Protocol of the Session on March 10, 2010

Wenn wir das einfachere und gerechtere Steuersystem, das im Koalitionsvertrag verankert ist, umsetzen, dann wird das den Familien nutzen, dann wird das den Kommunen nutzen, und dann wird es letztlich auch dem Land Baden-Württemberg nutzen, meine Damen und Herren.

Im Bereich der inneren Sicherheit wurden Schreckensbilder von privaten Sicherheitsdiensten an die Wand gemalt, die man nun brauchte, um die Polizei zu ersetzen. Das ist alles nicht der Fall, meine Damen und Herren. Das Land Baden-Würt temberg wird dem Thema „Innere Sicherheit“ gerecht.

Wenn man sich die Dienstrechtsreform anschaut, wird deutlich, dass der Polizeiberuf in seiner Attraktivität gesteigert wird. In den letzten Jahren ist es notwendig und auch möglich gewesen, zusätzliche Polizeianwärter in die Ausbildung zu bringen. Wir werden ab dem nächsten Jahr merken, dass sie einen weiteren Beitrag zum Funktionieren der inneren Sicherheit im Land Baden-Württemberg leisten.

Gleichwohl sieht die FDP/DVP-Fraktion weitere Gesetze skeptisch, die in die Richtung gehen, weitere Verbote auf den Weg zu bringen. Ich glaube, wir sind im Land Baden-Würt temberg mit Gesetzen zur inneren Sicherheit gut ausgestattet. Ich glaube weiterhin, dass wir die Möglichkeit haben, diese Gesetze umzusetzen. Das wird die eigentliche Aufgabe sein. Die Probleme dieser Zeit kann man nicht dadurch angehen, dass man ständig neue Gesetze und Verbote schafft. Vielmehr muss man die Gesetze, die vorhanden sind, richtig anwenden.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Thomas Blenke CDU: Die, die nötig sind, schon!)

Diejenigen, die nötig sind, schon.

Vor diesem Hintergrund bin ich froh, dass es uns jetzt gelingt, der Bedeutung des Datenschutzes gerecht zu werden und die Zuständigkeiten für den Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich und die für den Datenschutz im öffentlichen Bereich zusammenzulegen. Uns fehlt jetzt noch eine letzte Einigung über eine angemessene Stellenausstattung in diesem Bereich. Ich bin sehr zuversichtlich, dass uns das in den nächsten Wochen gelingen wird.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Der Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg hat seine Stärke nachgewiesen. Das habe ich schon eingangs deutlich gemacht. Es ist nachgerade ein Treppenwitz, wenn der Kollege Schmid behauptet, wir seien, was die Innovationskraft anlangt, auf dem letzten Platz, wenn wir bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung mit einem Anteil von 4,4 % des Bruttoinlandsprodukts nach wie vor nicht nur deutschlandweit, sondern europa- und weltweit an der Spitze marschieren. Alle Daten, die über unsere Wirtschaft im Land BadenWürttemberg vorliegen, machen deutlich, dass das, was der Kollege Schmid hier gezeichnet hat, mit der Realität nichts, aber auch gar nichts zu tun hat.

Dennoch dürfen wir die Hände nicht in den Schoß legen, was die wirtschaftliche Entwicklung des Standorts anlangt. Wir müssen im Verbund mit dem Bund und mit Europa jegliche protektionistischen Tendenzen bekämpfen. Denn unsere Wirtschaft im Land Baden-Württemberg ist exportorientiert. Wir werden den Export, wir werden die Globalisierung, wir werden die Weltoffenheit brauchen, wenn wir gestärkt aus dieser Krise herauskommen wollen. Denn das ist unser Ziel.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Insofern begrüßt die FDP/DVP-Fraktion das grundlegende Expertengutachten zum Thema Innovationspolitik, das der Ministerpräsident angekündigt hat. Es steht auch nicht in Konkurrenz zur Tätigkeit des Innovationsrats. Der Innovationsrat hat andere Aufgaben. Er berät uns. Die Vorschläge des Innovationsrats werden auch in keiner Weise ignoriert. Aber warum soll man nicht zusätzliche Kompetenz heranziehen, wenn es darum geht, die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft zu gestalten?

Das Thema Elektromobilität macht dies beispielhaft deutlich. Ich bin froh, dass wir am heutigen Tag klargemacht haben, dass wir Elektromobilität nach wie vor als ein wichtiges Zukunftsthema betrachten und dass wir im Haushalt eine wesentliche Voraussetzung dafür geschaffen haben, um den Bereich der Elektromobilität voranzutreiben.

