Protocol of the Session on April 14, 2010

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Man muss die Räder dort aufstellen, wo sie sich richtig drehen können!)

Deswegen ist Ihr Antrag auch wenig sinnvoll. Denn wir in Ba den-Württemberg kümmern uns nicht nur um 1 oder 2 %, son dern um 100 % des Energiemixes. Das ist sehr wichtig.

(Beifall des Abg. Thomas Blenke CDU)

Wir kümmern uns auch nicht nur um die Windkraftlobby in Baden-Württemberg,

(Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es!)

sondern wir kümmern uns um die Interessen von ganz BadenWürttemberg.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Herr Kollege Nemeth, seit wann ist der Verband der Maschinen- und Anla genbauer eine Windkraftlobby? Das ist ein Wirt schaftsfaktor Baden-Württembergs!)

Die Windkraft hat in der Tat erhebliches technisches Potenzi al.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wertschöpfungspoten zial!)

Baden-württembergische und deutsche Technologie ist dabei schon jetzt weltmarktführend. Jeder Motor ist auch ein Gene rator. Man kann auch sagen: Jede Windkraftanlage ist im Grunde ein Elektromotor. Die Windkraft macht aus Bewegung Strom, die anderen machen aus Strom Bewegung – Mobili tät.

Wir haben schon erkannt – das hat auch die baden-württem bergische Industrie gesagt; deswegen stimmen auch Ihre Sta tistiken nicht –, dass unsere Maschinenbauer und unsere ge samte Maschinenbauindustrie von diesem weltweiten Markt erheblich partizipieren. Das ist uns in keiner Weise entgan gen. Wir unterstützen das in jeglicher Hinsicht, zumal mit der Elektromobilität und den Generatoren der Windkraft hier vie le Welten zusammenwachsen.

Nur – daran ändert sich nichts –: Das entscheidende Problem bei der Windkraft in Baden-Württemberg sind die enormen, nicht planbaren Leistungsschwankungen. Flauten mit gerin ger Produktion können wochenlang anhalten, meine Damen und Herren, übrigens gerade bei winterlichen Wetterlagen, wenn wir einen besonders hohen Strombedarf haben.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es!)

Die Windkraft kann deshalb ohnehin erst dann zur vollen Nut zung kommen – das haben Sie jetzt gerade schon zugegeben –, wenn auch geeignete Speichertechnologien vorhanden sind. Jeder weiß: Das Jahr hat 8 760 Stunden. Offshoreräder laufen etwa 4 000 Stunden bei voller Leistung. Die Räder an Land laufen etwa 1 700 Stunden; das ist also weniger als die Hälf te. Der Kollege Zimmermann hat das aktuelle Beispiel gera de genannt.

Hinzu kommt, dass an der Küste die durchschnittliche Wind geschwindigkeit bei etwa 36 km/h liegt, bei uns an Land bei etwa 16 km/h. Das heißt, die Effizienz von Offshore zu Land in Baden-Württemberg liegt bei einem Faktor von etwa 1 : 5. Dann muss ich mir als Investor doch wirklich überlegen, wo ich meine Investition tätige.

(Abg. Johannes Stober SPD: Aber Rheinland-Pfalz liegt nicht am Meer!)

Es ist einfach so: Das ist am Meer, aber auch im Norden sinn voller als hier im Land.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Seit wann liegt Rhein land-Pfalz am Meer? – Zuruf des Abg. Thomas Knapp SPD)

Sie müssen den Menschen natürlich auch sagen, dass die Windkraft jedes Jahr 5,4 Milliarden € an Subventionen kos tet, die uns allen über das EEG aufgelastet werden.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Jedes Jahr Abwrack prämie!)

Darin ist noch nicht enthalten, dass auch Parallelkraftwerke vorgehalten werden müssen.

Deswegen ist die Entscheidung für die Windkraftnutzung nicht eine Frage des Parteibuchs, sondern eine Frage des Standorts. In Schleswig-Holstein – der Wirtschafts- und Ener gieminister wird von der CDU gestellt – werden 40 % der

Energie aus Windkraft gewonnen; Niedersachsen – CDU/ FDP-geführt – ist bei der Windkraftnutzung am zweitstärks ten in ganz Deutschland. Das Parteibuch ist nicht die Frage. Es gibt auch ganz viele SPD-Funktionäre in Hessen, in Rhein land-Pfalz und anderswo, die sich öffentlich gegen Windkraft ausgesprochen haben.

