Protocol of the Session on April 14, 2010

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Lügen, ohne rot zu werden! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Die meisten Lügner sind rot! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP)

Herr Kollege Schmiedel, wenn Sie die Schweiz in die Ecke eines „Schurkenstaats“ stellen, dann ist das schlicht und er greifend peinlich. Das ist außerordentlich peinlich.

Ich darf daran erinnern, dass die Schweiz der einzige Staat in Europa ist, auf dessen Boden seit 500 Jahren kein Krieg mehr geführt wurde, sondern Frieden herrscht. Und ein solches Land nennen Sie einen „Schurkenstaat“. Das ist peinlich; das ist wirklich peinlich.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Dass die Landesregierung zur Bekämpfung der Steuerhinter ziehung auch illegal angebotene, einschlägige Steuerdaten vom Staat kauft, lehnen wir ab. Ich finde es richtig, dass der Ankauf abgelehnt wird.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Berlin kauft auch! – Abg. Ingo Rust SPD: Aber das Geld nehmen, oder?)

Wer Daten ankauft, die ein anderer gestohlen oder sonst wie beschafft hat, der begeht Datenhehlerei. Sie können zwar sa gen, dass das nicht strafbar sei.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Sagen Sie doch ein mal ein paar Namen! – Unruhe)

Im Prinzip ist das vom Unrechtsgehalt her aber genau das, was der Staat macht, wenn er gestohlene Daten aufkauft.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Ihnen müsste doch klar sein, wie problematisch die ganze Situation ist. Beim An kauf der NRW-Daten haben sich die Herren Beamten mit den Anbietern nach Frankreich begeben, weil der dortige Anbie ter offensichtlich ein größeres Rechtsbewusstsein hat, als es diejenigen in NRW haben. Er hat sich nicht nach Deutschland getraut, weil er sonst verhaftet worden wäre.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wer ist denn in NRW an der Landesregierung beteiligt? – Abg. Dr. Frank Mentrup SPD: Wie viele Namen kennen Sie von der Datei? – Weitere Zurufe)

Man sieht, dass das normale Rechtsgefühl, das sogar ein Dea ler hat, Ihnen offensichtlich abhandengekommen ist. Der Staat darf sich auch beim Auffinden von Steuersündern nicht zum Unterstützer der Datenhehlerei machen,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Dass Sie so viele Freunde und Bekannte auf der CD haben, habe ich gar nicht gewusst!)

ganz zu schweigen von den Verletzungen datenschutzrechtli cher Bestimmungen und insbesondere der Anstiftung zum Verrat von Steuergeheimnissen nach dem UWG.

So sieht das im Übrigen auch kein Geringerer als Eberhard Stilz, Präsident des Staatsgerichtshofs unseres Landes.

(Abg. Ingo Rust SPD: Warum nehmen Sie dann das Geld?)

Dieser steht sicherlich nicht im Verdacht, ein Schutzpatron der Steuersünder zu sein. Er lehnt das aber ab; er sagt: ablehnen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Warum nehmen Sie dann das Geld? – Gegenruf des Abg. Manfred Groh CDU: Das kommt aufgrund der Selbstanzeigen her ein, Herr Kollege! Was ist denn daran schlimm? – Abg. Ingo Rust SPD: Dann müssen Sie das Geld aber ablehnen!)

Meine Damen und Herren, der Ankauf von Steuerdaten erfüllt auch nicht den Tatbestand der Nothilfe, wie Sie es ständig be haupten. Das ist ebenfalls falsch, weil nicht von einem gegen wärtigen rechtswidrigen Angriff ausgegangen werden kann.

Außerdem ist ein Paktieren mit Rechtsbrechern meines Er achtens ein zu schwerer Eingriff, um rein finanzielle Interes sen zu schützen;

(Oh-Rufe von der SPD – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

denn hierbei geht es nicht etwa um Leib und Leben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, erinnern Sie sich bitte ein mal an den Frankfurter Fall Metzler/Gäfgen/Daschner. Dabei wurde gesagt: Wir müssen auch bei dieser Angelegenheit rechtstreu sein. Wir dürfen nicht Folter androhen, um ein Ge ständnis zu erpressen. Heute ergeben Sie sich nur dem schnö den Mammon und bewegen sich vom Rechtsstaat weg.