Herr Kretschmann, wir stellen immer wieder fest, dass die Grünen bei jeder Debatte das Thema Klimaschutz im Munde führen. Das ist auch richtig; das ist ihre Kernkompetenz. Allerdings stellen wir weiterhin fest – der Kollege Hauk hat das schon herausgearbeitet –: Klimaschutz gilt nur so lange, bis es konkret wird. Wenn wir beispielsweise über die Verkehrsinfrastruktur oder darüber reden, wie wir Individual- oder auch Güterverkehre auf die Schiene bekommen, sind die Grünen plötzlich dagegen. Die wichtigsten Verkehrsprojekte die ses Landes und das wichtigste Schienenprojekt werden von Ihnen von A bis Z bekämpft, und Ihre Statthalter in Berlin – Herr Hauk hat darauf hingewiesen – tun sich da in ganz besonderer Weise hervor.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Sauerei!)

Das ist mit Sicherheit kein Beitrag zum Klimaschutz.

Dasselbe gilt für die energiepolitische Diskussion. Wir haben wirklich deutlich gemacht – ich bin dem Ministerpräsidenten sehr dankbar dafür, dass er es in seiner heutigen Regierungserklärung noch einmal in aller Deutlichkeit bestätigt hat –: Wir sind nicht bereit, den Energieversorgern die Gewinne aus

einer Verlängerung der Laufzeit der Kernkraftwerke quasi zum Nulltarif in den Rachen zu werfen. Vielmehr muss klar sein: Die Kernenergie ist und bleibt eine Brückentechnologie. Wir können auch gern darüber streiten, wie lange wir sie noch brauchen. Klar ist, dass wir sie länger brauchen, als es in diesem rot-grünen Papier aus dem Jahr 2001 steht. Aber die Ener gieversorger bekommen das Ganze eben nicht zum Nulltarif.

Manche Forschungsinstitute sagen, dass durch eine Laufzeitverlängerung eine Summe zu erlösen sei, die deutlich im dreistelligen Milliardenbereich liege. Wenn das richtig ist und wir die Hälfte dieser Erlöse abschöpfen wollen und mit diesen Mitteln den Ausbau und die Erforschung der erneuerbaren Energien fördern wollen, dann verstehe ich wirklich nicht, warum Sie sich gegen diesen Weg stemmen. Sie diskutieren gar nicht darüber. Das Einzige, was man aus Ihrer Ecke zu diesem Vorschlag immer zu hören bekommt, ist, er sei Blödsinn. Aber Argumente haben Sie, meine Damen und Herren, nicht zu bieten.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wenn wir tatsächlich einen Beitrag zum Klimaschutz leisten wollen, dann ist es wohl evident, dass wir vor allem die fossilen Energieträger zurückdrängen müssen. Genau das können wir auf diesem Weg, indem wir, solange wir mit den erneuerbaren Energien noch nicht so weit sind, einen Teil unseres Energiebedarfs eben durch die Kernenergie decken – einen anderen Teil gleichzeitig durch die erneuerbaren Energien – und die Hälfte der Erlöse, die sich aus einer Laufzeitverlängerung ergeben, dafür verwenden, die erneuerbaren Energien weiter auszubauen.

Das ist doch aus Sicht des Klimaschutzes ein intelligenter Weg. Über ihn müsste man doch wenigstens nachdenken. Aber das können Sie nicht, weil Sie alles, was mit Kernenergie zu tun hat, einem ideologischen Denkverbot unterzogen haben. Das ist das eigentliche Problem in diesem Zusammenhang.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Deshalb, Herr Kollege Kretschmann: Werfen Sie uns bitte nicht vor, wir würden den Ausbau erneuerbarer Energien behindern.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Natürlich!)

Werfen Sie uns bitte nicht vor, wir würden nichts für den Klimaschutz tun oder der Klimaschutz spiele in Regierungserklärungen keine Rolle. Diejenigen, die den Ausbau erneuerbarer Energien eigentlich behindern, diejenigen, die sich am Klimaschutz eigentlich versündigen, sind Sie, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: So ist es! – Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE)

Deshalb wäre ich froh, wenn sich die Fraktion GRÜNE genauso eindeutig zu Stuttgart 21 oder zu Baden-Württemberg 21 bekennen würde,

(Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE)

wie das die SPD-Fraktion tut, die gemerkt hat – ich sage das ausdrücklich anerkennend –, dass dieses Projekt im Sinne des Landes ist, dass es auch ökologisch ist und einen Beitrag zum Klimaschutz leistet.

