Ich bin davon überzeugt: Eine innovationsorientierte Umweltpolitik und eine leistungsfähige Umweltindustrie können zu d e r neuen Stärke unseres Landes im neuen Jahrzehnt werden. Daran, meine Damen und Herren, werden wir mit unserer Politik arbeiten.
Zusätzlich werden wir auch solche Branchen weiter wachsen lassen, die nicht unmittelbar vom Export abhängen, sondern Wertschöpfung für das Land im Land selbst erzeugen.
Der Tourismus bietet schon heute so vielen Menschen Arbeit wie die Autoindustrie. Unsere Natur, unsere Landschaften, unsere Geschichte, unsere Küche und unsere Gastfreundschaft sind ein großes Kapital, das wir noch besser einsetzen können.
Auch der Gesundheitssektor ist ein dynamischer Wirtschaftszweig, dessen wachsende Bedeutung uns viele neue Chancen eröffnen kann. Auch hier haben wir beste Voraussetzungen im Land – von den führenden Unternehmen der Medizintechnik über die universitäre Spitzenmedizin und Gesundheitsforschung bis hin zu unserer Kur- und Bädertradition. Gerade mit Blick auf die demografischen Veränderungen wird dieser Bereich immer wichtiger. Mit der Gesundheitsstrategie BadenWürttemberg legen wir außerdem einen besonderen Schwerpunkt auf Prävention und Gesundheitsförderung.
In den Informations- und Kommunikationstechnologien werden die nächsten Jahre einen bis dato nicht gekannten Entwicklungsschub bringen.
Die fortschreitende Konvergenz der Medien sowie die zunehmende mobile Verfügbarkeit von Internet und sozialen Netzwerken erfordern ganz neue Produkte und Dienstleistungen und werden nebenbei auch Arbeit und Freizeit verändern.
Fast jeder fünfte Arbeitsplatz im deutschen IT-Sektor entfällt auf Baden-Württemberg. Fast 65 Milliarden € an Umsätzen werden in Deutschland erwirtschaftet. Wir werden ein landesweites Softwarenetz knüpfen, um Baden-Württemberg als führenden deutschen IT-Standort zu positionieren.
Damit die Chancen und Wachstumspotenziale der badenwürttembergischen Kreativwirtschaft zukünftig noch besser genutzt werden, werden wir ein Cluster Kreativwirtschaft initiieren. Indem wir Unternehmen aus den Bereichen Film und Fernsehen, Software, Werbung, Druck und Design systematisch vernetzen, fördern wir die Entwicklung neuer Geschäftsfelder, technischer Innovationen sowie auch zukünftiger Trends in diesen kommenden Branchen.
Meine Damen und Herren, Baden-Württemberg kann und wird auch im neuen Jahrzehnt seine Bedeutung als führende Wirtschaftsregion in Europa behaupten. Je härter der Wettbe
werb in der industriellen Fertigung wird, umso mehr müssen wir unseren Vorsprung als Land des Wissens ausspielen.
Die Basis dafür legen unsere Schulen. Deshalb sage ich grundsätzlich – und ich bleibe dabei –: Trotz angespannter Kassenlage gilt für mich: Im Bildungsbereich wird kein Euro eingespart.
Geld, das durch rückläufige Schülerzahlen in den kommenden Jahren frei wird, werden wir deshalb komplett für Qualitätsverbesserungen in unseren Schulen reinvestieren. Denn es muss uns vor allem besser gelingen, den Lernerfolg a l l e r Kinder unabhängig vom sozialen Hintergrund der Eltern zu gewährleisten.
Ich sage offen: Hier haben wir objektiv noch Nachholbedarf. Wir müssen an unseren Schulen noch mehr dafür tun, dass der Aufstieg durch Bildung für alle – für jedes einzelne Kind – möglich wird. Das ist die vornehmste Gestaltungsaufgabe und -verpflichtung der Landespolitik. Das entscheidende Fenster dafür ist nach meiner Überzeugung die Zeit zwischen dem dritten und dem zehnten Lebensjahr.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ja- wohl!)