(Abg. Dr. Frank Mentrup SPD: Das mit einer Entfüh rung zu vergleichen ist unverschämt! – Abg. Rein hold Gall SPD: Ich finde schon den Vergleich unan gebracht! Er ist unpassend! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Unglaublich, was Sie hier abliefern! Sie sollten sich schämen! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Der Vergleich ist sehr passend. Wenn er bei Ihnen nicht pas send ist, ist es peinlich.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Es wird nicht besser!)

Meine Damen und Herren, die Kronzeugenregelung taugt im Vergleich ebenfalls nichts,

(Zuruf des Abg. Dr. Frank Mentrup SPD – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Herr Mentrup, Sie stoßen mir bitter auf!)

abgesehen davon, dass die Kronzeugenregelung immerhin ge setzlich geregelt ist.

(Abg. Walter Heiler SPD: Was machen Sie jetzt mit dem Geld?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, schließlich fordern Sie, die Opposition, dazu auf, dass Anreize zum Ankauf von Daten geschaffen werden.

(Abg. Walter Heiler SPD: Was machen Sie mit dem Geld? Das ist die Frage! Nehmen Sie das Geld? – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Nehmen Sie das Geld? – Abg. Walter Heiler SPD: Fahren Sie es zurück in die Schweiz?)

Sie fordern also die Menschen aktiv zum Datendiebstahl auf.

(Beifall bei der FDP/DVP – Widerspruch bei der SPD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: A wa! – Abg. Rein hold Gall SPD: Welcher Unsinn! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Oje! – Abg. Peter Hofelich SPD: Quatsch! – Abg. Reinhold Gall SPD: Jetzt wird es noch peinlicher! – Unruhe)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich fordern Sie dazu auf. Denn ein Datendieb kommt nicht her und bietet Ihnen etwas an, wenn er nichts dafür bekommt. Sie bieten es an und sagen: Kommt bitte, wir fordern euch auf zum Tanz. Hier bei der Opposition bekommt ihr viel Geld.

(Widerspruch bei der SPD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das Land bezahlt doch 12 % der Kaufsumme!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie schützen also die Datendiebe

(Abg. Walter Heiler SPD: Sie unterstützen sie!)

und können sich künftig getrost „Schutzpatrone der Datendie be“ nennen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Warum zahlen Sie dann Geld dafür? – Abg. Ingo Rust SPD: Sie zahlen doch Geld an die Datendiebe!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition

(Abg. Reinhold Gall SPD: Sie müssen Ihre Rede nach NRW schicken und zu Ihren Parteifreunden nach Ber lin! – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Ruhe da drüben auf den billigen Plätzen! – Gegenruf der Abg. Ursula Haußmann SPD: Ich komme gleich rüber! Geh raus und schäm dich!)

hören Sie doch einmal zu –, wie wollen Sie den Kindern – auch denen, die oben auf der Tribüne sitzen –, klarmachen, dass sie nicht illegal Daten aus dem Internet und von CDs he runterladen dürfen, dass das verboten ist, wenn Sie selbst il legal erworbene Daten kaufen? Wie wollen Sie dies den Leu ten auf der Tribüne klarmachen?

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Haben Sie das Frau Merkel schon gesagt?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Vorstellung, dass jemand – – Ich habe Ihnen schon einmal gesagt: Frau Merkel geht mich momentan hier in Baden-Württemberg nichts an. Sie geht mich nichts an.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Doch! Wir sind Ver treter eines Verfassungsorgans! Das ist doch Unsinn! Wir sind in den Bundesrat eingebunden! – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP: Contenance, Kollege Drexler! – Unruhe)

Herr Drexler, wir sind hier in Baden-Württemberg, und Ba den-Württemberg lehnt ab.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Hier gilt kein anderes Grundgesetz! Das gilt hier wie oben! – Weitere Zu rufe – Anhaltende Unruhe)

Das mag sein.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das mag nicht sein, das ist so!)

Das ist so.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Genau! Also!)