Übrigens, ein weiterer schöner Punkt, bei dem Sie es mit Ihren Zusagen nicht so wahnsinnig genau nehmen – das eine Beispiel habe ich schon genannt –, ist: Sie haben in Ihrer Rede das Betreuungsgeld auf die Schippe genommen. Jetzt gibt es gute Argumente dafür und gute Argumente dagegen – in Ordnung, ich kenne die Debatte; wir führen sie auch in der CDU –, weil natürlich die Gefahr besteht, dass bei einem Betreuungsgeld zumindest ein bestimmter Prozentsatz des Geldes nicht dort ankommt, wo es hinsoll.
In Ordnung, darüber kann man gern reden. Konsequenterweise müssen Sie dann auch über das Kindergeld und anderes genauso diskutieren; denn dort haben Sie exakt das gleiche Thema.
Ich will die Diskussion gar nicht führen. Ich habe dazu noch keine abgeschlossene Meinung. Nur: Das Betreuungsgeld stand im Koalitionsvertrag der Großen Koalition.
Ich mag es einfach nicht, wenn sich jemand, sobald er nicht mehr in der Koalition ist, vom Thema „Kalte Progression“ bis hin zum Thema Betreuungsgeld überhaupt nicht mehr für das interessiert, was er vorher quasi selbst unterschieben hat. Das ist keine seriöse Politik, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Wie war es beim Atomausstieg?)
Jetzt zum Thema Schulpolitik. Das Thema Ganztagsschule habe ich in der Tat nicht explizit angesprochen. Ich habe eingangs darauf verwiesen, dass man in einer Regierungserklärung nicht jeden Punkt einzeln ansprechen kann. Wenn Sie es wollen, machen wir gern nach castroschem Motto auch einmal über drei bis vier Stunden. Ich verspreche Ihnen, dann wird über jeden Punkt geredet.
Ich kann nur sagen: Der Ausbau der Ganztagsschulen mit einer Ausstattung von, wie wir uns erinnern, über 1 Milliarde € – auch mit Blick auf die Kommunen – und mit einer Laufzeit von neun Jahren ist Beschlusslage. Wir stehen dazu. Ich habe aber, wie Sie sicherlich bemerkt haben, davon gesprochen, dass ich absolute Wahlfreiheit möchte.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr gut! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)
Wenn man sie möchte, muss es sie auch geben, auch mit Unterstützung des Landes. Da mangelt es auch nicht an Geldern. Das Geld ist da.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Sie haben doch über Jah- re hinweg blockiert, wo es nur ging! – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)
Es ist übrigens in den letzten Jahren teilweise gar nicht abgerufen worden. Sie wollen doch etwas ganz anderes, und das muss man jetzt mit Blick auf die Landtagswahl immer wieder sagen.
In Wahrheit wollen Sie nicht die Wahlfreiheit, in Wahrheit wollen Sie große Einheiten von Ganztagsschulen und Einheitsschulen. Das ist das, was Sie in Baden-Württemberg wollen.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Sie wollen die Zwangsganz- tagsschule! Zwangsbeglückung wollen die! Zwangs- beglückung! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP: Einheitsbrei!)
wobei ich, Herr Schmid, in einem Punkt um Verständnis bitte: Wenn ich dahin gehen würde, würde ich mit dem Kollegen Schmiedel hingehen, weil ich wenigstens noch Relikte von Temperament der SPD an der Seite haben wollte.