Jetzt komme ich auch gleich zu Ihrem Antrag. Der der SPD angehörende Landrat des Odenwaldkreises, Horst Schnur – als Beispiel für einen Parteifreund von Ihnen in Hessen –, sagt:

Wir sind uns bewusst,

jetzt kommen wir zu Ihrem Antrag, Herr Knapp und meine Damen und Herren von der SPD –

dass mit der Herausnahme der Vorrangflächen gleichzei tig die Ausschlusswirkung entfällt. Das bedeutet aber, dass dann qua Gesetz überall Anträge gestellt werden können.

Schnur folgert:

Deshalb sollte der Odenwaldkreis auch vollständig als Tabufläche für weitere Windenergieanlagen ausgewiesen werden.

Meine Damen und Herren, es gibt im Augenblick etwa 100 Bürgerinitiativen in ganz Deutschland, die sich gegen weite re Windkraftprojekte und -anlagen aussprechen.

Wer den Flächenbrand verhindern will, muss besonnen vor gehen. Wir treten hier für einen gesellschaftlichen Konsens ein. Deswegen haben wir diese Schwarz-Weiß-Liste vorange bracht und gibt es bei uns Vorrang- und Ausschlussgebiete.

Nach § 11 des Landesplanungsgesetzes haben die Regional verbände bereits heute die Pflicht, Windkraftanlagen im Rah men ihrer Regionalplanung auszuweisen. Eine Regionalver sammlung kann bei der Aufstellung des Regionalplans eben nicht willkürlich vorgehen, sondern muss die Belange der Windenergie – das besagt das Gesetz ganz genau – in hohem Maß berücksichtigen. Die ausgewiesenen Standorte müssen außerdem bereits heute wirtschaftlich sein.

Auch deswegen ist es wichtig, dass das Wirtschaftsministeri um diesen Passus noch einmal mit den Regionalverbänden be spricht und dafür sorgt, dass das, was ich gerade erwähnt ha be, in Zukunft der Fall ist. Das scheint bisher nicht in allen Bereichen der Fall zu sein. Genau diesen Passus – so Ihr Ge setzentwurf – wollen Sie streichen.

Das Landesplanungsgesetz sieht eine Privilegierung der Wind kraft vor. Das, meine Damen und Herren, muss jetzt umge setzt werden.

Diese Regelung hat weitere entscheidende Vorteile. Das Pla nungsrecht dient nämlich der Akzeptanz der Windkraft in der Bevölkerung. Wer im Interesse der Betreiber in hohem Maß eine Rechtssicherheit schafft, der erspart den Betreibern von Windkraftanlagen – Sie sprachen von einem Investitions- und Genehmigungszeitraum von drei Jahren – teure Rechtsstrei tigkeiten und sorgt für einen Einklang mit den Betroffenen, den Behörden und den Gemeinden.

Der gesellschaftliche Konsens wird auch deshalb erzielt, weil das Landesplanungsgesetz schon heute vorschreibt, dass Na turschutzverbände – auch sie sind ganz häufig gegen Wind energieanlagen – mit in das öffentliche Verfahren einbezogen werden.

(Zuruf von der CDU: So ist es! – Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

Eine so moderne, umweltfreundliche und integrativ wirken de gesetzliche Regelung wollen Sie einfach streichen. Ihnen geht es da um Krawall.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Wie immer! – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Nemeth, bitte kommen Sie allmählich zum Schluss.

Ich habe aber noch von meiner letz ten Rede Zeit gut.

(Heiterkeit)

Nein, das ist nirgend wo begründet.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Aber nachvollziehbar! – Weitere Zurufe von der CDU)

Ja, okay. – Sie wollen eine freie Zone. Das würde für Rechtsunsicherheit sorgen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Quatsch! In der ganzen Republik funktioniert das! Das würde für mehr An träge sorgen!)

Es würden viel mehr unplanbare Anträge kommen.

(Abg. Thomas Knapp SPD: 15 von 16 Bundesländern haben das!)

Wir sorgen mit diesem Landesplanungsgesetz für einen ge sellschaftlichen Konsens.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Schon wieder eine Son derrolle!)

Deswegen ist dieser Weg der richtige.