Ich sage für die FDP/DVP-Fraktion aber auch in aller Deutlichkeit, dass uns ein menschen- und umweltgerechter Ausbau der Rheintalbahn genauso wichtig ist.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Deshalb bekennen wir uns an dieser Stelle dazu: Uns ist das ganze Land gleich wichtig, uns sind die Schienenprojekte im ganzen Land gleich wichtig. Das gilt beispielsweise auch für den Neubau der Schnellbahnstrecke Frankfurt–Mannheim.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf der Abg. Heidero- se Berroth FDP/DVP)

Der Ausbau der Südwestinfrastruktur, auch in Verhandlungen mit Berlin, auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass in den letzten 20 Jahren sehr viel in den Osten dieser Republik geflossen ist – – Ich will das überhaupt nicht kritisieren. Der Aufbau Ost war dran. Aber wenn man heute in die neuen Bundesländer fährt und sich die dortige Infrastruktur anschaut, dann kann man den Mitbürgerinnen und Mitbürgern in den neuen Bundesländern gratulieren. Doch wir können uns auch selbst gratulieren, denn wir haben einen wesentlichen finanziellen Beitrag dazu geleistet.

Vor diesem Hintergrund ist es durchaus angemessen, an dieser Stelle einmal deutlich zu sagen, dass nach den neuen Bundesländern jetzt der Süden und insbesondere der Südwesten dieser Republik dran ist. Die Zahlen wurden uns heute schon vorgerechnet. Uns wurde schon vorgerechnet, wie hoch der Anteil in der Vergangenheit war. Er war deutlich niedriger als der Anteil nach dem Königsteiner Schlüssel, über den wir immer diskutieren.

Das heißt, dass in den nächsten Jahren ein Anteil, der deutlich über den gut 12 % liegt, die dem Land Baden-Württemberg rechnerisch zustehen, in den deutschen Südwesten fließen muss. Deshalb, glaube ich, wird es eine Aufgabe dieser Regierung sein, in Berlin deutlich zu machen, dass jetzt der deutsche Südwesten dran ist – im wohlverstandenen Eigeninteresse der gesamten Republik und aller Bundesländer.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Denn wir mit unserer Leistungsfähigkeit im Südwesten werden auch weiterhin diejenigen sein, die den Karren ziehen.

Richtig ist es aber auch, darüber nachzudenken, wie wir zu neuen Finanzierungsinstrumenten kommen. Neue Finanzierungsinstrumente bedeuten, dass wir natürlich über eine Maut nachdenken müssen, insbesondere auf Autobahnen im Land Baden-Württemberg.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Maut auf Autobahnen in Baden-Württemberg?)

Ich sage in aller Deutlichkeit: Die FDP/DVP-Fraktion ist für alles offen. Wir sind auch für elektronische Systeme, für eine streckenbezogene Maut offen. Aber ich sage mit der gleichen

Deutlichkeit: Der Datenschutz muss voll und ganz gewährleis tet werden, damit wir so etwas einführen können.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir sehen momentan noch nicht, dass es Systeme gibt, die dies leisten. Deshalb kann ich an dieser Stelle nur wiederholen, dass sich meine Fraktion und ich dafür aussprechen, zumindest in der Übergangszeit einmal mit einer Vignettenlösung anzufangen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Beate Fauser FDP/ DVP: Genau!)

Einer Vignettenlösung wird möglicherweise entgegengehalten, sie führe zu einer Mehrbelastung der Bürger. Das soll nicht der Fall sein. Denn dort, wo wir durch die Vignette mehr belasten, wollen wir an anderer Stelle weniger belasten, beispielsweise durch die Abschaffung der Kfz-Steuer, was noch dazu ein wesentlicher Beitrag zum Bürokratieabbau wäre, meine Damen und Herren.

Darüber hinaus werden wir natürlich mit der Kritik konfrontiert werden, eine Vignette sei nicht ökologisch, weil der Vielfahrer finanziell nicht mehr in Anspruch genommen würde als der Wenigfahrer.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Richtig!)

Das ist sicherlich richtig, meine Damen und Herren. Nur: Wir haben Instrumente wie Mineralölsteuer und Ökosteuer. Sie können davon ausgehen, dass der Vielfahrer in diesem Land schon hinreichend geschröpft wird, meine Damen und Her ren.

(Beifall bei der FDP/DVP)