt 9 der Tagesordnung erledigt.

Meine Damen und Herren, bevor wir zu Punkt 10 der Tages ordnung kommen, begrüße ich auf der Zuhörertribüne sehr herzlich den Generalkonsul der Vereinigten Staaten von Ame rika, Herrn Edward Alford.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Herr Alford ist seit dem 19. August 2009 im Amt des US-Ge neralkonsuls in Frankfurt am Main tätig und stattet dem Land tag von Baden-Württemberg heute seinen Antrittsbesuch ab.

Vor seiner Entsendung nach Frankfurt war er als Stabschef im Außenministerium in Washington D. C. tätig. Herr Alford ver steht unsere Sprache sehr gut: Er war mit dem US-Militär be reits in den Jahren 1975 und 1976 in Augsburg stationiert und arbeitete dort als Übersetzer für Deutsch.

Sehr geehrter Herr Generalkonsul Alford, ich wünsche Ihnen weiterhin einen angenehmen Aufenthalt, viele informative Ge spräche und schöne Tage.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Europaausschusses zu der Mitteilung der Landesregierung vom 16. Dezember 2009 – Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegenhei ten; hier: Grünbuch zur Europäischen Bürgerinitiative – Drucksachen 14/5506, 14/6059

Berichterstatter: Abg. Peter Hofelich

Das Präsidium hat für die Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Blenke für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Mit dem Vertrag von Lissabon wird ei ne neue Form der Bürgerbeteiligung an der Politikgestaltung der Europäischen Union eingeführt. Es handelt sich um die Europäische Bürgerinitiative. Sie macht es möglich, dass Bür gerinnen und Bürger der Europäischen Union an die Europä ische Kommission herantreten und sie auffordern können, Vorschläge und Initiativen einzubringen. Mit dieser Europä ischen Bürgerinitiative wird also die Möglichkeit eingeführt, ein Thema bei den Entscheidungsträgern der EU zu initiieren. Darin liegt ein entscheidender Unterschied zu einem Bürger entscheid; denn es geht nicht um das Ersetzen einer Sachent scheidung, sondern um das Anregen einer Befassung.

Die CDU begrüßt die Europäische Bürgerinitiative. Jedes In strument, das dazu beitragen kann, Europa stärker und posi tiv in das Bewusstsein der Bürger zu rücken, ist begrüßens wert. Die Erwartungen hieran sind sicherlich hoch. Die EU soll damit demokratischer, bürgernäher und transparenter wer den. Der Bundesrat hat in seinem Beschluss hierzu Folgendes formuliert: Er sieht „neue Chancen der Herausbildung einer echten europäischen Öffentlichkeit“.

Die Europäische Bürgerinitiative ist also ein konkreter Bei trag, Europa seinen Bürgern näherzubringen.

Meine Damen und Herren, das ist der positive Grundansatz.

Ein paar Sätze zu den Einzelheiten und zu den Punkten, bei denen für uns noch die eine oder andere Frage offen ist. Zu nächst ist wichtig: Mit dieser Bürgerinitiative dürfen nur The men initiiert werden, die eindeutig in den Zuständigkeitsbe reich der EU-Kommission fallen. Das ist wichtig, denn sonst entstünde eine Hintertür, durch die die Subsidiarität ausgehe belt werden könnte.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das wollen wir nicht!)

Wir werden das genau beobachten. – Das wollen wir nicht; da sind wir uns völlig einig, lieber Kollege Walter.

Einerseits muss die Europäische Bürgerinitiative für die Bür ger natürlich einfach und unbürokratisch ermöglicht werden; auf der anderen Seite sollte sie auch für die Behörden in der Umsetzung unbürokratisch sein, sonst würde sie kontrapro duktiv wirken. Da gibt es noch einige Fragezeichen. Einen der Punkte nenne ich nachher.

Voraussetzung für eine solche Europäische Bürgerinitiative ist, dass eine Million Staatsangehörige aus mindestens einem Drittel der Mitgliedsstaaten die Initiative unterstützen. Für je den Mitgliedsstaat – also national – gibt es eine Mindestzahl, ein Quorum. In Deutschland liegt das – ich erspare Ihnen jetzt die Berechnungsmethode – bei 72 000 Unterschriften.

Über Details dazu wird gestritten; darüber kann man auch streiten. Entscheidend ist aber, dass dieses Instrument nicht für singuläre Interessen einzelner Mitgliedsstaaten miss braucht werden kann. Deswegen halten wir insbesondere die Voraussetzung, mehrere Staaten – ein Drittel – dabei zu ha ben, für sehr wichtig.

Teilnehmen kann nach unserem nationalen Verständnis und Recht, wer bei den EU-Wahlen wahlberechtigt ist. Problema tisch – das ist ein Punkt, den wir mit Fragezeichen versehen – könnte die Frage der bürokratischen Lasten bei der Umset zung werden. Wir achten da insbesondere auf die Interessen der Kommunen. Die Kommunen werden es wohl sein, die die Umsetzung – das Abgleichen von Unterschriften, Stimmbe rechtigungen der Bürger und dergleichen – zu leisten haben.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Wer sonst soll es ma chen?)

Eben: Wer sonst soll es machen? – Hier sehen wir aber ei ne latente Gefahr, dass dies zusätzliche Bürokratie auslöst, zu mal die EU-Kommission, wie es scheint, keine Kostenerstat tungsregelung dafür getroffen hat. Das kritisieren wir aus drücklich. Es ist eine Übertragung von Lasten auf die Kom munen, die in dieser Form nicht in Ordnung ist.

Noch eine Anmerkung zu dem, was der übernächste Redner vielleicht nachher ansprechen wird.