Wenn wir in diesem Alter die Weichen richtig stellen, stehen unseren Kindern später alle Wege offen. Im Alter zwischen drei und zehn Jahren werden die Grundsteine für den späteren Bildungserfolg gelegt.
Für den Erfolg unseres Bildungswesens und für unsere Bildungspolitik in den nächsten Jahren ist eines konstitutiv: Den Dreiklang „sprachlos, bildungslos, arbeitslos“ darf und wird es in Baden-Württemberg niemals geben, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: So ist es! – Abg. Helen He- berer SPD: Ihr Wort in Gottes Ohr!)
Deshalb wird das Land die Sprachförderung in Zukunft noch mehr intensivieren und vor allem direkt finanzieren.
Gerade die Begabungen von Kindern aus Migrantenfamilien müssen stärker entfaltet werden. Hier wollen wir ansetzen.
Zusammen mit den Jugendmusikschulen im Land werden wir schon ab dem kommenden Schuljahr mehr für die musikalische Grundbildung von Kindern zwischen vier und zehn Jahren tun.
Das erfolgreiche Programm „Singen-Bewegen-Sprechen“ werden wir zunächst auf 1 000 Gruppen mit insgesamt 20 000 Kindern erweitern – bereits mit Beginn des kommenden
Schuljahrs – und Jahr für Jahr einen weiteren Jahrgang bis Klasse 4 einbeziehen. Wir wollen damit die musikalische, motorische und vor allem sprachliche Entwicklung von Kindern unterstützen und dazu beitragen, dass Kinder die Schulfähigkeit erlangen. Ich möchte, dass wir die Basis dafür legen, dass möglichst jedes Kind in Baden-Württemberg ein Musikinstrument erlernen kann.
Dies, meine Damen und Herren, entspricht unserem umfassenden Bildungsverständnis, das über Schreiben, Lesen und Rechnen hinausgeht, und es ist gleichzeitig ein wirkungsvoller Beitrag, um vor allem soziale Unterschiede in unseren Schulklassen zu überwinden. Die frühkindliche Bildung wird in unserer Politik im wahrsten Sinn des Wortes die erste Geige spielen, meine Damen und Herren.
Deshalb möchte ich ab dem kommenden Schuljahr auch an Grundschulen sukzessive Pädagogische Assistenten einsetzen.
An Grundschulen mit hohem Migrantenanteil und an Schulen in sozialen Brennpunkten werden sie helfen, die individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern zu verbessern. So treten wir Entwicklungsdefiziten rechtzeitig entgegen. Vor allem schaffen wir mehr Chancengerechtigkeit.
Ich biete unseren Kommunen heute ausdrücklich einen Pakt für die Stärkung der Chancengerechtigkeit an. Das Land bringt Pädagogische Assistenten an die Grundschulen, und die Kommunen treiben ihrerseits den Ausbau der Jugendsozialarbeit an Schulen weiter voran.
Das, meine Damen und Herren, ist eine faire Aufgabenteilung, die auch den Zuständigkeiten entspricht.
Wir werden ferner die Qualitätsoffensive Bildung wie geplant umsetzen. Noch darüber hinaus werden wir die geplante Senkung des Klassenteilers für die Grundschulen auf 28 Schüler schon auf das kommende Schuljahr vorziehen
Um die schulische, soziale und berufliche Integration von benachteiligten Jugendlichen weiter zu erleichtern, werden wir die Förderung der mobilen Jugendarbeit erhöhen. Das ist auch eine der Empfehlungen des Sonderausschusses zum Amoklauf in Winnenden und Wendlingen.
Baden-Württemberg, meine Damen und Herren, ist das Bildungsland der vielen Wege. Das ist unsere große Stärke.
Wir haben eine einmalige Struktur der differenzierten Förderung. Mehr als 100 Wege führen in Baden-Württemberg zur Hochschulreife. Unsere beruflichen Schulen sind die Aufsteigerschulen schlechthin und ein bedeutender Standortvorteil. Jede zweite Studienberechtigung im Land Baden-Württemberg wird nicht in einem Gymnasium, sondern auf anderem Weg erreicht.