(Heiterkeit – Abg. Reinhold Gall SPD: Dann gehe ich aber auch mit! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sogar der Präsident lacht! – Weitere Zurufe)
Jetzt zu Ihnen, Kollege Kretschmann. Sie haben anfangs das Thema Finanzen angesprochen. Es muss schon erlaubt sein, dass man beim Thema Finanzen in sachlicher Hinsicht noch gegenseitig Argumente anerkennt. Herr Kretschmann, Sie kommen doch auch nicht umhin, zuzugeben, dass es, wenn man am Ende des Jahres 2009 Konjunkturpakete schnürt, wenn man 2,3 Milliarden € zusätzlich in den Kreislauf pumpt, weil man einen Nachfrageausfall ausgleichen möchte, ökonomisch betrachtet keinen Sinn macht, vier Monate später, Anfang des Jahres 2010, Sparpakete zu schnüren, um das Ganze wieder einzusammeln. Sie wissen doch, dass das keinen Sinn macht.
Sie werden beim Thema Sparen die eine oder andere Freude an mir haben. Aber zum jetzigen Zeitpunkt wäre es ökonomisch schlicht falsch, z. B. 1 Milliarde € aus dem Haushalt strukturell herauszuholen, weil Sie das Pflänzchen Konjunktur, das gerade wieder wächst, abwürgen würden. Deshalb bleibe ich bei meiner Aussage: Die Sparvorschläge werden kommen,
sobald die Krise einigermaßen sicher überstanden ist. Aber jetzt, in dieser Phase, massiv in den Haushalt einzugreifen, wäre aus ökonomischer Sicht einfach unsinnig.
Ich erwarte von Ihnen schon, dass Sie sich nicht nur hier hinstellen und sagen: „Jetzt müssen endlich einmal Sparvorschläge kommen“,
sondern dass Sie uns bei entsprechenden Vorschlägen auch unterstützen. Heute haben Sie wieder einmal eine Kostprobe dessen gegeben, wobei Sie uns überall nicht unterstützen.
Meine Damen und Herren, wenn Sie in einem Haushalt einsparen wollen, dann gibt es eigentlich drei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit: Sie erhöhen die Einnahmen.
Die zweite Möglichkeit: Sie senken die Ausgaben. Die dritte Möglichkeit: Sie versuchen die Zahlungen, die aus dem Haushalt quasi vorab abfließen – Stichwort Länderfinanzausgleich und anderes mehr –, zu reduzieren. Mehr Möglichkeiten gibt es nicht.
Wenn Sie ernsthaft daran interessiert sind, dass wir den Haushalt sanieren, dann müssen Sie zumindest an unserer Seite sein, wenn es um das Thema Länderfinanzausgleich geht.
bis 2019 –, das alles sei nur Schau; da könne man doch eh nichts machen. Erstens: In diesem Staat ist es nicht verboten, gegen Rechtsnormen in der Finanzverfassung, die man in diesem Punkt für falsch hält, rechtlich vorzugehen. Zweitens: Nehmen wir einmal an, es ginge so nicht, Herr Kollege Kretschmann. Was passiert denn 2019? Spätestens 2013/2014 geht die Diskussion über eine Nachfolgeregelung des Länderfinanzausgleichs mit Blick auf das Jahr 2019 los.
Jetzt frage ich Sie einfach einmal – Sie sind schon ein bisschen länger als ich im politischen Geschäft –: Was vermuten Sie, wenn drei in einen Topf einzahlen und 13 etwas aus diesem Topf herausnehmen, welche Mehrheiten herauskommen, wenn es um die Nachfolgeregelung für diesen Modus geht? Das ist doch sonnenklar.
Wir werden 2019 – von mir aus leicht modifiziert, wenn wir viel Glück haben – eine Nachfolgeregelung für den Länderfinanzausgleich haben, die nicht viel anders aussehen wird als diejenige, die wir jetzt haben.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Aber ich habe einen Eid auf dieses Land abgelegt. Ich muss doch, auch wenn die Chance am Anfang vielleicht nicht riesig ist, alles dafür tun, um so schnell wie möglich zu erreichen, dass wir nicht noch jahrzehntelang Milliarden und Abermilliarden an andere abliefern, die nicht sparen, während Sie uns vorwerfen, wir müssten mehr sparen, um den Haushalt zu sanieren. Das mache ich nicht mehr länger mit.