Protocol of the Session on May 5, 2010

Bitte, Frau Ministerin.

Herr Abgeordneter, ich darf noch einmal wiederho len, dass wir, glaube ich, einig sind in der Einschätzung, dass sich die Erprobung nicht auf die pädagogischen Modelle und Hintergründe der gemeinsamen Beschulung bezieht, sondern ausschließlich auf die Gewinnung von Erkenntnissen zur Um setzung der Schulstrukturfragen, auch und vor allem der Fi nanzierungsfragen. Wir dürfen hier die Schulträger – die Städ te und die Gemeinden – nicht aus dem Blick lassen. Es ist nicht so, dass wir dies hier allein vorantreiben könnten. Ich glaube, es ist ein sehr vernünftiges Vorgehen, das auch den Schulfrieden in den einzelnen Gemeinden sehr unterstützen wird.

Wir sind uns einig: In der Pädagogik sind wir – gerade auch in Baden-Württemberg – lange über das Erprobungsstadium hinaus. Sie haben den Blick in andere Bundesländer angespro chen. Aber nicht in jedem Fall können wir durch den Blick in andere Bundesländer lernen. Es gibt Bundesländer, die unter dem Stichwort „Inklusion“ nun neue Inklusionsschulen auf bauen, die also z. B. eine Schulbezirksregelung beibehalten oder einführen und innerhalb eines Schulbezirks Inklusion an einer einzigen Schule umsetzen lassen. Da steht zwar „Inklu sion“ darüber, aber es ist eigentlich ein Exklusionsmodell un ter falscher Flagge.

Ich will damit andeuten, dass der Blick in andere Bundeslän der für Baden-Württemberg auch in diesem Bereich manch mal schwierig ist, weil wir hier im Bundesvergleich bereits das individualisierteste und erfolgreichste System haben. Das erkennen Sie, wenn Sie sich z. B. die Schulabbrecherquoten anschauen.

Der Blick über die Grenzen hinaus, Herr Abgeordneter, den Sie angesprochen haben, ist sehr differenziert zu gestalten. Denn der Begriff „Junge Menschen mit Behinderungen“ wird leider in einigen Ländern – Sie kennen dies auch aus eigener Praxis sehr genau – sehr inflationär verwendet. Es gibt Län der, die unter jungen Menschen mit Behinderungen auch jun ge Menschen verstehen, die unter Dyskalkulie oder unter Auf merksamkeitsschwierigkeitssymptomen leiden. Das tun wir nicht. Wir werden die Gruppe der Behinderten nicht auswei ten. Ganz im Gegenteil, die Differenzialdiagnostik wird so verantwortungsvoll fortgeführt wie heute.

Deswegen sind Inklusionsquoten anderer Länder nicht mit de nen Deutschlands bzw. Baden-Württembergs vergleichbar, weil sie in der Regel auf einer anderen Grundgesamtheit ba sieren. Wir sollten den Blick hier bei uns im Land – innerhalb Deutschlands und Baden-Württembergs – lassen und uns aus schließlich daran messen: Gelingt es, die hervorragenden Er folgsquoten und Qualitäten im Bereich der Inklusion noch weiter zu verbessern? Davon gehe ich aus. Das ist unser Ziel und nicht das Nachjagen hinter irgendwelchen Quoten.

Vielen Dank, Frau Mi nisterin. – Ich muss die Debatte über dieses Thema jetzt ab brechen, weil nach unserer Regelung die Behandlung dieses ersten Themas höchstens 30 Minuten dauern darf.

Wir kommen jetzt zum zweiten Thema. Heute beginnt ein Mitglied der Fraktion GRÜNE.

Ich darf Herrn Abg. Sckerl bitten, eine Frage an die Regie rung zu stellen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich an den Herrn Justizminister wenden.

Herr Minister, Sie haben in den letzten Tagen mit zahlreichen Äußerungen zu Ihrer Vorliebe für Faustfeuerwaffen vom Ka liber 9 mm und andere, mit Aussagen zum Personenschutz, die von den Betroffenen als Schmähkritik und als herabset zend empfunden werden mussten, und mit Aussagen zur Po lizei

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ein Freund der Po lizei! – Vereinzelt Heiterkeit)

weit über Baden-Württemberg hinaus nur noch Kopfschütteln erzeugt. Ausgerechnet Sie rütteln seit Tagen kräftig am staat lichen Gewaltmonopol – ausgerechnet Sie!

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es! – Abg. Peter Hauk CDU: Wir wollen einmal den Altstraßenkämpfer fragen, welche Mittel er früher eingesetzt hat! – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Der große Be schützer der Polizei! – Weitere Zurufe)

Herr Fraktionsvorsitzender und Kollege, eine persönliche Bemerkung an Ihre Adresse – das ist es dann aber für diese Legislaturperiode gewesen –:

(Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Abg. An dreas Hoffmann CDU: Frage!)

Zugegeben, auch ich hatte einmal vor vielen, vielen Jahren ei ne wilde Vergangenheit.

(Oh-Rufe – Heiterkeit – Abg. Peter Hofelich SPD: Sie stehen wenigstens dazu! – Weitere Zurufe – Un ruhe)

Bei mir hat es vielleicht einige Monate länger gedauert, bis ich auf dem Boden des Grundgesetzes stand.

(Oh-Rufe – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sehr an ständig! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Seit ich auf dem Boden des Grundgesetzes stehe, Herr Kolle ge, werden Sie mich davon auch nicht herunterbekommen. Das ist auch völlig klar.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf: Hoi! – Abg. Peter Hauk CDU: Wollen Sie etwa behaupten, hier wäre je mand, der nicht auf diesem Boden steht? – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Wir freuen uns, dass Sie hier angekommen sind!)

Deswegen irritiert uns ganz explizit die Haltung des Minis ters, weil wir das staatliche Gewaltmonopol und die vorbe haltlose Anerkennung des staatlichen Gewaltmonopols für ganz wichtige Errungenschaften eines demokratischen Rechts staats halten.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das gilt aber auch für Baden-Baden!)

Herr Minister, Sie haben der aus der Mitte des Sonderaus schusses „Amoklauf“ stammenden Initiative zur Neuauflage der Waffenamnestie einen wahren Bärendienst erwiesen. Die se Initiative ist nicht mehr glaubwürdig.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Oh!)

Sind Sie ernsthaft der Meinung, dass Sie das Bild – ich sage es einmal so – des heldenhaften letzten Rockers und Cow boys,

(Vereinzelt Heiterkeit)

der bei Bedarf auch einmal zur Knarre greift, weiterzeichnen wollen, dass Sie damit unserem Land, dem Ansehen der Re gierung, dem Ansehen des Landtags einen Gefallen tun?

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Glauben Sie, dass Sie dem Ansehen des Landtags einen Gefallen tun würden?)

Oder sind Sie der Meinung, dass Sie in diesem Zusammen hang Ihrer Vorbildfunktion gerecht werden sollten? Ich finde, heute ist eine gute Gelegenheit dafür. Ihre Regierung hat an

gekündigt, als politisches Ziel zu verfolgen, dass so wenige Waffen wie möglich im Land in privater oder sonstiger Hand unterwegs sind.

Herr Minister, machen Sie doch endlich den Anfang. Meine Frage lautet: Sind Sie dazu bereit? Ich möchte Sie dazu auch auffordern.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, Sie kön nen drei Minuten lang Ihre Frage begründen und sollten dann Ihre Frage stellen.

Noch einen Satz als Fra ge, Herr Vorsitzender, dann bin ich sofort weg.

(Heiterkeit – Zurufe: „Herr Präsident“! – Nicht „Vor sitzender“, sondern „Präsident“!)

Herr Präsident. – Herr Minister, sind Sie nicht auch der Auf fassung, dass die christliche Friedensbewegung bereits in den Achtzigerjahren mit dem Motto – ich habe es dabei –

(Der Redner hält einen Aufkleber hoch. – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Sehen lassen!)

„Ohne Rüstung leben“ ein gutes Vorbild dafür gestiftet hat? Wäre das nicht auch ein Vorbild für Ihr künftiges weiteres Da sein als Minister?

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Für die Landesregie rung erteile ich Herrn Justizminister Professor Dr. Goll das Wort.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Bewaffnet oder nicht? – Abg. Karl Zimmermann CDU: Mein ganzer Kör per ist eine Waffe! – Heiterkeit – Abg. Guido Wolf CDU: Das ist zum Schießen!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie dieses Thema in die Regierungsbefragung eingebracht haben, weil die Diskussion darüber mittlerweile ein Ausmaß an nimmt, einen Drall bekommt, sodass ich eigentlich jede Ge legenheit begrüße, ein paar Punkte richtigzustellen. Darunter sind genau auch jene, die Sie dankenswerterweise angespro chen haben.

Ich könnte jetzt auch sagen – das ist ernst gemeint; ich mache normalerweise keine Schleichwerbung –: Lesen Sie einmal das Interview in den „Stuttgarter Nachrichten“, das ich heute gegeben habe.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das hätten Sie besser gelassen!)

Darin steht eigentlich alles. Sie haben nachher Gelegenheit, nachzufragen. Ich bin gespannt, was Ihnen daran wieder nicht gefällt. Aber eigentlich ist in diesem Interview alles gesagt.

Vorweg darf man sagen: Es steht außer Zweifel, dass ich in der Tat zwei Waffen auf legaler Grundlage besitze, wobei mir auffällt, dass viele in der Diskussion das klassische Kleinka liber 22 als „großkalibrig“ bezeichnen. Das sagt doch schon einiges.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wer hat das jetzt be hauptet? Das war wieder ein Ablenken!)

Viele.